Provisionen als Einkünfte gemäß § 22 Z 2 EStG 1988
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***Ri***, den Richter ***Ri2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache
***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Andreas Moser, Gadollaweg 42 Tür 55, 8055 Graz,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend Dienstgeberbeitrag 2010 - 2014 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2010 - 2014 in Anwesenheit des Schriftführers ***5*** zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin, die ***Bf.*** Vertriebs GmbH (im Folgenden Bf.) verkauft Waren.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Überprüfung hat das Finanzamt (laut gesonderter Bescheidbegründung) folgende Feststellung getroffen:
"Aus der Buchhaltung, Gewinn- und Verlustrechnung - Sachkonto "Provisionen an Dritte" waren regelmäßige Zahlungen als Geschäftsführerbezüge mit dem Wortlaut: "Prov ***1***" zu entnehmen. Diese Zahlungen wurden von der Fa. ***Bf.*** Vertriebsgesellschaft m.b.H. mit der Handelsagentur ***1*** ***1*** vereinbart. Dem Einzelunternehmer ***1*** ***1*** sind diese Bezüge an seine eigene Firma zugeflossen. Als Einzelunternehmer kann Herr ***1*** ***1*** über dieses zugeflossene Geld frei verfügen. Ob er diese Beträge aus seiner Einzel(Personen)Firma herausnimmt und oder in seiner Einkommenssteuererklärung anführt, ist für die ***Bf.***-Vertriebsgesellschaft bezüglich der Steuerbarkeit der Lohnnebenkosten unerheblich."
Das Finanzamt betrachtete damit die Provisionen, die die Bf. an das Einzelunternehmen ihres Geschäftsführers bezahlt hat, als Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd. § 22 Abs. 2 Z 2 2. TS EStG 1988, da diese Vergütungen für eine den Unternehmenszweck verwirklichende Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers geleistet wurden und erließ die hier strittigen Bescheide vom betreffend Dienstgeberbeitrag 2010 - 2014 sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2010 - 2014.
In der Begründung verwies das Finanzamt dabei auf den "Bericht vom ".
Dem Bericht ist dazu zu entnehmen, dass die Festsetzung des strittigen DB und DZ für "Provisionen an Dritte von der GmbH an den Geschäftsführer (41% Beteiligung) Herrn ***1*** als Einzelunternehmer" erfolgte. Der Niederschrift zur Schlussbesprechung ist zu entnehmen, dass diese Feststellungen mit dem steuerlichen Vertreter besprochen wurden.
Auf Antrag der Bf. verfasste das Finanzamt eine gesonderte Bescheidbegründung, in der es den Sachverhalt wie oben beschrieben darstellte und die rechtliche Würdigung durch das Finanzamt erläuterte.
In der Beschwerde vom rügte die Bf. die fehlende zusammenhängende Darstellung des Sachverhaltes, die die Bescheide mit Rechtswidrigkeit belaste.
In der Sache vertrat die Bf. die Ansicht, dass die Leistungen des Einzelunternehmens des Herrn ***1*** zu keinen Vergütungen iSd § 22 EStG 1988 führen würden und führte dazu u.a. aus:
"So wurden einerseits Geschäftsführerentschädigungen bezahlt, die auch LNK-pflichtig abgerechnet wurden und zwar im Jahr 2010 € 11.000,-, im Jahr 2011 € 12.000,-, im Jahr 2012 € 13.500,-, im Jahr 2013 € 18.000,- und im Jahr 2014 € 23.500,-.
Andererseits hat Herr ***1*** mit seinem Einzelunternehmen, einer Handelsagentur, Leistungen für die ***Bf.*** GmbH erbracht. Die dafür verrechneten Provisionen sind Gegenstand dieses Verfahrens. (…)
Allerdings gehören die Vergütungen dann nicht zur Bemessungsgrundlage nach § 22 Z 2 2. TS EStG und damit zur LNK-Bemessungsgrundlage, wenn das Einzelunternehmen über eine eigene unternehmerische Struktur verfügt.
Diese unternehmerische Struktur liegt im gegenständlichen Fall zweifellos vor. Beispielsweise wurden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Mitarbeiter beschäftigt. Ein weiteres Indiz für die eigene unternehmerische Struktur ist, dass die Provisionen von der ***Bf.*** GmbH in den jeweiligen Jahren wesentlich weniger als die Hälfte der Umsatzerlöse (siehe die ESt-Erklärungen zu StNr. ***xxx/xxxx***) des Einzelunternehmens des Herrn ***1*** ausmachen."
