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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.12.2020, RV/7102028/2013

Unbeschränkte Steuerpflicht: "Innehaben" einer Wohnung als Voraussetzung für das Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR in der Beschwerdesache Bf., Adr1, über

die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009,

die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes vom betreffend die Feststellung, dass für die Jahre 2008 und 2009 eine Veranlagung zur Einkommensteuer unter Zugrundelegung der unbeschränkten Steuerpflicht unterbleibt, sowie

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer 2010

1. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2009 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2009 und der Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2010 werden ersatzlos aufgehoben.

2. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend die Feststellung, dass für das Jahr 2008 eine Veranlagung zur Einkommensteuer unter Zugrundelegung der unbeschränkten Steuerpflicht unterbleibt, wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Bf. bezieht Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Übersetzer von literarischen Werken aus dem Ungarischen in die deutsche Sprache. Er erzielte aus dieser Tätigkeit Einnahmen (Honorare für Übersetzungen) von Verlagen, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung betreffend einen Verlag in der Schweiz, im Übrigen in Deutschland gelegen sind.

Bisherige Veranlagungen:

Der Bf. wurde erklärungsgemäß mit Bescheid vom zur Einkommensteuer 2008 und mit Bescheid vom zur Einkommensteuer 2009 als unbeschränkt steuerpflichtig veranlagt.

In der Einkommensteuererklärung 2010 beantragte der Bf. gemäß § 37 Abs. 9 EStG 1988, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit gleichmäßig auf drei Jahre (2010 und Vorjahre 2008 und 2009) zu verteilen. Ein "Verzicht auf den Gewinnfreibetrag gemäß § 10 EStG 1988 (Grundfreibetrag)" wurde nicht abgegeben.

Die Veranlagung zur Einkommensteuer 2010 wurde mit Bescheid vom ebenfalls erklärungsgemäß durchgeführt. Dabei wurden die Einkünfte aus selbständiger Arbeit wie folgt ermittelt (ESt-Akt S. 5/2010):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einnahmen
17.173,30
Eigene Pflichtversicherung
  • - 825,48
übrige Aufwendungen
  • - 2.060,80
Summe
14.287,02
davon 1/3 gemäß § 37 Abs. 9 EStG
4.762,34
Gewinnfreibetrag (13% von 14.287,02 =)
  • - 1.857,31
Einkünfte aus selbständiger Arbeit
2.905,03

Mit weiteren Bescheiden vom wurden die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009 gemäß § 37 Abs. 9 EStG 1988 wiederaufgenommen und neue Sachbescheide unter Hinzurechnung eines Drittels der im Jahr 2010 erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit erlassen.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf., den Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2010 abzuändern, da er auf die Geltendmachung des Gewinnfreibetrages verzichte. Das Finanzamt wertete diese Eingabe als Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010.

Ermittlungen betreffend inländischen Wohnsitz:

In der Einkommensteuererklärung 2010 hatte der Bf. trotz Angabe einer eigenen Adresse (Adr2) A.A., Adr3 als Zustellbevollmächtigte angeführt.

Darauf durchgeführte Ermittlungen der belangten Behörde ergaben, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Bf. in den beschwerdegegenständlichen Jahren in Ungarn gelegen war und der Bf. (auch) im strittigen Zeitraum 2008 bis 2010 über keinen inländischen Wohnsitz verfügte:

Der Bf. hatte im Zentralen Melderegister ab dem Jahr 2000 an folgenden Adressen seinen Hauptwohnsitz gemeldet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Adr4
-
Adr2
-
Adr5
- …
Adr6

Bei der Adresse Adr2 war im Zentralen Melderegister als Unterkunftgeber B.B. angeben. Diese hatte dort selbst ihren Hauptwohnsitz gemeldet. Bei einer am an dieser Adresse durchgeführten Erhebung gab Frau B.B. an, es handle sich um ihre Wohnung, welche für den Bf. nur als Postadresse diene. Frau B.B. leite die Post an den Bf., welcher mit seiner Familie in Ungarn lebe, weiter. Der Bf. bewohne keine Räumlichkeiten dieser Wohnung - auch nicht vorübergehend. Folglich beteilige er sich auch nicht an den Wohnungskosten. Frau B.B. und der Bf. seien Studienkollegen gewesen (Aktenvermerk vom ).

Per email vom gleichen Tag gab Frau B.B. als Adresse des Bf. "Adresse Ungarn, Tel. (mobil) ungar.Tel.Nr." an.

Laut Aktenvermerk vom rief daraufhin der Bf. mit einer ungarischen Telefonnummer (ungar.Tel.Nr.1) beim Finanzamt an und gab an, er habe nunmehr "alles ins Reine" gebracht und sich (laut ZMR am ) bei seiner Tante in Adr5 (melderechtlich) angemeldet. Er könne sich das Leben in Österreich mit seinem Einkommen nicht leisten und lebe deshalb in Ungarn.

Bei der Adresse "Adr5" ist im Melderegister als Unterkunftgeber des Bf. D.D. angeführt. Frau D.D. ist die Tante des Bf. und hat unter dieser Adresse seit 1982 selbst ihren Hauptwohnsitz gemeldet.

Über die von der belangten Behörde am in den Wohnräumlichkeiten von Frau D.D. durchgeführten Erhebungen wurde niederschriftlich festgehalten:

Herr Bf. ist der Sohn des älteren Bruders von Frau D.D.. Herr Bf. ist laut Aussage von Frau D.D. etwa alle 6 Wochen - entweder allein oder im Beisein seiner Familie - in der Wohnung von Frau D.D.. Es ist dort ein Zimmer mit einem ausziehbaren Doppelbett vorhanden, welches auch besichtigt wurde. Fr. D.D. erklärte, genügend Zustellbetten zu haben, die - auch in anderen Räumen - bei Bedarf aufgestellt werden. Die Gesamtwohnfläche der Wohnung beträgt ca. 98 m². Hr. Bf. könne alle Räume mitbenützen, eine Kostenbeteiligung werde von ihm nicht verlangt.

Das Zimmer, in dem Familie Bf. meist untergebracht ist, hat etwa 20 m² (nur zum Schlafen).

Die Anzahl seiner Aufenthalte richtet sich überwiegend nach beruflichen Notwendigkeiten u. der familiären Bindung zu seiner Tante u. deren Kinder.

