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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2021, RV/7102316/2015

Umfang der Hauptwohnsitzbefreiung bei großen Grundstücken

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthhold, Hauptplatz 1, 2130 Mistelbach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***AA*** nunmehr Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2012 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt ***AA*** (FA) nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens ausgelöst durch eine Kontrollmitteilung über einen Grundstücksverkauf die Einkommensteuer 2012 (E 2012) der Frau ***Bf1*** (Beschwerdeführerin, Bf.) mit 10.261,00 € fest und führte begründend aus:
"Gemäß Kaufvertrag vom haben Sie Ihren jeweiligen Hälfteanteil der Grundstücke KG ***Gem1*** EZ 4676, EZ 5499 und EZ 5013 sowie des Grundstücks KG ***Gem2*** EZ 8 um insgesamt 293.170 Euro veräußert. Gemäß § 30 EStG sind private Grundstücksveräußerungen nach dem steuerpflichtig (Immobilienertragsteuer). Die von Ihnen geltend gemachte Befreiung gemäß § 30 Abs 2 Z 1 EStG kann bei dem vorliegenden Veräußerungsgeschäft nicht angewendet werden, da Sie nicht an den veräußerten Grundstücken Ihren Hauptwohnsitz haben oder hatten, sondern an dem Grundstück KG ***Gem1*** EZ 5009. Die Immobilienertragsteuer beträgt gemäß § 30a Abs 1 EStG 25% vom Veräußerungsgewinn. Der Veräußerungsgewinn kann in Ihrem Fall pauschal nach § 30 Abs 4 Z 2 EStG berechnet werden und beträgt somit 41.043,80 Euro. Die Immobilienertragsteuer beträgt daher 10.260,95 Euro."

Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom mittels Telefax eingebracht am wendete der Vertreter der Bf. ein, dass die betroffene Liegenschaft entgegen den Ausführungen des FA sehr wohl der Hauptwohnsitz der Bf. gewesen sei.

Die betroffene Liegenschaft bestehe aus mehreren Einlagezahlen (EZ) bzw. Grundstücksnummern und umfasse einen beinahe 8000 m² großen Garten auf welchem sich das Haus befinde. Das rein "buchungstechnische Thema" der mehrfachen Einlagezahlen bzw. Grundstücksnummern rechtfertige nicht einzelne Liegenschaften herauszugreifen und zu diesen zu behaupten, dass kein Hauptwohnsitz bestünde. Es sei daher völlig irrelevant, wenn sich nicht auf allen Einlagezahlen das Wohnhaus befände. Das Finanzamt habe zudem unterlassen vor Bescheiderlassung kundzutun, dass die EZ 557 Grundbuch ***Gem1*** der Immobilienertragsteuer unterliegen solle. Ferner hätte mit einem Ortsaugenschein festgestellt werden können, dass die genannte EZ zu den weiteren EZ zugehörig sei und somit ebenfalls den Hauptwohnsitz darstelle.
Wörtlich wird in der Beschwerde ausgeführt: "…Nach der Intervention (gemeint wohl Intention) des Gesetzgebers ist die Behauptung (??) nicht bloß eine bewohnte Liegenschaft darstellt, sondern selbst verständlich auch der benutzte Garten zum Wohnsitz zugehörig ist". Die Interpretation des Begriffs Hauptwohnsitz durch die belangte Behörde sei daher unzutreffend. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die EZ 5009 KG ***Gem1*** eindeutig zum Hauptwohnsitz gehört habe.

