Eigenanspruch auf Familienbeihilfe einer Studentin mit nichtselbständigen Einkünften
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Betreffend den Zeitraum Jänner bis Oktober 2019 wird der angefochtene Abweisungsbescheid aufgehoben.
Hinsichtlich der Höhe der zu gewährenden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge wird auf die Berechnungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.
Betreffend die übrigen Zeiträume (Oktober 2015 bis Dezember 2018 und ab November 2019) wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Familienbeihilfe für sie selbst (Eigenantrag) für den Zeitraum ab Oktober 2015 ab, und zwar mit folgender Begründung:
Gemäß § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat und können somit für sich selbst Familienbeihilfe beziehen.
Lebt ein Kind im Haushalt der Eltern (eines Elternteiles) oder finanzieren die Eltern überwiegend die Unterhaltskosten, haben die Eltern (hat der Elternteil) gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) vorrangig Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gegen diesen Abweisungsbescheid wurde Beschwerde erhoben wie folgt:
Der angefochtene Bescheid leidet an Rechtswidrigkeit des Inhalts. Ich erachte mich in meinem Recht auf Erteilung der Familienbeihilfe verletzt zu sein.
Sachverhalt:
Tatsächlich befinde ich mich rechtmäßig in Österreich seit Mai 2015 und seit Oktober 2015 bin ich ordentliche Studentin an der Wirtschaftsuniversität Wien. Ich arbeite in Österreich seit meinem Studienbeginn, um damit mein Studium, sowie meinen Lebensunterhalt selbst zu finanzieren. Daneben habe ich nie finanzielle Hilfe aus meinem Heimatstaat bezogen, was auch durch Antwort auf Ersuchen zur Ergänzung mit Übersetzung bestätigt wurde. Außerdem befinde ich mich in einer Beziehung. Mit meinem Lebensgefährten, der ebenfalls hier in Wien studiert hat und nunmehr arbeitet, wohne ich seit zwei Jahren in demselben Haushalt.
Ich habe am einen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt. Mit Schreiben vom wurde ich zum Ergänzungsantrag ersucht und zur Stellungnahme aufgefordert. In dem Ersuchen musste ich den Nachweis geben, dass kein bzw für welchen Zeitraum den Anspruch auf Familienbeihilfe gleichzusetzenden ausländische Beihilfe bestand, worauf ich mit den übersetzten amtlichen Informationen, dass eine Kooperation zwischen Finanzbehörden besteht, bestätigt und dass ich bis jetzt keine Hilfe beansprucht habe. Dann musste ich auch Einkommen und Aufstellung meiner monatlichen Einnahmen, Ausgaben und Mietvertrag nachweisen, was in gleicher Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung erfolgt. Zusätzlich musste ich auf die Frage antworten, wer überwiegend für meinen Unterhalt aufkommt. Das habe ich sogar in zwei Beantwortungen des Ergänzungsersuchens bewiesen.
Mit Schreiben vom forderte FA wieder meine ehemalige Adresse in Kroatien sowie, noch einmal, Name, Geburtsdatum, Wohnadresse und Arbeitsstätte meiner Eltern, was alles wieder nachgewiesen wurde.
In weiterer Folge erließ die Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid.
Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit der Beschwerde
Ich bin gem § 246 BAO zur Erhebung der Beschwerde legitimiert, da die angefochtene Entscheidung in meinem in der Beschwerde näher bezeichneten einfachgesetzlich sowie verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt.
Der angefochtene Bescheid wurde mir am zugestellt. Gemäß § 245 BAO ist die Frist zur Erhebung der Beschwerde vier Wochen ab Zustellung des Bescheides. Die Beschwerde ist daher fristgerecht im Sinne des BAO erhoben.
Beschwerdegründe:
Der angefochtene Bescheid beruht auf folgenden Rechtsgrundlagen:
§ 6 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz, § 2 Abs 2 FLAG und § 53 FLAG. Bei rechtsrichtiger Auslegung der obengenannten Bestimmungen wäre die Familienbeihilfe zu erteilen gewesen. Der angefochtene Beschied leidet an Rechtswidrigkeit des Inhalts. Weiters leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften und wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Dazu wird im Einzelnen ausgeführt wie folgt:
Rechtswidrigkeit des Inhalts
Der Bescheid leidet an Rechtswidrigkeit des Inhalts.
