Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.12.2020, RV/3100139/2020

Besteuerungsrecht an diversen Rentenzahlungen (Ruhegeldkasse, Direktzusage) nach DBA-Deutschland

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100139/2020-RS1
Die beherrschende Beteiligung einer Gebietskörperschaft an einem privatwirtschaftlich organisierten Verkehrsunternehmen macht dieses nicht zu einer Gebietskörperschaft oder juristischen Person öffentlichen Rechts im Sinne des Artikels 19 DBA-Deutschland.
RV/3100139/2020-RS2
Die Rentenzahlungen aus einer durch Entgeltumwandlung finanzierten betriebliche Altersvorsorge sind unter Artikel 18 (allenfalls Artikel 21) DBA-Deutschland einzuordnen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013 sowie gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 und 2015 zu Recht erkannt:

  • Den Beschwerden wird teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Im Jahr 2013 beträgt das Einkommen 4.372,32 Euro, die Einkommensteuer 557,- Euro.

Im Jahr 2014 beträgt das Einkommen 11.380,27 Euro, die Einkommensteuer 2.025, Euro.

Im Jahr 2015 beträgt das Einkommen 11.367,54 Euro, die Einkommensteuer 2.303,- Euro.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer ist im Dezember 2012 mit seiner Ehefrau von Deutschland nach Österreich gezogen.

2. Aufgrund einer von der deutschen Finanzverwaltung im Rahmen des automatischen Informationsaustausches (AEOI - Automatic Exchange of Information) im September 2016 übermittelten Kontrollmitteilung wurde dem Finanzamt bekannt, dass der Beschwerdeführer in den Vorjahren ausländische Einkünfte erzielt hatte.

3. Mit Vorhalten vom , und wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, alle ausländischen Einkünfte offenzulegen und deren Höhe durch geeignete Unterlagen nachzuweisen.

4. In der Folge wurden vom Beschwerdeführer u.a. Lohnsteuerbescheinigungen der ***A*** Straßenbahn AG für die Jahre 2013 - 2015, die deutschen Rentenbescheide für die Jahre 2013 - 2015, Mitteilungen der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG) für die Jahre 2013 und 2015 und Bestätigungen der Tiroler Gebietskrankenkasse über im Kalenderjahr 2014 und 2015 geleistete Sozialversicherungsbeiträge vorgelegt.

5. Im Vorhalt vom war dem Beschwerdeführer vom Finanzamt bereits mitgeteilt worden, dass die Rente der Deutschen Rentenversicherung gemäß dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland (DBA-Deutschland) zwar der Besteuerung in Deutschland unterliege, in Österreich allerdings für die Berechnung des Steuersatzes für das in Österreich steuerpflichtige Einkommen herangezogen werden dürfe. Die Rente der ***A*** Straßenbahn AG (gemeint wohl der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG)) sei in Österreich zu besteuern.

In der Beantwortung dieses Vorhaltes teilte der Beschwerdeführer mit, dass er als Sachbearbeiter der ***A*** Straßenbahn AG tätig gewesen sei, im Zeitraum der übermittelten Lohnsteuerbescheinigungen allerdings in der Ruhezeit der Altersteilzeit. Seiner Ansicht nach handle es sich bei der Rente aus der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG) um eine Rente einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, weshalb Artikel 19 des DBA-Deutschland zur Anwendung kommen müsse und eine Steuerpflicht in Deutschland bestehe.

6. Der Einkommensteuerbescheid 2013 wurde am , die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 am erlassen. Das Finanzamt behielt die im Vorhalt vom geäußerte Rechtsansicht bei und unterzog die Rentenzahlungen der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG) der Besteuerung in Österreich.

7. In den am eingelangten Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 - 2015 wurde vom Beschwerdeführer wiederum auf Artikel 19 Abs. 2 DBA-Deutschland hingewiesen. Die Pensionseinkünfte von der ***A*** Straßenbahn AG (gemeint wohl der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG)) seien in Österreich von der Steuer zu befreien. Zudem seien die für die gesetzliche deutsche Rente in Österreich bezahlten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 23,40 Euro für 2013, 183,71 Euro für 2014 und 1.101,04 Euro für 2015 nicht als Werbungskosten bei den Progressionseinkünften berücksichtigt worden. In der Beilage wurden Mitteilungen der Deutschen Rentenversicherung über die Rentenanpassungen übermittelt.