Die Liegenschaftsverträge seien von der Käuferin derart abgefasst worden, dass eine Aufsplittung der Liegenschaft stattgefunden habe. Dabei übersehe die belangte Behörde jedoch, dass auch die EZ 5009 tatsächlich den Garten betreffe der zum Einfamilienhaus dazu gehöre. Das Haus mitsamt dem Garten sei von ***Bf1*** auch immer als solcher benutzt worden. Dies könne anlässlich einer Besichtigung jederzeit festgestellt werden, zumal die gesamte Liegenschaft eingefriedet sei und der Garten als solches in seiner Gesamtheit immer mitbenützt, mitgearbeitet und gepflegt worden sei.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom führt das FA aus:
Gemäß § 30 Abs 2 Z 1 EStG sind von der Besteuerung ausgenommen die Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen samt Grund und Boden, wenn sie dem Veräußerer als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird. Wie bereits im Erstbescheid ausgeführt, veräußern Sie die Grundstücke KG ***Gem1***, GSt-Nr. 477/3, 4234/128, .2111, 4234/118, .1937, .1938 sowie KG ***Gem2***, GSt-Nr. 668/3. Das Grundstück, auf welchem sich Ihr Eigenheim befindet veräußern Sie hingegen nicht bzw erst zu einem späteren Zeitpunkt (zum ). Damit ist aber der eindeutige Gesetzeswortlaut (i.e. die Veräußerung von "Eigenheimen samt Grund und Boden") nicht erfüllt, da die Veräußerung von Grund und Boden, welcher an das Eigenheim, welches als Hauptwohnsitz genutzt wird, unmittelbar angrenzt, für sich genommen (d.h. ohne Veräußerung des Eigenheimes) von der Befreiungsbestimmung nicht umfasst ist. Aus dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut käme nur bei gleichzeitiger Veräußerung des Eigenheimes grundsätzlich eine Befreiung des Grund und Bodens in Betracht. Für die Veräußerung des Eigenheimes () kann die Befreiung hingegen grundsätzlich angewendet werden.

Im Vorlageantrag vom führt der Vertreter der Bf. aus, dass gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 EStG 1988 Eigenheime samt Grund und Boden von der Besteuerung ausgenommen sein, wenn sie dem Veräußerer als Hauptwohnsitz gedient hätten und Hauptwohnsitz aufgegeben worden sei. Die Finanzbehörde interpretiere die beiden Kaufverträge unrichtig bzw. unterstelle einen unrichtigen Inhalt. Es werde darauf hingewiesen, dass die gesamte Liegenschaft eine Einheit darstelle. Mit dem Kaufvertrag hinsichtlich der Liegenschaften EZ 4676, EZ 5013 Grundbuch ***Gem1*** und der EZ 8 KG Grundbuch ***Gem2*** sei ein Teil des Hauptwohnsitzes verkauft und übergeben worden (die gesamte Liegenschaft befinde sich am Ortsende von ***Gem1*** und gehe in das Ortsgebiet von ***Gem2*** über).

Der Grund für den sofortigen Teil Verkauf dieser Liegenschaften sei gewesen, dass sowohl die Verkäuferin als auch ihr Ehegatte aus Altersgründen nicht mehr in der Lage gewesen seien die entsprechenden Gartenarbeiten durchzuführen, sodass eben dieser Teil des Hauptwohnsitzes bereits im Jahr 2012 verkauft und übergeben worden sei. Es sei damit angedacht gewesen dadurch die umliegende Parzelle welche sich um das Haus befindet weiterhin bis 2015 im Besitz der Verkäufer zu belassen. Es sei somit im Jahr 2012 ein Teil des Hauptwohnsitzes veräußert worden und andere Teil im Jahr 2015. Der Vertragspartner sei mit dieser Vorgangsweise deswegen einverstanden gewesen, weil hier entsprechende Bebauungsmaßnahmen auf der gesamten Liegenschaft erst nach dem gesetzt worden seien. Entscheidend sei aber, dass es sich dabei um eine gesamte Liegenschaft handle die zur Gänze seit Jahrzehnten den Hauptwohnsitz gebildet habe. Ein Garten bilde jedenfalls einen Teil des Hauptwohnsitzes, auch wenn dieser eine staatliche Größe erreiche. Somit sei von ein und derselben Gesamtliegenschaft als Hauptwohnsitz auszugehen. Dass der vorgenannte Teil aus den oben erwähnten Gründen früher übergeben werden sollte begründe sich aus dem Zweck einer Arbeitsersparnis betreffend die umfassenden Gartenarbeiten. Aus der Übergabe eines Teils der Liegenschaft zu einem früheren Zeitpunkt könne kein steuerrechtlicher Nachteil erwachsen. "Unter Anwendung des Gleichheitssatzes kann dies daher nicht dazu führen, dass es zu einer entsprechenden Besteuerung kommt, da von der Gesamtliegenschaft auszugehen ist".