Das Finanzamt stellt in seinem Bescheid fest, dass ich nicht die notwendigen Voraussetzungen für die Erteilung der Familienbeihilfe gem Familienlastenausgleichsgesetz erfülle. Aus der Begründung des Bescheides ist nicht deutlich hingewiesen, aus welchem Grund die Voraussetzungen für Erteilung des Antrags auf Familienbeihilfe erfüllt sind.
Begründung:
Gemäß § 6 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat und können somit für sich selbst Familienbeihilfe beziehen.
Lebt ein Kind im Haushalt der Eltern (eines Elternteiles) oder finanzieren die Eltern überwiegend die Unterhaltskosten, haben die Eltern (hat der Elternteil) gemäß § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) vorrangig Anspruch auf Familienbeihilfe.
Aus dem Bescheid ist nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund der Antrag auf Familienbeihilfe abgewiesen wurde und ob sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Anders als die Behörde offensichtlich meint, bin ich doch anspruchslegitimiert, da ich nicht im Haushalt der Eltern lebe und mich überwiegend finanziere.
Gem § 53 Abs 1 Satz 1 FLAG: Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gelichgestellt.
Ich bin kroatische Staatsbürgerin und daher sind alle Bestimmungen über Staatsbürger im Sinne dieses Gesetztes auf mich gleich anzuwenden.
§ 6 Abs 5 FLAG
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.
Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht hingegen dann, wenn der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist.
Das ist hier offensichtlich nicht der Fall.
Nach den Erläuterungen zum Initiativantrag (386/A 26. GP) sollte durch die Novellierung sichergestellt werden, dass ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe auch dann gegeben ist, wenn das Kind selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches (zB Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beiträgt. Gleiches gilt, sofern die Eltern zwar nicht überwiegend, jedoch zumindest teilweise regelmäßig zum Unterhalt ihres Kindes beitragen.
Diese Tatbestandsvoraussetzung führt zu einer rechtlich unklaren Situation, wenn jeder der beiden Elternteile zwar weniger als die Hälfte zum Kindesunterhalt beiträgt (damit nicht überwiegend iSd § 2 Abs 2 zweiter Satz FLAG), insgesamt aber die 50 %-Grenze überschritten wird.
Ich bin aus den angeführten Gründen und aus einer Gesamtabwägung somit von meinem Ursprungsstaat persönlich und wirtschaftlich völlig unabhängig und der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen befindet sich auf jeden Fall in Österreich. Dass ich mich in Österreich aufhalte und Wien als primären und einzigen Wohnsitz betrachte, beweist nicht nur meine Absicht, hier dauernd zu bleiben, sondern auch die Tatsache, dass ich durch mein Studium und die Jobaussichten an Wien gebunden bin.
In den Stellungnahmen und in meinen Antworten dem Finanzamt von und habe ich auch gegeben, dass ich mich selbst meistens finanziert habe und alles bezüglich meiner Finanzierungsquelle erleuchtet. Lohnzettel habe ich als Beweis gegeben und im Vergleich was ich von meinem Vater erhalten habe, wägt viel mehr als 50% der Grenze. Diese Bestimmung entspricht völlig meiner derzeitigen Lebenssituation. Ich befinde mich nach wie vor rechtmäßig in Österreich, wo ich seit meinem Studienbeginn gearbeitet habe, um damit ein Studium, sowie meinen Lebensunterhalt selbst finanziere.
Sohin ist der bekämpfte Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet und ist aufzuheben.
Alle angeführten Argumente kann ich, falls nötig, nochmals beweisen und bestätigen.
Mit Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde mit nachstehender Begründung als unbegründet abgewiesen:
Gemäß § 3 (1) Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Für ausländische Studierende / Schüler in Österreich mit einer Aufenthaltsbewilligung Ausbildung gemäß § 9 NAG besteht trotz rechtmäßigem Aufenthalt kein österreichischer Familienbeihilfenanspruch, da sich diese Personen nur für Ausbildungszwecke in Österreich aufhalten.