Der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom lässt sich zum Sachverhalt folgendes entnehmen:
"Als Abgeltung für diese Leistungen (z.B. Reisetätigkeiten, Kundenakquisition, Produktentwicklung, Betreuung Lieferanten/Partner etc.) verrechnet die ***Bf.*** an das Einzelunternehmen Provisionen, deren Höhe in unregelmäßig neu geschlossenen Vereinbarungen festgelegt wurde. Vereinbart war jeweils ein monatlicher Pauschalbetrag (12x jährlich), wobei Projekte mit überdurchschnittlichem Erfolg von den Geschäftsführern individuell betrachtet und bewertet und mittels Vertriebs-Sonderprämien vergütet wurden. (…)
Jedoch geht aus den zugesandten Unterlagen hervor, dass sämtliche Mitarbeiter einerseits geringfügig beschäftigt und zudem als Hilfskraft angemeldet waren. Die Arbeitsbereiche, für die die Provisionen gezahlt wurden, fallen typischerweise in den Aufgabenbereich des Unternehmers selbst und werden meist nicht von Mitarbeitern besorgt. Dies gilt umso mehr für geringfügig Beschäftigte, die für die angegebenen Aufgaben schon gar nicht ausreichend viel Zeit im Unternehmen verbringen, und daher nicht angemessen für die Erledigung der beschriebenen Aufgaben sorgen können. Auch sind für Hilfsarbeiter meist andere Bereiche vorgesehen, als die Angegebenen, da diese für das Unternehmen von entscheidender Bedeutung sein können. Die Kundenakquisition und die Betreuung von Lieferanten/Partnern beispielsweise sind Angelegenheiten, die viel Verhandlungsgeschick, Menschenkenntnis und Flexibilität erfordern. Derartige Eigenschaften liegen üblicherweise in den individuellen Fähigkeiten des Unternehmers begründet, der zudem über die nötige Kompetenz verfügt, Kompromisse bzw. abweichende Bedingungen bei Verhandlungen vereinbaren zu können. Und gerade die Auswahl von Kunden bzw. Partnern oder die Produktentwicklung sind heikle Bereiche, die Fingerspitzengefühl erfordern und deshalb oft durch den Geschäftsführer selbst erledigt werden, zumal dieser das ausgeprägteste Interesse am Erfolg seines Unternehmens hat und daher die größtmögliche Sorgfalt walten lässt. Daher ist davon auszugehen, dass der Geschäftsführer Herbert ***1*** diese Tätigkeiten selbst ausgeführt hat und dementsprechend auch dafür entlohnt wurde.
Somit mag das Einzelunternehmen zwar über eine unternehmerischer Struktur verfügen, jedoch sind die gezahlten Provisionen eine Entlohnung der Leistungen des Herbert ***1*** selbst und nicht einer seiner Mitarbeiter. Aus diesem Grund sind die Beträge der Bemessungsgrundlage für die Berechnung des DB, DZ und KommSt hinzuzurechnen und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Im Vorlageantrag ergänzte die Bf. ihr Begehren um folgenden Punkt:
"Hier wäre zunächst zu erörtern, wie das Finanzamt festgestellt hat, wofür die Entgelte der ***Bf.*** GmbH an das Einzelunternehmen ***1*** ***1*** bezahlt wurden. Dass sich dies der Beschwerdevorentscheidung nicht entnehmen lässt, stellt für sich einen verfahrensrechtlichen Mangel dar, wie sich in diesem Verfahren überhaupt ein Begründungsmangel an den anderen reiht.
Sodann gehe ich davon aus, dass die vom BMF in der Information zum Kommunalsteuergesetz vorgenommene Interpretation der relevanten Normen im Gesetz keine Deckung findet. Denn einerseits anzuerkennen, dass die Entgelte bei einer eigenen betrieblichen Struktur des Einzelunternehmens des Geschäftsführers nicht zur Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer gehören, andererseits dann aber eine Komponente ermitteln zu wollen, die auf die vom Unternehmer persönlich erbrachten Leistungen entfallen soll, geht wohl entschieden zu weit.
Sohin beantrage ich neuerlich, die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben."