Der überwiegende Lebensmittelpunkt ist lt. Aussage v. Fr. D.D. nach derzeitigen Verhältnissen sicher noch in Ungarn, die Verlage, f. die er tätig ist, befinden sich in Wien. Frau D.D. betonte, Hr. Bf. u. seine Familie seien immer herzlich willkommen.

Mit Aktenvermerk vom hielt das Erhebungsorgan ergänzend dazu fest: "Das 20 m² große Zimmer, welches im Bedarfsfall von Herrn Bf. und seiner Familie genutzt wird, ist weiters mit einem großen Wandverbau, einem kleinen Schreibtisch und einem Kleiderkasten ausgestattet. Zurzeit wird das Zimmer von einer Verwandten auf Besuch genutzt.

Weiter wurde von Frau D.D. noch betont, des Bf. ungarische Schwiegermutter sei noch relativ jung und daher eine wertvolle Stütze für die ganze Familie, insbesondere bei der Kinderbetreuung. Diese Unterstützung könne Frau D.D. der Familie aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht geben. Dieser Umstand, gemeinsam mit den noch günstigeren Lebenshaltungskosten, dürften wesentliche Kriterien für den überwiegenden Aufenthalt in Ungarn darstellen.

Mit Vorhalt vom führte das Finanzamt aus:

Erhebungen der Abgabenbehörde haben ergeben, dass Sie an den Adressen Adr2 und Adr5 weder einen Betriebssitz noch einen Wohnsitz in Wien haben. Die Unterkunftgeberin in der Adr2, Fr. B.B., gibt an, dass diese Adresse nur als Postadresse diente. Laut Frau D.D. in der Adr5 steht Ihnen als Neffe bei ihr für Besuche ein (Gäste)Zimmer zur Verfügung. Dieser Raum dient jedoch nicht ausschließlich Ihrer Nutzung, sondern wird auch anderen Besuchen von Frau D.D. zur Verfügung gestellt.

Somit haben Sie nach Kenntnisstand der Abgabenbehörde keinen Wohnsitz im Sinne des § 26 BAO in Wien (Österreich). Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne der Bundesabgabenordnung liegt ebenfalls nicht vor. Ihr Wohnsitz befindet sich - soweit dem Finanzamt bekannt - in Ungarn (Adr-Ungarn). Dies bedeutet, dass Sie nicht der unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 2 EStG unterliegen, sondern allenfalls beschränkt steuerpflichtig sind (§ 1 Abs. 3 EStG).

Dies würde bedeuten, dass nur diejenigen selbständigen Einkünfte in Österreich gem. § 98 EStG der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, die a) auf einer Tätigkeit in Österreich beruhen oder b) in Österreich verwertet werden. Bei Autoren ist die Verwertung dort gelegen, wo der jeweilige Verlag seinen Betriebssitz hat (vgl. Doralt, EStG, § 98 Tz 23 und 24). Sie erzielen lt. eigenen Angaben in Ihren Steuererklärungen Einkünfte aus selbständiger Arbeit, für die Sie die Verteilungsmöglichkeit der Einkünfte auf drei Jahre gem. § 37 Abs. 9 EStG in Anspruch nehmen. Aus Ihrem Steuerakt geht hervor, dass Sie auch von diversen Verlagen in Deutschland Lizenzgebühren für Urheberrechte erhalten. In der Freistellungsbescheinigung für die Piper Verlag GmbH sind die Urheberrechte näher spezifiziert. Sie werden als solche für Übersetzungen bezeichnet.

Bitte nehmen Sie zum bisherigen Ermittlungsergebnis, dass Sie beschränkt steuerpflichtig sind, Stellung.

Unter der Annahme der beschränkten Steuerpflicht sind nur die Einkünfte in Österreich zu versteuern, die Sie aus der Tätigkeit für inländische Verlage erzielen. Bitte geben Sie die betreffenden Verlage unter Angabe der Einkünfte bekannt.

Bitte geben Sie detailliert bekannt, was Ihre genaue selbständige Tätigkeit umfasst. Sind Sie schriftstellerisch tätig, oder übersetzen Sie ausschließlich Werke anderer Schriftsteller und beziehen daraus Ihre Einkünfte?

Laut Aktenvermerk vom gab der Bf. dazu telefonisch an, er könne seine Tante jederzeit besuchen und wenn eine weitere/andere Person bei seiner Tante zu Besuch weilt, schlafe er eben in einem anderen Zimmer. Daher besitze er seiner Ansicht nach eine Wohnung in Wien, die er jederzeit benutzen kann. Es sei ihm nicht möglich, mit seiner Familie in Wien zu leben, da er hier zu wenig verdiene.

Mit Schreiben vom (Postaufgabe in Ungarn; am Briefkopf und am Briefkuvert wird als Adresse zugleich "Adr5" und "Ort in Ungarn" angegeben) führte der Bf. zusammengefasst aus:

Die Aussage im Ergänzungsersuchen, "Laut Frau D.D. in der Adr5 steht Ihnen als Neffe bei ihr für Besuche ein (Gäste)Zimmer zur Verfügung" sei unrichtig. Wie seine Tante dem erschienenen Beamten mitgeteilt habe und auch im Protokoll festgehalten sei, stehe ihm die gesamte Wohnung zur Mitbenutzung zur Verfügung.

Weiters führte der Bf. aus:

Was meine Tante allerdings gesagt hat, ist, dass ich bei meinen Aufenthalten in der Regel im hinteren Zimmer wohne. Richtig ist, dass es vorkommt, dass meine Tante während meiner Abwesenheit in diesem Zimmer Gäste unterbringt, eine Übung, die mich nicht im Geringsten stört und gegen die ich keine Einwände habe. Sollte es sich ereignen, dass sich bei meiner Ankunft ein Gast im hinteren Zimmer aufhält, schlafe ich eben in einem der anderen großen Zimmer, und mein Komfort ist dadurch überhaupt nicht beeinträchtigt. Daraus geht hervor, dass die Tatsache, dass meine Tante Gäste empfängt, der uneingeschränkten Benutzbarkeit der Wohnung in der Adr5 für mich in keiner Weise Abbruch tut…

Ich erziele meine Einkünfte als literarischer Übersetzer, das heißt aus der Verwertung der Urheberrechte, die mir meine Übersetzungen einbringen, sowie in geringem Maße mit gelegentlich damit verbundenen Tätigkeiten, wie Lesungen, Seminare für literarische Übersetzung oder der Erstellung von Gutachten. Die Verlage, die derzeit meine Übersetzungen publizieren, befinden sich fast alle in Deutschland (einer in der Schweiz), die damit verbundenen Einkünfte sind aufgrund der Freistellungsbescheinigungen in Österreich zu versteuern. Gegenwärtig befindet sich nur bei einem geringen Teil meiner Einkünfte die auszahlende Stelle in Österreich.

