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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 04.12.2020, RV/1100276/2017

Anwendung der Beteiligungsertragsfreiheit auf Ausschüttungen eines Alternativen Investmentfonds?

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/15/0003. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/1100202/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Peter Bilger, die Richterin Mag.a Claudia Mauthner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfgang Bahl und Bernd Feldkircher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch RTG Dr. Rümmele Treuhand GmbH, Marktstraße 30, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Körperschaftsteuer 2014 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf.) war mit 11,62% aufgrund eines Genussrechts am Ergebnis und mit 0,97% an den Aktien der ***1*** (in der Folge: X.) beteiligt.

Am erfolgte eine Gewinnausschüttung der X. an ihre Aktionäre und Genussberechtigten in Höhe von 2.988.810,61 Euro. Davon entfielen auf die Bf. 347.212,60 Euro für das Genussrecht und 29.079,96 Euro für die Aktienbeteiligung. Von diesen Ausschüttungen behielt die X. 25% bzw. 94.073,16 Euro an Kapitalertragsteuer ein. Die Nettobeträge in Höhe von 260.409,52 Euro (Genussrecht) und 21.809,97 Euro (Aktienbeteiligung) überwies es am selben Tag auf ein Konto der Bf.

Mit Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2014 erklärte die Bf. Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 837.005,00 Euro. Dabei wurden die Gewinnausschüttungen der X. vom an die Bf. steuerfrei belassen.

Zur Begründung für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit führte die Steuervertretung der Bf. in einer Beilage zur Körperschaftsteuererklärung aus, seit dem Wirtschaftsjahr 2013/14 sei die X. als nicht meldender Alternativer Investmentfonds (AIF) iSd Alternativer Investmentfonds Meldegesetz (AIFMG) zu qualifizieren und falle damit insoweit unter das Besteuerungsregime des Investmentfondsgesetzes (InvFG). Das Wirtschaftsjahr der X. ende am 30. September, das der Bf. am 28. Februar eines Jahres. Im Februar 2014 habe die X. eine (unternehmensrechtliche) Gewinnausschüttung auf Grundlage des Jahresabschlusses 2013 in Höhe von 2.988.810,61 Euro getätigt. Die Auszahlung sei auch steuerlich als Gewinnausschüttung behandelt worden.

Bei ausschüttungsgleichen Erträgen gehe das Bundesministerium für Finanzen, GZ. BMF-040410/0007-VI/1/2015, bei Nichtmeldefonds stets von einem Zuflusszeitpunkt von 7 Monaten nach Ende des Fondsgeschäftsjahres aus, auch wenn ein Selbstnachweis der ausschüttungsgleichen Erträge erbracht werde. Das erste Fondsgeschäftsjahr der X. ende am , weshalb die ausschüttungsgleichen Erträge erstmalig am der Bf. zuflössen und daher bei ihr erstmals im Wirtschaftsjahr 2014/15 zu versteuern seien.

Auf die am an die Bf. ausgeschütteten Gewinne sei hingegen die Beteiligungsertragsfreiheit anzuwenden, weil nur so die doppelte Versteuerung von alten Bilanzgewinnen verhindert werden könne. § 10 Abs. 1 Z 1 KStG befreie Gewinnanteile jeder Art aufgrund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften von der Körperschaftsteuer. Die Befreiungsbestimmung sei sehr weit gefasst und knüpfe an den zivilrechtlichen Kapitalgesellschaftsbegriff an (vgl. Achatz/Kirchmayr, KStG, § 10, Tz 41). Auch wenn die X. als AIF nicht mehr als Körperschaft im Sinne des § 1 KStG 1988 gelte, sei sie dennoch weiterhin eine Kapitalgesellschaft. Zeitliche Aspekte spielten für die Befreiung keine Rolle. Im Ergebnis sei daher die gesamte Gewinnausschüttung von bereits der Körperschaftsteuer unterworfenen Altgewinnen einer Private-Equity-Kapitalgesellschaft bei einer empfangenden Körperschaft iSd § 7 Abs. 3 KStG als "Gewinnanteil jeder Art aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft" gem. § 10 KStG von der Körperschaftsteuer befreit. Dies gelte unabhängig davon, ob der Gewinnanspruch im Substanzgenussrecht oder in der Kapitalbeteiligung begründet sei. Im gegenständlichen Fall sei sowohl unternehmensrechtlich als auch steuerrechtlich von einer Gewinnausschüttung der Altgewinne der X. an ihre Anteilseigner auszugehen. Die Dividenden unterlägen bei den empfangenden Körperschaften der Beteiligungsertragsbefreiung gem. § 10 KStG.

Mit dem angefochtenen Bescheid unterzog das Finanzamt abweichend von der Körperschaftsteuererklärung der Bf. auch die von der X. ausgeschütteten Gewinne der Körperschaftsteuer. Zur Begründung gab es an, die Ausschüttungen könnten weder als Beteiligungsertrag noch als Einlagenrückzahlung angesehen werden, weil es sich bei der X. gemäß § 186 Abs. 7 InvFG ab um einen Alternativen Investmentfonds und nicht mehr um eine Körperschaft im Sinne des § 1 KStG 1988 handle. Da die Bf. das Vorliegen einer Substanzausschüttung nicht nachweisen habe können, liege ein körperschaftsteuerpflichtiger Fondsertrag vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde machte die Bf. erneut die Beteiligungsertragsfreiheit für die in Rede stehenden Gewinnausschüttungen der X. geltend und stellte ferner die Anträge, das Finanzamt möge die Beschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorlegen, das durch den gesamten Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Beschwerde entscheiden möge.

