Beschwerde gegen eine Verwarnung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi. in der Finanzstrafsache gegen den belangten Verband ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen des Finanzvergehens der Verzollungsumgehung gemäß § 36 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde vom , GZ ***3***, mit dem eine Verwarnung gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG ausgesprochen worden ist, zu Recht erkannt:
Der Verwarnungsbescheid nach § 25 Abs. 1 FinStrG wird aufgehoben.
Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Einstellungsbescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt als Finanzstrafbehörde (nunmehr Zollamt Österreich als Finanzstrafbehörde) vom , GZ. ***3***, wurde das gegen den Verband ***Bf1*** wegen des Verdachts der grob fahrlässigen Verzollungsumgehung gem. § 36 Abs. 1 FinStrG i.V.m. § 3 VbVG am eingeleitete Finanzstrafverfahren gem. § 124 Abs. 1 FinStrG eingestellt.
In einem wurde mit Bescheid gem. § 25 Abs. 1 FinStrG folgende Verwarnung erteilt:
"Der Beschuldigte Verband ***4*** Gesellschaft m.b.H. ist schuldig, im Sinne des § 2 Abs. 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) Waren, auf welchen Eingangsabgaben iHv. € 1.876,53 lasten, mit den Versandverfahren T1 MRN ***1*** vom und Versandverfahren T1 MRN ***2*** vom in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und durch Unterlassung der fristgerechten Gestellung bei der Bestimmungszollstelle der zollamtlichen Überwachung entzogen und hiermit der Tatbestand von Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG verwirklicht zu haben, wobei die Tatbestandsverwirklichung durch Verletzung der seine Entscheidungsträger betreffenden Sorgfaltspflichten ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde und somit seine Verantwortlichkeit gem. § 3 Abs. 3 VbVG iVm. § 28a FinStrG gegeben ist.
Er hat hierdurch das Finanzvergehen der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG begangen, wobei von einer Verbandsgeldbuße abgesehen und gem. § 25 Abs. 1 FinStrG dem beschuldigten Verband eine Verwarnung erteilt wird.
Begründung:
Das Finanzvergehen ist auf Grund der Ergebnisse des Untersuchungsverfahrens erwiesen. Da das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, war von der Verhängung einer Buße abzusehen; die Erteilung einer Verwarnung ist jedoch geboten, um den Täter von weiteren Finanzvergehen abzuhalten."
Mit Eingabe vom brachte der ausgewiesene Vertreter Beschwerde hinsichtlich des Bescheides mit dem die Verwarnung nach § 25 Abs. 1 FinStrG ausgesprochen wurde ein und beantragte, die Verwarnung aufzuheben. Es werde insbesondere eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. So sei nicht nachvollziehbar, von welchen zentralen Feststellungen die belangte Behörde ausgehe. Der Entscheidung sei lediglich zu entnehmen, dass das Finanzvergehen aufgrund der Ergebnisse des Untersuchungsverfahrens erwiesen sei. Dies stelle keine Begründung dar. Welchen Sachverhalt die Behörde angenommen habe und warum es einer Verwarnung bedürfe, sei nicht ausgeführt worden.
Der belangte Verband sei zugelassener Wirtschaftsbeteiligter - zollrechtliche Vereinfachungen (AEO10) zertifiziert und habe den Status eines reglementierten Beauftragten inne. Über den Verband werden monatlich zigtausende Zollabfertigungen abgewickelt, wobei lediglich eine verschwindend geringe Zahl zu Suchanzeigen führe. Der Verband habe keineswegs Taten auch nur im Ansatz ermöglicht oder erleichtert. Die Entscheidungsträger können aber nicht jeden einzelnen Verzollungsvorgang überprüfen. Im Rahmen der Unternehmensorganisation werden die Abläufe ständig überprüft und gegebenenfalls angepasst, um Fehlleistungen zu verhindern. Gänzlich ausschließen können Fehlleistungen jedoch nicht werden, noch dazu im Zusammenspiel mit Kunden und deren Beauftragten.
Es könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die Behörde bei der großen Anzahl der von der Beschwerdeführerin vorgenommenen Verzollungen und der offensichtlich und bekannt geringen Fehlerquote bei einer Abgabenschuld von € 1.876,53 von einem grob fahrlässigen Verhalten ausgegangen und ein Finanzstrafverfahren eingeleitet werde. Es lägen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die es möglich erscheinen lassen, dass Entscheidungsträger des belangten Verbandes die nach den Umständen gebotene zumutbare Sorgfalt außer Acht, geschweige denn grob fahrlässig außer Acht gelassen haben sollten.
Die Behörde habe festgestellt, dass die "Tatbestandsverwirklichung durch Verletzung der seine Entscheidungsträger treffende Sorgfaltspflichten ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde", ohne diesen pauschalen Vorwurf zu konkretisieren.
Eine Überprüfung der Rechtsansicht sei nicht möglich, zumal nicht einmal der Sachverhalt dargelegt wurde den die Behörde ihren Überlegungen zugrunde gelegt habe.
Bei den hier gegenständlichen Versandverfahren werde die Beschwerdeführerin als Inhaberin des Versandverfahrens als Verpflichtete gem. Art. 79 Abs. 3 lit. a UZK durch Nichtbeachtung der Gestellungsverpflichtung selbst zur Abgabenschuldnerin. Es liege daher in ihrem Interesse, dass die entsprechenden Zollverfahren ordnungs- und vorschriftsgemäß abgewickelt werden um zu verhindern, dass sie selbst zur Haftung herangezogen werde.