Vom Finanzamt wird weiterhin ein beschränkter Aufenthalt angenommen, der allein zu Studienzwecken dient, da in erster Linie die für die Erteilung der Aufenthaltstitel zuständige Behörde über den jeweiligen Titel der Aufenthaltsbewilligung zu entscheiden hat.
Der Vorlageantrag wurde mit im Wesentlichen inhaltlich gleicher Begründung wie die Beschwerde eingebracht; hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung führte die Bf. ergänzend aus:
In der Beschwerdevorentscheidung vom folgt die angelegte Behörde nicht die ursprüngliche Begründung konsequenterweise. Vielmehr stellt die angelegte Behörde fest, dass ich als ausländische Studentin für Ausbildungszwecke in Österreich aufhalte.
Ich zitiere schriftliche Begründung der Beschwerdevorentscheidung:
"Gemäß § 3 (1) Familienauslastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). BGBl. I Nr. 100/2005 oder nach § 54 des Asylgesetz 2005 (AsyIG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I. Nr. 87/2012 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Für ausländische Studierende / Schüler in Österreich mit einer Aufenthaltsbewilligung Ausbildung gemäß § 9 NAG besteht trotz rechtmäßigem Aufenthalt kein österreichischer Familienbeihilfeanspruch, da sich diese Personen nur für Ausbildungszwecke in Österreich aufhalten.
Vom Finanzamt wird weiterhin ein beschränkter Aufenthalt angenommen, der allein zu Studienzwecken dient, da in erster Linie die für die Erteilung der Aufenthaltstitel zuständige Behörde über den jeweiligen Titel der Aufenthaltsbewilligung zu entscheiden hat. Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen."
Erstens ist hierbei in Bezug auf § 3 Abs 1 FLAG zwischen Unionsbürger (Staatsangehörigen von Mitgliedstaaten der EU, wie in meinem Fall - kroatische Staatsbürgerschaft), Bürgern eines Vertragsstaats des EWR sowie Schweizer Bürgern einerseits und andern ausländischen Staatsangehörigen anderseits zu unterscheiden.
Gemäß § 53 FLAG sind Unionsbürger im Wesentlichen österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt.
Unproblematisch bleibt, wie auch in der Begründung ausgefolgt ist, ob ich im Inland rechtmäßig aufhalte. Unionsbürger (damit auch kroatische Staatsbürger), Bürger eines Vertragsstaates des EWR und Schweizer Bürger halten sich, jedenfalls wenn sie wirtschaftlich aktiv sind, grds rechtmäßig in Österreich auf. Das ist durch Art 21 AEUV garantiert:
"Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten."
Zusätzlich ist eine Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts nach § 9 NAG hinsichtlich Bürger der europäischen Union nur deklarativ ().
Seit 2015 befinde ich mich in Österreich, konkret nur in Wien. Gem §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erwerbe ich nach fünf Jahren rechtmäßigen und ununterbrochenem Aufenthalt in Österreich das Recht auf Daueraufenthalt. Antrag auf die Bescheinigung des Daueraufenthalts wurde bis jetzt nur aus den zeitlichen Gründen nicht gestellt. Zusätzlich als Beweis, dass ich meinem Leben in Österreich voll gewidmet war, erhielt ich am eine EU-Freizügigkeitsbestätigung, damit ich in Österreich einen freien Arbeitsmarktzugang hätte.
Doch selbst wie die Behörde meint, ist in Praxis vielmehr anderes. Abweichend von der Verwaltungspraxis vertritt die ständige Entscheidungspraxis des UFS, des BFG und des VwGH zutreffenderweise die Auffassung, dass ein zu Studienzwecken lediglich vorübergehend währender Aufenthalt im Bundesgebiet die Beurteilung nicht ausschließt, der Studierende habe den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich und diesem stehe daher bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen FB für sein Kind zu (vgl ; , 2008/13/0218; , 2009/16/0114; , 2009/16/0124; , 2007/13/0128) Auch der EuGH hat iZm Art 6 Abs 1 des Beschlusses Nr 3/80 einem Sichtvermerk "nur gültig zur Ausbildung" keine entscheidende Bedeutung beigemessen (, Kurz). Gleiches gilt für Eigenanträge von Studierenden. Ein nur vorübergehender Aufenthalt zu Studienzwecken schließt nicht aus, dass der Studierende seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen am Studienort hat ().