8. Die Beschwerde betreffend den Einkommensteuerbescheid 2013 wurde vom Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom , betreffend die Einkommensteuerbescheide 2014 und 2015 mit Beschwerdevorentscheidungen vom abgewiesen. Auf den Beschwerdepunkt der Nichtberücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge wurde dabei in der Begründung nicht gesondert eingegangen.

9. Der Vorlageantrag betreffend das Jahr 2013 vom sowie die Vorlageanträge betreffend die Jahre 2014 und 2015 vom wurden direkt bei der Außenstelle des Bundesfinanzgerichtes eingebracht und von dieser an das Finanzamt weitergeleitet.

Vom Beschwerdeführer wurde in den Schriftsätzen darauf hingewiesen, dass die ***A*** Straßenbahn AG sich zu 100 % im öffentlichen Eigentum der Stadt ***A*** befinde. Deshalb seien die Rentenzahlungen mit jenen aus öffentlichem Dienst gleichzusetzen.

Sollte das Bundesfinanzgericht zur Auffassung gelangen, dass die Rente in Österreich der Besteuerung unterliege, werde die Anrechnung der in Deutschland bezahlten Steuer beantragt. Diese habe 499,- Euro für das Jahr 2013, 197,- Euro und 220,- Euro für das Jahr 2014 sowie 403,- Euro für das Jahr 2015 betragen. Zum Nachweis wurden die deutschen Einkommensteuerbescheide 2013 - 2015 vorgelegt. Zudem wurde - wie schon in den Beschwerden - die Berücksichtigung der in Österreich für die gesetzliche deutsche Rente geleisteten Sozialversicherungsbeiträge als Werbungskosten geltend gemacht.

10. Mit Vorlagebericht vom wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. In der Stellungnahme wurde vom Finanzamt darauf hingewiesen, dass laut den Konsultationsgesprächen zwischen Österreich und Deutschland vom Einvernehmen darüber bestehe, dass die nach Artikel 19 Abs. 3 DBA-Deutschland vorzunehmende Abgrenzung zwischen gewerblicher und hoheitlicher Tätigkeit eines Vertragsstaates sich nach jenen Grundsätzen richten solle, die im innerstaatlichen Ertragssteuerrecht der beiden Staaten für die Bestimmung der Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechtes gelte. Die im Zuge der Konsultationsgespräche erstellte Liste gewerblicher Tätigkeiten beinhalte auch Verkehrsbetriebe, weshalb die Rente der ***A*** Straßenbahn AG (gemeint wohl der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG)) der Besteuerung in Österreich unterliege. Eine Anrechnung der deutschen Steuer sei aufgrund Artikel 23 Abs. 2 lit. a und d DBA-Deutschland nicht möglich.

Die für die deutsche gesetzliche Rente von der österreichischen Sozialversicherung vorgeschriebenen Krankenversicherungsbeiträge seien als Werbungskosten der Progressionseinkünfte anzuerkennen.

11. Auf den Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom wurde vom Beschwerdeführer ein Schreiben der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn AG (VVaG) übermittelt, in dem von dieser bestätigt wurde, dass sie nicht als Körperschaft öffentlichen Rechts eingerichtet wurde. Zudem wurde klargestellt, dass die Beiträge an die Ruhegeldkasse ausschließlich vom (ehemaligen) Arbeitgeber des Beschwerdeführers geleistet wurden.

Von der Deutschen Rentenversicherung wurden Bestätigungen über die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die damit zusammenhängenden Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung die Beschwerdejahre betreffend vorgelegt. Aus diesen geht hervor, dass die im Jahr 2013 geleisteten Beiträge, Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 365,31 Euro und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 91,32 Euro, im Jahr 2014 erstattet wurden.

12. Auf Nachfrage des Bundesfinanzgerichts wurde von der ***A*** Straßenbahn AG per Mail noch ergänzend mitgeteilt, dass die nach Pensionsantritt des Beschwerdeführers vom ehemaligen Arbeitgeber erhaltenen Bezüge aufgrund einer Entgeltumwandlungsvereinbarung (Direktzusage) ausbezahlt wurden.