Abschließend möchte ich Sie ersuchen, ob Sie nicht die Bearbeitung meines Antrages auf Änderung des Steuerbescheides für 2010 in die Wege leiten können, den ich bereits im August 2011 eingebracht habe und in dem es nur um eine einzige Korrektur eines Fehlers beim Ausfüllen des Formulars geht!

Weiteres Verfahren betreffend Einkommensteuer 2010:

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 ersatzlos aufgehoben. Begründend führte das Finanzamt aus:

… Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung ist steuerrechtlich das Bestehen eines Wohnsitzes stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes - hier gleichbedeutend mit Innehabung - einer Wohnung geknüpft. Die polizeiliche Meldung oder die Unterlassung derselben ist ebenso wenig für die Frage des Wohnsitzes entscheidend, wie der Umstand, ob Miete bezahlt wird oder nicht. Der Wohnsitzbegriff des Steuerrechts ist demnach auf keine bestimmte rechtsgeschäftliche Form abgestellt, sondern knüpft an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Um einen Wohnsitz i.S.d. Abgabenvorschriften zu begründen, bedarf es daher nur der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderungen jederzeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. In diesem Sinn können auch Untermietzimmer, im Fall einer Dauermiete sogar Hotelzimmer eine Wohnung und damit einen Wohnsitz gemäß § 26 Abs. 1 BAO darstellen ().

Innehabung bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich zu verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können (; ,99/15/0104; , 99/15/0008). Die bloße Überlassung eines Zimmers zur vorübergehenden Nutzung reicht nicht ().

Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum (z.B. am Einfamilienhaus), Wohnungseigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht (§ 521 ABGB), aber auch familienrechtliche Ansprüche (z.B. des Ehegatten, vgl. auch § 97 ABGB) in Betracht (zum "abgeleiteten" Wohnsitz siehe Tz 12). Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig ().

Strittig ist, ob der Bw. in Österreich über einen Wohnsitz verfügt. Nach eigenen Angaben wird ihm bei Inlandsaufenthalten von seiner Tante eine Wohnmöglichkeit geboten, in Räumlichkeiten, die sowohl durch die Tante als auch durch andere Personen, die sich zeitweilig zu Besuchszwecken in der Wohnung der Tante aufhalten (soll heißen: benützt werden). Die Räumlichkeiten sind für ihn nicht reserviert. Der Umstand, dass dem Bw. Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, bedeutet für sich allein nicht, dass der Bw. tatsächlich die Verfügungsgewalt über diese Zimmer hat. Das "Wiederbeziehen" des Zimmers - bzw. falls sich ein anderer Besuch der Tante in diesem Zimmer aufhält - eines anderen Raumes der Wohnung und die Mitbenützung von Küche, Bad, etc. stellt keinen Umstand dar, der es in sich schlösse, dass die Zimmer aufgrund eigener Verfügungsgewalt des Bw. "beibehalten" werden. Der Umstand, dass die Tante dem Bw. Im Zuge seiner Inlandsaufenthalte immer wieder Unterkunft bietet, bedeutet vielmehr, dass sie die Räumlichkeiten bei Bedarf aufgrund der Willensentscheidung der Tante neuerlich zur Verfügung stellt.

Somit ist das Tatbestandselement des "Beibehaltens" einer Wohnung im Sinne des § 26 BAO nicht erfüllt. Der Bw. verfügt weder über einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und ist daher in Österreich beschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 3 EStG. Dies bedeutet, dass er nur mit seinen inländischen Einkünften gem. § 98 EStG i.V.m. den jeweilig anzuwendenden Bestimmungen des DBA mit Ungarn steuerpflichtig ist, weshalb die Einkünfte aus der Verwertung von Urheberrechten gem. Art. 12 DBA-Ungarn in Ungarn steuerlich zu erfassen sind. Soweit in den erklärten selbständigen Einkünften solche aus Aktivleistungen (im Gegensatz zur Überlassung von Urheberrechten) [gemeint: enthalten sind], sind diese in Österreich gem. Art. 14 DBA-Ungarn zu besteuern, wenn sie einer inländischen festen Einrichtung zuzurechnen sind.

Der Bw. ist allenfalls mit seinen inländischen Einkünften gem. § 98 Abs. 1 Z 2 EStG i.V.m. Art. 14 DBA-Ungarn steuerlich zu erfassen. Die Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger hat nach den Grundsätzen des § 102 EStG zu erfolgen. Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom , mit dem das Welteinkommen nach den Grundsätzen der Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht erfolgte, war daher aufzuheben.

Mit Schreiben vom (Datum der Postaufgabe) beantragte der Bf. die Vorlage seiner Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 an den Unabhängigen Finanzsenat und die Veranlagung als unbeschränkt steuerpflichtig ohne Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat beantragt. Begründend führte der Bf. aus:

Bis 2008 hatte ich meinen Wohnsitz in der Adr4. Als ich im Sommer jenes Jahres dort ausziehen musste, hat mir meine Tante D.D. angeboten, mir das hintere Zimmer ihrer Wohnung in der Adr5 zur Verfügung zu stellen, das sie nicht benötigt, und unentgeltlich bei ihr zu wohnen, wann immer ich mich in Wien aufhalte. Dieses Angebot habe ich gerne angenommen, nicht zuletzt, weil so das Familienbudget nicht durch Mietkosten belastet wurde. Meine Tante hat alle ihre Sachen aus dem Zimmer entfernt und es bis auf die Möbel vollständig für mich ausgeräumt.Umgemeldet habe ich mich damals in die Adr2, die als Betriebsadresse gedacht war, ich hatte mit B.B. vereinbart, dass sie meine Korrespondenz entgegennehmen und gegebenenfalls bearbeiten solle, außerdem hatten wir eine berufliche Zusammenarbeit in Aussicht genommen (B.B. ist wie ich diplomierter Übersetzer), die aber dann keine Verwirklichung fand.