Zur inhaltlichen Begründung führte es aus, Alternative Investmentfonds gälten gemäß § 186 Abs. 7 InvFG nicht als Körperschaften iSd § 1 KStG, weshalb die unbeschränkte Steuerpflicht der X. mit geendet habe. Damit seien die stillen Reserven gem. § 18 Abs. 1 KStG aufgedeckt worden. § 186 Abs. 6 InvFG normiere eine Ausschüttungsreihenfolge von thesaurierten Erträgen eines Investmentfonds, lasse aber offen, wie die Fondssubstanz im Zeitpunkt des Wechsels ins AIF-Regime zu ermitteln sei und wie eine Doppelbesteuerung von thesaurierten Gewinnen aus Vor-AIF Zeiten (ausschüttungsfähige Bilanzgewinne) vermieden werde. Diese planwidrige Regelungslücke sei auch in der Literatur erkannt worden (vgl. Petritz-Klar, SWI 2013, 535). Die beiliegende Rechtsmeinung des Investmentfondsexperten A.-Univ-Prof. Dr. Gernot A. vom bekräftige den Standpunkt, dass aus steuersystematischen Gründen ein auf Ebene der AIF-Anteilinhaber unversteuerter Gewinnvortrag in das AIF-Besteuerungsregime "mitzunehmen" und erst bei tatsächlicher Auszahlung im Rahmen der Ausschüttungsreihenfolge nach § 186 Abs. 6 InvFG als Dividende beim Anteilsinhaber steuerlich zu berücksichtigen sei, ohne dass es zu Auswirkungen auf die Anschaffungskosten der Fondsanteile nach § 186 Abs. 3 InvFG komme. So werde die konsequente Einmalbesteuerung von thesaurierten Altgewinnen bei Kapitalgesellschaften sichergestellt und eine Diskriminierung von Kapitalgesellschaften gegenüber natürlichen Personen und Privatstiftungen vermieden. Die bei Kapitalgesellschaften als Fondsinhaber anwendbare Beteiligungsertragsbefreiung gem. § 10 KStG sei nämlich keine Steuerbegünstigung, sondern stelle eine systembedingte Befreiungsbestimmung dar (vgl. Achatz/Kirchmayr, KStG, § 10, Tz 2). Bei der Liquidationsbesteuerung iSd § 19 KStG gehe auch die Finanzverwaltung schlüssig davon aus, dass Ausschüttungen aus Perioden vor dem Liquidationszeitraum Beteiligungserträge darstellten, und zwar auch dann, wenn eine Ausschüttung erst nach Liquidationseröffnung erfolge (KStR Rz 1167; so auch Achatz/Kirchmayr, § 10 Tz 42). Selbiges habe konsequenterweise auch beim inhaltlich verwandten Übergang von der unbeschränkten Steuerpflicht einer Körperschaft ins AIF-Regime zu gelten. Es sei dem Gesetzgeber nämlich nicht zu unterstellen, dass er mit der Einführung des AIFMG eine systemwidrige Doppelbesteuerung aufgrund des Besteuerungswechsels begründen habe wollen.

Nach der erwähnten schriftlichen Rechtsmeinung von A.-Univ.-Prof. Dr. A. vom sei die in Rede stehende Zwischenausschüttung aufgrund der zwingend anzuwendenden Ausschüttungsreihenfolge als Ausschüttung unversteuerter Gewinnvorträge von inländischen Dividenden zu werten. Auf der Ebene der Anteilsinhaber komme es danach bei natürlichen Personen zur Besteuerung nach § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988, bei juristischen Personen hingegen finde die Beteiligungsertragsfreiheit des § 10 Abs. 1 Z 1 KStG Anwendung.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom lud das Bundesfinanzgericht das Finanzamt ein, zum erwähnten Gutachten von A.-Univ.-Prof. Dr. A. vom Stellung zu nehmen. In der Stellungnahme vom vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass ein AIF keine Körperschaft nach § 1 KStG sei und deshalb für die erfolgte Ausschüttung auch keine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden könne.

Am legte die Steuervertretung einen "Selbstnachweis" betreffend die Ausschüttung der X. im Jahr 2014 vor.

Dieser "Selbstnachweis" bestand in einer Excel-tabellarischen Meldung der Fondsergebnisse im Zeitraum bis und deren steuerlicher Behandlung. Diese Tabelle wies unter der für den Beschwerdefall relevanten Spalte G (Betriebsvermögen juristische Personen) folgende Eintragungen auf:

1. Fondsergebnis der Meldeperiode: -0,6957 Euro je Anteil (entspricht einem Gesamtergebnis in Höhe von -1.332.828,79 Euro)

1.1. Ergebnis aus Kapitalvermögen ohne Verrechnung Verlustvorträge: -0,6957 je Anteil

5. Summe der Ausschüttungen vor Abzug KESt, ausgenommen an die Meldestelle bereits gemeldete unterjährige Ausschüttungen: 1,4266 Euro je Anteil (entspricht einer Ausschüttung in Höhe von 2.733.265,36 Euro).

5.2 In den Ausschüttungen enthaltene, bereits in den Vorjahren versteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 oder Gewinnvorträge InvFG 1993 (letztere nur im Privatvermögen): 1,4266 Euro je Anteil enthalten

10.15 KESt-pflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 Abs. 3 und Abs. 4 EStG 1988 (inkl. Altemission): 1,4266 je Anteil

11.2 Österreichische KESt, die durch Steuerabzug erhoben wird: 0,3923 je Anteil

In einer erläuternden Bemerkung zur KESt führte die Steuervertretung aus, bei dieser handle es sich um jene KESt, die einbehalten worden wäre, wenn die Anteile bei einer inländischen Bank deponieverwahrt gewesen und keine Bedarfserklärung abgegeben worden wäre, somit um einen fiktiven Wert ohne Auswirkung auf die Einkünfte.