13. Dem Beschwerdeführer wurde mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom mitgeteilt, dass die Besteuerung der Einkünfte aus der Direktzusage nach DBA-Deutschland Österreich zusteht. Vom Beschwerdeführer wurde zwar am mit dem Bundesfinanzgericht telefonisch Kontakt aufgenommen, die diesbezüglich im Vorhalt eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme jedoch nicht wahrgenommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer war von bis zum als Sachbearbeiter der ***A*** Straßenbahn AG beschäftigt. Von bis befand er sich in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis, wobei die dreijährige Arbeitsphase mit endete, die dreijährige Freistellungsphase mit (vgl. Schreiben der ***A*** Straßenbahn AG vom ).

2. Der Beschwerdeführer ist Ende des Jahres 2012 gemeinsam mit seiner Ehefrau von Deutschland nach Österreich gezogen. Die Meldung im Zentralen Melderegister erfolgte am .

3. Seit Oktober 2013 bezieht der Beschwerdeführer eine gesetzliche Rente der Deutschen Rentenversicherung und eine Rente aus der betrieblichen Altersvorsorge von der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG). Vom Beschwerdeführer wurden keine Beiträge an die Ruhegeldkasse geleistet, die Einzahlung erfolgte ausschließlich durch Beiträge des Arbeitgebers.

4. Außerdem erhielt der Beschwerdeführer nach dem Pensionsantritt noch Zahlungen seines ehemaligen Arbeitgebers aufgrund einer Direktzusage. Zu Aktivzeiten wurde ein Teil des Bruttoentgelts in eine Altersvorsorge umgewandelt und beginnend mit Januar 2014 (und bis ins Jahr 2018) ausbezahlt (vgl. Mailverkehr mit der ***A*** Straßenbahn AG zwischen und ).

5. Von der Tiroler Gebietskrankenkasse wurden dem Beschwerdeführer ab dem Jahr 2013 für die deutsche gesetzliche Rente Krankenversicherungsbeiträge vorgeschrieben (Bestätigungen der TGKK vom und , Beitragsvorschreibung der TGKK vom ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Rechtslage

1. Unbeschränkt steuerpflichtig sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte (§ 1 Abs. 2 EStG 1988).

2. Ein Besteuerungsrecht an den ausländischen Einkünften besteht jedoch nur insoweit, als dieses nicht durch die Regelungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002 (DBA-Deutschland), eingeschränkt wird. Das DBA-Deutschland lautet auszugsweise:

Artikel 18

Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen

(1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

(2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaats erhält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

[…]

Artikel 19

Öffentlicher Dienst

(1) Vergütungen, ausgenommen Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Vergütungen dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die Dienste in diesem Staat geleistet werden und die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und

a) ein Staatsangehöriger dieses Staates ist oder

b) nicht ausschließlich deshalb in diesem Staat ansässig geworden ist, um die Dienste zu leisten.

(2) Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, dürfen abweichend von Artikel 18 nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist.

(3) Auf Vergütungen für Dienstleistungen und Ruhegehälter, die im Zusammenhang mit einer gewerblichen Tätigkeit eines Vertragsstaats oder einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses Staates erbracht werden, sind die Artikel 15, 16, 17 und 18 anzuwenden.

[…]

Artikel 23

Vermeidung der Doppelbesteuerung

[…]

(2) Bei einer in der Republik Österreich ansässigen Person wird die Steuer wie folgt festgesetzt:

a) Bezieht eine in der Republik Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden, so nimmt die Republik Österreich vorbehaltlich der Buchstaben b und c diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.

[…]

d) Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

3. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Dazu zählen nach § 16 Abs. 1 Z. 4 lit. e EStG 1988 auch die Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht.

Erwägungen

1. Allgemeines

Zwischen den Streitparteien besteht Einvernehmen darüber, dass der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund seines Wohnsitzes gemäß Artikel 4 DBA-Deutschland ansässig ist.

Zudem ist unstrittig, dass das Besteuerungsrecht der in Deutschland im Jahr 2013 erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Einkünfte aus der Altersteilzeit) gemäß Artikel 15 DBA-Deutschland und der Altersteilzeit-Aufstockungsbeträge als Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß Artikel 18 Abs. 2 DBA-Deutschland Deutschland zusteht und diese Einkünfte in Österreich (nur) für den Progressionsvorbehalt heranzuziehen sind.