Zu meiner Lebenssituation möchte ich sagen:

Ich bin österreichischer Staatsbürger und habe nie die Absicht gehabt, aus Österreich zu emigrieren. Die Gründe, warum ich mich immer wieder in Wien aufhalte, sind mannigfaltig. Hier leben meine Geschwister sowie viele andere Verwandte, Tanten, viele Cousins und eine Cousine, mit denen ich Kontakt pflege und die ich treffe. Meine Freunde und Bekannten leben fast alle in Österreich.

Ich bin Mitglied der Verwertungsgesellschaft Verwertungsgesellschaft, von wo ich regelmäßig Einkünfte beziehe. Weiters bin ich Mitglied der österreichischen Interessensvertretung literarischer Übersetzer, der Übersetzergemeinschaft, die ich zu Konsultationen aufsuche. Ich komme nach Wien, um Berufskollegen zu treffen und mich mit ihnen auszutauschen. Ich verbringe jedes Jahr gemeinsam mit meiner Familie die Urlaubszeit in Österreich. Ich bin Mitglied eines Wiener Schachklubs und des Österreichischen Alpenvereins. Ich komme nach Wien, um an Maturatreffen teilzunehmen, oder die Gräber meiner Eltern aufzusuchen. Ich komme zu Preisverleihungen, zu denjenigen von Berufskollegen oder eigenen - im strittigen Jahr 2010 wurde mir der österreichische Staatspreis für literarische Übersetzungen verliehen. Im Vorjahr wurde ich zu einer Lesung eingeladen.

Das Finanzamt hat sich für diese Umstände, die ja gemäß § 26 Abs. 1 BAO auch solche sind, die darauf verweisen, dass ich die Wohnung beibehalten und benutzen will, überhaupt nicht interessiert, meine Mitwirkung war nicht gefragt und auch im Ergänzungsverfahren wurden nur solche Auskünfte verlangt, die dem Finanzamt für die Feststellung der beschränkten Steuerpflicht nützlich erschienen ...

Der Bf. führte weiters aus:

Gemäß UFS RV/3049-W/09 vom falle unter Innehabung (einer Wohnung) nicht nur die rechtliche Verfügungsmöglichkeit des Eigentümers oder Rechtsbesitz des Mieters, sondern auch die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit. Die ausschließliche Verfügungsmacht einer einzigen Person über die Wohnung iSd. § 26 Abs. 1 BAO sei nicht erforderlich.

Das Zimmer werde von der Tante nicht benützt (und der Bf. sei keine Person, die sich "zeitweilig zu Besuchszwecke" in der Wohnung aufhält). Deshalb sei auch die Schlussfolgerung unzutreffend, das Zimmer sei nicht für den Bf. reserviert. Die Aufenthalte des Bf. in Wien würden kein "Wiederbeziehen" darstellen, wie das die BVE behauptet, denn die Tante des Bf. nehme das Zimmer dazwischen nicht wieder in Gebrauch. Der Umstand, dass die Tante während der Abwesenheit des Bf. im Einvernehmen mit ihm hin und wieder einen Logiergast in seinem Zimmer untergebracht hat, könne der "Beibehaltung" des Zimmers doch wohl nicht abträglich sein; diese Handlungsweise sei aus praktischer Sicht vollkommen logisch und selbstverständlich. Im Übrigen wäre es gemäß der oben zitierten Entscheidung des UFSW GZ RV/3049-W/09 vom gar nicht notwendig, ein Zimmer zur alleinigen Benützung zur Verfügung zu haben, weil die Mitbenützung der gesamten Wohnung als Kriterium eines Wohnsitzes ebenfalls einen ausreichenden Umstand darstelle.

Schon allein die Frequenz der Anwesenheit des Bf. in der Wohnung in der Adr5 mache deutlich, dass es sich nicht einfach um Verwandtenbesuche handelt. Auch für einen Außenstehenden müsse die Beständigkeit und Häufigkeit seiner Benützung der Wohnung über die Jahre hinweg ein Indiz dafür sein, dass es sich nicht um immer wieder neue "Willensentscheidungen" der Tante handelt, den Bf. als Gast zu empfangen, sondern dass es sich tatsächlich um die Vereinbarung einer Wohnmöglichkeit handelt.

Auch ohne Kenntnis des ungarischen Steuersystems sei offensichtlich, dass die nachträgliche Versteuerung in Ungarn mit gravierenden Nachteilen für den Bf. verbunden wäre.

Der Bf. trete auch der in der Berufungsvorentscheidung vertretenen Auffassung entgegen, dass die von deutschen Verlagen an ihn gezahlten Entgelte für die Überlassung von Urheberrechten bei beschränkter Steuerpflicht nicht in Österreich zu versteuern seien. Laut § 98 EStG liege eine inländische Verwertung vor, denn der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit komme unmittelbar der österreichischen Volkswirtschaft zugute - die Übersetzungen des Bf. lägen auch in österreichischen Buchhandlungen auf und würden dort verkauft.

Mit Schreiben vom führte der Bf. in Beantwortung eines weiteren Ergänzungsersuchens vom aus, er sei seit in Ungarn "gemeldet". Eine Kopie der Meldebestätigung war dem Schreiben beigelegt. Der Familienwohnsitz befinde sich ebenfalls in Ungarn.

Er habe in den Jahren 2006 bis 2008 in der Wohnung Adr4 gewohnt und dort vor Gründung seiner Familie (Anmerkung des BFG: Heirat und erstes Kind im Jahr 2006) seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt.

Weiteres Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009:

Mit Bescheiden vom wurden die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009 ("Bescheide vom bzw. vom ") wiederaufgenommen. Begründend wurde ausgeführt:

Im Zuge der Ermittlungen im Zusammenhang mit der Berufungserledigung für das Jahr 2010 stellte sich heraus, dass die in den Steuererklärungen angeführte Adresse in der Adr2 nach Auskunft der Wohnungsinhaberin ausschließlich als Postadresse genutzt wurde und der tatsächliche Wohnsitz in Ungarn gelegen ist. Davor waren Sie bei Herrn XY in der Adr.4 gemeldet, wobei zumindest für den von der Wiederaufnahme betroffenen Zeitraum verschiedene Eingaben belegen, dass auch zu diesem Zeitpunkt der tatsächliche Wohnsitz in Ungarn war ...