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde am an das Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegt.

Aufgrund Pensionierung der ursprünglich zuständigen Richterin wurde die Beschwerde am in die Zuständigkeit der Geschäftsabteilung der Richterin Dr. Gabriele Krafft übertragen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Aus dem elektronisch vorgelegten Akteninhalt, nämlich den beiden Kaufverträgen vom , sämtlichen Grundbuchsauszügen der betroffenen Liegenschaften, der Vorhaltsbeantwortung vom und dem eindeutigen Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich folgender Sachverhalt ableiten:

Die Bf. hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann die streitgegenständlichen Liegenschaften in ***PLZ*** ***Gem1***, ***Bf1-Adr*** von ihrer Mutter je zur Hälfte im Schenkungswege übernommen. Die Geschenkgeberin hatte die Grundstücke ihrerseits teils im Rahmen eines Übergabevertrages teils durch Ankäufe in den 1960er Jahren erworben. Beide Ehegatten hatten in dem auf der Liegenschaft befindlichen Eigenheim (ursprünglich ausgelegt auf 2 Familien) ab dem ihren Hauptwohnsitz. Die gesamte Liegenschaft besteht aus mehreren Einlagezahlen und Grundstücksnummern (siehe unten) und ist/war von einer Einfriedung rundum umgeben.

Wie sich aus dem Grundbuchstand und dem "***Verzeichnis***" (Luftaufnahmen samt eingezeichneten Grundstücksgrenzen) und dem Kaufvertrag vom eindeutig erkennen lässt, befindet sich das Wohnhaus auf der Liegenschaft EZ 5009 der Katastralgemeinde (KG) ***Gem1*** ***Gem1***, bestehend aus dem Grundstück Nr. 4234/167 Baufläche (Gebäude, begrünt) - ***Bf1-Adr***, im Ausmaß von 1.965 m².

Die weiteren Grundstücke EZ 4676 KG ***Gem1***, bestehend aus dem Grundstück Nr. 477/3 Baufläche (begrünt) im Ausmaß von 592 m², EZ 5499 KG ***Gem1***, bestehend aus den Grundstücken Nr. 4234/128 Baufläche (begrünt) und Nr. 2111 Baufläche (Gebäude) im Ausmaß von 2.303 m², EZ 5013 KG ***Gem1***, bestehend aus den Grundstücken Nr. 4234/118 Baufläche (begrünt), Nr. 1937 und Nr. 1938 je Baufläche (Gebäude) im Ausmaß von 2309 m² sowie die Liegenschaft EZ 8 KG ***Gem2***, bestehend aus dem Grundstück Nr. 668/3 LN im Ausmaß von 969 m² bildeten gemeinsam mit den Grünflächen der EZ 5009 den Garten zu obgenannten Wohnhaus ***Bf1-Adr***, ***PLZ*** ***Gem1***. Im Bereich dieses Gartens befinden/befanden sich weitere kleine Gebäude, die keine Wohngebäude umfassen. Diese Feststellung ergibt sich aus den glaubwürdigen Ausführungen der Bf. und ist auch aus den Luftaufnahmen der Liegenschaften ersichtlich. Aus den Luftaufnahmen ist ebenfalls erkennbar, dass die zuletzt genannten Gebäude jedenfalls keine Wohngebäude sind/waren und wurde Derartiges auch von der Bf. nie behauptet. Im Gegenteil wird wiederholt ausgeführt, dass abgesehen von der Liegenschaft EZ 5009 - auf welcher sich das Wohnhaus befindet - alle übrigen Bestandteile der Gesamtliegenschaft dem Garten des Eigenheimes zuzurechnen sind.

Mit Kaufverträgen vom veräußerten die Ehepartner ihre jeweiligen Hälfteanteile an die gemeinnützige Siedlungsgesellschaft "***Käuferin***".

