Kein Verlustausgleich gemäß § 30 Abs. 7 EStG 1988 mit Einkünften aus der entgeltlichen Überlassung eines Patents
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinIBV in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 des Finanzamtes Österreich (bisher Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf) vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (kurz: Bf) gab in der elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2017 ua Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 35.342,83 Euro aufgrund eines Patentes bekannt. Er beanspruchte für diese Einkünfte den Hälftesteuersatz. Zusätzlich erklärte er Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen in Höhe von - 17.024,01 Euro und beantragte, 60% des Verlustes aus privaten Grundstücksveräußerungen des Veranlagungsjahres mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen.
Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom setzte das Finanzamt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in voller Höhe an und gewährte den Hälftesteuersatz. Zu dem beantragten Ausgleich des Verlustes gemäß § 30 Abs. 7 EStG 1988 führte das Finanzamt begründend Folgendes aus:
Mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 183/2017, habe dieser die Bestimmung des § 30 Abs. 7 EStG 1988 einer verfassungskonformen Interpretation unterzogen, indem er den Wortlaut der Bestimmung teleologisch reduzierte. Aus dem systematischen Zusammenhang des § 30 Abs. 7 EStG 1988 ergebe sich, dass dieser einer Auslegung zu unterziehen sei, die den Verlustausgleich auf Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 einschränke. Mangels Vorliegen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 sei ein Verlustausgleich nach § 30 Abs. 7 EStG 1988 nicht möglich.
Der Bf brachte daraufhin mit nachstehender Begründung Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 ein:
Der Verlust aus privater Immobilienveräußerung in Höhe von 17.024,01 Euro sei nicht berücksichtigt worden (Kennzahl 987). Es sei beantragt worden, dass 60% der Kennzahl 987, somit - 10.214,41 Euro (Kennzahl 974 und höchstens Kennzahl 370) berücksichtigt würden. Kennzahl 974 sei mit 10.214,41 Euro kleiner als Kennzahl 370 mit 35.342,83 Euro und könne damit geltend gemacht werden. Der Mieter des Objektes sei M gewesen. Über den Mieter sei am ein Konkursverfahren eröffnet worden. Der Mieter habe sich zu diesem Zeitpunkt trotz vielfacher Mahnungen und schließlich Klage - unwissentlich erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens eingebracht - noch keine Mieten beglichen. Die ausstehenden Mieten seien im Konkursverfahren angemeldet und bestätigt worden. Die Quote sei Ende 2017 mit 20% festgesetzt worden, zahlbar in zwei gleich großen Raten. Der erste Zahlungseingang der Quotenbegleichung - also Miete anteilig der Quote - sei am erfolgt. Die Veranlagung der entsprechenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der gegenständlichen Immobilie sei im Jahr des Zahlungseingangs erfolgt, also mit der Veranlagung 2018. Es werde daher die erklärungsgemäße Veranlagung beantragt.
Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bf, sämtliche Unterlagen sowie eine Erläuterung der Berechnung der Immobilienertragsteuer vorzulegen.
Mit Schriftsatz vom beantwortete der Bf den Vorhalt des Finanzamtes, übermittelte die Unterlagen für die Berechnung der Immobilienertragsteuer für die Liegenschaft O und führte ergänzend aus:
Der Kauf sei mit Vertrag vom erfolgt, es habe sich somit um ein "Neu-Grundstück" gehandelt und sei zum steuerverfangen gewesen. Der Kaufpreis habe 120.000,00 Euro (zuzüglich Nebenkosten) betragen, davon 10.000,00 Euro für Inventar, 110.000,00 Euro für die Liegenschaft. Der Verkauf sei mit Vertrag vom erfolgt. Der Verkaufspreis habe 105.000,00 Euro betragen, von welchem weitere Nebenkosten zu bestreiten gewesen seien. Es liege somit ein Veräußerungsverlust vor, da alleine der Verkaufspreis geringer gewesen sei als der Kaufpreis. Die Immobilienertragsteuer sei vom Veräußerungsgewinn zu berechnen, welcher nicht vorliege, somit sei beim Verkauf dieser Liegenschaft keine Immobilienertragsteuer abzuführen.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen:
Gemäß § 15 EStG 1988 würden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 EStG 1988) durch Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden. Gemäß § 19 EStG 1988 gelte für die zeitliche Zuordnung dieser Einnahmen das Zuflussprinzip. Da die in der Beschwerde genannten Einkünfte aus der Vermietung eines Grundstückes nicht im Veranlagungsjahr 2017 zugeflossen seien, könnten diese seitens des Finanzamtes im Jahr 2017 nicht berücksichtigt werden. Bei den in der Kennzahl 370 erklärten Einkünfte in Höhe von 35.342,83 Euro handle es sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Patentrecht (gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988). Da somit im Veranlagungsjahr 2017 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 vorlägen, sei ein Verlustausgleich nach § 30 Abs. 7 EStG 1988 nicht möglich.
