Zurückweisung einer Beschwerde wegen Verspätung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Gertraud Hausherr in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67 vom , Zahl: MA67/206700146315/2020, mit dem der Einspruch gegen die Strafverfügung vom mit derselben Geschäftszahl gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.
II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/206700146315/2020, wurde Herr ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung für schuldig erkannt und über ihn nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.
Der mit Einschreiben am eingebrachte Einspruch gegen diese Strafverfügung wurde vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.
Der Zurückweisungsbescheid der belangten Behörde vom wurde folgendermaßen begründet:
"Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
Die Strafverfügung wurde laut Zustellnachweis nach einem Zustellversuch vom bei der Post Geschäftsstelle 1125 Wien hinterlegt (Hinterlegung gem. § 17 Abs. 1 ZustG) und ist ab dem zur Abholung bereitgehalten worden, da Ihnen das Schriftstück beim Zustellversuch nicht übergeben werden konnte.
Mit dem Tag der Bereithaltung zur Abholung gilt gemäß § 17 Abs. 3 ZustG eine hinterlegte Sendung als zugestellt, wenn ein Zustellmangel nicht unterlaufen ist und sich auch nicht ergeben hat, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen konnte.
Die Zustellung wurde jedenfalls bewirkt durch Ihre persönliche Übernahme am .
Sie haben den Einspruch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am , somit nach Ablauf der Einspruchsfrist zur Post gegeben, sodass der Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen werden musste.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist. Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruchs rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
In der mit E-Mail am eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen ausgeführt niemals mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug gefahren zu sein.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
§ 49 VStG normiert:
"(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken."
§ 17 Zustellgesetz normiert:
"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."
Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).
"Rechtzeitig" im Sinne des § 17 Abs 3 ZustG ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden.
Die durch den dritten Satz des § 17 Abs 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nach § 17 Abs 3 Satz 4 ZustG nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall aber schon am Tage nach der im Sinne des § 17 Abs 3 Satz 3 ZustG bewirkten Zustellung des angefochtenen Bescheides von diesem Zustellvorgang Kenntnis erlangt, dann hatte ihre Abwesenheit am Zustelltag selbst eine Unwirksamkeit des Zustellvorganges rechtlich nicht zur Folge (vgl. , mwN).
Wenn die Behebung spätestens am Werktag nach dem Zustellversuch dem Empfänger (objektiv) möglich war, wird die Zustellung schon mit dem Beginn der Abholfrist wirksam; dies unabhängig davon, ob die Abholfrist bereits am Tag des Zustellversuchs oder am Werktag danach begonnen hat. Die Frage der nach Abs 3 hinausgeschobenen Wirksamkeit der Zustellung stellt sich dann gar nicht (vgl, Stumvoll in Fasching/Konecny3 II/2 § 17 ZustG).
Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 69) wurde die Strafverfügung vom , Zahl: MA67/206700146315/2020, bei der Post Geschäftsstelle 1125 hinterlegt und ab dem zur Abholung bereitgehalten, nachdem am an der (damaligen) Abgabestelle des Beschwerdeführers ein Zustellversuch unternommen und die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden war.
Der Beschwerdeführer hat das behördliche Dokument am behoben und in seiner Beschwerde keine mangelhafte Zustellung geltend gemacht.
Somit geht das Bundesfinanzgericht in Übereinstimmung mit der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre davon aus, das die Strafverfügung vom , Zahl: MA67/206700146315/2020, mit deren Hinterlegung und erstmaliger Bereithaltung zur Abholung am rechtmäßig zugestellt wurde.
Die gesetzlich normierte und nicht erstreckbare, zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete am Dienstag den .
Der Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung wurde mit Einschreiben am eingebracht und von der belangten Behörde zu Recht als verspätet zurückgewiesen.
Da sich der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob der Einspruch innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 VStG eingebracht wurde und die Rechtzeitigkeit des Einspruchs aufgrund der vorliegenden Unterlagen eindeutig verneint werden musste, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt auf das inhaltliche Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen.
§ 44 VwGVG normiert:
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"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn 4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt wurde und sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtete. |
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500806.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at