Aus dem Akt ergibt sich zur Vereinbarung zwischen der Bf. und Herrn ***1*** ***1*** folgendes:
Die Vereinbarung vom hat folgenden Inhalt:
"Die ***Bf.*** Vertriebsgesellschaft m.b.H. vergütet der Handelsagentur ***1*** ***1*** monatlich (12x jährlich) einen Pauschalbetrag von € 2.000,- exkl, MwSt. als Abgeltung für;
Reisetätigkeiten
Kundenakquisition und -betreuung
Produktentwicklung
Betreuung Lieferanten/Partner
Projekte mit überdurchschnittlichem Ertrag werden von den Geschäftsführern individuell betrachtet/bewertet und mittels Vertriebs-Sonderprämie vergütet."
Mit Vereinbarung vom (gültig ab ) erhöhte sich der Pauschalbetrag auf 3.000 Euro.
Aus den Unternehmenslohnkonten des Herrn ***1*** ***1*** ergibt sich, dass er für geringfügig angestellte Mitarbeiter von Jänner bis März 2010 monatlich 250 Euro bezahlt hat und von April 2011 - März 2012 monatlich 340 Euro.
Das BFG ersuchte die Bf. um Aufklärung darüber, inwieweit die vertraglich ausbedungenen Tätigkeiten des Herrn ***1*** im Rahmen der angegebenen unternehmerischen Struktur seines Einzelunternehmens ausgeführt wurden (in den Räumlichkeiten des Einzelunternehmens, durch Tätigwerden der Mitarbeiter, durch Produktentwicklungsprojekte, etc?) bzw. welche anderen Leistungen er als Einzelunternehmer erbracht hat.
Die Bf. beantwortete dieses Ergänzungsersuchen insofern, als sie ausschließlich vorbrachte, dass in den Bescheiden keine Gründe für eine Wiederaufnahme genannt wurden.
Die Beantwortung der Fragen sei nach so vielen Jahren nur erschwert möglich und in Hinblick auf die fehlenden Wiederaufnahmegründe auch nicht notwendig.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bekräftigte der steuerliche Vertreter seine Ansicht, dass die Begründung im Erstbescheid so mangelhaft sei, dass sie eine Festsetzung (die im Wesentlichen die Erfordernisse einer Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllen muss) nicht zu rechtfertigen vermag. Auch der angeforderten gesonderten Bescheidbegründung seien die Gründe für die Festsetzung nicht zu entnehmen.
Herr ***1*** ***1*** betreibe eine Handelsagentur, in der er auch den Verkauf anderer Produkte wie beispielsweise der der Firma ***2*** vermittle.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Herr ***1*** ***1*** ist zu 41% an der ***Bf.*** Vertriebs GmbH und erhält für seine sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Tätigkeit als Geschäftsführer der Bf. laut Beschwerde 11.000 Euro im Jahr 2010, 12.000 Euro im Jahr 2011, 13.500 Euro im Jahr 2012, 18.000 Euro im Jahr 2013 und 23.500 Euro im Jahr 2014.
Zusätzlich dazu zahlte die Bf. Herrn ***1*** ***1*** 25.000 Euro im Jahr 2010, 24.000 Euro im Jahr 2011, 25.524,17 Euro im Jahr 2012, 27.000 Euro im Jahr 2013 und 35.500 Euro im Jahr 2014 für Reisetätigkeiten, Kundenakquisition und -betreuung, Produktentwicklung sowie Betreuung von Lieferanten und Partnern (Beträge laut BP-Bericht, Zahlungsgrund laut Vertrag).
Im Rahmen seines Einzelunternehmens vermittelte Herr ***1*** den Verkauf von Produkten der Bf. sowie den Verkauf von Produkten anderer Unternehmer (Angabe in der mündlichen Verhandlung).
Das Finanzamt hat in der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich festgestellt, dass der Geschäftsführer ***1*** ***1*** diese Tätigkeiten selbst ausgeführt hat und dementsprechend auch dafür entlohnt wurde. Obgleich das Einzelunternehmen über eine unternehmerischer Struktur verfügen mag, seien jedoch die gezahlten Provisionen eine Entlohnung der Leistungen des ***1*** ***1*** selbst und nicht einer seiner Mitarbeiter.
Die Bf. ist dieser Feststellung nicht entgegen getreten.