Beide Kaufverträge wurden zum selben Datum - nämlich - abgeschlossen woraus ersichtlich ist, dass einheitliche Vertragsverhandlungen geführt worden waren, welche letztlich in den beiden Verträgen gemündet hatten.

Im Vertrag bezüglich der Liegenschaft EZ 5009, KG ***Gem1***, ***Gem1*** wurde als Wirksamkeitsstichtag für den Verkauf der vereinbart. Diese Liegenschaft umfasst wie oben dargestellt ein Grundstück samt Wohnhaus (großes Einfamilienhaus) wobei die Gesamtgrundstücksfläche knapp 2.000 m² umfasst. Aus den Luftaufnahmen ist ersichtlich, dass das Einfamilienhaus nicht die gesamte Grundstücksfläche der EZ 5009 von 2.000 m² umfasste.

Der Kaufpreis für die Liegenschaft EZ 5009, KG ***Gem1*** betrug 186.675,00 €, der Kaufpreis für die zum - den Großteil des Gartens umfassenden - veräußerten Liegenschaften (EZ 4676, EZ 5499, EZ 5013 alle KG ***Gem1*** und EZ 8, KG ***Gem2***) betrug 586.340,00 €.

Die Ausführungen der Bf., dass hinsichtlich des reinen Gartenteils eine sofort wirksame Veräußerung und Übergabe im Jahr 2012 erfolgt sei und das Wohngebäude erst einige Zeit übergeben werden sollte sind angesichts der Grundstücksgröße und des Alters der Verkäufer grundsätzlich glaubwürdig. Aus den beiden zeitgleich unterzeichneten Kaufverträgen vom ist ersichtlich, dass die Veräußerung/der Erwerb der Gesamtliegenschaft - nämlich Wohnhaus samt rund 8000 m² Gartenanteil - vereinbart und auch umgesetzt wurde.

Am verlegte die Bf. ihren Hauptwohnsitz nach ***Adresse neu*** ***Gem1***.

Die Gebäude auf der streitgegenständlichen Liegenschaft wurden mittlerweile abgerissen und die Grundstücke neu bebaut.

Hinsichtlich der Berechnung der Bemessungsgrundlage wird auf die Feststellungen des FA verwiesen, wobei festgehalten wird, dass die Berechnung, die angesetzten Beträge und die betragliche Höhe der festgesetzten Einkommensteuer nicht bekämpft wurden.

Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus den von der Bf. vorgelegten Unterlagen (Kaufverträge und Bestätigung der Gemeinde ***Gem1***), sämtlichen Grundbuchauszügen, Luftaufnahmen ***des Archives der Landesregierung*** von der Gesamtliegenschaft samt eingezeichneten Grenzen der Grundstückzahlen, Daten aus dem zentralen Melderegister und dem glaubwürdigen Vorbringen der Bf.

Die weiteren Beweisanträge der Bf. sind hinfällig, da das sachverhaltsbezogene Vorbringen der Bf. zur Gänze zutreffend erscheint und in die Feststellungen übernommen wurde. Von ergänzenden Beweiserhebung wie Zeugeneinvernahmen und Lokalaugenscheinen kann daher Abstand genommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 30 EStG 1988 lautet auszugsweise:
(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 sinngemäß anzuwenden.

​(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:

1. Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer

a) ​ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder

b) ​innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

.....

(3) Als Einkünfte ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, sowie um die in § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern.
….

Die Einkünfte sind zu vermindern um
…..
- 2% jährlich ab dem elften Jahr nach dem Zeitpunkt der Anschaffung oder späteren Umwidmung, höchstens jedoch um 50% (Inflationsabschlag); dies gilt nicht, soweit der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 4 nicht anwendbar ist.

(4) Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:

1. ​Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.
……

2. ​In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.

(5) Auf Antrag können die Einkünfte statt nach Abs. 4 auch nach Abs. 3 ermittelt werden.

Nach § 30a Abs. 1 EStG 1988 unterliegen Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen ( § 2 Abs. 2 EStG 1988) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist. Anstelle des besonderen Steuersatzes von 25% kann nach § 30a Abs. 2 EStG 1988 auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz gemäß Abs. 1 unterliegen, angewendet werden.