Ferner wurde mitgeteilt, der Restbetrag der gesamten Ausschüttung (2.988.810,61 Euro) in Höhe von 255.545,25 bzw. 0,1334 Euro je Anteil sei am ausbezahlt worden. Um diesen Betrag sei die Summe der Ausschüttungen vor Abzug der KESt und der in den Ausschüttungen enthaltenen, bereits in den Vorjahren versteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 zu erhöhen.

In einer Stellungnahme zum "Selbstnachweis" vom betonte das Finanzamt erneut, dass die X. seit ihrer Einstufung als AIF kein Körperschaftsteuersubjekt mehr sei. Es sei daher ein "Kunstgriff", für die Ausschüttungen im Jahr 2014 dennoch die Beteiligungsertragsfreiheit des § 10 in Anspruch nehmen zu wollen. Es könne auch nicht von einer Doppelbesteuerung gesprochen werden, weil die einbehaltene KESt im Körperschaftsteuerbescheid 2014 wieder angerechnet worden sei. Das Beschwerdebegehren der Bf. würde auf eine gänzliche Steuerfreistellung der Ausschüttungen hinauslaufen. Der Hinweis auf § 186 Abs. 2 Z 3 letzter Satz InvFG sei irreführend, weil die gegenständlich relevanten Ausschüttungen nicht mittels tautologischem Nachweis steuerfrei gestellt werden könnten.

In der mündlichen Verhandlung am brachten die steuerlichen Vertreter der Bf. Folgendes vor: Die Anteilinhaber der X. seien immer Kapitalgesellschaften oder Stiftungen und nie natürliche Personen gewesen. Die steuerliche Problematik bestehe im Beschwerdefall darin, dass es zwischen der Ansammlung der Gewinne und der späteren Ausschüttung derselben zu einem Wechsel im Besteuerungsregime gekommen sei. Zuerst sei die ausschüttende X. steuerlich als Körperschaft nach dem KStG, dann als Alternativer Investmentfonds behandelt worden. Wäre die X. immer in einem der beiden Besteuerungsregime geblieben, wären die Ausschüttungen im Ergebnis auf Kapitalgesellschafsebene immer mit 25% besteuert worden. Durch den Bruch im Besteuerungsregime infolge des Wechsels der Beschwerdeführerin in das AIF-Steuerregime und die Besteuerung der Ausschüttungen an diese komme es im Ergebnis aber zu einer Besteuerung der Erträge in Höhe von 43,5%. Dieses Ergebnis widerspreche aber dem Grundsatz der Einmalbesteuerung von Kapitaleinkünften auf Kapitalgesellschaftsebene und sei steuerunsystematisch. Der Gesetzgeber habe für diesen Fall keine Regelung getroffen. Der Wertungswiderspruch sei daher durch eine teleologische Interpretation in der Weise zu lösen, dass auf die Ausschüttungen die Beteiligungsertragsfreiheit der § 10 KStG anzuwenden sei.

Eine solche Interpretation sei auch gesetzlich gedeckt. Bei der Besteuerung eines AIF sei zwischen der Ertragsebene und der Anteilsebene zu unterscheiden. Die Erträge eines AIF könnten Dividenden, Zinsen oder auch Substanzgewinne sein. Bei den Erträgen im Beschwerdefall handle es sich um Dividenden. Aber selbst wenn dem nicht so wäre - Geld habe ja kein "Mascherl" - bestimme doch § 186 Abs. 6 InvFG eine Ausschüttungsreihenfolge, wonach zunächst ordentliche Erträge, d.s. Dividenden und Zinsen, und dann außerordentliche Erträge, das seien Substanzgewinne oder -verluste, als ausgeschüttet gälten. Der Selbstnachweis habe nach Ansicht der Steuervertretung ergeben, dass es sich bei den in Rede stehenden Ausschüttungen nicht um Substanzausschüttungen gehandelt haben könne, denn diese wären der Steuerpflicht unterlegen, aber eben erst auf der letzten Stufe der Ausschüttungsreihenfolge.

Zur Stellungnahme des Finanzamtes vom sei anzumerken, dass entgegen der Ansicht des Finanzamtes auch im Investmentfondsbesteuerungsregime die Beteiligungsertragsfreiheit zur Anwendung gelangen könne, sofern es sich beim Anteileigener um eine Kapitalgesellschaft und bei der Ausschüttung um Dividenden handle.

Die Problemstellung sei auch an das Bundesministerium für Finanzen (BMF) herangetragen worden sei. Die zuständige Beamtin beim BMF habe darauf geantwortet, dass einer durch den Regimewechsel etwaig eintretenden "Schieflage nur durch eine rechtzeitige tatsächliche Ausschüttung der Erträge, allenfalls mit einer nachfolgenden Wiedereinlage, oder durch eine Umwandlung nach dem UmgrStG" begegnet werden könne. Wenn aber einer durch einen Regimewechsel bewirkten "Schieflage" nur durch steuergestalterische Maßnahmen oder gar durch eine Änderung in der Rechtsform entgegengewirkt werden könne, stelle sich für sie die Frage, ob hier nicht eine teleologische Interpretation mit der Folge der Anwendung des § 10 KStG angebracht wäre, um zu einem steuersystematischen Ergebnis zukommen.

Der Vertreter des Finanzamtes habe in seiner Stellungnahme im Zusammenhang mit der Anwendung des § 10 KStG 1988 von einem "Kunstgriff" gesprochen. Dabei verlange das Ministerium selbst Kunstgriffe von der Bf., nämlich steuergestalterische Maßnahmen wie eine rechtzeitige Ausschüttung oder die Umwandlung der AG in eine Personengesellschaft oder eine Änderung der Rechtsform, um eine "Schieflage" zu vermeiden.

