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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.11.2020, RV/2101256/2018

Die Verwendung einer anderen UID als der des Bestimmungsstaats führt zur Vorschreibung einer Erwerbsteuer, die nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden kann

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/15/0002. Mit Erk. v. hins. Umsatzsteuer 2011 bis 2015 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben; Zurückweisung hins. Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 2011 bis 2015. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/2100556/2022 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterX. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch N & N Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Schubertstraße 68, 8010 Graz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Judenburg Liezen vom betreffend

1. Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 2011-2015 sowie
2. Umsatzsteuer 2011-2015 (Sachscheide) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2012 teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 wird mit einer Gutschrift von (-) 126.278,75 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Außenprüfung kam das Prüfungsorgan der Großbetriebsprüfung in Tz. 3 des Berichtes über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO zu folgendem Ergebnis:

"Im Prüfungs- und Nachschauzeitraum wurden von verschiedenen Lieferanten Rechnungen an die Bf. für Lieferungen im EU-Ausland ohne Angabe der ausländischen UID-Nummer der Bf. bzw. unter Angabe der österreichischen UID-Nummer der Bf. ausgestellt. Teilweise wurden solche Rechnungen auch mit österreichischer USt ausgestellt.
Dieser Sachverhalt wurde der BP im Rahmen einer Selbstanzeige zur Kenntnis gebracht.
Der innergemeinschaftliche Erwerb wird gemäß Art. 3 Abs. 8 UStG in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.
Auch die Verwendung einer österreichischen UID gegenüber einem österreichischen Lieferanten verursacht einen Doppelerwerb, wenn die Ware ins EU-Ausland geht (siehe auch Rz. 3777 UStR).
Die Vorsteuer auf die betreffenden Erwerbe bzw. die Vorsteuer aus der an die Bf. verrechneten österreichischen USt für Lieferungen ins EU-Ausland werden daher von der BP nicht anerkannt.
Dem Antrag auf Offenhaltung der Betriebsprüfung kann nicht entsprochen werden, da die Prüfung bereits am abgeschlossen wurde.
Der im Rahmen einer Selbstanzeige der BP zur Kenntnis gebrachte Sachverhalt war dem Steuerpflichtigen bereits vor Beginn der Betriebsprüfung bekannt. Von Beginn bis Ende der Prüfung lag eine Zeitspanne von 13 Monaten, in der bereits Rechnungskorrekturen veranlasst hätten werden können.
Dem Antrag auf den Verzicht auf die Sanierung der sanierungsfähigen Rechnungen wird nicht entsprochen."

Die Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011-2015 wurden in den angefochtenen Bescheiden wiederaufgenommen und auf den Prüfungsbericht bzw. Niederschrift verwiesen. In diesem wurde auf die entsprechenden Textziffern (Tz.) des Berichts verwiesen, worauf sich die Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens gründet.

1. Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011-2014:

In ihrer Beschwerde behauptet die Bf., der Betriebsprüfungsbericht stelle keine gesetzeskonforme Begründung iSd. § 93 BAO dar, weshalb diese nicht hätten ausgefertigt werden dürfen und infolgedessen die Sachbescheide gesetzwidrig ergangen seien. Anstatt die Wiederaufnahme gesetzeskonform zu begründen und schlüssige und nachvollziehbare Ausführungen zu treffen, erfolgte lediglich ein pauschaler Verweis auf den gesamten Prüfungsbericht und die dazugehörige Niederschrift. Die Finanzbehörde habe sich nicht einmal die Mühe gemacht, auf konkrete Textziffern des Prüfungsberichtes oder der Niederschrift zu verweisen; dies wohl deshalb, da der Betriebsprüfungsbericht und die Niederschrift gar keine Feststellungen im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens beinhalten und demzufolge in den vorgenannten Urkunden keine Wiederaufnahmegründe angeführt seien. Da die neuen Sachbescheide nicht auf die ihnen zugrundeliegenden Wiederaufnahmebescheide hinweisen, sei auch aus der Begründung der Sachbescheide in keiner Weise schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen, warum die Wiederaufnahme der streitgegenständlichen Verfahren erfolgte.
In den gegenständlichen Fällen seien weder die Gründe für die amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren angeführt, dargestellt und detailliert erörtert und auch nicht ausgeführt worden, welche Tatsachen und Beweismittel konkret hervorgekommen sind, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen und einen im Spruch anderslautenden Bescheid als jenen des Erstbescheides herbeiführen könnten. Der alleinige und ausschließliche Hinweis auf einen umfangreichen Betriebsprüfungsbericht entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 303 ff BAO und es sei die Nichtangabe der Wiederaufnahmegründe im Beschwerdeverfahren entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen nicht nachhol- und sanierbar (vgl. Ritz, BAO §§ 93 Tz 16 iVm § 307 Tz 3). Die Tatsache, dass eine Selbstanzeige vor Beginn der Prüfung erstattet wurde und im Rahmen der Selbstanzeige eine Neuberechnung der Abgaben erfolgte, ändere nichts an der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Wiederaufnahmebescheide (). Eine Selbstanzeige sei ausschließlich eine Maßnahme gemäß den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes und wurde ausschließlich zur Wahrung der finanzstrafrechtlichen Interessen der Beschwerdeführerin eingebracht. Diese vermag die Mängel der Wiederaufnahmebescheide nicht zu beheben (vgl. ).

Im Übrigen erhebt sie Sacheinwendungen gegen die Abgabenbescheide, bei deren richtiger Beurteilung eine Wiederaufnahme des Verfahrens unterblieben wäre.

