Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 27.01.2021, RV/7500855/2020

Verspätete Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***R*** in der Verwaltungsstrafsache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/***1***/2020, betreffend eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde vom wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 50 und 31 VwGVG zurückgewiesen.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/***1***/2020, wurde Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (in weitere Folge: Beschwerdeführerin) wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu einer Geldstrafe von € 60,00 und bei Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verurteilt. Zudem wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt. Da der verspätet einbezahlte Organstrafbetrag von € 36,00 auf die verhängte Geldstrafe angerechnet wurde, beträgt der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) € 34,00.

In der Rechtsmittelbelehrung wurde unter anderem wie folgt ausgeführt:
"... Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei uns einzubringen..."

Das angefochtene Straferkenntnisses wurde von der Behörde elektronisch mit Zustellnachweis zugestellt. Die erste elektronische Verständigung erfolgte am , die zweite binnen 48 Stunden am .

Das Straferkenntnis wurde von der Beschwerdeführerin nachweislich am übernommen (Übernahmebestätigung Formular elektronische Zustellung) und mit E-Mail vom Beschwerde erhoben:

"Ich hatte die genannte Parkstrafe zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach bestem Wissen und Gewissen beglichen. Eine Verzögerung kam zustande da die ursprüngliche Verfügung aufgrund des starken Regens an dem Wochenende unleserlich war (siehe Foto anbei) Ich habe mich aktiv und eigenständig alsbald darum gekümmert die Zahlungsdetails zu erhalten und vor allem die Referenznummer, welche auch nicht zu entziffern war. Dies gestaltete sich erschwert aufgrund einer EDV-Schwachstelle des Postkorbes welche ich mit dem Bürgerservice klären und beheben musste (Korrespondenz dazu anbei). Sobald all dies geklärt und behoben war, habe ich die Überweisung getätigt.

Ich bitte daher auf jegliche Betragserhöhung zu verzichten, da die o.g. Situation nicht durch mein Verschulden oder meine Nachlässigkeit zustande kam."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 7 VwGVG normiert:

"(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit) [...] beträgt vier Wochen. Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung."

§ 35 Zustellgesetz normiert:

"Zustellung mit Zustellnachweis durch einen Zustelldienst

(1) Der im Auftrag der Behörde tätige Zustelldienst hat im Fall einer Zustellung mit Zustellnachweis bzw. nachweislichen Zusendung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 erster Satz die Daten gemäß § 29 Abs. 1 Z 6 an das Anzeigemodul zu übermitteln. Das Anzeigemodul hat den Empfänger unverzüglich davon zu verständigen, dass ein Dokument für ihn zur Abholung bereitliegt. Diese elektronische Verständigung ist an die dem Teilnehmerverzeichnis gemäß § 28b Abs. 1 Z 4 bekanntgegebene elektronische Adresse des Empfängers zu versenden. Hat der Empfänger mehrere solcher Adressen bekanntgegeben, so ist die elektronische Verständigung an alle Adressen zu versenden; für die Berechnung der Frist gemäß Abs. 2 erster Satz ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich. Die elektronische Verständigung hat jedenfalls folgende Angaben zu enthalten:

  • Absender,

  • Datum der Versendung,

  • Internetadresse, unter der das zuzustellende Dokument zur Abholung bereitliegt,

  • Ende der Abholfrist,

  • Hinweis auf das Erfordernis einer Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) bei der Abholung von

  • Dokumenten, die mit Zustellnachweis zugestellt oder als nachweisliche Zusendung übermittelt werden sollen und,

  • Hinweis auf den Zeitpunkt, mit dem die Zustellung wirksam wird.

Soweit dies erforderlich ist, hat der Bundesminister für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung nähere Bestimmungen über die elektronischen Verständigungsformulare zu erlassen.

(2) Wird das Dokument nicht innerhalb von 48 Stunden abgeholt, so hat eine zweite elektronische Verständigung zu erfolgen; Abs. 1 vierter Satz ist sinngemäß anzuwenden.