Zur Aussage der Steuervertretung, bei der in Rede stehenden Ausschüttung habe es sich ausschließlich um Dividenden gehandelt, wies der Senatsvorsitzende auf die Bilanzen der X. der Jahre 2010/2011 bis 2012/2013 hin, laut denen die Erträge nicht nur aus Beteiligungserträgen bestanden hätten, sondern zu einem beträchtlichen Teil auch aus Zinsen und Substanzgewinnen.

Dazu führte die Steuervertretung aus, dass Geld eben kein "Mascherl" habe und die Erträge zur Gänze aus Dividenden, aber auch aus Zinsen oder Substanzgewinnen bestanden haben könnten. In letzter Konsequenz komme es darauf aber auch nicht an, denn selbst dann, wenn die Ausschüttungen nur aus Zinsen oder nur aus Substanzausschüttungen bestanden hätten, wären diese Erträge jedenfalls auf der Ebene der X. der Besteuerung unterlegen. Wäre die X. immer ein AIF oder immer eine Körperschaft iSd § 1 KStG gewesen, wären diese Erträge nur einmal der Körperschaftssteuer bzw. KESt unterlegen. Nur durch den Wechsel vom Körperschaftsteuerregime ins Investmentfondssteuerregime ergebe sich die Problematik der doppelten steuerlichen Erfassung dieser Erträge, gleichgültig, wie sie sich zusammensetzten.

Befragt, ob man davon ausgehen könnte, dass in Bezug auf den Selbstnachweis der Nachweis, dass die Ausschüttungen nur aus Dividenden bestanden hätten, nicht erbracht werden könnte, meinte die Steuervertretung, dass anhand sämtlicher Jahresabschlüsse sämtliche Erträge der X. ermitteln werden könnten. Dann stünde man aber vor der Frage, ob man eine Proportionalrechnung anstellen müsste oder nicht.

Befragt, wie die in Punkt 5.2 der als Selbstnachweis bezeichneten Meldung der Fondsergebnisse vom bis enthaltene Eintragung "In der Ausschüttung enthaltene, bereits in den Vorjahren versteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988……..1,4266 je Anteil" zu verstehen sei, beträfen § 27 Abs. 3 und Abs. 4 EStG doch Substanzgewinne und Einkünfte aus Derivaten und nicht Dividenden, bemerkt die Steuervertretung, dieser Selbstnachweis sei mit einem standardisierten Formular für Investmentfonds erbracht worden, die Eintragungen seien in Absprache mit A.-Univ.-Prof. Dr. A. erfolgt. Das Formular sehe aber keine Kennziffer vor, unter die dieser "ausgerissene" Fall unterzubringen gewesen wäre. Da man aber die Ausschüttungen unter irgendeine dieser vorgegebenen fünf Positionen unterbringen habe müssen, habe man diese Position genommen.

Auf die Frage, weshalb die X. Kapitalertragsteuer einbehalten habe, antwortete die Steuervertretung, dies sei aus Vorsicht erfolgt, weil man nicht gewusst habe, wie das BMF ihren Fall steuerlich beurteilen würde. Aber die Frage sei berechtigt, ein KESt-Abzug wäre eigentlich nicht vorzunehmen gewesen.

Befragt dazu, wie das Verfahren über die Einstufung der X. in einem AIF erfolgt sei, antwortete die Steuervertretung, dass es dazu ein (aufsichtsrechtliches) Vorverfahren gegeben habe, das mehrere Monate gedauert habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Die Bf. wurde im Jahr 2000 unter der Firma "***2***" gegründet. Im Jahr 2010 wurde der Firmennamen in "***3***" und im Jahr 2014 in "***4***" geändert. Mit Hauptversammlungsbeschluss vom wurde die ***4*** gemäß § 239 ff AktG in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Firmennamen ***Bf1*** umgewandelt. Die Bf. bilanzierte 2013 und 2014 in einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. März bis 28. Februar (vgl. Eintragungen im Firmenbuch FN x1).

Die Bf. war bis 2014 mit 11,62 % aufgrund eines Genussrechtes am Ergebnis und mit 0,97 % am Aktienkapital der ***1*** (X.) beteiligt.

Die X. wurde als Aktiengesellschaft am gegründet und am mit Sitz in der ***Bf1-Adr*** ins Firmenbuch eingetragen. Ihr Geschäftszweig besteht in der Übernahme und Verwaltung von Beteiligungen (vgl. Eintragung ins Firmenbuch FN x2), ihr Kerngeschäft in der Finanzierung in klein- und mittelständische Unternehmen mittels Eigen- und Annexkapital. Der Kernmarkt ist Österreich.

Die X. bilanziert in einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis zum 30. September.

Mit Bescheid der Finanzmarktaufsicht wurde die X. mit Ablauf des bzw. mit als Alternativer Investmentfonds im Sinne des Alternativer-Investmentfonds Manager Gesetz, BGBl. I Nr. 135/2013, eingestuft. Seitdem ist die X. ein nichtmeldender Alternativer Investmentfonds.

Die Bilanz der X. zum wies einen Gesamtgewinn in Höhe von 6.683.949,32 Euro aus, der sich aus einem Jahresgewinn in Höhe von 2.014.048,19 Euro und einem Gewinnvortrag in Höhe von 4.669.901,13 Euro zusammensetzte. In der abschließenden Steuerbilanz zum erklärte die X. Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.159.671,93 Euro nach steuerlichen Korrekturen u.a. für Beteiligungserträge gemäß § 10 KStG in Höhe von -6.000.000,00 Euro und einer Aufdeckung stiller Reserven und Lasten aufgrund des Wechsels in das AIF-Regime in Höhe von 6.229.052,93 Euro.