In ihrer Beschwerdevorentscheidung verweist die belangte Behörde eingangs darauf, dass im Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom hinsichtlich der Wiederaufnahme der Umsatzsteuerbescheide auf die Feststellungen Tz. (Textziffer) 3 und 5 verwiesen werde. Die Tz. 3 beruhe auf zwei von der Beschwerdeführerin abgegebenen Selbstanzeigen und drehe sich um ig. Erwerbe aufgrund einer abweichenden UID nach Art. 3 Abs. 8 2.Satz UStG und damit zusammenhängend die Versagung des Vorsteuerabzuges aus Rechnungen über ig. Erwerbe in einem anderen Mitgliedstaat. In der Tz 5 gehe es um eine Korrektur des Vorsteuerabzuges iZm nicht abzugsfähigen Aufwendungen nach § 12 KStG iVm § 20 EStG. In beiden Tz. gehe es um im Rahmen der Außenprüfung neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel. Die Tz. 5 werde in der Beschwerde gegen die neuen Sachbescheide nicht bekämpft.
Auch ein Verweis auf den Betriebsprüfungsbericht (Bericht iSd § 150) und Äußerungen der Prüfungsorgane im Verwaltungsverfahren (in der Begründung einer Rechtsmittelentscheidung) sei zulässig, wenn dieser Bericht den Anforderungen an die Begründung eines Bescheides vollinhaltlich genügt und dort auch alle im Rechtsmittelverfahren vorgetragenen Argumente nachvollziehbar in zusammengefasster Darstellung widerlegt würden (; , 95/13/0282, 0283).
Neben den Gründen der Wiederaufnahme seien in der Begründung auch die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen darzulegen. Eine fehlende Begründung zum Ermessen könne durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz saniert werden. Zweck des § 303 BAO sei es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen, damit ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis erzielt werden könne. Dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) sei dabei der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben (). Im Bericht über die Außenprüfung werde genau ausgeführt, welche Wiederaufnahmegründe (Verweis auf die jeweilige Textziffer) für welche Abgabenart relevant waren. Die "Begründungskette" sei daher geschlossen und für jeden erkennbar, welche neuen Beweismittel bzw. Tatsachen zur Wiederaufnahme geführt hätten. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde stelle der Verweis auf andere Dokumente (Bericht über die Außenprüfung, Niederschrift) nach der ständigen Judikatur keinen Begründungsmangel dar ().
Hinsichtlich der Ermessensübung werde in den Wiederaufnahmebescheiden auf den Vorrang der Rechtsrichtigkeit und den nicht bloß geringfügigen steuerlichen Auswirkungen verwiesen. Diese steuerlichen Auswirkungen werden im Bericht über die Außenprüfung konkret dargestellt und ergeben sich aufgrund der neu hervorgekommenen Tatsachen bei der Umsatzsteuer (Tz 3 und 5) und den aus den erlassenen Bescheiden ersichtlichen Nachforderungen. Nach dem Erkenntnis des , liegt keine Geringfügigkeit bei einer Umsatzsteuernachforderung (für 1988) von ATS 32.224 (ca. € 2.300) und einer Einkommensteuernachforderung (für 1988) von ATS 22.000 (ca. € 1.600) vor. Bei jährlichen Nachforderungen von zumindest € 35.000 könne nicht von geringfügigen Auswirkungen gesprochen werden.

2. Sachbescheide Umsatzsteuer 2011-2015:

In weitwendig erhobenen Beschwerdeausführungen werden von der Bf. vorwiegend verfahrensrechtliche Mängelrügen (Fehlen einer schlüssigen und nachvollziehbaren Begründung) erhoben und fehlerhafte Würdigung des in der vor der Außenprüfung erstatteten Selbstanzeige dargestellten Sachverhaltes vorgeworfen. Die Tatsache, dass eine Selbstanzeige erstattet wurde, entbinde die Behörde jedoch nicht von ihrer Verpflichtung, den Sachverhalt selbständig zu prüfen. Bereits in den Selbstanzeigen verweise die Bf. auf zwei EuGH-Entscheidungen und behauptete, dass die von ihr realisierten Sachverhalte in diesen keine rechtliche Deckung finden würden. Bei richtiger rechtlicher Würdigung hätte sie zum Schluss kommen müssen, dass eine zusätzliche umsatzsteuerliche Belastung der in der Selbstanzeige angeführten Sachverhalte zu unterbleiben hätte.
Wie in den Selbstanzeigen geschildert, habe die Bf. tatsächlich innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt, dabei jedoch nicht ihre jeweilige ausländische UID-Nummer verwendet. Sie habe sowohl die für die Umsatzsteuer (Erwerbsteuer) als auch für die dazugehörigen Vorsteuern (Erwerbsteuer) notwendigen Voraussetzungen erfüllt und daraus die Erwerbsteuer und die dazu gehörigen Vorsteuern berücksichtigt.
Mit Ausnahme des Formalmangels, nämlich, dass auf den Rechnungen nicht die ausländische UID-Nummer der Bf. angeführt war, wurden alle materiell-rechtlichen und formalen Voraussetzungen der Steuerfreiheit der ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferungen erfüllt. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidungen des , Mescek Gabona Kft und vom , Rs. C-280/10, Polski Travertyn. Die vorgenannten EuGH-Entscheidungen stellten fest, dass die ausländische UID-Nummer lediglich ein formales Erfordernis darstelle, welches die Steuerbefreiung nicht in Frage stellen könne, wenn die materiellen Voraussetzungen (tatsächliche innergemeinschaftliche Lieferungen durch Lieferung der Waren in das EU-Ausland) gegeben sind. Dass die Lieferungen in das europäische Ausland tatsächlich stattgefunden haben, habe die Finanzbehörde niemals bestritten, denn es wäre auch nicht möglich, da die Lieferungen in das europäische Ausland tatsächlich erfolgten. Sie habe es verabsäumt darzustellen, warum sie trotz Erfüllung sämtlicher materiellrechtlicher Voraussetzungen zum Schluss komme, dass die Steuerfreiheit nicht gegeben sei.
Unabhängig davon hätte auch die rechtzeitige und gesetzeskonforme Bearbeitung ihrer Anträge, welche in den Selbstanzeigen gestellt wurden, zum selben Ergebnis, nämlich dass steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen vorliegen, geführt. In den Selbstanzeigen wurde beantragt, auf die Rechnungsberichtigung gemäß § 16 UStG 1994 der mit Formalmängeln behafteten Rechnungen (alle Rechnungen sind in den Selbstanzeigen angeführt) zu verzichten.
Im Betriebsprüfungsbericht sei ist nur festgehalten, dass dem Antrag auf den Verzicht auf die Sanierung der sanierungsfähigen Rechnungen nicht entsprochen werde, wobei sich diese Abweisung auf einen Antrag (Selbstanzeige vom und ) beziehe, den die Bf. abermals im Prüfungsverfahren stellte. Er habe lapidar angemerkt, dass die Bf. vom Zeitpunkt der eingebrachten Selbstanzeigen ( und ) bis zum Abschluss der Prüfungshandlungen ausreichend Zeit gehabt hätte, die Rechnungsberichtigungen durchzuführen. Eine fernmündliche Mitteilung vom , dass dem Antrag gemäß § 16 UStG 1994 auf die Rechnungsberichtigungen zu verzichten, nicht entsprochen werde, stelle keine gesetzeskonforme Erledigung der gestellten Anträge vom , und dar. Rechnungsberichtigungen wirken nämlich ex tunc und daher hätte sich die Ausfertigung der beschwerdegegenständlichen Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2015 demzufolge erübrigt (siehe ).