Bezüglich der Altersteilzeit-Aufstockungsbeträge wird das Besteuerungsrecht im Beschwerdefall Deutschland zugewiesen, weil die Altersteilzeit vor dem begonnen wurde und bis zu diesem Zeitpunkt die Aufstockungsbeträge dem Arbeitgeber von der deutschen Bundesanstalt für Arbeit erstattet wurden. Es handelte sich dementsprechend um Zahlungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl. , BMF-010221/0088-IV/4/2011 - Verständigung mit Deutschland nach Artikel 25 des österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommens betreffend die steuerrechtliche Behandlung von erstattungsfähigen Aufstockungsbeträgen nach dem deutschen Altersteilzeitgesetz).

Das Besteuerungsrecht an der gesetzlichen Rente der Deutschen Rentenversicherung steht gemäß Artikel 18 Abs. 2 DBA-Deutschland ebenfalls Deutschland zu und die Einkünfte sind in Österreich (nur) progressiv zu erfassen.

Aufgrund der übermittelten Unterlagen wurden die Progressionseinkünfte wie unter Punkt 5. dargestellt neu berechnet.

2. Sozialversicherungsbeiträge für die Rente der Deutschen Rentenversicherung

Dem Beschwerdeführer wurden für die Rente der Deutschen Rentenversicherung von der Tiroler Gebietskrankenkasse beginnend mit dem Jahr 2013 Krankenversicherungsbeiträge (in Höhe von 23,40 Euro für das Jahr 2013, in Höhe von 183,71 Euro für das Jahr 2014 und in Höhe von 1.101,04 Euro für das Jahr 2015) vorgeschrieben. Es besteht - aufgrund der Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht - Einvernehmen darüber, dass diese als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 anzusehen sind und die Bemessungsgrundlage der Progressionseinkünfte vermindern.

Allerdings hat die Nachberechnung der vom Finanzamt ermittelten Progressionseinkünfte ergeben, dass diese Krankenversicherungsbeiträge im Einkommensteuerbescheid 2015 teilweise bereits berücksichtigt wurden, sodass sich diese nicht in voller Höhe auswirken.

Bisher nicht berücksichtigt wurden die von der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2013 bei der Auszahlung der Rente abgezogen Sozialversicherungsbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 456,63 Euro. Diese sind gemäß § 16 Abs.1 Z 4 lit. e EStG 1988 ebenfalls als Werbungskosten anzusetzen (vgl. zu Pflichtbeiträgen zur deutschen Pflegeversicherung ).

Die im Zuge der Beantwortung des Vorhaltes vom vorgelegten Bestätigungen der Deutschen Rentenversicherung zeigen jedoch, dass die Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge des Jahres 2013 von der rentenauszahlenden Stelle im Jahr 2014 - offenbar aufgrund der erfolgten Ansässigkeitsverlagerung nach Österreich - wieder rückerstattet wurden, weshalb diese in diesem Jahr die Progressionseinkünfte erhöhen.

3. Besteuerungsrecht an der Rente aus der Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG)

Zwischen dem Beschwerdeführer und dem Finanzamt ist strittig, unter welchen Artikel des DBA-Deutschland die Rentenbezüge einzuordnen sind und - daraus folgend - welchem Staat das Besteuerungsrecht zugewiesen wird.

Der Beschwerdeführer vertritt - offenbar geleitet von der in Deutschland bereits erfolgten Besteuerung - die Ansicht, dass die Ruhegeldkasse aufgrund der Einzahlung der Beiträge durch einen seiner Ansicht nach öffentlichen Arbeitgeber als Körperschaft öffentlichen Rechts angesehen werden könne, was eine Einordnung unter die Bestimmungen des Artikels 19 DBA-Deutschland (Öffentlicher Dienst) erfordere. Das Besteuerungsrecht stehe Deutschland als Kassenstaat zu.

Das Finanzamt subsumiert die Rente ebenfalls unter Artikel 19 DBA-Deutschland, beurteilt die frühere Tätigkeit des Beschwerdeführers allerdings als im Bereich der gewerblichen Tätigkeit der Stadt ***A***. Aufgrund der Bestimmung des Artikels 19 Abs. 3 DBA-Deutschland führt diese Einordung zur Anwendung des Artikels 18 Abs. 1 DBA-Deutschland und einem Besteuerungsrecht Österreichs als Ansässigkeitsstaat.

