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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.01.2021, RV/7104657/2020

Familienheimfahrten eines Alleinstehenden keine Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der 1991 geborene Beschwerdeführer (Bf.) reichte seine Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Einkommensteuer 2016 und 2017 beim Finanzamt ein und beantragte in beiden Jahren Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von € 3.672,- als Werbungskosten anzuerkennen.

Der Bf. bezog in den Streitjahren 2016 und 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um Vorlage folgender Nachweise:

Ansässigkeitsbescheinigung aller am Familienwohnsitz wohnhaften Personen

Anzahl und Alter etwaiger Kinder

Einkünfte der Partnerin (Formular E9)

Wohnung am Arbeitsort (Größe, Kosten)

Kosten der Wohnung am Familienwohnsitz

Bahn, Buskarten, KFZ Kosten (Fahrtenbuch, Tankrechnungen)

Ersätze des Arbeitgebers

Gründe für doppelte Haushaltsführung.

In Beantwortung des Vorhaltes gab der Bf. bekannt, dass er ledig sei, keine Partnerin und keine Kinder habe. Die Schlafstellen des Arbeitgebers seien ihm vom Arbeitgeber von Montag bis Freitag zur Verfügung gestellt worden.

Es sei jede Woche mit dem PKW seines Vaters nach Polen gefahren.

In Polen habe er bei seinen Eltern im Haus gewohnt.

Einen Hauptwohnsitz in Österreich habe er erst seit .

Der Bf. legte in Kopie folgende Nachweise vor:

Wohnsitzbestätigung des Bf. in Polen im Haushalt des Vaters

Zulassungsschein des PKWs seines Vaters

57 Tankrechnungen von Tankstellen in Österreich und Polen

Das Finanzamt erließ am die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017. In diesen Bescheiden wurde jeweils der Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von € 132,- anerkannt.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass Familienheimfahrten eines Arbeitnehmers von der Wohnung am Arbeitsort zum Familienwohnsitz nur anerkannt werden, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen. Dies sei dann der Fall, wenn dem Erwerbstätigen eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könne. Lägen die Voraussetzungen für eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung nicht vor, könnten die Kosten für Familienheimfahrten nur vorübergehend geltend gemacht werden.

Als vorübergehend würden bei einem verheirateten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Steuerpflichtigen ein Zeitraum von zwei Jahren angesehen werden.

Da im Falle des Bf. diese Voraussetzungen nicht zuträfen, seien die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten anerkannt worden.

Der Bf. erhob Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017. Der Bf. erklärte, dass er 2015 das erste Mal nach Österreich gekommen sei und bis Februar 2018 keinen Wohnsitz und keine Wohnung in Österreich gehabt habe.

Von Montag bis Freitag habe er bei den Arbeitgebern eine Schlafstelle gehabt und sei am Wochenende nach Polen gefahren.

In den Jahren 2016 und 2017 sei der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Polen gewesen. Der Bf. erklärte, dass er der Meinung sei, dass die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung in den Jahren 2016 und 2017 vorlägen.

Das Finanzamt ersuchte den Bf. mit Vorhalt vom um Vorlage weiterer Nachweise betreffend sämtlicher Kosten der Familienheimfahrten.

In Beantwortung des Vorhaltes legte der Bf. die Kopie des Zulassungsscheines des PKWs seines Vaters, sowie eine große Anzahl von Tankrechnungen für die Jahre 2016 und 2017 vor.

Das Finanzamt erließ am die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Einkommensteuer der Jahre 2016 und 2017.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass laut seinen Angaben der Bf. in den Streitjahren 2016 und 2017 alleinstehend gewesen sei, keine Partnerin und keine Kinder gehabt habe und bei seinen Eltern in Polen im Haus gewohnt habe.

Bei alleinstehenden Steuerpflichtigen mit ständig wechselnden Tätigkeiten, die am Arbeitsort über eine Schlafstelle verfügen, können die Kosten für monatliche Heimfahrten an den ständigen Wohnsitz nur für einen Zeitraum von maximal 6 Monaten abgesetzt werden, unbeachtlich ob am ständigen Wohnsitz eine eigene Wohnung vorliege.

Die Kosten für Familienheimfahrten seien im Jahr 2015 bereits für 6 Monte zuerkannt worden, weshalb für die Jahre 2016 und 2017 keine Familienheimfahrten mehr berücksichtigt werden konnten.

Der Bf. stellte den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016 und 2017 vom an das Bundesfinanzgericht.

Der Bf. erklärte, dass er in Polen im zweiten Stock des Elternhauses wohne und dort seine Bekannten, Freunde, seine Bank und sein Arzt gewesen seien.

Die Schlafstelle des Arbeitgebers in Österreich im Streitzeitraum sei ein 20m² Zimmer gewesen, welches er mit zwei anderen Arbeitern geteilt habe. Diese Schlafstelle sei kein Wohnsitz.