In der Beschwerdevorentscheidung führt die belangte Behörde Folgendes - auszugsweise - aus:
" …
Die Beschwerde befasst sich mit den Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von ig. Lieferungen und mit der Möglichkeit bzw. Notwendigkeit von Rechnungsberichtigungen. Bei den Feststellungen der Außenprüfung geht es allerdings um den Ort des ig. Erwerbes bzw. einem ig. Erwerb aufgrund einer abweichenden UID. Die Beschwerdeführerin liefert nicht, sie erwirbt.
Die zitierten EuGH-Erkenntnisse drehen sich um die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit einer ig. Lieferung und sind daher auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar. Die Steuerfreiheit der Lieferungen an die Beschwerdeführerin wird nicht bestritten.
a) Ort des ig. Erwerbes nach Art. 3 Abs. 8 1.Satz UStG:
Nach Art. 40 MwStSyst-RL gilt als Ort eines ig Erwerbs von Gegenständen der Ort, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befinden. Auf diese Weise wird das Bestimmungslandprinzip verwirklicht.
Gem. Art. 3 Abs. 8 1. Satz UStG wird ein ig. Erwerb im Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Gemeint ist jener Ort, an dem sich der Gegenstand befindet, wenn der mit der ig Lieferung in Zusammenhang stehende Transportvorgang, welcher durch den Lieferer oder Abnehmer selbst durchgeführt oder beauftragt wird, endet. Das ist grundsätzlich an jenem Ort, an dem der Gegenstand verwendet wird. (Tumpel in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. (2015), Art. 3 Rz 66 ff)
Das Ende der Beförderung ist das Ende der Warenbewegung. Das Ende der Versendung liegt dort, wo der Beauftragte den Gegenstand vereinbarungsgemäß hinzubringen hat. Die Beurteilung erfolgt hierbei unabhängig von der Qualifikation im Ausgangsmitgliedstaat. (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), UStG, 5. Aufl. (2017) Art. 3 Rz 33).
b) Ort des ig. Erwerbes nach Art. 3 Abs. 8 2.Satz UStG:
Gem. Art. 41 MwStSyst-RL wird allerdings unbeschadet der Grundregel des Art. 40 MwStSyst-RL der Ort eines ig Erwerbs als im Gebiet des Mitgliedstaats festgelegt, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete MwSt-Identifikationsnummer erteilt hat, sofern der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Erwerb im Einklang mit Art. 40 besteuert worden ist. Sofern der Erwerb gem. Art. 40 im Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung der Gegenstände besteuert wird, nachdem er gem. Abs. 1 besteuert wurde, wird die Steuerbemessungsgrundlage in dem Mitgliedstaat, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete MwSt-Identifikationsnummer erteilt hat, entsprechend gemindert.
Innerstaatlich wurde Art. 41 MwStSyst-RL in Art. 3 Abs. 8 2.Satz UStG umgesetzt. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte UID-Nummer, so gilt der Erwerb gem. Art. 3 Abs. 8 2.Satz UStG solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist.
Solange kein Nachweis geführt wird, dass der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist, gilt der ig. Erwerb unbeschadet des Erwerbsortes im Bestimmungsmitgliedstaat auch im Mitgliedstaat, der die UID erteilt hat, als bewirkt (Doppelerwerb). Richtlinienkonform kann kein Vorsteuerabzug anstelle des Nachweises erfolgen (Tumpel: in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. (2015), Art. 3 Rz 77).
Ziel der allgemeinen Regelung des Art. 40 MwStSyst-RL ist die Sicherung der Besteuerung im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung. Zur Kontrolle der Besteuerung dient der Informationsaustausch mit Hilfe der MwSt-Identifikationsnummer. Durch Art. 41 MwStSyst-RL soll sichergestellt werden, dass in jenen Fällen, in denen eine MwSt-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates als jenem der Beendigung des Versands oder der Beförderung verwendet wurde, nachvollzogen werden kann, wo sich der Gegenstand nach Abschluss des Transports befindet und der Erwerber seiner Erklärungspflicht nachgekommen ist.
Der in Art. 41 MwStSyst-RL vorgesehene Korrekturmechanismus stellt einerseits sicher, dass der ig. Erwerb nicht doppelt besteuert wird, andererseits aber auch, dass die Besteuerung tatsächlich im Bestimmungsmitgliedstaat erfolgt. Zwar könnte der Steuerpflichtige nach dem Wortlaut des Art. 168 lit. c MwStSyst-RL die Entlastung auch dadurch erreichen, indem er in beiden Mitgliedstaaten den Vorsteuerabzug geltend macht, doch würde in einem solchen Fall die praktische Wirkung des Art. 41 MwStSyst-RL beeinträchtigt werden, weil kein Anreiz mehr bestünde, die Besteuerung des fraglichen ig. Erwerbs im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung nachzuweisen ( X und Facet BV/Facet Trading BV, C-536/08 und C-539/08, Rn 44). Der EuGH entschied daher, dass der Steuerpflichtige in dem in Art. 41 MwStSyst-RL genannten Fall nicht zum sofortigen Abzug der auf einen ig. Erwerb entrichteten MwSt als Vorsteuer berechtigt ist (Tumpel in Melhardt/Tumpel, UStG, 2. Aufl. (2015), Art. 3 Rz 68).
Wird der Nachweis der Besteuerung im Staat nach Art. 3 Abs. 8 1. Satz UStG (Ende der Warenbewegung) erbracht, erfolgt die Steuerkorrektur nach den Grundsätzen des § 16 UStG, somit mit ex-nunc Wirkung.
Es ist im vorliegenden Fall unstrittig, dass die Beschwerdeführerin die österreichische UID bei den gegenständlichen Erwerben verwendet hat. Da das Ende der jeweiligen Warenbewegungen in einem anderen Mitgliedstaat (Italien, Tschechien, etc.) liegt, weicht die verwendete UID vom Ort des ig. Erwerbes nach Art. 3 Abs. 8 1.Satz UStG ab und daher wird nach Art. 3 Abs. 8 2.Satz UStG ein zusätzlicher ig. Erwerb in Österreich bewirkt.
Die Divergenz zwischen Ort des ig. Erwerbes nach Art. 3 Abs. 8 1.Satz UStG und der verwendeten UID-Nummer wird in der Beschwerde nicht bestritten bzw. wird in den Selbstanzeigen dezidiert darauf hingewiesen.
c) Versagung des Vorsteuerabzugs aus Rechnungen mit österr. Umsatzsteuer:
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde erfolgte die Versagung des Vorsteuerabzuges nicht wegen formaler Rechnungsmängel. Der Vorsteuerabzug wurde versagt, da österreichische Umsatzsteuer ausgewiesen wurde, obwohl tatsächlich steuerfreie ig. Lieferungen vorgelegen sind. Es entspricht der ständigen und unbestrittenen Judikatur, dass zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden darf (; ).
d) Anträge auf Verzicht der Rechnungsberichtigungen nach § 16 UStG:
Derartige Anträge sind der Finanzverwaltung nicht bekannt und es ergibt sich eine derartige Antragsmöglichkeit auch nicht aus dem Gesetzeswortlaut des § 16 UStG. Außerdem würden Rechnungsberichtigungen im vorliegenden Fall zu keiner geänderten rechtlichen Beurteilung führen, da - wie oben ausgeführt - ein ig. Erwerb nach Art. 3 Abs. 8 2.Satz UStG nur durch den Nachweis der ordnungsgemäßen Meldung und Besteuerung im Staat des ig. Erwerbes nach Art. 3 Abs. 8 1.Satz UStG wegfällt.
Das Ergänzen der ausländischen UID führt niemals zum Vorsteuerabzug in Österreich, da die gegenständlichen ig. Erwerbe nach Art. 3 Abs. 8 1.Satz UStG nicht in Österreich bewirkt wurden (das Ende der Warenbewegung liegt nicht in Österreich).
…"