Mit Schriftsatz vom stellte der Bf einen Vorlageantrag und führte ergänzend aus:
Die Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Eintretens des Verlustes - hier sei als Zeitpunkt zB der Tag der Einbringung der Räumungsklage, spätestens jedoch der Zeitpunkt der Wiederveräußerung der Immobilie () anzusetzen - liege vor dem Zeitpunkt der einschlägigen Änderung des EStG 1988. Die Einschränkung der Verrechenbarkeit der Verluste aus privater Grundstücksveräußerungen in § 30 Abs. 7 EStG 1988 auf unter § 28 Abs. 1 Z. 1 und 4 EStG 1988 fallende Einkünfte sei erst am erfolgt und damit sogar nach dem Ende des Veranlagungszeitraumes. Im Sinne der Rechtssicherheit sei daher § 30 Abs. 7 EStG 1988 in der Fassung vom als Rechtsgrundlage heranzuziehen. Eine anderslautende Entscheidung würde darüber hinaus entsprechend § 1 Abs. 2 LVO von vorneherein Liebhaberei unterstellen oder jedoch entsprechend § 2 Abs. 3 LVO in dem durch die endgültige Veräußerung des Vermietungsobjektes bereits definierten Gesamtbetrachtungszeitraum keinen Gesamtgewinn bzw. Gesamtüberschuss ergeben, womit das Gesamtvorhaben ebenso als Liebhaberei zu betrachten wäre.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 wurde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom richtete das Bundesfinanzgericht einen Ermittlungsauftrag gemäß § 269 Abs. 2 BAO an das Finanzamt mit - im Wesentlichen - folgendem Inhalt:
Aus der Beschwerde vom und der dieser Beschwerde beigelegten Insolvenzdatei gehe hervor, dass der Bf die Liegenschaft EZ 1 vor ihrem Verkauf an Herrn M vermietet habe. In den elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärungen der Jahre 2013 (der Ankauf der Liegenschaft sei mit Vertrag vom erfolgt) bis einschließlich 2018 (Zahlungseingang aus der Konkursquote) seien lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aufgrund der Überlassung eines Patentes erklärt worden. Einkünfte aus der Vermietung der Liegenschaft EZ 1 seien daraus nicht ersichtlich.
1 Einkunftsquelle oder Liebhaberei:
Dem Finanzamt werde daher aufgetragen, Ermittlungen zur Klärung der Frage, ob und seit wann die Liegenschaft EZ 1 vom Bf vermietet oder verpachtet worden sei und ob diese Vermietungstätigkeit als Einkunftsquelle gedient habe oder es sich dabei um sog. Liebhaberei handle.
Sofern von einer Einkunftsquelle auszugehen sei, würde die exakte Höhe der Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung der Liegenschaft EZ 1 für das Streitjahr 2017 benötigt werden.
Zusätzlich werde zu klären sein, ob der Bf die Einkünfte aus der Vermietung der Liegenschaft EZ 1 bei den Einkünften aus der Überlassung eines Patentrechtes miterfasst habe. Gegebenenfalls seien die Einkünfte getrennt darzustellen.
2 Grundstücksverkauf:
Im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft EZ 1 im Streitjahr 2017, dass diese Liegenschaft auch landwirtschaftliche Flächen umfasse. Es sei daher dem Bundesfinanzgericht bekannt zu geben, ob tatsächlich ein Privatgrundstück veräußert worden sei.