Mit weiteren Bescheiden vom wurde gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO festgestellt, dass für die Jahre 2008 und 2009 die Veranlagung zur Einkommensteuer "unter Zugrundelegung der unbeschränkten Steuerpflicht" unterbleibt. Begründend wurde ausgeführt:

Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 2 EStG jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Gemäß § 26 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung ist steuerrechtlich das Bestehen eines Wohnsitzes stets an die objektive Voraussetzung des Besitzes bzw. der Innehabung einer Wohnung geknüpft. Die polizeiliche Meldung oder die Unterlassung derselben ist für die Frage des Wohnsitzes nicht entscheidend.

Wie Sie in einem Telefonat vom selbst angegeben haben, bestand in der Adr2 keine Wohnmöglichkeit. Davor waren Sie bei Herrn XY in der Adr.4 gemeldet, aber auch dort handelte es sich offensichtlich um keine Wohnung im Sinne der Abgabenvorschriften. Sie haben selbst in sämtlichen Eingaben außer der Steuererklärung Ihre ungarische Adresse angeführt. Eine Verfügungsgewalt war somit nicht gegeben und dadurch das Tatbestandsmerkmal des Beibehaltens einer Wohnung im Sinne des § 26 BAO nicht erfüllt. Da Sie sich unbestritten mehrheitlich in Ungarn aufhielten, kann es auch nicht auf Grund eines gewöhnlichen Aufenthaltes zu einer unbeschränkten Steuerpflicht kommen.

Im Übrigen wird auf die ausführliche Begründung in der Berufungsvorentscheidung zur Einkommensteuer 2010 vom verwiesen.

Der Bf. brachte gegen sämtliche oa. Bescheide mit Schriftsätzen vom (Datum der Postaufgabe) Berufungen ein. In diesen Berufungsschriftsätzen ist am Briefkopf "Wien", am Briefende "Ort in Ungarn" angeführt. Am Briefkuvert ist die Adresse "Bf., Adr.5" angeführt. Das betreffende Briefkuvert hat jedoch den Postaufgabestempel "2012.06.20, Ort in Ungarn" und wurde dort als eingeschriebener Brief aufgegeben.

In seinen Berufungen gegen die Wiederaufnahmebescheide vom beantragte der Bf. die Aufhebung der Bescheide sowie die Wiedereinsetzung in Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide 2008 bzw. 2009 vom und führte aus:

Das Vorhandensein eines oder auch mehrerer ausländischer Wohnsitze stehe der Annahme eines inländischen Wohnsitzes nicht entgegen (). Deshalb sei es unzulässig, aus der Existenz seines ungarischen Wohnsitzes auf das Fehlen eines inländischen Wohnsitzes zu schließen. Er verweise auf sein Vorbringen im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2010.

Da er im Jahr 2009 ebenso wie in den Vor- und Folgejahren über einen inländischen Wohnsitz verfügt habe, sei die Veranlagung zur Einkommensteuer unter Zugrundelegung der unbeschränkten Steuerpflicht korrekt durchgeführt wurden, somit habe kein Grund zur Wiederaufnahme der Verfahren bestanden.

In den Berufungen gegen die Bescheide "über das Unterbleiben der Veranlagung zur Einkommensteuer unter Zugrundelegung der unbeschränkten Steuerpflicht" für die Jahre 2008 und 2009 beantragte der Bf. mit nachstehender Begründung ebenfalls, die Bescheide aufzuheben und die aufgehobenen Sachbescheide vom wieder in Rechtskraft einzusetzen:

Laut Entscheidung des UFS RV/3049-W/09 vom falle unter Innehabung nicht nur die rechtliche, sondern auch die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit.

§ 26 BAO könne nicht so verstanden werden, dass damit nur die Innehabung einer Wohnung durch genau eine Person gemeint ist. Auch die Innehabung einer Wohnung durch mehr als eine Person sei davon umfasst, sodass mehrere Personen über dieselbe Wohnung die Verfügungsmacht haben und somit in derselben Wohnung einen Wohnsitz begründen können. Die ausschließliche Verfügungsmacht einer einzigen Person über die Wohnung iSd. § 26 Abs. 1 BAO sei nicht erforderlich.

Somit sei auch der sogenannte abgeleitete Wohnsitz, etwa von volljährigen Kindern bei ihren Eltern (vgl. Ritz, BAO, § 26 Tz 12) auf § 26 Abs. 1 BAO rückführbar. Die rechtliche Verfügungsmöglichkeit des/der Hauseigentümer schließe die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit der Person mit sogenanntem abgeleitetem Wohnsitz zum (Mit-) Wohnen im Haus nicht aus.

Im Jahr 2009 habe sich der inländische Wohnsitz des Bf. an der inländischen Adresse Adr.5 befunden. In dieser Wohnung sei sehr wohl ein Raum für ihn reserviert (gewesen). Dieser Raum werde von der Hauptmieterin D.D. nicht benutzt, außerdem sei dem Bf. die ganze Wohnung zur Mitbenützung zur Verfügung gestanden. Im Übrigen verwies der Bf. auf die Begründung seines Vorlageantrages betreffend Einkommensteuer 2010.

Vorlageberichte:

Das Finanzamt legte sämtliche Berufungen am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte aus nachstehenden Gründen die Abweisung der Beschwerden:

Der Wohnsitzbegriff des Steuerrechtes sei an keine bestimmte rechtsgeschäftliche Norm geknüpft, sondern knüpfe an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Um einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften zu begründen, bedürfe es daher nur der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderungen jederzeit zum Wohnen benutzt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (; Sachverhalt - Tochter benutzt während ihrer Inlandsurlaube eine Wohnung des Vaters, Nutzung des Gästezimmers; ebenso: , Sachverhalt - Ehepaar benutzt bei Inlandsaufenthalten wechselnde Zimmer in einem Haus; oder: UFS GZ RV/0211-I/04 vom ; Sachverhalt - Vater benutzt Räumlichkeiten im Haus der Tante, die diese Räume in seiner Abwesenheit für andere Zwecke benutzt).