In ihrem Vorlageantrag und dem ergänzenden Schriftsatz verweist die Bf. ohne auf die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde einzugehen, lediglich auf mögliche verfahrensrechtliche Begründungsmängel und fehlende Ermittlungen. Weitergehende materiell-rechtliche Ausführungen zur umsatzsteuerlichen Würdigung der von der Bf. gesetzten Sachverhalte finden sich dabei nicht.
Mit Eingabe vom wurde auf die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch einen Senat verzichtet.
In einer Beschwerdeergänzung vom verweist die Bf. im Zusammenhang mit den angefochtenen Sachbescheiden auf die Berücksichtigung der Judikatur des , "Hans Bühler", welche bestätige, dass die Anwendung der Dreiecksgeschäftsregelung auch dann erfüllt sei, wenn der Steuerpflichtige in dem Mitgliedstaat, von dem aus die Gegenstände versandt oder befördert werden, ansässig und für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, aber für den konkreten innergemeinschaftlichen Erwerb die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer eines anderen Mitgliedstaates verwendet. Des Weiteren verweist sie auf drei näher angeführte Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts (RV/2100784/2018, RV/2101113/2016 und RV/2101154/2017).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2011-2015:

Anzuwendende Gesetzesbestimmungen:
Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

§ 307. (1) Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.

Die Verfügungen der Wiederaufnahmen stützen sich auf die im Rahmen der Außenprüfung abgegebenen Selbstanzeigen. Außerdem wurden in der Rz. 5 Vorsteuern aus nicht offengelegten Repräsentationsausgaben gekürzt. Die gegen die Wiederaufnahme weitwendig vorgetragenen Beschwerdeausführungen und der Kritik am zugesandten Außenprüfungsbericht, auf den die angefochtenen Bescheide verweisen, kommt insgesamt keine Berechtigung zu, zumal in Bescheiden auf den an die Bf. zugesandten Schriftstücken verwiesen werden kann. Auch die allgemein gehaltenen Ausführungen, wonach der angefochtene Bescheid nicht den Bestimmungen des § 93 BAO entspreche, weil er weder schlüssig noch nachvollziehbar erscheine, treffen gegenständlich nicht den Kern der Sache.

§ 93 BAO lautet wie folgt:
"(1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.
(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten
a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).
(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.
(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.
(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde."

[BGBl 1961/194]

Der angefochtene Bescheid enthält alle oben ausgeführten gesetzlich vorgesehenen Bestandteile. Abgesehen davon liegt auch eine zusammenhängende Darstellung der Prüfungsfeststellungen vor. Die Bf. moniert in diesem Zusammenhang vorwiegend die kurze und etwas formelhafte Begründung des von der Abgabenbehörde geübten Ermessens. Auf Seite 13 verweist der Bericht über die Außenprüfung auf Folgendes:
"Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO:
Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO erforderlich machen. Umsatzsteuer 2011-2014, Tz. 3, 5. Die Wiederaufnahme erfolgte unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Im vorliegenden Fall können die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen."