Die ***A*** Straßenbahn AG ist eine im Jahr 1876 gegründete Aktiengesellschaft. Die Stadt ***A*** hält über eine GmbH mehr als 90 % der Aktien. Diese Tatsache macht den (ehemaligen) Arbeitgeber des Beschwerdeführers und dessen Ruhegeldkasse, die als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit eingerichtet wurde, jedoch nicht zu einer Gebietskörperschaft oder juristischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne des Artikels 19 DBA-Deutschland (vgl. Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 1. Aufl. (2012), S 127). Auch die Ruhegeldkasse stellt im Schreiben vom klar, dass sie - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht als juristische Person öffentlichen Rechts eingerichtet wurde.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes kommt dementsprechend auch - von vornherein - nicht Artikel 19 des DBA-Deutschland zur Anwendung, sondern die Regelung des Artikels 18 Abs. 1 DBA-Deutschland, wodurch das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat, also Österreich, zusteht.

Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die sich unterscheidenden Rechtsansichten des Beschwerdeführers und des Finanzamtes in Bezug auf die Anwendung des Artikels 19 DBA-Deutschland. Die Ansicht des Finanzamtes, dass es sich beim Betrieb einer Straßenbahn um eine gewerbliche Tätigkeit handelt, erscheint jedoch nachvollziehbar (vgl. EAS 2604).

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 zählen Bezüge und Vorteile aus ausländischen Pensionskassen (einschließlich ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage war gemäß der o.a. gesetzlichen Bestimmungen des § 25 festzustellen, ob vom Beschwerdeführer Pensionskassen-Beiträge aus versteuertem Einkommen geleistet wurden.

§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. a zweiter Satz EStG 1988 normiert, dass jener Teil der Bezüge und Vorteile, der auf die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beträge entfällt, nur mit 25 % zu erfassen ist. Dies allerdings nur insoweit, als die Beitragsleistungen an derartige ausländische Pensionskassen (einschließlich an Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes) die in- oder ausländischen Einkünfte nicht vermindert haben. Dies gilt sinngemäß, wenn die Beitragsleistungen das Einkommen im Ausland nicht vermindert haben.

Im mit der Vorhaltsbeantwortung vorgelegten Schreiben der Pensionskasse (Ruhegeldkasse der ***A*** Straßenbahn (VVaG)) vom wird von dieser bestätigt, dass die Beiträge ausschließlich vom Arbeitgeber des Beschwerdeführers, der ***A*** Straßenbahn AG, getragen wurden. Der Beschwerdeführer hat keine Beiträge geleistet, weshalb die Rente aus der Pensionskasse in Österreich zur Gänze steuerpflichtig ist.

Insoweit der Beschwerdeführer die Anrechnung der in Deutschland für die Rente aus der Pensionskasse bezahlten Steuer begehrt, ist darauf hinzuweisen, dass Deutschland - wie oben dargelegt - für diese Rente kein Besteuerungsrecht zusteht. Die Berücksichtigung einer im Ausland ohne rechtliche Grundlage erhobenen Steuer ist nicht möglich.

Der Beschwerdeführer wurde von Seiten des Finanzamtes und auch im Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom bereits darauf hingewiesen, dass die vom deutschen Finanzamt vorgenommene Besteuerung nicht den Bestimmungen des DBA-Deutschland entspricht und eine dadurch entstandene Doppelbesteuerung von deutscher Seite rückgängig gemacht werden muss.

4. Besteuerungsrecht an der Direktzusage

Nachdem für das Bundesfinanzgericht aus dem Akt nicht ersichtlich war, weshalb der Beschwerdeführer auch nach Pensionsantritt auf den (deutschen) Lohnsteuerbescheinigungen ausgewiesene Entgeltzahlungen von seinem ehemaligen Arbeitgeber erhalten hatte, wurde die ***A*** Straßenbahn AG um Aufklärung ersucht.

Aus dem Mailverkehr ( bis ) mit der ***A*** Straßenbahn AG ergibt sich, dass es sich dabei um eine Entgeltumwandlung (Direktzusage) handelte. Zu Aktivzeiten des Beschwerdeführers wurde ein Teil des Bruttoentgelts in eine Altersvorsorge eingezahlt. Dabei fielen zum Zeitpunkt der Einzahlung für diesen Teil keine Sozialversicherungsbeiträge an und es erfolgte keine Besteuerung. Erst bei Auszahlung nach Pensionsantritt müssen - in den Sparten Kranken- und Pflegeversicherung - Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden und es wird Steuer erhoben, wobei ein Versorgungsfreibetrag zusteht.