Zur Begriffsbestimmung des Eigenheimes knüpft das Gesetz an die Definition des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 an. Danach ist ein Eigenheim ein Wohnhaus mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn mindestens zwei Drittel der Gesamtnutzfläche des Gebäudes Wohnzwecken dienen.

Der unbestimmte Begriff des Eigenheims "samt Grund und Boden" bedarf der Auslegung. Nach den Erläuterungen zur Neuregelung der Immobilienbesteuerung mit dem 1. StabG 2012 (1680 BlgNR 24. GP, 8) sind "wie bisher Eigenheime und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b)" von der Besteuerung ausgenommen, welche zwischen Anschaffung und Veräußerung durchgehend für mindestens zwei Jahre den Hauptwohnsitz des Veräußerers darstellen. Zur Stammfassung des § 30 EStG 1988 wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ausgeführt, dass die Steuerbefreiung auch für den "Grundanteil bzw. den Grund gelte, der üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist" (621 BlgNR 17. GP, 82).

In welchem Umfang GuB einer Baulichkeit zuzuordnen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Zusammenhang mit der Entnahme eines gemischt genutzten Gebäudes in seinem Erkenntnis vom , 98/15/0019, beurteilt. Demnach bildet bei einem bebauten Grundstück das Gebäude mit GuB ein einheitliches Wirtschaftsgut. Dabei gehört zum Wirtschaftsgut nicht nur jener Boden, auf dem das Gebäude steht, sondern auch die das Gebäude umgebende Bodenfläche, welche nach der Verkehrsauffassung zusammen mit dem Gebäude als Einheit "bebautes Grundstück" angesehen wird.

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ro 2015/15/0025, unmissverständlich ausführt, ist die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 unter Bedachtnahme auf die Gesetzesmaterialien und die bislang ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofes dahingehend auszulegen, dass dem begünstigten Eigenheim "Grund und Boden" in jenem Ausmaß zuzuordnen ist, das "üblicherweise als Bauplatz erforderlich ist". Nur in diesem Ausmaß erstreckt sich die Steuerbefreiung auch auf den mitveräußerten "Grund und Boden". Die Beurteilung, welche Grundstücksgröße üblicherweise für einen Bauplatz erforderlich ist, erfolgt nach der Verkehrsauffassung.

Die Verkehrsauffassung muss dabei wohl im Sinne einer typisierenden Betrachtung für das gesamte Bundesgebiet gelten, da der VwGH es in seinem Erkenntnis Zl. Ro 2015/15/0025 abgelehnt hatte, eine Anknüpfung an das konkrete Grundstück vorzunehmen (vgl. Wisiak, BFG journal, 2020, 162ff). Außerdem käme es zu mehr oder weniger willkürlichen Ergebnissen, wenn man die durchschnittliche Grundstücksgröße anhand eines Vergleiches mit der näheren oder entfernteren Umgebung ermitteln würde. Der Großteil der Wohnhäuser, der auf einem "üblichen Bauplatz" steht, dürfte daher mit einem bis zu 1.000 m² großen Grundstück verbunden sein. Größere Grundstücke sollten die Ausnahme bilden, jedoch vorkommen, denn ansonsten hätte die Grenze keinen Sinn.

Zorn (SenPräs. des VwGH) zieht aus dem VwGH-Erkenntnis Zl. Ro 2015/15/0025 in RdW 2017/258, 328 ff. folgende Schlussfolgerung:
"Die Hauptwohnsitzbefreiung beinhaltet, was die befreite Grundstücksfläche anbelangt, eine Limitierung. Neben der Fläche, auf welcher das Gebäude errichtet ist, erfasst die Befreiung so viel an das Gebäude umgebender Fläche, als üblicherweise (nach der Verkehrsauffassung, wohl unter Einbeziehung der örtlichen Bauvorschriften) als Bauplatz erforderlich ist. Das werden aber wohl keinesfalls mehr als 1000 m² sein."