Es ist richtig, dass die Ermessensübung auch zu begründen ist, was vor allem die Übung positiven Ermessens betrifft. Es ist in der Entscheidung darzutun, aus welchen Gründen bei der vorzunehmenden Interessensabwägung den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit gegenüber jenen der Billigkeit der Vorrang eingeräumt wurde (vgl. Ritz, BAO6, § 303, Rz. 64). Im Normalfall reicht die standardisierte Begründung der Finanzämter ("Rechtsrichtigkeit vor Rechtsbeständigkeit") aus, sofern nicht besondere Umstände wie z.B. das Missverhältnis der Auswirkungen eine eingehendere Begründung erforderlich machen (vgl. Setina, SWK 2/2004, S 54). Unmittelbar verweist der angefochtene Bescheid auf die entsprechenden Prüfungsfeststellungen und deren steuerliche Auswirkungen. Daher kann auf Grund der erlassenen geänderten Abgabenscheide unschwer auf die Höhe der Abgabennachforderung (steuerliche Auswirkungen) geschlossen werden, die als nicht geringfügig betrachtet werden kann. Im Übrigen hat die belangte Behörde auf diese Umstände der Ermessensübung im Rahmen der erlassenen Beschwerdevorentscheidung ausführlich darauf hingewiesen, wie sie das Ermessen geübt hat. Die Bf. hat durch ihre weitwendigen Ausführungen im Vorlageantrag und ihrer Replik zum Vorlagebericht der belangten Behörde dem, außer der Wiedergabe allgemein gültiger Rechtsmeinungen nichts Entscheidendes entgegengesetzt. Ebenso konnte diesen Darlegungen nicht entnommen werden, auf welche Weise der Sachverhalt auf Grund der in der Selbstanzeige beigeschlossenen Rechnungen anders ermittelt hätte werden sollen. Aus welchen Gründen sich die Bf. entschlossenen hat, letztendlich eine Selbstanzeige einzubringen, ist gegenständlich nicht entscheidungswesentlich. Abgesehen davon ist der Abgabepflichtige, wenn er nachträglich vor dem Ablauf der Verjährungsfrist erkennt, dass er in seiner Abgabenerklärung oder in einem sonstigen Anbringen der ihm gemäß § 119 BAO obliegenden Pflicht nicht oder nicht voll entsprochen hat und dass dies zu einer Verkürzung von Abgaben führen könnte, gemäß § 139 BAO verpflichtet, hierüber unverzüglich der zuständigen Abgabenbehörde Anzeige zu erstatten.

Den punktuellen Einzelfeststellungen der im Außenprüfungsbericht dargestellten Geschäftsfälle und auch der Beschwerdevorentscheidung tritt die Bf. nicht detailliert, sondern mit eher allgemein gehaltenen auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht unmittelbar anwendbaren materiell-rechtlichen Ausführungen entgegen. Entgegen der Ansicht der Bf. teilt das Bundesfinanzgericht die Rechtsmeinung der belangten Behörde, dass einer überreichten Selbstanzeige samt den dazugehörigen Rechnungen sehr wohl Gründe darstellen, die zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens führen können. Diese Beweismittel sind als neu hervorgekommene Tatsachen abgabenrechtlich zu würdigen. Dass diese Würdigung nicht immer der Würdigung durch die Bf. entspricht, liegt in der Natur der Sache unterschiedlicher Standpunkte. Im Übrigen listet der Außenprüfungsbericht, der als Begründung des angefochtenen Bescheides gewertet werden kann, die einzelnen Geschäftsfälle auf, die der Behörde bisher nicht bekannt waren. Die maßgeblich neuen Tatsachen sind im Sinne der Judikatur des VwGH entsprechend dargestellt worden (e contrario: , wo Bericht und Niederschrift nicht erkennen ließ, welche Tatsachen durch die Selbstanzeige neu hervorgekommen wären oder welche Ausgaben oder Vorsteuern die Prüferin deshalb nicht anerkannt hätte.) Hinsichtlich der materiell-rechtlichen Prüfung, wonach von einem im Spruch anders lautenden Bescheid zu gelangen ist, wird auf Punkt II des Erkenntnisses verwiesen.

2. Umsatzsteuerbescheide 2011-2015

Im Rahmen der Auswertung der überreichten Selbstanzeigen und der vorgelegten Rechnungen ist von folgenden Sachverhaltsfallgestaltungen der Bf. auszugehen, die auf einer Beilage zum BP-Bericht bzw. der Beschwerdevorentscheidung ersichtlich gemacht wurden. Die einzelnen Geschäftsfälle werden der Übersichtlichkeit halber in fünf unterschiedliche Fallgestaltungen aufgeteilt. Den Sachverhaltsfeststellungen setzte die Bf. nur eher allgemein gehaltene Einwendungen entgegen. Warum der in der nachträglichen Offenlegung durch die Bf. (Selbstanzeigen) maßgebliche Sachverhalt von der belangten Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht unrichtig gewürdigt wurden, erschließt sich auch aus den weitwendig vorgetragenen Bemängelungen des abgabenrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht, zumal sie nicht aufzuzeigen vermag, wie die belangten Behörde den Sachverhalt anders zu ermitteln hätte, zumal nicht angenommen werden kann, die Bf. hätte materiell unrichtige Rechnungen und Beweismittel ihren Selbstanzeigen zugrunde gelegt, die nicht den wahren Aufschluss über die abgeschlossenen Umsatzgeschäfte zu geben vermögen.
Abgesehen davon unterliegt die Bf. bei ihrer Sachverhaltsbeurteilung einem wesentlichen Rechtsirrtum, indem sie beispielsweise ausführt (ausgeführte Beschwerde vom , S. 8, Absatz 4): "Die Bf. hat - wie in den Selbstanzeigen ausführlich geschildert - tatsächlich innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt, dabei jedoch nicht ihre jeweilig ausländische UID-Nummer verwendet. Allerdings hat die Bf. die sowohl für die Umsatzsteuer (Erwerbsteuer) als auch die dazugehörigen Vorsteuern (Erwerbsteuer) notwendigen Voraussetzungen erfüllt und daraus folgend, die Erwerbsteuer und die dazugehörige Vorsteuer in den Erklärungen berücksichtigt." Die Bf. hat in den streitgegenständlichen Geschäftsfällen überhaupt keine innergemeinschaftlichen Lieferungen ausgeführt, sondern ausschließlich "Importgeschäftsfälle" (Erwerbe i.w.S.) getätigt. Die Gleichsetzung jedweder Verwendung der inländischen UID-Nummer für einen innergemeinschaftlichen Erwerb mit einer daraus resultierenden abzugsfähigen Vorsteuer stellt eine grobe Vereinfachung der Binnenmarktregelungen dar, die weder mit den gesetzlichen Vorschriften noch mit der Judikatur des EuGH ( X und Facet BV/Facet Trading BV, C-536/08 und C-539/08, Rn 44) in Übereinstimmung zu bringen ist.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit der Entscheidung wird der Sachverhalt der sich daran anschließenden rechtlichen Würdigung kurz vorangestellt.