In Hinblick auf den Umstand, dass im Einzelunternehmen nicht durchgehend Mitarbeiter beschäftigt waren (bzw. diese in der kurzen Zeit ihrer Beschäftigung nur geringfügig tätig waren) und die Bf. selbst kein anderes Vorbringen gemacht hat, ist davon auszugehen, dass die Festsstellungen des Finanzamtes den Tatsachen entsprechen und Herr ***1*** ***1*** die vertraglich ausbedungenen Vertriebs-Leistungen selbst erbracht hat.
Soweit die Bf. im Vorlageantrag rügt, dass das Finanzamt nicht explizit erklärt hat, wie es ermittelt hat, wofür die Entgelte an Herrn ***1*** entrichtet wurden, ist zunächst zu entgegnen, dass sich dies bereits aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt: Das Finanzamt spricht in der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich von "verrechnet" bzw. der "Vereinbarung", womit klargestellt ist, dass sich der Sachverhalt aus den Rechnungen bzw. dem Vertrag ergibt.
Im Übrigen wurden die Feststellungen im Rahmen einer abgabenbehördlichen Überprüfung getroffen. In diesem in weiten Teilen auch mündlichen Verfahren wird die Abgabepflichtige aufgefordert, Unterlagen beizubringen und Auskünfte zu unklaren Sachverhalten zu geben. All diese Handlungen müssen der Bf. also bekannt sein und ihr die Gelegenheit geboten haben, allfällig unrichtige Feststellungen richtig zu stellen.
Die Möglichkeit zur Richtigstellung falscher Tatsachenfeststellungen hat die Bf. auch im hier gegenständlichen Beschwerdeverfahren trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht ergriffen.
Die genaue Darstellung der Art der Ermittlung ist daher nur insoweit relevant, als sie zu tatsachenwidrigen Feststellungen geführt hat zumal sie dem Finanzgericht die Möglichkeit geben soll, den wahren wirtschaftlichen Sachverhalt zu ermitteln. Da sich die Bf. - wie bereits dargestellt - zu allfällig tatsachenwidrigen Feststellungen nicht geäußert hat, ist auch aus diesem Aspekt zu schließen, dass die Feststellungen des Finanzamtes den Tatsachen entsprechen.
Rechtliche Beurteilung
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Zahlungen, die die Handelsagentur ***1*** ***1*** laut Vertrag als Abgeltung für Reisetätigkeiten, Kundenakquisition und -betreuung, Produktentwicklung sowie Betreuung von Lieferanten und Partnern erhalten hat, eine Vergütung darstellt, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden oder eine Vergütung für die Leistungen eines Einzelunternehmens.
Rechtslage
Gemäß § 41 Abs 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs 2 FLAG 1967 zählen zu den "Dienstnehmern" iSd Abs 1 auch an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, wobei auch Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988 zu den Arbeitslöhnen zählen.
Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag ist gem. § 122 Abs 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 idF BGBl I 153/2001 von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben.
Gemäß § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt.
Gemäß § 201 Abs 1 BAO sind selbst zu berechnende Abgaben (wie DB und DZ) bescheidmäßig festzusetzen, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Nach Absatz 3 hat die Festsetzung zu erfolgen, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO (Wiederaufnahme des Verfahrens) die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
Festsetzung des Dienstgeberbeitrages bzw. des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag iSd § 201 BAO
Im Beschwerdefall hat das Finanzamt im Zuge der abgabenbehördlichen Überprüfung festgestellt, dass die Bf. dem zu 41% beteiligten Gesellschafter Geschäftsführer ***1*** ***1*** "Provisionen an Dritte" ausbezahlt hat.
Dadurch, dass in den Bescheiden auf den BP-Bericht verwiesen wurde, bildet dieser Umstand auch den Tatsachenkomplex, der für die Festsetzung maßgeblich war.
Zusätzlich dazu hat das Finanzamt seine Überlegungen in einer "gesonderten Bescheidbegründung" dargelegt, in dem die Feststellungen des BP Berichts näher erläutert werden.
Kommen Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervor und hätte die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt, ist gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO eine Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig.
Das Finanzamt stützt seine Festsetzung auf die neu hervorgekommene Tatsache, dass an Herrn ***1*** neben dem Geschäftsführerbezug weitere Zahlungen zur Vergütung von Tätigkeiten für die Bf. geleistet wurden. Sofern diese als Entlohnung iSd § 22 Z 2 EStG 1988 anzusehen sind (siehe dazu 3.3.) führt dies zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag. Damit würde sich die Selbstberechnung als unrichtig darstellen und eine bescheidmäßige Festsetzung hat zu erfolgen.
Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988
Dass es sich beim Gesellschafter-Geschäftsführer der Bf. nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, um eine Person handelt, die im Sinne des § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 (somit "wesentlich") an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist und deren Beschäftigung nur "sonst" alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweist, ist - zumindest soweit es sich um die als "Geschäftsführerbezüge" bezeichneten Zahlungen handelt - im Verfahren nicht strittig und kann mit Rücksicht auf die kontinuierliche Besorgung der Aufgaben der Geschäftsführung auch nicht zweifelhaft sein (vgl. dazu ).
Streit besteht nur über den Umfang der Vergütung, genauer gesagt darüber, ob die bezahlten Provisionen auch zu den Vergütungen iSd § 22 Z 2 EStG 1988 zählen.
Die Bestimmung des § 41 Abs 2 FLAG 1967 iVm § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 stellt nicht auf die Art der Tätigkeit des an der Kapitalgesellschaft wesentlich Beteiligten ab (vgl etwa ).
Bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 22 Z 2 EStG gilt nämlich für Leistungen, die ihrem Inhalt nach im operativen Bereich der Gesellschaft angesiedelt sind, das Gleiche wie für die kontinuierliche Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung (vgl. unter Verweis auf , , , , , , , , , , , , , , und 2013/13/0123, sowie den ). Die nicht in der Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung bestehenden Tätigkeiten waren in Fällen dieser Art in der Regel die von Wirtschaftsprüfern, Versicherungsmaklern, Programmierern, Ärzten oder Ziviltechnikern und zuletzt künstlerische Leistungen.
Es entspricht somit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Umstand, dass der Gesellschafter nicht (nur) Aufgaben der Geschäftsführung, sondern (auch) Tätigkeiten im operativen Bereich der GmbH ausübt, einer Übernahme der in der Judikatur erarbeiteten Grundsätze, unter welchen von der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 ausgegangen werden kann, nicht entgegensteht (zuletzt , unter Hinweis auf Vorjudikatur).
Es kommt darauf an, ob der Gesellschafter die Leistung für die Gesellschaft persönlich erbringt, mag auch sein Einzelunternehmen eine betriebliche Struktur aufweisen (vgl etwa zu einem Ziviltechniker mit "selbständiger betrieblicher Organisation").
Nur soweit die Leistungen von der "Belegschaft" des Einzelunternehmens erbracht werden, kommt eine Einbeziehung der vom Gesellschafter in Rechnung gestellten Beträge in die Bemessungsgrundlage für den ihn betreffenden Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag nicht in Betracht ().
Im Beschwerdefall ist Herr ***1*** ***1*** für die Bf. sowohl als Geschäftsführer als auch im operativen Bereich (Kundenakquisition, Betreuung von Kunden und Lieferanten sowie Produktentwicklung) tätig geworden.
Nach der hier dargestellten Judikatur erzielt er mit beiden Tätigkeiten Einkünfte gem. § 22 Z 2 EStG 1988.
Dementsprechend hat auch der VwGH in diesem Jahr zu einem vergleichbaren Fall judiziert, dass bei einem Gesellschafter, der auf der Grundlage eines Handelsvertretervertrages laufend Geschäfte für die GmbH vermittelt und dafür Provisionszahlungen erhält, Einkünften gem. § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vorliegen ().
Ergebnis
Die an Herrn ***1*** bezahlten Provisionen sind nach der zitierten Rechtsprechung als Einkünften gem. § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 anzusehen und zählen als "Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988" gemäß § 41 Abs 3 FLAG zur Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag bzw. gemäß § 122 Abs 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 idF BGBl I 153/2001 zur Bemessungsgrundlage für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag.
Damit führt die neu hervorgekommene Tatsache, dass die Bf. an Herrn ***1*** zusätzlich zu seinem Geschäftsführerbezug Provisionen bezahlt hat, dazu, dass sich die Selbstberechnung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag als unrichtig erweist. Das Finanzamt hat die Abgaben gem. § 201 BAO bescheidmäßig festzusetzen.
Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall gibt es die zitierte Rechtsprechung zur Frage des Umfangs der Einkünfte gem. § 22 Z 2 EStG 1988. Daher ist die Revision nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101565.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at