Am schüttete die X. einen Gesamtbetrag in Höhe von 2.988.802,61 Euro an die Aktionäre und die Genussberechtigten aus. Auf die Beteiligung der Bf. entfiel davon ein Betrag in Höhe von 347.212,69 Euro für das Genussrecht und ein Betrag in Höhe von 29.079,96 Euro für die Aktien. Bei diesen Ausschüttungen handelte es sich um thesaurierte Gewinne aus Perioden vor der Einstufung als Alternativer Investmentfonds. Von den Ausschüttungen an die Bf. behielt die X. Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% bzw. 86.803,17 Euro für die Gewinnausschüttung aufgrund des Genussrechtes und von 7.269,99 Euro für die Gewinnausschüttung aufgrund der Aktien, insgesamt daher 94.073,16 Euro, ein und führte diese an das Finanzamt ab.

Für diese Feststellungen stützt sich das Bundesfinanzgericht auf die vom Finanzamt übermittelten Aktenteile, auf das glaubhafte Vorbringen der Steuervertretung der Bf. sowie auf die Eintragungen zur Bf. und zur X. im Firmenbuch.

2. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 7 Abs. 1 KStG 1988 ist der Körperschaftsteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezieht.

Einkommen ist gemäß § 7 Abs. 2 KStG 1988 erster Satz der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4) und des Freibetrages für begünstigte Zwecke. Wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 und des Körperschaftsteuergesetzes 1988.

Zu den in § 2 Abs. 3 EStG 1988 aufgezählten Einkunftsarten zählen die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 3 Z 5 EStG mit Verweis auf § 27 EStG 1988).

Einkünfte aus Kapitalvermögen sind gemäß § 27 Abs. 1 EStG 1988 Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3) und aus Derivaten (Abs. 4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören.

Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören gemäß § 27 Abs. 2 idF BudBG 2012, BGBl. I 2012/112:

• Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. a);

• Gleichartige Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 27 Abs. 2 Z 1lit. b);

• Gleichartige Bezüge aus Genussrechten und sonstigen Finanzierungsinstrumenten sowie Bezüge aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. c);

• Bezüge aus Anteilen an körperschaftlich organisierten Personengemeinschaften in den Angelegenheiten der Bodenreform (Agrargemeinschaften) im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit d).

Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 gehören ferner

• Zinsen, und andere Erträgnisse aus Kapitalforderungen jeder Art, beispielsweise aus Darlehen, Anleihen, Hypotheken, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes, ausgenommen Stückzinsen (Z 2),

• Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen (Z 3) und

• Gewinnanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters, soweit sie nicht zur Auffüllung einer durch Verluste herabgeminderten Einlage zu verwenden sind (Z 4).

Die die gegenständlichen Erträge ausschüttende X. wird seit dem als Alternativer-Investmentfonds im Sinne des Alternativer Investmentfonds Manager Gesetz, BGBl. 135/2013 (AIFMG), eingestuft.

Wird eine Kapitalgesellschaft in einen AIF umqualifiziert, ist die Ebene der Kapitalgesellschaft von der Ebene der Anteilseigner zu unterscheiden. Auf der Ebene der Kapitalgesellschaft ist die Umqualifikation in einen Investmentfonds unter § 18 Abs. 1 KStG 1988 zu subsumieren. Es ist somit dem Buchwert der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens der gemeine Wert dieser Wirtschaftsgüter gegenüberzustellen und es kommt zu einer Aufdeckung der stillen Reserven. Auf der Ebene der Anteilsinhaber stellt die Umqualifikation keinen Tausch iSd § 6 Z 14 EStG dar. Eine allfällige Altvermögenseigenschaft bei Privatanlegern bleibt auf Ebene der Aktie bzw. des Anteilsscheines erhalten. Eine Kapitalgesellschaft nur teilweise als Investmentfonds anzusehen und die Rechtsfolgen der Fondsbesteuerung nur für einen Teilbereich der Gesellschaft eintreten zu lassen, ist nicht möglich (vgl. BBMF-010203/0108-VI/6/2015; Marschner in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer-KStG1988, § 1 Tz 54).

Die Rechtsfolgen der Fondsbesteuerung sind in §§ 186 bis 188 Investmentfondsgesetz, BGBl. I 2011/77 (InvFG) geregelt. Alternative Investmentfonds gelten gemäß § 186 Abs. 7 InvFG für Zwecke der Körperschaftsteuer nicht als Körperschaften im Sinne des § 1 KStG 1988. Die Einstufung der X. als Alternativer Investmentfonds (AIF) führt daher zur Anwendung des Fondsbesteuerungssystems außerhalb der Bestimmungen des KStG. Ein Alternativer Investmentfonds ist, selbst wenn er in die zivilrechtliche Form einer österreichischen Kapitalgesellschaft gekleidet ist, kein eigenes Körperschaftsteuersubjekt. Die steuerliche Behandlung des Alternativen Investmentfonds erfolgt wie bei einem Investmentfonds nach dem Transparenzprinzip, das heißt, die vom Fonds erwirtschafteten Erträge werden direkt den Anteilseignern zugerechnet und bei diesen versteuert, als würden diese selbst die Erträge erzielen (vgl. Petritz-Klar, SWI 2012/536; Marschner in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer-KStG1988, § 1 Tz 48; Jakom/Marchner, EStG, 2019, § 27 Tz 93).