1.) Fall 1:

Ein deutscher Unternehmer liefert Waren an die unter ihrer österreichischen UID-Nummer auftretende Bf. mit Bestimmungsland im EU-Ausland. Die Bf. machte hiervon aus der vorgenommenen Erwerbsbesteuerung gleichzeitig den Vorsteuerabzug aus der entsprechenden Erwerbsteuer geltend.
Es waren dies die Geschäftsfälle (GF) (lt. Tabelle): 1-3, 5-8/2011; 1, 2, 8-9, 11/2012; 1, 7/2013; 1, 7/2014 und 1-2, 8-10/2015.
Im Jahr 2012 waren die GF 8 und 9/2012 von der Fallgruppe 2 auf die Fallgruppe 1 zu verschieben.

Rechtliche Würdigung: Es findet grundsätzlich ein ig Erwerb im EU-Ausland statt, da die Ware in den anderen Mitgliedstaat gelangt (Art. 3 Abs. 8 Satz 1 UStG 1994). Da die Bf. jedoch die inländische (österreichische UID) verwendet hat, findet gleichzeitig ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich kraft UID-Verwendung statt (Art. 3 Abs. 8 Satz 2 UStG). Daher fällt sowohl ausländische (EU-) als auch österreichische Erwerbsteuer an. Die inländische Erwerbsteuer ist nicht als Vorsteuer abzugsfähig, da es sich nur um einen fiktiven ig Erwerb gehandelt hat.

2.) Fall 2:

Ein österreichischer Unternehmer liefert Waren an die unter ihrer österreichischen UID-Nummer auftretende Bf. mit Bestimmungsland im EU-Ausland. Die Bf. nahm aus der Rechnung des österreichischen Unternehmers einen Vorsteuerabzug vor. Ein ig. Erwerb kraft UID-Nummer wurde nicht erklärt.
Es waren dies die Geschäftsfälle (lt. Tabelle): 9-23/2011; 3-7/2012; 2-6 und 8/2013; 2-6 und 8-9/2014 und 3, 5-7 und 11 /2015
Im Jahr 2012 waren die GF 8 und 9/2012 von der Fallgruppe 2 auf die Fallgruppe 1 zu verschieben.

Rechtliche Würdigung: Es findet grundsätzlich ein ig Erwerb im EU-Ausland statt, da die Ware in den anderen Mitgliedstaat gelangt (Art. 3 Abs. 8 Satz 1 UStG 1994). Da die Bf. jedoch die inländische (österreichische UID) verwendet hat, findet gleichzeitig ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich kraft UID-Verwendung statt (Art. 3 Abs. 8 Satz 2 UStG). Daher fällt sowohl ausländische (EU-) als auch österreichische Erwerbsteuer an. Die inländische Erwerbsteuer ist nicht als Vorsteuer abzugsfähig, da es sich nur um einen fiktiven ig Erwerb gehandelt hat. Da es sich beim österreichischen Lieferer um einen steuerfreien innergemeinschaftlichen Umsatz handelt, ist die österreichische Umsatzsteuer auf der Rechnung zu Unrecht ausgewiesen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

3.) Fall 3:

Ein österreichischer Unternehmer liefert Waren an die unter ihrer österreichischen UID-Nummer auftretende Bf. mit Bestimmungsland im Drittland. Die Bf. nahm aus der Rechnung des österreichischen Unternehmers einen Vorsteuerabzug vor.
Es war dies der Geschäftsfall (lt. Tabelle) 4/2015.

Rechtliche Würdigung: Es findet kein ig Erwerb statt, da die Ware ins Drittland gelangt. Die Verwendung der UID-Nummer hat diesbezüglich keine Auswirkung. Da es sich beim österreichischen Lieferer um einen steuerfreien Umsatz ins Drittland handelt, ist die österreichische Umsatzsteuer auf der Rechnung zu Unrecht ausgewiesen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

4.) Fall 4:

Ein österreichischer Unternehmer liefert Waren an die unter Verwendung der falschen CZ-UID auftretenden Bf. im Bestimmungsland CZ. Die Bf. erklärte ig. Erwerbe und nahm den Vorsteuerabzug aus der Erwerbsteuer vor.
Es war dies der Geschäftsfall (lt. Tabelle) 10/2012.

