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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2020, RV/3100614/2019

Erlassung des Kfz-Steuer - Bescheides vor 31. März des Folgejahres

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Beschwerdeführer, Anschrift_A, vertreten durch Steuerberater_A, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes_A vom über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis September 2016 sowie über einen Verspätungszuschlag zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1.) Sachverhalt:
Die Kraftfahrzeuge der Marke Marke_A mit dem deutschen Kennzeichen Kz_B sowie der Marke Marke_B mit dem deutschen Kennzeichen Kz_A sind auf die Gesellschaft_A, Deutschland, zugelassen (siehe Zevis-Anfrage vom ). Der Beschwerdeführer ist ausländischer_A Staatsbürger und verfügt über einen österreichischen Wohnsitz in Ort_A (siehe Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom ). Der Abgabepflichtige ist geschäftsführender Gesellschafter der Gesellschaft_A (siehe Ergebnis Registersuche beim Registergericht_A, Deutschland, vom und Angaben des Beschwerdeführers vom )

Das Finanzamt_A schrieb dem Beschwerdeführer für obige Fahrzeuge mit Bescheide vom Kraftfahrzeugsteuer (Kfz-Steuer) für die Monate Jänner bis September 2016 sowie einen Verspätungszuschlag vor (siehe Bescheide des Finanzamtes_A über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1 - 9 / 2016 sowie über einen Verspätungszuschlag mit Ausfertigungsdatum ).

Der Beschwerdeführer erhob hiergegen mit Schreiben vom fristgerecht Beschwerde. Das Finanzamt_A wies diese mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Der Abgabepflichtige begehrte mit Eingabe vom fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

2.) Rechtsgrundlage:
2.a) § 6 Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992 (KfzStG) in der im strittigen Jahr 2016 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 105/2014 lautet wie folgt:
"(1) Der Steuerschuldner hat dem Finanzamt (§ 7) die Umstände anzuzeigen, die die Abgabepflicht nach diesem Bundesgesetz begründen; diese Anzeige ist binnen einem Monat, gerechnet vom Eintritt des anzeigepflichtigen Ereignisses, zu erstatten.
(2) Aus im Inland vom Steuerschuldner fortlaufend zu führenden Aufzeichnungen muss sich für nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtige Kraftfahrzeuge deren Art und Kennzeichen, die Dauer der Steuerpflicht und die Steuerbemessungsgrundlage ergeben.
(3) Der Steuerschuldner hat jeweils für ein Kalendervierteljahr die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Ein gemäß
§ 201 BAO festgesetzter Abgabenbetrag hat den im ersten Satz genannten Fälligkeitstag.
(4) Der Steuerschuldner hat für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben
."

§ 201 BAO in der seit gültigen Fassung BGBl. I Nr. 70/2013 lautet auszugsweise wie folgt:
"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
4. (aufgehoben)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen, …
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen."

§ 201 BAO ist anzuwenden, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten. "Angeordnete" Selbstberechnungen sehen beispielsweise § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 vor (Ritz, BAO6, § 201 Rz 4).

Voraussetzung für die Festsetzung ist damit eine Verpflichtung des Abgabepflichtigen, den selbst berechneten Betrag dem Finanzamt bekannt zu geben (z.B. "Erklärung"). § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 (alte Fassung) regelt nur die Selbstberechnung und Entrichtung, nicht aber eine verpflichtende Bekanntgabe der Kfz-Steuer. Die jeweiligen Kfz-Steuer-Quartalsbeträge sind zwar einzuzahlen, ansonsten der Abgabenbehörde aber nicht zu melden (vgl. Ellinger/Iro/ Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 201 (Stand ) Anm 4; Fischerlehner, Abgabenverfahren (2013) § 201 Anm 1). Stoll, BAO, 2121 und 2127, verweist hinsichtlich der Erklärungsverpflichtung zutreffend auf § 6 Abs. 4 KfzStG 1992, der (nur) die Abgabe einer Jahressteuererklärung vorschreibt.

Im Gegensatz zur Umsatzsteuer (§ 21 Abs. 1 UStG 1994) oder NoVA (Anmeldung gem. § 11 NoVAG 1991) und anderen Selbstberechnungsabgaben besteht somit für Kfz-Steuerpflichtige nur eine Bekanntgabeverpflichtung im Wege der Jahreserklärung. Die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe setzt nach § 201 Abs. 1 BAO stets voraus, dass der Abgabepflichtige, obwohl er hierzu verpflichtet ist, der Abgabenbehörde keinen selbstberechneten Betrag bekannt gibt.

§ 6 Abs. 4 KfzStG 1992 idF BGBl. I Nr 105/2014 bestimmt, dass der Steuerschuldner für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanz-amt eine Steuererklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben hat. Eine Fest-setzung gemäß § 201 BAO durch das Finanzamt ist somit erst dann zulässig, wenn diese Frist ungenützt verstrichen ist.

Diese Auslegung ergibt sich auch hieraus, dass das Gesetz eine eigene Fälligkeitsregel für Festsetzungen gem. § 201 BAO vorsieht. Wäre eine quartalsweise Festsetzung möglich und vom Gesetzgeber gewollt, wäre die Fälligkeitsregel nicht notwendig.

2.b) Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde gemäß § 135 BAO einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen

3.) Erwägungen:
Für das streitgegenständliche Jahr 2016 endet die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 6 KfzStG am , sodass eine abgabenbehördliche Festsetzung einer Kfz-Steuer für 2016 frühestens am zulässig ist. Das Finanzamt_A erließ den bekämpften Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis September 2016 bereits am und somit weit vor der gesetzlichen Zulässigkeit, sodass dieser mit Rechtswidrigkeit belastet ist (vgl. ; ; ).

Da der Beschwerdeführer nach obigen Ausführungen zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides über einen Verspätungszuschlag keine Frist verabsäumt hatte, kam der Abgabenbehörde keine Berechtigung zu, einen Verspätungszuschlag zu verhängen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 279 BAO aufzuheben.

4.) Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die streitgegenständliche Entscheidung ergibt sich im vorliegenden Fall unmittelbar aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Es liegt sohin keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 6 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100614.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at