Eine Person hat den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (§ 2 Abs 8 letzter Satz).
"Bei von der Familie getrennter Haushaltsführung kommt es auf die Umstände der Lebensführung, wie etwa eine eigene Wohnung, einen selbständigen Haushalt, gesellschaftliche Bindungen, aber auch auf den Pflichtenkreis einer Person und hier insbesondere auf ihre objektive und subjektive Beziehung zu diesem an (vgl. ZI. 2365/78, 2051/79 = VwSlg. Nr 5401/F)."
Dementsprechend ich führe eine selbständige Haushaltsführung und habe engere persönliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Bindungen an Österreich. Besonderheiten meiner tatsächlichen Lebenssituation erschweren es, meinen Lebensmittelpunkt aus Wien irgendwo anders hin ins Ausland zu verlegen. Da es einen unnötigen zeitlichen, sowie finanziellen Aufwand darstellt, kommt eine Verlegung meines Lebensmittelpunktes aus Österreich für mich nicht in Frage.
Im Erkenntnis vom , 89/14/0054 führt der VwGH aus, dass die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie als weiteren Umstand das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen ist. In meinem Fall sind alle diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt.
Ich bin aus den angeführten Gründen und aus einer Gesamtabwägung somit von meinem Ursprungsstaat persönlich und wirtschaftlich völlig unabhängig und der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen befindet sich auf jeden Fall in Österreich. Dass ich mich in Österreich aufhalte und Wien als primären und einzigen Wohnsitz betrachte, beweist nicht nur meine Absicht, hier dauernd zu bleiben, sondern auch die Tatsache, dass ich durch mein Studium und die Jobaussichten an Wien gebunden bin.
Verfahrensmängel
a. Begründungspflicht
Gem § 93 Abs 3 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) sind Bescheide zu begründen. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu aus:
"Nach der ständigen Rechtsprechung muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet." ( mwN)
Der Bescheid der belangten Behörde ignoriert mein Vorbringen gänzlich. Die Behörde hat sich in keiner Weise mit den von mir umfangreich vorgelegten Beweismittel bzw der ihrer Entscheidung widersprechenden hg Judikatur auseinandergesetzt, was bei einer Entscheidung nach weniger als einem Monat auch kaum verwunderlich erscheint.
Warum die belangte Behörde vermeint, sich über die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch Menschen mit einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende ein Anspruch auf Familienbeihilfe zukommt, hinwegsetzen zu können, bleibt auf Grund der Mangelhaftigkeit der Begründung leider im Unklaren.
Jedenfalls erfüllt der Bescheid sohin nicht die Mindeststandards, welche der VwGH in Bezug auf die Begründung von Bescheiden aufgestellt hat. Für mich ist aus der vorliegenden Begründung nicht ersichtlich, weshalb mein Antrag abermals abgelehnt wird. Dieser Verfahrensmangel wirkt sich im Ergebnis zu meinen Ungunsten aus, sodass der Bescheid dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet ist.
b. Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Ermittlung (§ 115 BAO)
Im Österreichischen Abgabeverfahren trifft die Behörde die Pflicht zur Ermittlung der materiellen Wahrheit. Sie hat sohin den Sachverhalt in alle Richtungen zu durchleuchten. Dieses Prinzip wurde im vorliegenden Bescheid nicht beachtet, hat die Behörde doch sämtliche meiner Angaben ignoriert. Hätte die Behörde den Sachverhalt korrekt ermittelt, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass ich Anspruch auf Familienbeihilfe habe, wie in meiner Beschwerde bereits umfassend ausgeführt.