(3) Die Abholung des bereitgehaltenen Dokuments kann ausschließlich über das Anzeigemodul erfolgen. Der Zustelldienst hat sicherzustellen, dass zur Abholung bereitgehaltene Dokumente nur von Personen abgeholt werden können, die zur Abholung berechtigt sind und im Falle einer Zustellung mit Zustellnachweis oder einer nachweislichen Zusendung ihre Identität und die Authentizität der Kommunikation mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 E-GovG) nachgewiesen haben. Zur Abholung berechtigt sind der Empfänger und, soweit dies von der Behörde nicht ausgeschlossen worden ist, eine zur Empfangnahme bevollmächtigte Person. Identifikation und Authentifizierung können auch durch eine an die Verwendung sicherer Technik gebundene Schnittstelle erfolgen. Der Zustelldienst hat alle Daten über die Verständigungen gemäß Abs. 1 und 2 und die Abholung des Dokuments zu protokollieren und dem Absender unverzüglich zu übermitteln; die Gesamtheit dieser Daten bildet den Zustellnachweis.

(4) Der Zustelldienst hat das Dokument zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten und nach Ablauf weiterer acht Wochen zu löschen.

(5) Ein zur Abholung bereitgehaltenes Dokument gilt jedenfalls mit seiner Abholung als zugestellt.

(6) Die Zustellung gilt als am ersten Werktag nach der Versendung der ersten elektronischen Verständigung bewirkt, wobei Samstage nicht als Werktage gelten. Sie gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass die elektronischen Verständigungen nicht beim Empfänger eingelangt waren, doch wird sie mit dem dem Einlangen einer elektronischen Verständigung folgenden Tag innerhalb der Abholfrist (Abs. 1 Z 3) wirksam.

(7) Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger

  • von den elektronischen Verständigungen keine Kenntnis hatte oder

  • von diesen zwar Kenntnis hatte, aber während der Abholfrist von allen Abgabestellen (§ 2 Z 4) nicht bloß vorübergehend abwesend war, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an eine der Abgabestellen folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das Dokument abgeholt werden könnte

(8) Wurde dieselbe elektronische Verständigung an mehrere elektronische Adressen versendet, so ist der Zeitpunkt der frühesten Versendung maßgeblich."

Der ordnungsgemäße Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und macht Beweis über die Zustellung; ein Gegenbeweis nach § 292 Abs. 2 ZPO ist möglich (, , vgl. auch Ritz, BAO-Kommentar, Rz. 21 und 22 zu § 17 Zustellgesetz). Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. , , , vgl. auch Ritz, BAO Kommentar2, Rz 22 zu § 17 Zustellgesetz).

Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 28) hat die Beschwerdeführerin das Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/2067674844/2020, am übernommen, nachdem am die erste elektronische Verständigung über die Bereithaltung zur Abholung erfolgte und zu diesem Zeitpunkt auch die Abholfrist begann. Binnen 48 Stunden und somit am kam es zu einer zweiten elektronischen Verständigung.

In der Beschwerde wurde keine mangelhafte Zustellung hinsichtlich des Straferkenntnisses geltend gemacht.

Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis (spätestens) mit dessen Übernahme durch die Beschwerdeführerin am rechtswirksam zugestellt wurde.

Das angefochtene Straferkenntnis enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung.

Die vierwöchige Frist zur Einbringung der Beschwerde begann daher am und endete am Donnerstag den .

Die am und somit nach Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerde gegen das angefochtene Straferkenntnis war daher als verspätet zurückzuweisen.

Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung (vgl. , vgl. auch VGW-241/041/ RP07/7308/2017-3 Wien, ).

§ 28 VwGVG normiert:

"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen."

§ 50 VwGVG normiert:

"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden."

§ 31 VwGVG normiert:

"(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss."

Da eine nicht rechtzeitig eingebrachte Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen ist, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt, auf das (inhaltliche) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. , , , , 0003, ).

§ 44 VwGVG normiert:

"(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist."

Es war keine mündliche Verhandlung durchzuführen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm Art. 133 Abs. 9 B-VG und § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die rechtlichen Konsequenzen einer verspätet eingebrachten Beschwerde aus dem Gesetz ergeben, war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500855.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at