Des Weiteren sei die genaue Höhe der Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung (adaptierte Anschaffungskosten samt Anschaffungsnebenkosten und Veräußerungserlös) zu ermitteln.
Das Finanzamt werde zugleich (zur Wahrung des Parteiengehörs) eingeladen, zu den Ermittlungsergebnissen eine Stellungnahme abzugeben.
Mit Schriftsatz vom teilte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht Folgendes mit:
Das Finanzamt habe am das als Beilage angefügte Ergänzungsersuchen an den Bf versendet. Dieses sei vom Bf mit dem als Beilage angefügtem Schriftsatz vom beantwortet worden. Aus der Beantwortung des Ergänzungsersuchens durch den Bf ergebe sich für das Finanzamt, dass betreffend die Liegenschaft O (EZ 1) keine Einkunftsquelle bezüglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliege. Nach Ansicht des Finanzamtes liege kein fremdüblich gelebtes Mietverhältnis vor. Der Bf selbst gehe vom Vorliegen von Liebhaberei aus, weil ein dauerhafter Verlust zu erwarten gewesen sei; es seien daher keine Werbungskostenüberschüsse durch den Bf geltend gemacht worden. Da laut Bf keine (negativen) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Liegenschaft erklärt worden seien, bestünden die in der Einkommensteuererklärung 2017 offengelegten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung offenkundig nur aus Einkünften aus der Verwertung von Patenten. Ein Verlustausgleich nach § 30 Abs. 7 EStG 1988 sei daher im Jahr 2017 - wie in den Begründungen zum Einkommensteuerbescheid 2017, der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht ausgeführt - nicht möglich.
Neben der Tatsache, dass die Veräußerung der Liegenschaft O zu negativen Einkünften geführt habe, sei noch festzuhalten, dass es keine Hinweise auf eine allfällige land- und forstwirtschaftliche Nutzung dieser Liegenschaft gebe. Der vorgelegte Mietvertrag gebe als Verwendungszweck ausschließlich Wohnzwecke bzw. eine gewerbliche Nutzung für Bürotätigkeiten an.
Der Bf führte in dem zuvor erwähnten Schriftsatz im Wesentlichen Folgendes aus:
M (kurz: MI) sei vor 2013 Mieter von O gewesen. Die frühere Eigentümerin habe 2012 beschlossen, O zu verkaufen. Herr MI habe Interesse gehabt, O zu kaufen, habe jedoch kurz davor einen Unternehmenskonkurs gehabt und sei daher nicht in der Lage gewesen, eine Finanzierung zu bekommen. Im Rahmen einer Familienfeier (Herr MI sei Bruder eines Schwagers der Mutter des Bf) hätten Herr MI und der Bf folgende Idee gehabt: der Bf kaufe O, Herr MI - selbst in der Baubranche - richte dieses binnen zwei oder drei Jahren komplett auf seine Kosten her, der Bf verkaufe O danach an Herrn MI zu einem etwas höheren Preis oder an jemanden anderen und die beiden würden sich irgendwie den Gewinn teilen. Da der Bf ein vorsichtiger Mensch sei, habe Herr MI zum Zeitpunkt, als der Bf O gekauft habe, einen von ihm unterschriebenen Mietvertrag hinterlegt. Mit der Maklerin sei vereinbart worden, dass die Provision erst nach Wiederverkauf zur Zahlung fällig werde. Werbungskosten für O seien über die Jahre nicht veranlagt worden, da von Beginn an klar gewesen sei, dass in dieser Form ein dauerhafter Verlust auftreten würde, da ja keine Mieteinnahmen vorlägen und das damit steuerrechtlich als Liebhaberei zu betrachten sei. Diese Annahme habe sich auch bestätigt. Ein möglicher Ertrag entstünde erst beim Verkauf nach einer Sanierung, der dann der Immobilienertragsteuer unterliege.