Auch dadurch hat die Behörde das Verfahren mit einem Verfahrensfehler belastet, welcher sich zu meinen Ungunsten ausgewirkt hat.
Abschließend stelle ich die folgenden Anträge:
- Den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass mir Familienbeihilfe seit Oktober 2015 zusteht
- falls nicht alle zu Lasten des BF gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde bzw dem Vorlageantrag geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls mir einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Mit dem Antrag vom beantragte die Antragstellerin die Zuerkennung der Familienbeihilfe ab Oktober 2015 für sich selbst.
Der Antrag wurde am mittels Abweisungsbescheid abgewiesen
(Begründung: Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat und können somit für sich selbst Familienbeihilfe beziehen.
Lebt ein Kind im Haushalt der Eltern (eines Elternteiles) oder finanzieren die Eltern überwiegend die Unterhaltskosten, haben die Eltern (hat der Elternteil) gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 vorrangig Anspruch auf Familienbeihilfe).
Am langte beim Finanzamt das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den gegenständlichen Abweisungsbescheid ein. Die Beschwerde wurde am mittels Beschwerdevorentscheidung abgewiesen
(Begründung: Gemäß § 3 (1) FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012 rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Für ausländische Studierende / Schüler in Österreich mit einer Aufenthaltsbewilligung Ausbildung gemäß § 9 NAG besteht trotz rechtmäßigem Aufenthalt kein österreichischer Familienbeihilfenanspruch, da sich diese Personen nur für Ausbildungszwecke in Österreich aufhalten.
Vom Finanzamt wird weiterhin ein beschränkter Aufenthalt angenommen, der allein zu Studienzwecken dient, da in erster Linie die für die Erteilung der Aufenthaltstitel zuständige Behörde über den jeweiligen Titel der Aufenthaltsbewilligung zu entscheiden hat).
Gegen die Beschwerdevorentscheidung wurde erneut eine Beschwerde erhoben.
Stellungnahme:
Es wird ersucht, die Beschwerde im Sinne der Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung abzuweisen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Aus dem am dem Finanzamt persönlich überreichten Antrag der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Zuerkennung der Familienbeihilfe ab geht unter Heranziehung der Daten aus dem Zentralen Melderegister Folgendes hervor:
Die im Oktober 1995 geborene Bf. besitzt die kroatische Staatsangehörigkeit.
Am meldete die Bf. einen inländischen Wohnsitz, einen Hauptwohnsitz, an einer Anschrift in 1020 Wien an.
Am schloss die Bf. einen Mietvertrag betreffend eine Wohnung in 1180 Wien mit Mietbeginn ab (Mietzins inkl. Betriebskosten und USt: 710,16 €); am meldete sie obigen Wohnsitz ab und den neuen Hauptwohnsitz an dieser Anschrift (in 1180 Wien) an.
Am schloss die Bf. einen Mietvertrag betreffend eine Wohnung in 1040 Wien mit Mietbeginn ab (Mietzins inkl. Betriebskosten und USt: 651,75 €); am meldete die Bf. den Wohnsitz in 1180 Wien ab und den neuen Hauptwohnsitz an der Anschrift in 1040 Wien an.
Seit dem Wintersemester 2015/16, Beginn , studiert die Bf. als ordentliche Studierende an der Wirtschaftsuniversität Wien das Bachelorstudium Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.
Mit Stichtag hatte die Bf. Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Ausmaß von 156,0 ECTS in einem Zeitraum von 8 Studiensemestern absolviert; im Jahr 2019 absolvierte sie bis zum genannten Stichtag Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Ausmaß von 60,0 ECTS.
Am bestätigte das AMS der Bf., dass sie die Voraussetzungen nach § 32a Abs. 2 bzw. 3 AuslBG erfüllt und damit im gesamten Bundesgebiet Österreichs eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufnehmen darf (EU-Freizügigkeitsbestätigung vom .).