§ 26 Abs. 1 BAO stellt somit auf die tatsächliche Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten ab. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht gegeben: Die Tante des Bf. verfüge über eine ausreichende große Wohnung, sodass sie eines der Zimmer als Gästezimmer verwendet. Dieses stelle sie Verwandten für Besuchs/Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung. Der Bf. selbst betone, dass er - für den Fall, dass das besagte Zimmer belegt ist - ein anderes Zimmer zum Schlafen benutze und er dagegen keine Einwände habe. Er habe damit aber nicht die tatsächliche Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten in der Wohnung seiner Tante. Es sei durchaus üblich, dass Verwandte oder andere sich nahestehende Personen es gestatten, dass bei ihnen genächtigt wird und dabei auch andere Räumlichkeiten einer Wohnung (Bad, WC, Küche) mitbenützt werden. Der Umstand, dass dies auch ohne vorherige langwierige "Anmeldung" kurzfristig möglich ist, bewirke noch nicht, dass damit die Verfügungsgewalt über Räume begründet wird.

Sowohl die Entscheidungspraxis des VwGH als auch des UFS würden zeigen, dass das bloße Zurverfügungstellen von Räumlichkeiten an Verwandte zum Zwecke der Nächtigung bei Inlandsaufenthalten noch keinen Wohnsitz im Sinne des § 26 BAO bewirken.

Zur Veranlagung 2008 führte das Finanzamt ergänzend aus:

Im Jahr 2008 sei der Bf. bis 6.8. an der Adresse Adr4 gemeldet gewesen. Der seinerzeitige Unterkunftgeber könne aufgrund seines Wegzuges in die USA nicht mehr befragt werden. Lt. eigenen Angaben des Bf. hatte er an dieser Adresse das kleinere Zimmer zur Verfügung und habe vor Gründung seiner Familie dort gewohnt und in den Jahren 2006 bis August 2008 bei Inlandsaufenthalten benutzt. Belege über Mietzahlungen an XY würden nicht mehr bestehen. Sollte der UFS zur Ansicht gelangen, dass die Wohnung in der Adr.4 bis als Wohnsitz iSd. § 26 BAO anzusehen ist, wäre die Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid dennoch abzuweisen, da erst nach Erlassung des seinerzeitigen Einkommensteuerbescheides neu hervorgekommen sei, dass ab Anfang August keine unbeschränkte Steuerpflicht mehr bestanden hat. Bis zur Aufgabe des Wohnsitzes in der Adr.4 wäre sodann eine Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht bis mit den in diesem Zeitraum zugeflossenen Einkünften vorzunehmen.

Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes:

In der Datenbank der Finanzverwaltung/DB2 war vom bis E.E. als Ehegattin des Bf. eingetragen. Dieser Ehe entstammen 2 Kinder, und zwar Kind1, geboren 2006 und Kind2, geboren 2009.

Der Bf. war während der Beschwerdezeiträume 2008 bis 2010, so wie auch in den vorangehenden und nachfolgenden Jahren, durchgehend in Österreich sozialversicherungsrechtlich gemeldet (siehe auch nachfolgende "Aufschlüsselung der Einnahmen 2008 bis 2010").

Unstrittig ist, dass der Bf. ab wiederum - zunächst in Wien, später in Niederösterreich - einen inländischen Wohnsitz innehatte.

In einem Telefonat vom erörterte die Richterin die Sach- und Rechtslage mit dem Bf. Dabei relevierte der Bf., er sei mit seinen Einkünften hilfsweise gemäß § 98 EStG 1988 als beschränkt steuerpflichtig zu erfassen und könne dann gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig beantragen, sodass sich im Ergebnis an der bisherigen Veranlagung nichts ändere.

Mit Schreiben vom zog der Bf. sodann die im Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2010 gestellten Anträge auf Senatsentscheidung und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Mit email vom legte der Bf. dem Bundesfinanzgericht nachstehende Aufschlüsselung der Einnahmen 2008 bis 2010 vor:

[...]

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob Wiederaufnahmegründe betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009 vorlagen und ob der Bf. als unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig zur Einkommensteuer veranlagen ist.

A. Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Abgabenbehörde wurde erst nach Rechtskraft der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009 bekannt, dass der Bf. ab über keinen inländischen Wohnsitz verfügte, sodass für den Zeitraum 7.8. bis sowie die Jahre 2009 und 2010 die Voraussetzung für eine Veranlagung als unbeschränkt steuerpflichtig nicht gegeben war. Aufgrund dieser neu hervorgekommenen Tatsache konnten grundsätzlich die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 und 2009 wiederaufgenommen werden.

Allerdings legte der Bf. im Telefonat vom gegenüber dem Bundesfinanzgericht glaubhaft dar, dass er von 1.1. bis in der Wohnung in Adr4 über ein eigenes Zimmer verfügte und die übrigen Räume (mit)benutzen konnte, sodass für diesen Zeitraum tatsächlich ein inländischer Wohnsitz gegeben war.

Weiters ergibt sich aus den Ausführungen des Bf. - insbesonders im Vorlageantrag vom betreffend Einkommensteuer 2010 - schlüssig, dass er zwar aufgrund wirtschaftlicher Umstände - er konnte sich keine eigene Wohnung in Wien leisten - in den Jahren 2008 bis 2010 seinen gewöhnlichen Aufenthalt am Familienwohnsitz in Ungarn hatte, sich jedoch seine gesamten wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen (so wie in Vorjahren und danach) auf Österreich bezogen; zudem war er sozialversicherungsrechtlich in Österreich gemeldet. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist daher davon auszugehen, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. ungeachtet des Umstandes, dass sich der Familienwohnsitz in Ungarn befand, tatsächlich in Österreich gelegen war.

Demnach wäre der Bf. richtigerweise und im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Ungarn für den Veranlagungszeitraum 1.1. bis in Österreich als unbeschränkt steuerpflichtig zu erfassen. Betreffend die Höhe der "festgesetzten Abgabe" ergäbe sich daraus allerdings keine Abänderung gegenüber der vor Wiederaufnahme des Verfahrens vorgenommenen Veranlagung für das gesamte Jahr 2008, da sich in beiden Fällen rechnerisch lediglich eine Steuergutschrift in Höhe des Alleinverdienerabsetzbetrages ergibt. Die Wiederaufnahme des Verfahrens hätte somit - unter Zugrundelegung einer unbeschränkten Steuerpflicht für den oa. verkürzten Veranlagungszeitraum - im Wesentlichen zu keinem im Spruch anderslautenden Bescheid geführt.