So schön der Plan gewesen sei, weitere Schritte habe es nicht gegeben. Keine Sanierung. Der Bf habe dann 2016 begonnen, Herrn MI Rechnungen für die Miete zu senden. Die Rechnungen seien jedoch nie beglichen worden, rekommandiert gesandte Rechnungen seien nicht einmal behoben worden. Anfang 2017 habe sich der Bf entschieden, die Reißleine zu ziehen, einen Makler mit dem Verkauf zu beauftragen und von Herrn MI zu fordern, das Haus zu kaufen oder Miete zu zahlen oder auszuziehen. Herr MI habe dann Privatkonkurs angemeldet und sei nach anwaltlicher Einschaltung ausgezogen.
Andere Personen hätten O während der Zeit, in dem es im Eigentum des Bf gewesen sei, nicht bewohnt.
Die Liegenschaft sei im Privatvermögen gewesen.
Dazu wird erwogen
1 gesetzliche Grundlagen
Gemäß § 28 Abs. 1 EStG 1988 sind folgende Einkünfte, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 5 gehören Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:
1.Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen.
2. Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen, insbesondere von beweglichem Betriebsvermögen.
3. Einkünfte aus der Überlassung von Rechten auf bestimmte oder unbestimmte Zeit oder aus der Gestattung der Verwertung von Rechten, insbesondere aus
- der Einräumung der Werknutzung (Werknutzungsbewilligung, Werknutzungsrecht) im Sinne des Urheberrechtsgesetzes
- der Überlassung von gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen Erfahrungen und von Berechtigungen.
4. Einkünfte aus der Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen, und zwar auch dann, wenn diese Forderungen im Veräußerungserlös des Grundstückes mit abgegolten werden.
Private Grundstücksveräußerungen sind gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. ….
Führen private Grundstücksveräußerungen, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 anwendbar ist, in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, ist dieser gemäß § 30 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl I 118/2015 auf 60% zu kürzen und gleichmäßig auf das Jahr der Verlustentstehung und die folgenden vierzehn Jahre zu verteilen und ausschließlich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen. Der Steuerpflichtige kann in der Steuererklärung beantragen, dass stattdessen dieser gekürzte Verlust im Verlustentstehungsjahr mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen wird. Diese Regelungen gelten auch im Falle der Ausübung der Regelbesteuerungsoption (§ 30a Abs. 2).
2 Sachverhalt
Neben betrieblichen Einkünften bezog der Bf im Streitjahr 2017 - ebenso wie in den Vorjahren - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Die positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung stehen im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung eines Patents, 2.
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf die Liegenschaft EZ 1 - O - um einen Kaufpreis von 120.000,00 Euro. Mit Kaufvertrag vom veräußerte der Bf diese Liegenschaft um einen Kaufpreis von 105.000,00 Euro. Die hinsichtlich des Grundstücksverkaufs vom von Seiten des Bf durchgeführte Einkünfteermittlung ergab einen Verlust.
Die Liegenschaft O befand sich im Privatvermögen des Bf.
Der Bf erzielte in den Veranlagungsjahren 2013 bis einschließlich 2018 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Liegenschaft O.
Dieser Sachverhalt beruht im Wesentlichen auf den vom Bf in Ablichtung vorgelegten, unbedenklichen Kaufverträgen und den vom Bf elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2013 bis einschließlich 2018 und den Ausführungen des Bf. Dass die Einkünfteermittlung im Zusammenhang mit dem Liegenschaftsverkauf einen Verlust ergab, steht außer Streit. Ebenso ist unstrittig, dass der Bf keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Liegenschaft O erzielte.
3 rechtliche Beurteilung
Mit dem 1. StabG 2012, BGBl I 22, wurden private Grundstücksveräußerungen generell unabhängig von der Behaltedauer in die Besteuerung mit einem besonderen Steuersatz einbezogen. Dazu wurde unter § 30 EStG 1988 der neue Tatbestand der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerung geschaffen. § 30 EStG 1988 erfasst Grundstücksveräußerungen durch natürliche Personen und ist nur bei Veräußerungen von Grundstücken, die keinem Betriebsvermögen angehören, anzuwenden. (Vgl. Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, § 30 Rz 1, 4, 6).