In den Jahren 2015 bis 2020 erzielte die Bf. (inländische) Einkünfte wie folgt (Abgabeninformationssystemabfragen):
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum | Arbeitgeber/Auftraggeber | Betrag |
2015 | -- | -- |
1204-2205 2016 0106-3107 2016 | CR… GmbH CR… GmbH | 63,25 € 367,95 € |
0103-0107 2017 | C… F… GmbH | 2.513,92 € |
0104-3006 2018 1408-1408 2018 1209-2210 2018 1510-3112 2018 | B… GmbH DO u. … DO u. OESTERR. HOTEL… | 237,50 € 43,35 € 770,76 € 1.985,03 € |
0101-0707 2019 1607-3112 2019 | Österr. Hotel… … Bank AG | 4.899,64 € 10.603,80 € |
0101-1507 2020 | … Bank AG | 12.960,78 € |
Laut eigener - ohne Zeitangabe und Konkretisierung - gemachter Angabe befindet sich die Bf. in einer Beziehung und spricht von einem "Lebensgefährten, der ebenfalls hier in Wien studiert hat und nunmehr arbeitet", mit dem sie mehr als zwei Jahre in demselben Haushalt wohne.
Weiters verweist die Bf. darauf, dass sie Wien als primären und einzigen Wohnsitz betrachte, was auch ihre Absicht beweise, hier dauernd zu bleiben. Auch der Umstand, dass sie durch ihr Studium und die Jobaussichten an Wien gebunden sei, beweise diese Absicht.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf der Aktenlage, den eigenen Angaben der Bf., den vorgelegten Unterlagen und Datenbankabfragen. Sie sind unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 bestimmt:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreternach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 der Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
§ 6 Abs. 5 FLAG 1967 normiert:
Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).
§ 6 Abs. 1 bis 3 FLAG 1967 lautet (auszugsweise):
(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
a) das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; ...
(3) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) einer Vollwaise führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem die Vollwaise das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die der Vollwaise nach § 8 Abs. 2 einschließlich Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) der Vollwaise bleiben außer Betracht:
a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.
Nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie des Freibetrages nach den § 105.
Abs. 3 der genannten Bestimmung normiert, dass ua Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) der Einkommensteuer unterliegen.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach vorstehendem Abs. 3 sind nach § 2 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§§ 15 und 16).
§ 33 Abs. 1 EStG 1988 bestimmt für näher ausgeführte Einkommensteile die Höhe der Einkommensteuer in Form eines Stufentarifes.
Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.
Das Bundesfinanzgericht erwog im Erkenntnis vom , RV/7102833/2010:
Hatte die Bf. im August 2010 (im Vorlageantrag) bekundet, sich nicht nur vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufzuhalten, fünf Jahre in Wien zu wohnen und sich hier einen Bekannten- und Freundeskreis aufgebaut zu haben und inzwischen entschlossen zu sein, weiterhin in Österreich zu leben und nach dem Studium in Österreich zu arbeiten, nimmt man Bedacht auf das von der Bf. gewählte Studium, welches auf ein berufliches Tätigwerden in Österreich hinweist, und ist die Bf. tatsächlich bis dato in Österreich geblieben, kann nicht davon gesprochen werden, die Bf. habe sich lediglich vorübergehend zu Ausbildungszwecken in Österreich aufgehalten.
Bestätigt wird diese Sichtweise durch Aufnahme nichtselbständiger Tätigkeiten ab November 2014 (v.a. ab dem Jahr 2016).
Zum Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2018:
Die oben angeführten Einkünfte im Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2018 erweisen die Unrichtigkeit des Vorbringens der Bf., sie habe überwiegend für ihren eigenen Unterhalt gesorgt, worauf sich ihr weiteres Vorbringen stützte, ihr komme ein Eigenanspruch auf Familienbeihilfe zu (beispielsweise decken die Einkünfte der Bf. in diesen Jahren nur zu einem Bruchteil die Ausgaben für die Wohnungsmiete). Die geringfügigen Einkünfte in diesen Jahren belegen, dass ihr die Eltern weitaus überwiegend den Unterhalt geleistet haben.
Hinzu kommt, dass die von der Bf. ins Treffen geführten Lebensumstände, die auf die Begründung des Lebensmittelpunktes im Inland, in Wien, schließen lassen, in diesem Zeitraum noch nicht zum Tragen gekommen waren.