Rechtliche Würdigung: Es findet grundsätzlich ein ig Erwerb im EU-Ausland statt, da die Ware in den anderen Mitgliedstaat gelangt (Art. 3 Abs. 8 Satz 1 UStG 1994). Da die Bf. jedoch keine inländische (österreichische UID) verwendet hat, findet auch kein innergemeinschaftlicher Erwerb in Österreich statt. Daher fällt keine österreichische Erwerbsteuer an. Es kann auch kein Vorsteuerabzug aus einer österreichischen Erwerbsteuer vorgenommen werden. Daher ist die unrichtig vorgenommene Erwerbsteuer als auch der Vorsteuerabzug aus dieser Erwerbsteuer rückgängig zu machen.

5.) Fall 5:

"sonstige Fälle" (kein Vorsteuerabzug), keine Verwendung der bf. UID-Nummer.
Es waren dies die folgenden Geschäftsfälle (GF. lt. Tabelle):
GF. 24/11: Ein österreichischer Unternehmer liefert von Österreich nach Italien.
GF. 25/11: Ein österreichischer Unternehmer liefert von Österreich in die Slowakei.

Rechtliche Beurteilung: Beide österreichischen Unternehmer liefern innergemeinschaftlich (steuerfrei) ins EU- Ausland. Daher ist die inländische Umsatzsteuer auf der Rechnung zu Unrecht ausgewiesen und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

GF. 26/11: Ein österreichischer Unternehmer erbringt eine Bauleistung nach § 19 UStG 1994.

Rechtliche Beurteilung: Bei Bauleistungen i.S.d. § 19 UStG 1994 darf keine Umsatzsteuer (§ 11 Abs. 1a UStG) ausgewiesen werden. Ein Vorsteuerabzug ist nicht zulässig.

GF. 27/11: Ein österreichischer Unternehmer erbringt eine sonstige Leistung an einen Dienstnehmer der Bf.

Rechtliche Beurteilung: Die Bf. ist nicht Leistungsempfänger und daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

GF 7a/13: Ein deutscher Unternehmer liefert an die Bf. in Deutschland und behandelt diese Lieferung als innergemeinschaftliche Lieferung. Die Bf. erklärt ig. Erwerbe und macht Vorsteuern aus dem ig. Erwerb geltend.

Rechtliche Beurteilung: Da die Ware nicht von einem Mitgliedstaat in den anderen gelangt, sondern in diesem verbleibt, liegt ein reiner Binnensachverhalt in Deutschland vor. Die vorgenommene Erwerbsbesteuerung und der Vorsteuerabzug aus dem "innergemeinschaftlichen Erwerb" ist wieder rückgängig zu machen.

Rechtsquellen:

UStG 1994

§ 11. (1)
1.
Führt der Unternehmer Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 aus, ist er berechtigt, Rechnungen auszustellen. Führt er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, aus, ist er verpflichtet, Rechnungen auszustellen. Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung oder Werkleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen Nichtunternehmer aus, ist er verpflichtet eine Rechnung auszustellen. Der Unternehmer hat seiner Verpflichtung zur Rechnungsausstellung innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung des Umsatzes nachzukommen.
2. Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung besteht auch, wenn
der leistende Unternehmer sein Unternehmen vom Inland aus betreibt oder sich die Betriebsstätte, von der aus die Leistung erbracht wird, im Inland befindet,
- der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die Lieferung oder sonstige Leistung für sein Unternehmen bezieht oder eine juristische Person ist, die nicht Unternehmer ist,
- die Steuerschuld für die im anderen Mitgliedstaat ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung auf den Leistungsempfänger übergeht und
- der leistende Unternehmer in diesem Mitgliedstaat weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hat.
Dies gilt nicht, wenn mittels Gutschrift abgerechnet wird.
Der Unternehmer hat seiner Verpflichtung zur Rechnungsausstellung für im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführte sonstige Leistungen, für die der Leistungsempfänger entsprechend Art. 196 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 347 vom S. 1, die Steuer schuldet, spätestens am fünfzehnten Tag des Kalendermonates, der auf den Kalendermonat folgt, in dem die sonstige Leistung ausgeführt worden ist, nachzukommen.
Die Verpflichtung zur Rechnungsausstellung besteht auch, wenn der leistende Unternehmer sein Unternehmen vom Inland aus betreibt oder sich die Betriebsstätte, von der aus die Leistung erbracht wird, im Inland befindet und die Lieferung oder sonstige Leistung im Drittlandsgebiet an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, soweit sie nicht Unternehmer ist, ausgeführt wird.
3. Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten:

(1a) Führt der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen aus, für die der Leistungsempfänger nach § 19 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 1c, Abs. 1d oder Abs. 1e die Steuer schuldet, hat er in den Rechnungen die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers anzugeben und auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers hinzuweisen. Die Vorschrift über den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung ist nicht anzuwenden.
Dies gilt auch, wenn der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausführt, für die eine Verpflichtung zur Rechnungsausstellung nach Abs. 1 besteht.

Vorsteuerabzug
§ 12. (1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
1. a) Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Findet keine Überrechnung gemäß § 215 Abs. 4 BAO in Höhe der gesamten auf die Lieferung oder sonstige Leistung entfallenden Umsatzsteuer auf das Abgabenkonto des Leistungsbringers statt, ist bei einem Unternehmer, der seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (§ 17) besteuert, zusätzliche Voraussetzung, dass die Zahlung geleistet worden ist. Dies gilt nicht bei Unternehmen im Sinne des § 17 Abs. 1 zweiter Satz oder wenn die Umsätze des Unternehmers nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im vorangegangenen Veranlagungszeitraum 2 000 000 Euro übersteigen. Bei der Berechnung dieser Grenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz.
b) Soweit in den Fällen der lit. a der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung der Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist.
2. a) die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind,
b) in den Fällen des § 26 Abs. 3 Z 2 die geschuldete und auf dem Abgabenkonto verbuchte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind;
3. die gemäß § 19 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 1c, Abs. 1d und Abs. 1e geschuldeten Beträge für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

§ 19 (1a) Bei Bauleistungen wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet, wenn der Empfänger Unternehmer ist, der seinerseits mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist. Der Leistungsempfänger hat auf den Umstand, dass er mit der Erbringung der Bauleistungen beauftragt ist, hinzuweisen. Erfolgt dies zu Unrecht, so schuldet auch der Leistungsempfänger die auf den Umsatz entfallende Steuer.

Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 - BMR

Der innergemeinschaftliche Erwerb wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, so gilt der Erwerb solange in dem Gebiet dieses Mitgliedstaates als bewirkt, bis der Erwerber nachweist, daß der Erwerb durch den im ersten Satz bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Im Falle des Nachweises gilt § 16 sinngemäß.

Vorsteuerabzug

Art. 12. (1) Der Unternehmer kann neben den in § 12 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Vorsteuerbeträgen folgende Beträge abziehen:
1. Die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen. Das gilt nicht für die sich auf Grund des Abs. 4 ergebende Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb;
2. die gemäß Art. 25 Abs. 5 geschuldeten Beträge für Lieferungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind;"

Der überwiegende Teil der abgabenrechtlichen Feststellungen (Pkt. 1 und 2) rührt aus der völligen Verkennung des Binnenmarktes durch die Bf. Sie verwendet die inländische UID für vermeintlich innergemeinschaftliche Erwerbe, obwohl die Waren vom Inland oder einem anderen Mitgliedstaat ins EU-Ausland gelangten und der dortigen Erwerbsbesteuerung unterlagen. In tatsächlicher Hinsicht hat im Inland kein (echter) innergemeinschaftlicher Erwerb stattgefunden, sondern lediglich ein fiktiver nach Art. 3 Abs. 8 Satz 2 UStG 1994.

Der Zweck dieser Bestimmung liegt darin, die Besteuerung des Erwerbs wenigstens in einem Mitgliedstaat sicherzustellen. Da der Lieferer in seiner zusammenfassenden Meldung die UID jedes Erwerbers, die diesem in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der die innergemeinschaftlichen Lieferungen an ihn ausgeführt worden sind, anzugeben hat und diese Informationen in den Mitgliedstaat gelangen, der die UID erteilt hat, ist die grundsätzliche Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat gewährleistet. Auf Grund der Verwendung der inländischen UID durch die Bf. bei innergemeinschaftlichen Erwerben in anderen EU-Mitgliedstaaten ist die Überwachung der do. Erwerbsbesteuerung nicht sichergestellt. Die Funktionsfähigkeit des Mehrwertsteueraustauschsystems beruht im Wesentlichen auf der Verwendung der richtigen d.h. im Mitgliedstaat des tatsächlichen Erwerbs vorhandenen Umsatzsteuersteueridentifikationsnummern. Sollten andere Umsatzsteuer-Identifikationsnummern verwendet werden, greift eine Art "Sicherungsbesteuerung".

Auf die im beschwerdeergänzenden Schriftsatz vom erwähnte Judikatur des , Hans Bühler und die sich daran orientierenden Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts war insofern nicht näher einzugehen, dass die sachverhaltsgegenständlichen strittigen Geschäftsfälle keine sogenannten "Dreiecksgeschäfte" iSd. Art. 25 UStG 1994-BMR, sondern schlichte innergemeinschaftliche Erwerbe unter Verwendung einer anderen Umsatzsteueridentifikationsnummer als die des Staates, indem die innergemeinschaftliche Beförderung endet (Empfangsstaat), waren.

Die österreichische Finanzverwaltung (BMF 010219/0105-VI/4/2016 vom ) geht im Fall eines "verunglückten Dreiecksgeschäftes" zwar davon aus, dass sich der Ersterwerber nicht im Bestimmungsland registrieren lassen muss, wenn er nachweist, dass der Erwerb im Bestimmungsland besteuert wurde. In diesem Fall fällt auch der Doppelerwerb weg. Auf die hier strittigen dualen Rechtsgeschäfte kann dies keine Anwendung finden, da eine Korrektur fiktiver Erwerbe nur durch den Nachweis der Besteuerung im Staat des tatsächlichen Erwerbes stattfinden kann (Art. 3 Abs. 8 letzter Satz UStG 1994). Nach der Verwaltungspraxis gilt Art. 3 Abs. 8 Satz 2 auch dann, wenn der Erwerber die UID des Ausgangsmitgliedstaates der Warenbewegung bekannt gibt (UStR Rz 3777). Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen findet im Falle eines Nachweises eine entsprechende Berichtigung nach § 16 UStG 1994 (ex nunc) statt. Daher kommt den wiederholt im Prüfungsverfahren gestellten Anträgen auf "Offenhaltung des Prüfungsverfahrens" oder Entscheidungen über die dort gestellten Anträge keine weitere Bedeutung zu, weil solche Anträge im Materiengesetz (UStG 1994) nicht vorgesehen sind. Abgesehen davon wurden die von der Bf. gestellten Anträge mittelbar durch Erlassung der entsprechenden Sachbescheide einer Erledigung zugeführt. Eine Erwerbsbesteuerung kraft Verwendung der UID-Nummer kann nachträglich nicht durch bloß ergänzte (berichtigte) Rechnungen, sondern nur durch den Nachweis vorgenommener tatsächlicher Erwerbsbesteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat nachgewiesen werden. Daher erweisen sich die bf. Anträge als völlig untaugliche Versuche, diese Rechtsfolgen zu beseitigen. Im Übrigen wären diese Berichtigungen nicht in den beschwerdegegenständlichen, sondern erst in den Zeiträumen der Berichtigungen durchzuführen, weshalb sich darob weitere Ausführungen erübrigen.

3. Zulässigkeit einer Revision:

Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da keine gesicherte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob Art. 3 Abs. 8 UStG 1994 ob bei Verwendung einer österreichischen UID im Abgangsstaat die Vorschreibung einer Erwerbsteuer auslöst bis der tatsächliche Erwerb im Bestimmungsstaat nachweislich besteuert/erklärt wurde, wie es die derzeitige Verwaltungspraxis annimmt, ist die (ordentliche) Revision zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 303 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 3 Abs. 8 Satz 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 3 Abs. 8 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101256.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at