TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2020, RV/6100280/2019

Kein Alleinerzieherabsetzbetrag bei Vorliegen einer Lebensgemeinschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A.K., Anschr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin beantragte in der am eingereichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2017 die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages (Anzahl der Kinder: 2).

Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom folgte die Abgabenbehörde diesem Antrag.

Am hob die Abgabenbehörde den erlassenen Einkommensteuerbescheid gemäß § 299 BAO auf und ersetzte ihn gleichzeitig durch einen Bescheid, in dem der Alleinverdienerabsetzbetrag keine Berücksichtigung mehr fand. Der genannte Absetzbetrag - so die Behörde in der Bescheidbegründung - stehe nicht zu, da die Einkünfte des (Ehe-)Partners den maßgeblichen Grenzbetrag von € 6.000,-- überschritten.

Gegen den neuen Sachbescheid vom brachte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Bescheidbeschwerde ein. Darin führt sie aus, sie unterhalte mit ihrem Ex-Mann B.K. VNR xxxx keine eheähnliche Gemeinschaft. Ihr Ex-Mann lebe mit ihr und den Kindern im gemeinsamen Haushalt. Es bestehe aber nur eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Sie ersuche daher anstelle des zurückgeforderten Alleinverdienerabsetzbetrages den Alleinerzieherabsetzbetrag zuzuerkennen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab die Abgabenbehörde der Beschwerde keine Folge. Begründend wies sie darauf hin, Alleinerzieher sei eine Person, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebe (z.B. ledig, verwitwet, geschieden oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebend). Da diese Voraussetzungen nicht erfüllt seien, bestehe kein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag.

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. In dieser Eingabe bringt sie vor, sie habe sich im Februar 2017 von ihrem Mann B.K. VNR xxxx scheiden lassen. Sie und ihr (Ex)Mann lebten im selben Haus. Sie habe für die Kinder C. VNR yyyy und D. VNR zzzz Familienbeihilfe bezogen und die Kinder wohnten bei ihr im gemeinsamen Haushalt. Sie sei daher der Meinung, dass ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag zustehe.

Dem Vorlageantrag fügte sie als Beilage den Beschluss des BG Salzburg vom xy2017, GZ.xy, über die einvernehmliche Scheidung, an.

Über Anfrage des Bundesfinanzgerichtes teilte die Abgabenbehörde am mit, dass die Beschwerdeführerin für die beiden Kinder C.K., geb. am xy1998, und D.K., geb. am xy2003, von bis den Kinderabsetzbetrag bezogen hat.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des BG Salzburg vom xy2017, GZ.xy, von ihrem Ehegatten B.K., geb. am xy1970, einvernehmlich geschieden.

Auch nach der Scheidung setzten die Beschwerdeführerin und ihr Ex-Gatte die Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft fort. Lediglich die Geschlechtsgemeinschaft wurde aufgehoben.

Die Beschwerdeführerin lebt mit ihrem Ex-Gatten und den beiden Kindern C.K., geb. am xy1998 und D.K., geb. am xy2003, im gemeinsamen Haushalt.

Für die genannten Kinder bezog die Beschwerdeführerin von bis den Kinderabsetzbetrag.

2. Beweiswürdigung:

Dass die Beschwerdeführerin auch nach der am xy2017 erfolgten einvernehmlichen Scheidung von ihrem Ehegatten mit diesem eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft bildet und ihr Ex-Gatte mit ihr und den Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt, gesteht sie in der Beschwerde vom selbst ausdrücklich zu. Nach der vorliegenden Aktenlage bestehen keine Anhaltspunkte, diese Angaben der Beschwerdeführerin in Zweifel zu ziehen, ganz im Gegenteil: Die Angaben des Ex-Gatten in der von ihm am eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2017 - in dieses Verfahren wurde seitens des BFG Einsicht genommen - unterstreichen die Richtigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin. In dieser Erklärung gibt der Ex-Gatte eine Wohnadresse an, die sich mit der Wohnadresse der Beschwerdeführerin und der Kinder deckt. Dass lediglich die Geschlechtsgemeinschaft aufgehoben wurde, folgert das Gericht aus den Worten der Beschwerdeführerin in der Beschwerde "Mein Ex-Mann lebt mit mir und den Kindern im gemeinsamen Haushalt. Wir sind aber nur eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft."

Der Bezug des Kinderabsetzbetrages für die beiden Kinder ergibt sich aus der von der Abgabenbehörde erteilten Auskunft.

3. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Zufolge des § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

(Ehe-)Partner ist gemäß § 106 Abs. 3 EStG 1988 eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.

Der Gesetzgeber knüpft die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages an das Vorliegen zweier Voraussetzungen. Als positives Anspruchserfordernis verlangt er das Zustehen des Kinderabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 für mehr als sechs Monate im Kalenderjahr. Als negatives Anspruchserfordernis legt er fest, dass der Steuerpflichtige mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben darf.

Im vorliegenden Fall ist das erstgenannte Kriterium erfüllt. Die Beschwerdeführerin bezog für die beiden Kinder C.K., geb. am xy1998, und D.K., geb. am xy2003, in der Zeit von bis den Kinderabsetzbetrag, der ihr in Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zustand.

Strittig ist vielmehr, ob die Beschwerdeführerin im Streitjahr mehr als sechs Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner gelebt hat.

§ 106 Abs. 3 EStG 1988 definiert den (Ehe)Partner als Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind in einer Lebensgemeinschaft lebt.

Dass - wie von der Beschwerdeführerin vorgebracht - die Ehe am xy2017 geschieden wurde, bedeutet noch nicht, dass ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag gebührt, ist doch auch das Bestehen einer Lebensgemeinschaft - für den Fall, dass diese mehr als sechs Monate im Kalenderjahr gegeben ist - für die Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages schädlich.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Lebensgemeinschaft um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen eine Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft. Es kann aber auch wie in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen. Eine bloße Geschlechtsgemeinschaft, die nicht über das hinausgeht, was üblicherweise als intimes Verhältnis bezeichnet wird, führt noch nicht zum Vorliegen einer Lebensgemeinschaft. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Zusammenleben erfolgt, wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre. Es muß dabei nicht immer zugleich Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal der Lebensgemeinschaft gegeben sein, weil jedes dieser Elemente weniger ausgeprägt sein oder auch ganz fehlen kann (siehe beispielsweise , , u.a.).

Im gegenständlichen Fall räumt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde selbst ausdrücklich ein, dass auch nach erfolgter Scheidung eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft mit ihrem Ex-Gatten besteht und ihr Ex-Mann mit ihr und den Kindern im gemeinsamen Haushalt lebt. Mit den Worten "Wir sind aber nur eine Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft" bringt sie implizit zum Ausdruck, dass die Geschlechtsgemeinschaft aufgehoben wurde. Die Aufhebung der Geschlechtsgemeinschaft allein ist aber dem Vorliegen einer Lebensgemeinschaft nicht abträglich (siehe dazu Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn EStG18 § 33 Tz 41 mit Hinweis auf , und RV/0333-K/07).

Hat die Beschwerdeführerin demnach im Streitjahr mehr als sechs Monate in Gemeinschaft mit ihrem Ehegatten bzw. Ex-Gatten B.K. (bis zum xy2017 im Rahmen einer Ehe, im Anschluss daran in Form einer Lebensgemeinschaft) gelebt, so ist ein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag nicht gegeben.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Diese Entscheidung ergeht von:
Bundesfinanzgericht, Außenstelle Salzburg, Aigner Straße 10, 5026 Salzburg

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at