Der Bf. erklärte, dass sein eigener Hausstand im Haus seiner Eltern in Polen gewesen sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall ob die vom Bf. als Werbungskosten für Familienheimfahrten beantragten Kosten in den Streitjahren 2016 und 2017 anzuerkennen sind.

Das Bundesfinanzgericht geht im gegenständlichen Fall von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Bf. bezog in den Streitjahren 2016 und 2017 in Österreich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Bf. war im Streitzeitraum ledig und hatte keine Kinder.

Im Streitzeitraum wurde dem Bf. vom Arbeitgeber ein Platz in einem von mehreren Arbeitnehmern benützten Schlafraum zur Verfügung gestellt.

An den Wochenenden fuhr der Bf. mit dem PKW seines Vaters regelmäßig nach Polen und wohnte dort im Haus(halt) seiner Eltern. In Polen hatte der Bf. keinen eigenen Hausstand. Der Lebensmittelpunkt des Bf. war nach seinen Angaben in Polen.

In Österreich hatte der Bf. keinen eigenen Hausstand.

Gesetzliche Bestimmungen und rechtliche Würdigung:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zum Erwerb, zur Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte unter anderem die Ausgaben für den Haushalt des Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden.

Die Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung sind dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz) (Jakom, EStG, 12.A., Rz 56 zu § 16). Auch eine alleinstehende Person kann einen Familienwohnsitz an jenem Ort haben, zu dem sie ihre engsten persönlichen Beziehungen pflegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesfinanzgerichts ist für die Annahme eines Familienwohnsitzes allerdings Voraussetzung, dass dort ein eigener Hausstand geführt wird (vgl mwN; ; ; ).

Mit der (Negativ-)Definition des eigenen Hausstandes in § 4 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Kriterien zur Ermittlung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros, zur Einrichtung eines Pendlerrechners und zum Vorliegen eines Familienwohnsitzes (Pendlerverordnung), BGBl II 276/2013, hat der Gesetzgeber diesen von der Rechtsprechung geprägten Begriff erstmals verwendet und derart beschrieben, dass jemand einen Hausstand hat, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt dann nicht vor, wenn jemand Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnungsverbandes mit anderen Personen mitbewohnt, die nicht Ehe- oder Lebenspartner sind. Auch wenn die Pendlerverordnung im Beschwerdefall nicht unmittelbar zur Anwendung kommt, bietet die Definition des eigenen Hausstandes Anhaltspunkte für den normativen Inhalt, den der Gesetzgeber diesem Begriff in Bezug auf den Familienwohnsitz beimisst.

Ein eigener Hausstand erfordert jedenfalls eine gewisse Selbständigkeit und Abgeschlossenheit der Wohnsituation.

Im vorliegenden Fall liegt diese Voraussetzung des eigenen Hausstandes in Polen nicht vor, da der Bf. Räumlichkeiten innerhalb des Wohnungsverbandes mit seinen Eltern im Elternhaus mitbewohnt.

Auch wird in der Judikatur für die Annahme eines eigenen Hausstandes die Tragung der Kosten der Haushaltsführung gefordert (vgl ; -G/08).

Der Beschwerdeführer (Bf.) gab befragt mittels Vorhalt nicht an, dass ihm Kosten für die Nutzung von Wohnraum im Haus seiner Eltern erwachsen sind.

Die Berücksichtigung von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten als Werbungskosten schränkt den Abgabenanspruch ein und begünstigt - subjektiv - den Abgabenpflichtigen. Daher obliegt es dem Beschwerdeführer (Bf.), sein diesbezügliches Vorbringen durch Beweise zu untermauern (vgl mwN).

Der alleinstehende Bf., welcher keine Kinder hat, hat ausgeführt, dass er am Beschäftigungsort über keine Wohnung verfüge, sondern sich einen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Schlafraum mit zwei Kollegen teilt. Der Bf. verfügte in Österreich am Beschäftigungsort über keinen eigenen Hausstand.

In Polen, wo nach Angaben des Bf. sein Lebensmittelpunkt in den Jahren 2016 und 2017 war, verfügte der Bf. ebenfalls über keinen eigenen Hausstand, sondern lebte - wie oben ausgeführt - im Haus seiner Eltern.

Aufwendungen eines alleinstehenden Arbeitnehmers für Familienheimfahrten sind nur dann steuerlich absetzbar, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung (namentlich ein eigener Hausstand im Heimatort: vgl ; mwN; ) vorliegen. Fahrtkosten zum Besuch der Eltern werden vom Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 erfasst. Daher ist das diesbezügliche Beschwerdebegehren nicht berechtigt.

Die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2016 und 2017 war spruchgemäß abzuweisen.

Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Entscheidungswesentlich war die Feststellung, dass der Bf. im Haus seiner Eltern keinen eigenen Hausstand hatte. Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhaltes entspricht der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war darüber hinaus nicht zu lösen, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104657.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at