Die ausgeschütteten Erträge aus Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988 abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen eines Kapitalanlagefonds oder eines AIF im Sinne des AIFMG, dessen Herkunftsmitgliedstaat Österreich ist, ausgenommen AIF in Immobilien im Sinne des AIFMG, sind gemäß § 186 Abs. 1 Z 1 des Investmentfondsgesetzes 2011, BGBl. I 2011/77 idF BGBl. I 2013/135, beim Anteilinhaber steuerpflichtige Einnahmen.

Erfolgt keine tatsächliche Ausschüttung oder werden nicht sämtliche Erträge ausgeschüttet, so wird eine Ausschüttung gemäß § 186 Abs. 2 Z 1 InvFG fingiert und einer Besteuerung unterzogen.

Bei Fonds, die die aufgegliederte Zusammensetzung der tatsächlichen Ausschüttung und der ausschüttungsgleichen Erträge sowie die zur Ermittlung der Höhe der Kapitalertragsteuer sowie der Anpassungen der Anschaffungskosten bei der Besteuerung der Substanzgewinne erforderlichen steuerrelevanten Daten der Meldestelle gemäß § 12 Abs. 1 Kapitalmarktaufsichtsgesetz durch einen steuerlichen Vertreter melden (Meldefonds), hat die Meldestelle anhand dieser Daten entsprechend den steuerlichen Bestimmungen die steuerliche Behandlung zu ermitteln und die so ermittelten steuerlichen Werte in geeigneter Form zu veröffentlichen (§ 186 Abs. 2 Z 2 InvFG).

Bei Fonds, die keine derartige Meldung durch einen steuerlichen Vertreter abgeben (Nichtmeldefonds), ist die tatsächliche Ausschüttung zur Gänze steuerpflichtig und sind die ausschüttungsgleichen Erträge zu schätzen. Der Anteilinhaber kann aber die Höhe der ausschüttungsgleichen Erträge oder die Steuerfreiheit der tatsächlichen Ausschüttung unter Beilage der dafür notwendigen Unterlagen nachweisen (§ 186 Abs. 2 Z 3 InvFG).

Erfolgt eine Ausschüttung, fingiert § 186 Abs. 6 InvFG folgende Ausschüttungsreihenfolge:

Zunächst gelten die laufenden und die in den Vorjahren erzielten Einkünfte im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988 als ausgeschüttet (Z 1), dann folgen die laufenden und die in den Vorjahren erzielten anderen Einkünfte im Sinne des EStG 1988 (Z 2) und zuletzt gelten die Beträge, die keine Einkünfte im Sinne des EStG 1988 darstellen als ausgeschüttet (Z 3).

Mangels Übergangsbestimmungen kommen die Neuregelungen auch auf bestehende Gesellschaften zur Anwendung (vgl. Leitgeb/Strimitzer in RdW 2013/522). Die steuerliche Behandlung von Alternativen Investmentfonds gelten nach der Inkrafttretensregelung des § 200 Abs. 8 InvFG erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem beginnen. Da die gegenständlichen Ausschüttungen der X. am und damit im Geltungsbereich des Investmentfondssteuerregimes erfolgt sind, sind diese Ausschüttungen auch nach den entsprechenden Bestimmungen zu behandeln.

Bei der beschwerdegegenständlichen Ausschüttung der X. handelte es sich unstrittig um die Ausschüttung thesaurierter Gewinne aus Einkünften im Sinne des § 27 EStG 1988. Derartige Ausschüttungen sind gemäß § 186 Abs. 1 InvFG beim Anteilsinhaber steuerpflichtig.

Die von der Bf. begehrte Beteiligungsertragsfreiheit gemäß § 10 KStG 1988 kommt in diesem Falle nicht zur Anwendung.

Gemäß § 10 Abs. 1 KStG sind Beteiligungserträge von der Körperschaftsteuer befreit. Beteiligungserträge sind gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Körperschaften in Form von Genussrechten.

Voraussetzung für die Inanspruchnahmen der Steuerfreiheit gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 ist aber nicht nur, dass die in den Z 1 und Z 3 genannten Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften gehalten werden, sondern auch, dass diese Kapitalgesellschaften die Voraussetzungen einer Körperschaft im Sinne des § 1 KStG 1988 erfüllen (vgl. Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 10 Tz 39). Alternative Investmentfonds gelten aber nach der ausdrücklichen Anordnung des § 186 Abs. 7 InvFG nicht als Körperschaften im Sinne des § 1 KStG 1988.

Die Beteiligungsertragsfreiheit nur an den zivilrechtlichen Körperschaftsteuerbegriff zu knüpfen, wie die Steuervertretung argumentiert, widerspräche auch gänzlich dem im Investmentfondssteuerregime geltenden Transparenzprinzip und damit der Steuersystematik des InvFG.

Daher kann für Ausschüttungen eines AIF die Beteiligungsertragsfreiheit des § 10 KStG 1988 niemals unmittelbar in Anspruch genommen werden. Aus diesem Grund kann auch der von der Steuervertretung zur Unterstützung ihrer Position ins Treffen geführten Rechtsansicht von A.-Univ.-Prof. Dr. A., wonach auf die Ausschüttungen an die Bf. die Beteiligungsertragsfreiheit Anwendung finde, nicht gefolgt werden.