Davor war die Veräußerung von Grundstücken im außerbetrieblichen Bereich grundsätzlich nicht der Einkommensteuer unterworfen. Die Veräußerung war nur dann steuerpflichtig, wenn sie ein Spekulationsgeschäft im Sinne des bisherigen § 30 EStG 1988 (nunmehr § 31 EStG 1988) darstellte. Dies war grundsätzlich dann der Fall, wenn die Veräußerung innerhalb von 10 Jahren ab der Anschaffung erfolgte. (Vgl Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 30 Anm 1).
Im gegenständlichen Fall steht außer Streit, dass die Liegenschaft EZ 1 - O - nicht dem Betriebsvermögen des Bf (einer natürlichen Person) angehörte, sondern dem Privatvermögen des Bf zuzurechnen war und daher die am erfolgte Grundstücksveräußerung grundsätzlich unter § 30 EStG 1988 fällt.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob dem auf § 30 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl I 118/2015 beruhenden Antrag des Bf auf Ausgleich des anlässlich der Veräußerung der Liegenschaft EZ 1 - O -unbestrittenermaßen angefallenen Verlustes im Ausmaß von 60% mit den aus dem Patent, 2, resultierenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprochen werden kann oder nicht.
Im Unterschied zu den früheren Einkünften aus Spekulationsgeschäften besteht bei den Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen kein absolutes Verlustausgleichsverbot mit anderen Einkunftsarten. Allerdings besteht auch bei Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen eine erhebliche Verlustausgleichsbeschränkung. Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen sind primär mit Gewinnen aus anderen privaten Grundstücksveräußerungen desselben Kalenderjahres auszugleichen. Ein Ausgleich mit anderen positiven Einkünften ist grundsätzlich nicht zulässig. Im Zuge des AbgÄG 2012, BGBl I 112, wurde aber in § 30 Abs. 7 EStG 1988 eine Erweiterung der Verlustverwertung aus privaten Grundstücksveräußerungen auch mit Überschüssen aus Vermietung und Verpachtung eingeführt. Mit dem StRefG 2015/16, BGBl I 118/2015 wurde § 30 Abs. 7 vor dem Hintergrund der Anhebung des besonderen Steuersatzes und der fehlenden Verlustvortragsmöglichkeit angepasst. Mit dem JStG 2018, BGBl I 62/2018, wurde sodann - nach Ergehen des Erkennisses des Verfassungsgerichthofes vom , G 183/2017 - § 30 Abs. 7 EStG für die Zeit ab der Veranlagung 2018 dahingehend präzisiert, dass Verluste ausschließlich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen sind, soweit diese unter § 28 Abs. 1 Z 1 und 4 EStG 1988 fallen. (Vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, Rz 296, Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 30 Anm 40, Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, § 30 Rz 86).
Ab dem Veranlagungsjahr 2012 (AbgÄG 2012, BGBl I 112/2012) bis einschließlich dem Veranlagungsjahr 2017 (JStG 2018, BGBl I 62/2018) enthält somit § 30 Abs. 7 EStG 1988 für den Fall, dass die private Grundstücksveräußerung zu einem Verlust führt, (mit bestimmten Einschränkungen) die Möglichkeit, diesen mit "Einkünften aus Vermietung und Verpachtung" auszugleichen.
Im Rahmen des beim Verfassungsgerichtshof unter G 183/2017 erfolgten Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend § 30 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 hielt die Bundesregierung in einer Äußerung ua. Folgendes fest:
"Mit der Erweiterung der Verlustausgleichsverrechnung um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch das AbgÄG 2012 sollte eine Angleichung an den Verlustausgleich bei Kapitalvermögen erfolgen und dementsprechend eine Verrechnung von Verlusten aus der privaten Grundstückssubstanz mit Früchten von Grundstücken im außerbetrieblichen Bereich - nämlich den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung - hergestellt werden (FN 35 Vgl. ErlRV 1960 BlgNR XXIV. GP 8). Der Gesetzgeber orientierte sich somit hinsichtlich der Verlustverrechnung innerhalb des Ordnungssystems der privaten Grundstücksbesteuerung am Ordnungssystem der Kapitalvermögensbesteuerung.