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2008 ist daher wegen Geringfügigkeit der Auswirkungen im Rahmen des Ermessens nicht vorzunehmen (Ritz, BAO, 5. Aufl., § 303 Tz 71). Der Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2008 war somit stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben. Der Bescheid vom betreffend Einkommensteuer 2008 tritt somit wieder in Kraft.

Betreffend den Veranlagungszeitraum 1.1. bis ist nach der Sachlage jedoch weder eine unbeschränkte noch eine beschränkte Steuerpflicht gegeben (siehe unten). Die Beschwerde gegen den Bescheid vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2009 war somit als unbegründet abzuweisen.

C. Einkommensteuer 2009 und 2010:

1) Unbeschränkte Steuerpflicht:

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 BAO hat den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate. Das Bundesministerium für Finanzen ist ermächtigt, von der Anwendung dieser Bestimmung bei Personen abzusehen, deren Aufenthalt im Inland nicht mehr als ein Jahr beträgt, wenn diese im Inland weder ein Gewerbe betreiben noch einen anderen Beruf ausüben.

Der Bf. bringt selbst vor, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt in den Beschwerdezeiträumen in Ungarn gelegen gewesen sei. Strittig ist somit lediglich, ob er einen inländischen Wohnsitz iSd. § 26 Abs. 1 BAO hatte.

Ein Wohnsitz i. S. d. § 26 Abs. 1 BAO erfordert, dass der Steuerpflichtige die Wohnung "innehat", sie also jederzeit für die eigenen Wohnbedürfnisse nutzen kann. Dieses "Innehaben" muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird (Erkenntnis des ).

Zur Begründung eines Wohnsitzes bedarf es der tatsächlichen Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind; sie müssen ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können (vgl. ; ; ; ). Die Wohnung muss aber weder standesgemäß (vgl. ) noch zur Aufnahme der gesamten Familie geeignet sein (vgl. ). Auch das Verfügen über eine Wohnung, die nur aus beruflichen Gründen erforderlich ist, begründet steuerlich einen Wohnsitz, etwa auch Untermietzimmer und im Falle einer Dauermiete Hotelzimmer (vgl. ; ).

Im Beschwerdefall ergibt sich, dass der Bf. ab bis jedenfalls keine Wohnung im Inland innehatte, über die er als Mieter oder Eigentümer hätte verfügen können.

Allerdings konnte er ein ca. 20 m² großes Zimmer in der Wohnung seiner Tante in Wien benutzen und die übrigen Wohnräume mitbenutzen; wenn die Tante jedoch anderen Personen Quartier bot, musste der Bf. in einem anderen Raum nächtigen. Somit stand dem Bf. dieses Zimmer zwar grundsätzlich als Gästezimmer zur Verfügung, jedoch konnte er es nicht jederzeit für die eigenen Wohnbedürfnisse nutzen. Er hatte somit keine tatsächliche Verfügungsgewalt über bestimmte Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind.

Daraus folgt, dass der Bf. (im Veranlagungszeitraum 7.8. bis sowie) in den Jahren 2009 und 2010 über keinen inländischen Wohnsitz verfügte.

Eine unbeschränkte Steuerpflicht war somit in den Jahren 2009 und 2010 nicht gegeben.

3) Beschränkte Steuerpflicht:

Die "Identität der Sache", nämlich die Veranlagung der Einkünfte eines Kalenderjahres, umfasst auch die Änderung der Veranlagung - zB. von einer Veranlagung als unbeschränkt Steuerpflichtiger zur Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger oder umgekehrt, oder von der Durchführung einer Veranlagung auf Feststellung der "Nichtveranlagung" (; ). Es ist daher ergänzend zu prüfen, ob der Bf. der beschränkten Steuerpflicht unterliegt.

Gemäß § 98 Abs. 1 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3) nur die folgenden Einkünfte: …

2. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird. Die Arbeit wird im Inland

- ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist,

- verwertet, wenn sie zwar nicht im Inland persönlich ausgeübt wird, aber ihr wirtschaftlicher Erfolg der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt ist.

ad "Ausübung der Arbeit im Inland":

Der Aufenthalt im Inland muss mit den erzielten Einkünften maßgeblich in Zusammenhang stehen. Ausschlaggebend wird sein, dass die erzielten Einkünfte unmittelbar und schwerpunktmäßig auf eine im Inland ausgeübte Tätigkeit zurückzuführen sind (Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 98 Rz 22).

Der Bf. führte selbst in dem am geführten Telefonat gegenüber dem Bundesfinanzgericht aus, dass er seine eigentliche Übersetzertätigkeit nicht im Inland, sondern am Wohnort in Ungarn ausübte. Die Voraussetzung, dass seine Einkünfte unmittelbar und schwerpunktmäßig auf eine "im Inland ausgeübte Tätigkeit" zurückzuführen sind, ist somit nicht erfüllt.

Die Gründe für die Inlandsaufenthalte des Bf. stehen mit seinen Einkünften allenfalls in mittelbarem Zusammenhang (siehe Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2010):

Ich bin Mitglied der Verwertungsgesellschaft Verwertungsgesellschaft, von wo ich regelmäßig Einkünfte beziehe. Weiters bin ich Mitglied der österreichischen Interessensvertretung literarischer Übersetzer, der Übersetzergemeinschaft, die ich zu Konsultationen aufsuche. Ich komme nach Wien, um Berufskollegen zu treffen und mich mit ihnen auszutauschen ...

Daher begründen die Inlandsaufenthalte des Bf. keine beschränkte Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 Z 2 TS 1 EStG 1988.

ad "Verwertung im Inland":

a. Einkünfte aus literarischen Übersetzungen:

Eine Verwertung im Inland wäre betreffend die Einkünfte des Bf. aus seinen literarischen Übersetzungen dann anzunehmen, wenn er für inländische Verlage tätig wird (aao., § 98 Tz 23 und 24). Im Beschwerdefall befinden sich jedoch die Verlage, für welche der Bf. tätig ist, nicht im Inland, sondern in der BRD und der Schweiz. Der Tatbestand der "Verwertung im Inland" ist somit nicht erfüllt.