Der in der Beschwerde angestellte Vergleich mit der Liquidationsbesteuerung, bei der Ausschüttungen aus Perioden vor dem Liquidationszeitraum auch dann Beteiligungserträge darstellen, wenn die Ausschüttung erst nach Liquidationseröffnung erfolgt, ist im Beschwerdefall schon deshalb nicht zielführend, weil nach herrschender Lehre und Rechtsprechung die Auflösung einer Körperschaft nicht zum Ende der Steuerpflicht führt, sondern lediglich das Stadium der Liquidation einleitet. Erst mit der Beendigung des Abwicklungsverfahrens erlischt die Körperschaft als solche (vgl. Schneider in Achatz/Kirchmayr, Körperschaftsteuer-KStG 1988, § 19 Tz 13). Mit der bloßen Liquiditätseröffnung ist die Beteiligungskörperschaft daher noch nicht untergangen und steht die Beteiligungsertragsfreiheit für Ausschüttungen in dieser Phase der Abwicklung daher noch zu. Im Falle der Umqualifizierung einer Kapitalgesellschaft in einen Alternativen Investmentfonds gilt eine Kapitalgesellschaft aber aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des § 186 Abs. 7 InvFG nicht mehr als Körperschaft im Sinne des § 1 KStG.

Auch wenn die Beteiligungsertragsfreiheit nicht unmittelbar gegenüber einem AIF in Anspruch genommen werden kann, steht sie dennoch grundsätzlich auch Anteileignern an Investmentfonds zu. Da ein Alternativer Investmentfond aber kein Ertragsteuersubjekt ist, kann er die Beteiligungsertragsfreiheit nur vermitteln (vgl. Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG, § 10 Tz 39).

Für Ausschüttungen durch Meldefonds steht die Beteiligungsertragsfreiheit zu, soweit in den gemeldeten Ausschüttungen oder ausschüttungsgleichen Erträgen Gewinnanteile iSd § 10 KStG enthalten sind. Für Ausschüttungen durch Nichtmeldefonds greift die Beteiligungsertragsfreiheit hingegen auch nicht mittelbar, es sei denn, der Anteilseigner kann den Nachweis der Steuerfreiheit im Sinne des § 186 Abs. 2 Z 3 InvFG erbringen (vgl. Strimitzer/Vock in Renner/Strimitzer/Vock, Die Körperschaftsteuer-KStG1988, § 110 Tz 48).

§ 186 Abs. 2 Z 3 letzter Satz InvFG erfordert für den Selbstnachweis die Beilage der dafür erforderlichen Unterlagen. Welche Unterlagen das sind, geht aus dem Gesetz nicht hervor. Nach den Investmentfondsrichtlinien 2018, Rz 218, hat der Nachweis unter Vorlage geeigneter Unterlagen (Rechenschaftsbericht, Jahresberichte, Ertragsrechnungen unter Ableitung des steuerlichen Ergebnisses) gegenüber dem Finanzamt zu erfolgen und ist bis zur Rechtskraft des Einkommensteuerbescheides zu berücksichtigen.

Voraussetzung für einen gelungenen Selbstnachweis ist jedenfalls, dass der Anteilinhaber mittels geeigneter Unterlagen die Steuerfreiheit der ausgeschütteten Erträge nachweist. Einen solchen Selbstnachweis hat die Bf. nicht erbracht

Die Steuervertretung hat lediglich eine tabellarische Übersicht vorgelegt, in der einzelne Parameter wie das Fondsergebnis des Zeitraumes bis bzw. , und die ohnehin bereits bekannte Summe der Ausschüttungen bekanntgegeben wurden. Aufgrund dieser bekanntgegebenen Daten kann aber nicht beurteilt werden, ob bzw. in welcher Höhe in den Ausschüttungen steuerfreie Beteiligungserträge enthalten sind.

Ein Selbstnachweis iSd § 186 Abs. 2 Z 3 InvFG kann im Beschwerdefall aber wohl auch gar nicht erbracht werden.

Die ausgeschütteten Erträge bestehen aus thesaurierten Gewinnen der X. aus Perioden vor deren Umqualifizierung in einen AIF. Wie sich diese Gewinne zusammensetzen, lässt sich aber nicht feststellen. Weder kann beurteilt werden, aus welchen Einkünften diese Gewinne stammen noch aus welchen Perioden sie herrühren. Gerade eine solche Aufgliederung der ausgeschütteten Erträge in seine Bestandteile wäre aber notwendig, um das Vorliegen der Voraussetzungen für die Beteiligungsertragsfreiheit zu beurteilen. Denn die Beteiligungsertragsfreiheit steht bei Ausschüttungen eines AIF nicht gegenüber diesem, sondern allenfalls gegenüber der dahinterstehenden Kapitalgesellschaft, die die Beteiligungen an den AIF ausgeschüttet hat, zu.

Es ist im Übrigen auch keineswegs so, dass sämtliche der im Beschwerdefall ausgeschütteten Erträge aus Dividenden stammen.

Die Gewinn- und Verlustrechnungen der X. der letzten drei Jahre vor ihrer Umqualifizierung in eine AIF weisen folgende Erträge aus:


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Erträge je Wirtschaftsjahr (in EUR)
2010/2011
2011/2012
2012/2013
1. Erträge aus Beteiligungen
5.013.290,04
2.055.711,31
6.182.757,93
2. Erträge aus Wertpapieren
623.500,92
2.243.839,23
180.154.89
3. sonstige Zinsen
162.714,87
145.263,48
59.287,11
4. Erträge aus dem Abgang von und der Zuschreibung zu Finanzanlagen und Wertpapieren des Umlaufvermögens
2.259.874,29
0,00
1.988.670,00

Diese Tabelle zeigt, dass die X. allein in den letzten drei Jahren vor Einstufung in einen AIF auch Zinserträge und Substanzgewinne in nicht unbeachtlicher Höhe erzielt hat. Für derartige Erträge steht die Beteiligungsertragsfreiheit aber nicht zu.