Historische, teleologische und systematische Gründe sprechen nach Ansicht der Bundesregierung dafür, den Verweis auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in § 30 Abs. 7 EStG 1988 auf Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen und von Rechten, die den Vorschriften des Bürgerlichen Rechtes über Grundstücke unterliegen, gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 teleologisch zu reduzieren. Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass in § 30 Abs. 7 EStG 1988 lediglich auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verwiesen wird, jedoch ein expliziter Verweis auf § 28 EStG 1988 fehlt und somit auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Gesetzgeber hier eine vollumfängliche Verlustverrechnung mit sämtlichen Einkünften iSd § 28 EStG 1988 vorsehen wollte. Damit wird auch nach Ansicht der Bundesregierung ein verfassungskonformes Auslegungsergebnis des § 30 Abs. 7 EStG 1988 sichergestellt, indem sachlich in keinem Zusammenhang mit einem Grundstück stehende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vom Ausgleich mit Verlusten aus privaten Grundstücksveräußerungen ausgeschlossen werden. Den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes, dass die Verlustverrechnungsmöglichkeit mit den Vermietungseinkünften in unsachlicher Weise zu weit geraten wäre, kann daher nach Ansicht der Bundesregierung durch eine teleologische Reduktion des Begriffs der Vermietung und Verpachtung im § 30 Abs. 7 EStG 1988 Rechnung getragen werden."
Der Verfassungsgerichtshof ist letztlich mit Erkenntnis vom , G 183/2017, zur Wortfolge " mitEinkünfte aus Vermietung und Verpachtung" der Äußerung der Bundesregierung gefolgt. Es "ist mit der Bundesregierungdavon auszugehen, dass der systematische Zusammenhang der Vorschrift des § 30 Abs. 7 EStG 1988 mit der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen eine Auslegung nahelegt, die den Verlustausgleich auf Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 einschränkt. Der Wortlaut der Vorschrift des § 30 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 steht einer solchen Auslegung nicht entgegen."
In Anlehnung an den Verfassungsgerichtshof ist also in verfassungskonformer Interpretation davon auszugehen, dass es sich bei den in § 30 Abs. 7 EStG 1988 seit dem AbgÄG 2012 bis einschließlich dem Veranlagungsjahr 2017 unverändert genannten "Einkünften aus Vermietung und Verpachtung" nur um solche handelt, die unter § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 fallen und somit in einem sachlichen Zusammenhang mit privaten Grundstücken stehen. Die Einschränkung ist dabei im Wege einer teleologischen Reduktion zu erreichen. (Vgl. , Kanduth-Kristen in Jakom, EStG 2020, § 30 Rz 86, Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 30 Anm 40).
Im gegenständlichen Fall entstand dem Bf durch den am erfolgten Verkauf der privaten Liegenschaft EZ 1 - O - im Streitjahr 2017 ein Verlust aus privater Grundstücksveräußerung. In diesem Jahr erzielte der Bf positive Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Einkünfte des Bf resultierten aber aus der Überlassung eines Patentes und sind daher unter § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 zu subsumieren. Es handelt sich dabei nicht um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die unter § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 fallen. Der im Streitjahr 2017 erzielte Verlust aus der Grundstücksveräußerung kann somit - in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - in verfassungskonformer Interpretation des § 30 Abs. 7 EStG 1988 nicht mit den vom Bf im Jahr 2017 erzielten und unter § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 fallenden positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden.
Eine Erweiterung des Verlustausgleiches auf Einkünften gemäß § 28 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 erfolgte auch im JStG 2018, BGBl I 62/2018, durch den Gesetzgeber nicht.
Die Vermietungstätigkeit im Zusammenhang mit der Liegenschaft O war unstrittig nicht als Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuergesetzes gestaltet. Dementsprechend standen im Streitjahr 2017 dem Veräußerungsverlust aus dem Verkauf dieser Liegenschaft keine (positiven) Einkünfte aus einer Vermietungstätigkeit im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 gegenüber.
Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 ist somit abzuweisen.
4 Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. (Art. 133 Abs. 4 B-VG)
Da zwar ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, aber keines des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der Wortfolge "mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung" des § 30 Abs. 7 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2017 gültigen Fassung vorliegt, ist die Revision nach dem Wortlaut des Art. 133 Abs. 4 B-VG zuzulassen.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 28 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30 Abs. 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7105137.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at