Der Darstellung des Bf. (Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 2010), dass der wirtschaftliche Erfolg seiner Tätigkeit der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt sei, da seine Übersetzungen in österreichischen Buchhandlungen aufliegen, ist entgegenzuhalten, dass die Entscheidung, diese Werke (auch) in Österreich zu vermarkten, nicht dem Bf., sondern den betreffenden Verlagen obliegt. Der wirtschaftliche Erfolg seiner Tätigkeit ist somit mittelbar der inländischen Volkswirtschaft zu dienen bestimmt, sodass auch aus diesem Grund keine Verwertung im Inland iSd. § 98 EStG 1988 vorliegt.

Daher ist betreffend die Einkünfte des Bf. aus der Übersetzertätigkeit keine beschränkte Steuerpflicht nach § 98 EStG 1988 gegeben.

b. Einkünfte aus Lizenzzahlungen der Verwertungsgesellschaft:

Dem Vorbringen des Bf. vor dem Bundesfinanzgericht (Telefonat vom ), dass zumindest aufgrund der von Verwertungsgesellschaft erhaltenen Lizenzzahlungen eine beschränkte Steuerpflicht gegeben sei und der Bf. durch Ausübung der Option zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 eine Ansässigkeit im Inland bewirken könne, ist entgegen zu halten:

Wie aus der dem BFG vorgelegten "Aufschlüsselung der Einnahmen 2008 bis 2010" hervorgeht, erhielt der Bf. - neben Honoraren ausländischer Verlage - tatsächlich, wenn auch in geringem Umfang, Zahlungen der Verwertungsgesellschaft, einer Verwertungsgesellschaft, welche die Entgelte für die Verwertung urheberrechtlicher Nebenrechte für die Rechteinhaber (Autoren, Verleger) einhebt und an diese als Bezugsberechtigte weiterleitet. Nach innerstaatlichem Steuerrecht wäre der Bf. mit diesen Einnahmen in Österreich gemäß § 98 Abs. 1 Z 2 TS 2 ("Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die im Inland verwertet wird") beschränkt steuerpflichtig und könnte unter den in § 1 Abs. 4 EStG 1988 näher beschriebenen Voraussetzungen beantragen, als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden.

Relevant wird die Reichweite des Verwertungstatbestandes allerdings nur in jenen Fällen, in denen kein DBA anwendbar ist, sodass das Besteuerungsrecht durchgesetzt werden kann (vgl. Endfellner, SWI Nr. 3/2003,117). Aufgrund des im Beschwerdefall geltenden DBA Ungarn, BGBl. Nr. 52/1976 ist der Verwertungstatbestand nicht anwendbar:

Artikel 12 des DBA Ungarn lautet:

(1) Lizenzgebühren, die aus einem Vertragstaat stammen und an eine in dem anderen Vertragstaat ansässige Person gezahlt werden, dürfen nur in dem anderen Staat besteuert werden.

(2) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Lizenzgebühren" bedeutet Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder für das Recht auf Benutzung von Urheberrechten an literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, einschließlich kinematographischer Filme und Fernsehfilme, von Patenten, Marken, Mustern oder Modellen, Plänen, geheimen Formeln oder Verfahren oder für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen gezahlt werden.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragstaat ansässige Empfänger der Lizenzgebühren in dem anderen Vertragstaat, aus dem die Lizenzgebühren stammen, eine Betriebstätte hat und die Rechte oder Vermögenswerte, für die die Lizenzgebühren gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehören. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.

(4) …

Artikel 14 des DBA Ungarn lautet:

(1) Einkünfte, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, daß die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Vertragstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt. Verfügt sie über eine solche feste Einrichtung, so dürfen die Einkünfte in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können.

(2) Der Ausdruck "freier Beruf " umfasst insbesondere die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische, unterrichtende oder sportliche Tätigkeit sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Zahnärzte und Steuerberater.

Da keine Ansässigkeit des Bf. in Österreich gegeben ist und der Bf. auch über keine inländische Betriebsstätte für die Ausübung seiner Tätigkeit verfügt, steht Österreich für die vom Bf. erzielten Lizenzeinkünfte (Art. 12 des DBA) und Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art. 14 des DBA) ein Besteuerungsrecht weder in Form der unbeschränkten noch in Form der beschränkten Steuerpflicht zu.

Die nach innerstaatlichem Recht gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 grundsätzlich gegebene Möglichkeit der "Option zur unbeschränkten Steuerpflicht" ist daher nicht anwendbar.

Da eine gemäß § 1 Abs. 4 EStG 1988 beantragte unbeschränkte Steuerpflicht weder an eine inländische Wohnung, einen inländischen gewöhnlichen Aufenthalt, noch ein anderes ähnliches Merkmal anknüpft, könnte sie zudem grundsätzlich gar keine Ansässigkeit iSd. DBA bewirken (Doralt/Kirchmayr/Zorn, EStG, § 1 Tz 59; Hofstätter-Reichel, Einkommensteuer, § 1 Tz 21; Jakom/Marschner, EStG, 2018, § 1 Tz 63).

Im Ergebnis kann der Einwand des Bf. hinsichtlich des Vorliegens des "Verwertungstatbestandes" des § 98 EStG 1988, sei es betreffend eine Verwertung seiner Übersetzungen im Inland, sei es betreffend Lizenzzahlungen der "Verwertungsgesellschaft", keine Ansässigkeit im Inland vermitteln.

Mangels Vorliegens eines inländischen Wohnsitzes oder eines gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland ist somit keine Ansässigkeit in Österreich gegeben. Das Besteuerungsrecht betreffend Einkommensteuer für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2020 steht somit Ungarn als Ansässigkeitsstaat zu.

Der Bescheid betreffend "Nichtveranlagung zur Einkommensteuer 2009 als unbeschränkt steuerpflichtig" und der Einkommensteuerbescheid 2010 waren somit ersatzlos aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen das vorliegende Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision nicht zulässig, da sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil zu der zu lösenden Rechtsfrage des Vorliegens eines Wohnsitzes das Erkenntnis weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, noch eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 4 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Art. 12 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Art. 14 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102028.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at