An dieser Beurteilung ändert auch die von der Steuervertretung eingewandte Ausschüttungsreihenfolge des § 186 Abs. 6 InvFG nichts. Die Anwendung dieser Bestimmung bedeutet im Beschwerdefall nur, dass für steuerliche Zwecke zunächst die in den Vorjahren erzielten Einkünfte im Sinne des § 27 EStG 1988 als ausgeschüttet gelten. § 27 EStG 1988 umfasst aber nicht nur Dividenden (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. a) oder Bezüge aus Genussrechten (§ 27 Abs. 2 Z 1 lit. b), sondern ebenso Zinsen (§ 27 Abs. 2 Z 2) oder Substanzgewinne (§ 27 Abs. 3). Mit der Ausschüttungsreihenfolge ist damit keineswegs gesichert, dass es sich bei den ausgeschütteten Erträgen nur um Dividenden handelt. Die Beteiligungsertragsfreiheit steht aber nur für Dividenden und nicht für Zinsen oder Substanzgewinne zu.

Die Anwendung der Beteiligungsertragsfreiheit scheitert daher aus den oben genannten Gründen, unabhängig davon, ob in den ausgeschütteten Beträgen allenfalls auch Gewinnanteile enthalten waren, die vor der Umqualifizierung der X. in einen AIF bereits einer Besteuerung unterlagen.

Eine allenfalls bewirkte systemwidrige steuerliche Mehrfachbelastung der ausgeschütteten Erträge ist auf den Bruch zurückzuführen, der durch den Wechsel der X. vom Körperschaftsteuersystem in das Investmentfondssteuersystem bewirkt wurde. Der Gesetzgeber hat für diesen Übergang keine gesetzliche Grundlage geschaffen, mit der das von der Beschwerde begehrte Ergebnis herbeigeführt werden könnte. Vielmehr kommen mangels Übergangsbestimmungen die Neuregelungen auch auf bestehende Gesellschaften zur Anwendung.

Dem Beschwerdebegehren kann nach Ansicht des Beschwerdesenates auch nicht im Wege einer teleologischen Interpretation stattgegeben werden.

Zunächst ist bei diesem Beschwerdebegehren nicht klar, welche Norm konkret nun teleologisch in welcher Weise interpretiert werden soll.

Zudem findet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die teleologische Interpretation - wie jede Auslegungsmethode - ihre Grenze im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes. Dies bedeutet bei Auslegung von Gesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung sowie äußerste Zurückhaltung gegenüber der Anwendung sogenannter "Auslegungskorrekturen" (vgl. etwa ; , Ra 2018/04/0089; , Ro 2020/01/0006).

Im Beschwerdefalls lassen die Wortinterpretation in Verbindung mit einer grammatikalischen und systematischen Interpretation eine teleologische Interpretation, die zur Anwendung der Beteiligungsertragsfreiheit führt, nicht zu.

§ 186 Abs. 7 InvFG sieht ausdrücklich vor, dass Körperschaften für Zwecke der Körperschaftsteuer nicht als Körperschaften im Sinne des § 1 KStG 1988 gelten. Damit scheitert die Anwendung des § 10 KStG gegenüber der X. am gesetzlichen Wortlaut. Zudem widerspräche die Anwendung der Beteiligungsfreiheit gänzlich dem im Investmentfondssteuerregime geltenden Transparenzprinzip und damit auch einer gesetzessystematischen Auslegung des § 186 Abs. 6 InvFG.

Ferner steht die Beteiligungsertragsfreiheit des § 10 KStG nur zu für Gewinnanteile aufgrund einer Beteiligung und nicht etwa für Zinsen oder Substanzgewinne. Auch dieser eindeutige Wortlaut des Gesetzes kann nicht mit einer teleologischen Interpretation umgangen werden.

Es trifft zwar zu, dass mögliche negative Auswirkungen durch den Wechsel auch von der Literatur aufgezeigt wurden, etwa von Petritz-Klar in SWI 2013. Allerdings wurde auch in diesen Literaturstellen niemals die Anwendung der Beteiligungsertragsfreiheit als Möglichkeit, diesen Auswirkungen entgegenzuwirken, in Erwägung gezogen.

Die in Rede stehenden Ausschüttungen waren daher gemäß § 186 Abs. 1 InvFG bei der Bf. steuerpflichtig.

Für diese Ausschüttungen war die X. nicht zur Einbehaltung der Kapitalertragsteuer verpflichtet, weil sie mit der Umqualifizierung in einen AIF nicht mehr als Körperschaft im Sinne des § 1 KStG 1988 galt und ihre Ausschüttungen keine Dividenden im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 darstellten. Die X. war daher nicht mehr Abzugsverpflichtete im Sinne des § 95 Abs. 2 EStG 1988.

Dennoch hat die X. Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% der Ausschüttungen bzw. von 94.073,16 Euro einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Diese Steuer wurde aber vom Finanzamt auf die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Körperschaftsteuer angerechnet, sodass es zu keiner doppelten Besteuerung gekommen ist.

Es liegt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor und war die dagegen erhobene Beschwerde somit abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob für Ausschüttungen von thesaurierten Altgewinnen nach Übergang der ausschüttenden Kapitalgesellschaft vom Körperschaftsteuerregime in das Besteuerungsregime von Investmentfonds noch die Beteiligungsfreiheit in Anspruch genommen werden kann oder nicht, besteht noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 186 Abs. 1 Z 2 InvFG 2011, Investmentfondsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 77/2011
§ 186 Abs. 2 Z 3 InvFG 2011, Investmentfondsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 77/2011
§ 186 Abs. 7 InvFG 2011, Investmentfondsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 77/2011
§ 186 Abs. 6 InvFG 2011, Investmentfondsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 77/2011
Zitiert/besprochen in
Hatzenbichler in
Thunshirn in BFGjournal 2021, 315
Knesl/Knesl/Mischkreu in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100276.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at