Die Beschwerde war betreffend den Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2018 aus den genannten Überlegungen als unbegründet abzuweisen.
Zeitraum ab Jänner 2019:
Anfang des Jahres 2019 verfestigten sich die Inlandsanknüpfungspunkte dermaßen, sodass in Verbindung mit ihrer wirtschaftlichen Situation gesagt werden kann, die Bf. begründete ihren Lebensmittelpunkt in Wien:
Sie nahm eine nichtselbständige Tätigkeit auf, die ihre finanzielle Abhängigkeit vom Elternhaus weitgehend beseitigte, zog in eine Wohnung mit einem "Lebensgefährten, der ebenfalls hier in Wien studiert hat und nunmehr arbeitet". Den von der Bf. ins Treffen geführten Lebensumständen ist betreffend diesen Zeitraum zweifellos tragendes Gewicht beizumessen; sie weisen allesamt darauf hin, dass die Bf. nach Abschluss ihres Studiums in Österreich bleiben wird, auch danach ihren inländischen Lebensmittelpunkt beibehalten wird.
Bis Oktober 2019 (dem Monat, in dem die Bf. das 24. Lebensjahr vollendete) bestand somit Anspruch auf Familienbeihilfe auf Grund des § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967, nämlich dem Umstand, dass die Bf. sich in Berufsausbildung befunden hatte. Jedoch verringert sich gemäß § 6 Abs. 3 FLAG 1967 die Familienbeihilfe, die der Bf. zu gewähren ist, um den Betrag, um den das bis Oktober 2019 von der Bf. bezogene, zu versteuernde Einkommen 10.000 € überstiegen hat.
Da die Bf. im Oktober 2019 ihr 24. Lebensjahr vollendete, bestand ab November 2019 kein Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 mehr. Daraus folgt, dass es sich bei den Bezügen ab November 2019 um solche handelt, die nach Zeiträumen erzielt wurden, für die Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat. Aus diesem Grund haben die Bezüge der Monate November und Dezember 2019 bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens nach § 6 Abs. 3 lit. a FLAG 1967 außer Betracht zu bleiben.
Daraus ergeben sich folgende Berechnungen:
Von 0101-0707 2019 bezog die Bf. steuerpflichtige Bezüge (KZ 245) aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 4.899,64 €; von 1607-3112 2019 (5 ½ Monate) bezog sie solche in Höhe von 10.603,80 €.
Betreffend den Zeitraum 1607-3110 2019 errechnen sich anteilige steuerpflichtige Bezüge:
10.603,80 € : 5,5 Monate = 1.927,96 € x 3,5 Monate (1607-3110 2019) = 6.747,87 €
Zu versteuerndes Einkommen für den Zeitraum 0101-3110 2019:
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4.899,64 € + 6.747,87 € | 11.647,51 € |
abzüglich Werbungskosten laut ESt-Bescheid vom | -740,00 € |
abzüglich Sonderausgaben laut ESt-Bescheid vom | -60,00 € |
zu versteuerndes Einkommen | 10.847,51 € |
Die Familienbeihilfe betrug monatlich 165,10 €, in diesbezüglichem Zeitraum von Jänner bis Oktober 2019 daher:
165,10 € x 10 Monate = 1.651,00 €
Unter Berücksichtigung des in § 6 Abs. 3 FLAG 1967 normierten Grenzbetrages von 10.000,00 € ergibt sich ein Einschleifgrenzbetrag von 11.651,00 €. Zieht man von diesem das berechnete zu versteuernde Einkommen von 10.847,51 € ab, verbleibt ein der Bf. restlich zustehender Betrag an Familienbeihilfe von 803,49 € zuzüglich Kinderabsetzbeträge für 10 Monate von 584,00 €.
Der Bf. steht daher für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2019 ein Anspruch in Höhe von insgesamt 1.387,49 € zu.
Ab November 2019, mit Erreichen des 24. Lebensjahres im Oktober 2019, fiel die Anspruchsvoraussetzung weg.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzliche Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind daher einer Revision nicht zugängig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 6 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 6 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104371.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at