Auch das BFG hat bereits mehrfach entschieden, dass ein Grundstück von 1.000 m² den Vorgaben des VwGH in Ro 2015/15/00 25 entspricht (; , RV/2100879/2018; , RV/4100407/2017).

Unter diesem Blickwinkel ist bezogen auf den gegebenen Sachverhalt festzuhalten, dass die streitgegenständliche Veräußerung der Gesamtliegenschaft mit einer Gesamtgröße von rund 8.000 m2 wohl jedenfalls über der mit rund 1.000 m2 anzusetzenden Fläche eines üblichen Bauplatzes liegt und die Befreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 somit auf jene Grundstücksteile die dieses Ausmaß überschreiten nicht anzuwenden ist.

Im gegebenen Fall ist weiters zu beachten, dass die hier strittige "erste Veräußerungstranche" nach den eigenen Angaben der Bf. nur und ausschließlich den Garten betraf, welchen sie aus Altersgründen nicht mehr pflegen konnte. Die zweite - hier nicht strittige - "Veräußerungstranche" im Juli 2015 umfasste sodann die Liegenschaft EZ 5009 KG ***Gem1*** welche das Wohngebäude und damit den eigentlichen Hauptwohnsitz und einen weiteren unmittelbar dem Wohngebäude zugeordneten Gartenteil umfasste.

Die belangte Behörde kam daher bezüglich der 2012 veräußerten Gartenteile zutreffend zum Ergebnis, dass auf diese Liegenschaftsteile die Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 nicht zur Anwendung gelangt.

§ 30 EStG regelt in seinen Absätzen 3 und 4 unterschiedliche Arten der Ermittlung der Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung, wobei gemäß Abs. 5 über Antrag die Einkünfte statt nach Abs. 4 auch nach Abs. 3 ermittelt werden können.

Beim gegenständlichen Grundstück handelt es ich um sogenanntes "Altvermögen", da es zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des 1.StabG 2012 zum nicht mehr steuerverfangen war. Ein Grundstückgilt als am nicht (mehr) steuerverfangen im Sinne dieser Bestimmung, wenn an diesem Tag die Spekulationsfrist iSd § 30 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 idF vor dem 1. StabG 2012 abgelaufen war ( mwN). Die zehnjährige Spekulationsfrist im Sinne der letztgenannten Bestimmung war im vorliegenden Fall aufgrund der unstrittigen Anschaffung im Jahr 1973 bzw. durch Übernahme im Erb-/Schenkungswege im Zeitpunkt jedenfalls abgelaufen.

Aufgrund der niedrigen anteiligen Anschaffungskosten und der seit 1973 eingetretenen Wertsteigerung würde ein Antrag nach § 30 Abs. 5 EStG - trotz Berücksichtigung des Inflationsabschlages - zu einer weit höheren Bemessungsgrundlage für die Berechnung der ImmoESt führen.

Die vom FA vorgenommene Berechnung der Bemessungsgrundlage für die ImmoESt, nämlich 14% des anteiligen Veräußerungserlöses (50% von 586.350,00 € = 293.170,00 €) sohin € 41.043,80 € ist daher nicht zu beanstanden.

Anstelle der Pauschalbesteuerung dieser Bemessungsgrundlage mit 25% wäre die Besteuerung nach §30a Abs. 2 EStG (Regelbesteuerungsoption) denkbar. Diesfalls wären alle Einkünfte der Bf. inklusive des anteiligen Veräußerungserlöses von 41.043,80 € dem Tarif des § 33 EStG zu unterziehen. Die Steuerbemessungsgrundlage der Bf. beträgt in diesem Fall 44.345,28 € betragen woraus sich eine Gesamteinkommensteuerbelastung von etwas mehr als 11.900 € ergäbe und somit auch mehr als der bescheidmäßig festgesetzte Betrag von 10.261,00 € .

Der bekämpfte Bescheid erweist sich sohin als rechtskonform.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung folgt vollinhaltlich dem einschlägigen Erkenntnis des vor. Eine über die in diesem Erkenntnis entschiedene Rechtsfrage hinausgehende Fragestellung liegt hier nicht vor, weshalb eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

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Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102316.2015

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