Auch diese Rente wurde in Deutschland durch Lohnsteuerabzug von der auszahlenden Stelle, der ***A*** Straßenbahn AG, der Besteuerung unterzogen. Vom deutschen Finanzamt wurden die Renteneinkünfte nicht freigestellt, die bereits abgeführte Steuer berücksichtigt.

Bei der Direktzusage handelt es sich um eine Form der betrieblichen Altersversorgung (vgl. Broschüre der Deutschen Rentenversicherung, Download unter https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/national/betriebliche_altersversorgung.html, Abfrage am ).

Die Einkünfte aus der Direktzusage sind dementsprechend unter Artikel 18 Abs. 1 DBA-Deutschland (allenfalls unter Artikel 21 DBA-Deutschland) einzuordnen und das Besteuerungsrecht kommt dem Ansässigkeitsstaat zu (vgl. EAS. 1468, Dommes, Pensionen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 1. Aufl. (2012), S 61 f.). Daran vermag auch die in Deutschland erfolgte Besteuerung nichts zu ändern.

Auf deutscher Seite wird die Ansicht vertreten, dass die Direktzusage bei Finanzierung durch den Arbeitgeber unter Artikel 18 DBA-Deutschland, bei Finanzierung durch den Arbeitnehmer unter Artikel 21 DBA-Deutschland zu subsumieren ist (vgl. Scheffler/Kölbl, Besteuerung der betrieblichen Altersversorgung auf Ebene des Arbeitnehmers im internationalen Kontext, Schriftenreihe Steuerinstitut Nürnberg Nr. 2006-03, S 8 f) und nicht die - denkmögliche und offenbar noch zur Zeit der EAS 1468 vertretene - Ansicht, dass die Einkünfte aus der Direktzusage unter Anwendung des Kausalitätsprinzips als nachträgliche Aktiveinkünfte unter Artikel 15 DBA-Deutschland einzuordnen sind.

Nachdem sowohl Artikel 18 DBA-Deutschland als auch Artikel 21 DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht Österreich zuweist, führen die Ansichten zum selben Ergebnis und die Einkünfte sind in Deutschland freizustellen.

5. Berechnung der ausländischen Einkünfte

Die deutschen Einkünfte mit österreichischem Besteuerungsrecht (Rente aus der Ruhegeldkasse, Rente aus der Direktzusage) sind folgendermaßen zu ermitteln:

2013:


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Rente aus der Ruhegeldkasse
1.315,95
Einkünfte laut Erkenntnis
1.315,95 €

2014:


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Rente aus der Direktzusage
2.344,42
Abzüglich Sozialversicherungsbeiträge
-237,61
Rente aus der Ruhegeldkasse
5.263,80
Einkünfte laut Erkenntnis
7.370,61 €

2015:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rente aus der Direktzusage
2.379,66
Rente aus der Ruhegeldkasse
5.263,80
Einkünfte laut Erkenntnis
7.643,46 €

Die Progressionseinkünfte (Aktiveinkünfte und Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung) sind folgendermaßen zu ermitteln:

2013:


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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit laut Lohnzetteln
14.253,42 €
Abzüglich Sozialversicherungsbeiträge
-3.077,66 €
Aufstockung Altersteilzeit
+5.759,19 €
Rente der Deutschen Rentenversicherung
+4.454,82
Abzüglich Sozialversicherungsbeiträge
-456,63
Abzüglich Krankenversicherungsbeiträge TGKK
-23,40
Progressionseinkünfte laut Erkenntnis
20.909,74 €

2014:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rente der Deutschen Rentenversicherung
+17.968,14
Zuzüglich erstattete Sozialversicherungsbeiträge
+456,63
Abzüglich Krankenversicherungsbeiträge TGKK
-183,71
Progressionseinkünfte laut Erkenntnis
18.241,06 €

2015:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rente der Deutschen Rentenversicherung
+18.306,96
Abzüglich Krankenversicherungsbeiträge TGKK
-1.101,04
Progressionseinkünfte laut Erkenntnis
17.205,92 €

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis betrifft in erster Linie Fragestellungen des Sachverhaltes. Die Rechtsfragen sind anhand der Bestimmungen des DBA-Deutschland zu lösen, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 19 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 19 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 23 Abs. 2 lit. a und d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 18 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 18 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 18 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 21 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Verweise
BMF-010221/0088-IV/4/2011

EAS 2604
EAS 1468
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100139.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at