In den gegenständlichen Versandverfahren seien weder der involvierte Fahrer noch die Frächter von der Beschwerdeführerin beauftragt oder ausgewählt worden, so dass deren Verhalten ihr auch nicht im Rahmen der Verbandsverantwortlichkeit zugerechnet werden könne. Die Suchaufträge, welche mangels Gestellung der Waren in die Wege geleitet wurden, habe die Beschwerdeführerin mangels Information über den Verbleib der Waren, welche in alleiniger Obhut der Kunden waren, nicht beantworten können. Die vorgeschriebenen Abgabenschulden habe sie fristgerecht entrichtet und in der Folge den Kunden weiterverrechnet.
Es mangle auch am Vorliegen spezialpräventiver Gründe für das Erteilen einer Verwarnung. Die Vielzahl der vom belangten Verband in den letzten Jahren durchgeführten Verzollungen, welche ohne Beanstandungen erfolgt sind, zeigen eindrucksvoll, dass die Beschwerdeführerin alles Mögliche getan habe und es daher keiner Verwarnung bedürfe.
Es liege im zentralen eigenen Interesse des belangten Verbandes, die Zollverfahren ordnungs- und vorschriftsgemäß abzuwickeln um zu verhindern, selbst zur Haftung herangezogen zu werden.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Gem. § 35 Abs. 1 lit. a, 2. Alternative FinStrG macht sich des Finanzvergehens des Schmuggels schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich der zollamtlichen Überwachung entzieht.
Der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs.1 FinStrG macht sich schuldig, wer die in § 35 Abs. 1 FinStrG bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht.
Gem. § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.
Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG iVm § 3 Abs. 1 und 2 (VbVG) ist eine juristische Personals belangter Verband (§ 1 Abs. 2 VbVG ) für Straftaten von Entscheidungsträgern verantwortlich, wenn
1. die Taten zu ihren Gunsten begangen worden sind oder
2. durch die Taten Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen und der Entscheidungsträger als solcher die Taten rechtswidrig und schuldhaft begangen hat.
§ 3 Abs. 3 VbVG ist der Verband für Straftaten von Mitarbeitern verantwortlich, wenn
1. Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben; der Verband ist für eine Straftat, die vorsätzliches Handeln voraussetzt, nur verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat; für eine Straftat, die fahrlässiges Handeln voraussetzt, nur, wenn Mitarbeiter die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer acht gelassen haben; und
2. die Begehung der Tat dadurch ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde, dass Entscheidungsträger die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben, insbesondere indem sie wesentliche technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten unterlassen haben.
Abs. 4 Die Verantwortlichkeit eines Verbandes für eine Tat und die Strafbarkeit von Entscheidungsträgern oder Mitarbeitern wegen derselben Tat schließen einander nicht aus.
Gem. § 25 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde von der Einleitung oder von der weiteren Durchführung eines Finanzstrafverfahrens abzusehen, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat. Sie hat jedoch dem Täter mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen, wenn dies geboten ist, um ihn von weiteren Finanzvergehen abzuhalten.
Eine Verwarnung ist mit Bescheid auszusprechen. Der Bescheid muss alle inhaltlichen Voraussetzungen, das sind Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung, Behörde, Datum und Unterschrift erfüllen.
Im Spruch ist der als erwiesen angenommene Tatbestand genau zu bezeichnen, denn auch eine Verwarnung muss auf einem objektiven Tatbestand, also auf einer strafbaren Handlung beruhen. Darin besteht kein Unterschied zu den anderen Strafbescheiden.
Gemäß § 138 Abs. 2 FinStrG hat der Spruch, soweit er nicht auf Einstellung lautet, a) die Bezeichnung der Tat, die als erwiesen angenommen wird und b) die angewendete Strafvorschrift zu enthalten. Im Spruch muss demnach die als erwiesen angenommene Tat konkretisiert werden.
Aus dem Spruch der angefochtenen Verwarnung gem. § 25 Abs. 1 FinStrG ist nicht ersichtlich, worauf die Verantwortlichkeit der Bf. beruht. Es wird weder eine Verantwortlichkeit für eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Tat eines Entscheidungsträgers (§ 3 Abs. 1 und 2 VbVG), noch eine Verantwortlichkeit für eine rechtswidrige Sachverhaltsverwirklichung, die einem gesetzlichen Tatbild entspricht, durch einen Mitarbeiter (§ 3 Abs. 3 VbVG) ausgesprochen.
Da die Sache des Spruchs des verfahrensgegenständlichen Verwarnungsbescheides, Verbandsverantwortlichkeit für einen Entscheidungsträger oder einen Mitarbeiter, nicht unzweifelhaft bestimmt wurde und auch die Begründung inhaltsleer lediglich auf nicht näher dargelegte Untersuchungsergebnisse verweist, war der Bescheid ohne Eingehen auf das Beschwerdevorbringen aufzuheben.
Dem Antrag auf Ersatz der Kosten für die Einbringung des Rechtsmittels war mangels Rechtsgrundlage abzuweisen.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 25 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 36 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.1300017.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at