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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.12.2020, RV/7102088/2017

Leistungsort von Vermittlungsleistungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***Stb***, ***Adr Stb***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Umsatzsteuer 2010 - 2012 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid betreffend Umsatzsteuer 2010 wird abgeändert.

Die angefochtenen Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2011 und 2012 werden aufgehoben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe ist dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenem Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheiden vom setzte die belangte Behörde im Anschluss an ein Außenprüfungsverfahren die Umsatzsteuer 2010 - 2012 fest.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters vom hat der Beschwerdeführer Beschwerde bzw. Vorlage gegen die oa Bescheide erhoben.

Am hat das Finanzamt den Akt dem Bundesfinanzgericht elektronisch zur Entscheidung vorgelegt.

Nach dem am stattgefundenen Erörterungstermin zog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom den Antrag auf mündliche Verhandlung und Verhandlung vor dem Senat zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz und seinen Lebensmittelpunkt in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist seit 2003 Mitglied bei der Firma ***L***. Seine Leistung besteht im aktiven Nutzen und der Kundenakquierierung, der Mitgliederwerbung. Er ist Mitglied im sogenannten "Präsidenten-Team".

Die ***LE*** wurde unter der Firmenbezeichnung "***LHE*** AG" in der Schweiz gegründet und im Jahr 2010 in "***LE*** AG" umfirmiert.

Die Präambel der "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ***L*** Kunden", Fassung November 2009 lautet:

"Die ***LHE*** AG mit Sitz in der Schweiz (im Folgenden "***L***" genannt) betreibt mit Tochter- und Partnergesellschaften eine internationale Einkaufsgemeinschaft, bei der es den Teilnehmern (im Folgenden "Kunden" genannt) ermöglicht wird, durch den gemeinsamen Einkauf und durch die damit erreichten vergünstigten Konditionen Vorteile in Form von Rückvergütungen, Provisionen und anderen Vergünstigungen zu erwirtschaften (im Folgenden auch "***L*** System" genannt).

Der Bezug von eingekauften Waren/Dienstleistungen erfolgt direkt bei jenen Händlern, die in Vertragsbeziehung mit ***L*** stehen (im Folgenden "Vertragshändler" genannt) mittels Gutscheinen, über Internetabwicklung, mit der ***L*** Cashback Card, mit Bankomatkarte oder durch Barverrechnung. Die Informationen über die Einkäufe werden durch ein Internet-Servicezwischen dem Kunden und den mit X verbundenen Internet-Händlern, stationären Einzelhändlern und mobilen Dienstleistungsunternehmen einfach und sicher unterstützt. Die Abwicklung erfolgt durch nicht übertragbare schriftliche Händlergutscheine und/oder Online-Gutscheine (jeweils "***L*** Gutscheine" genannt) oder mittels ***L*** Cashback Card, sowie auch über Barverrechnung. Durch die gegenständliche Vereinbarung zwischen ***L*** und dem Kunden wird es diesem ermöglicht, das von ***L*** betriebene System zu verwenden. Geschäftsgrundlage der Vertragsbeziehung sind die vorliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die aus diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie aus der Anlage "***L*** Vergütungen und Zahlungsarten" bestehen.

***L*** ist berechtigt, seine vertraglichen Leistungen und Ansprüche dem Kunden gegenüber auch durch ***L*** Tochtergesellschaften erbringen oder geltend machen zu lassen, die stets als Erfüllungsgehilfen von ***L*** tätig werden. Sämtliche vertraglichen Beziehungen des Kunden bestehen ausschließlich zu ***L*** und nicht zu den Tochtergesellschaften und werde nauch durch deren Tätigkeiten nicht begründet".

Die für die Streitjahre 2012 und 2013 maßgeblichen "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ***L*** Mitglieder", Fassung April 2012, lauten auszugsweise:

"Präambel

Die ***LE*** AG mit Sitz in der Schweiz, betreibt eine internationale Einkaufsgemeinschaft, die den Teilnehmern (im folgenden "Mitglieder" genannt) ermöglicht, durch den Bezug von Waren und Dienstleistungen bei ***L*** Partnerunternehmen (im Folgenden "Partnerunternehmen" genannt) Vorteile zu erhalten (im Folgenden "***L*** Treueprogramm" genannt). Vertragspartner der Mitglieder ist somit die ***LE*** AG (im Folgenden "***L***" genannt). ***L*** wird in Österreich durch die ***LA*** GmbH mit Sitz in Graz (im Folgenden "***LA***" genannt) vertreten.

1. Vertragsgegenstand

1.1. Das Mitglied ist nach Maßgabe dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, am ***L*** Treueprogramm teilzunehmen und die damit verbundenen Vorteile (nachfolgend "Mitgliedsvorteile" genannt) zu erhalten. Das Mitglied kann das ***L*** Treueprogramm weiteren Personen empfehlen(im folgenden "Empfehlungsgeber" genannt). Das Mitglied ist nicht zur Weiterempfehlung verpflichtet und schuldet ***L*** keinerlei Erfolg.

2. Vertragsgrundlage

2.1. Mit Annahme des Registrierungsantrages durch ***L*** wird der Antragsteller Mitglied bei ***L*** und erhält eine persönliche Mitgliedsnummer (im Folgenden "ID-Nummer" genannt). Diese berechtigt zur Teilnahme am X Treueprogramm, zunächst im Rahmen einer Testmitgliedschaft gemäß Ziffer 14.1. Im ***L*** Treueprogramm werden erfasste Einkäufe nur für registrierte Mitglieder (mit ID-Nummer) berücksichtigt.

2.2. Für den Vertrag zwischen ***L*** und dem Mitglied gelten die von ***L*** zur Verfügung gestellten Registrierungsflyer oder das Online-Registrierungsformular sowie diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Für die erweiterten Mitgliedsvorteile gilt Ziffer 7.5. Abweichungen hiervon werden von ***L*** nicht akzeptiert."

Der Beschwerdeführer war als selbständiger Vermittler für die Firma ***LE*** mit Sitz in der Schweiz tätig und bezog diesbezügliche Vermittlungsprovisionen.

Beweiswürdigung

Der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt gründet sich auf die im Akt des Verwaltungsgerichts aufliegenden Unterlagen, insbesondere die Feststellungen der Außenprüfung, den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde und den nachgereichten Unterlagen, sowie den in beim Erörterungstermin getätigten Ausführungen der Parteien.

Gem. § 167 Abs. 2 BAO haben die Abgabenbehörden und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. In Befolgung dieser Grundsätze ist der oben dargestellte Sachverhalt deshalb wie folgt zu würdigen.

Die obigen unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

Rechtliche Beurteilung

Gem. § 3a Abs. 6 UStG 1994 in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung wird eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer iSd Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt.

Zufolge Abs. 5 leg. cit. gilt für Zwecke der Anwendung der Abs. 6 bis 16 und Art. 3a

1.als Unternehmer ein Unternehmer gemäß § 2, wobei ein Unternehmer, der auch nicht steuerbare Umsätze bewirkt, in Bezug auf alle an ihn erbrachten sonstigen Leistungen als Unternehmergilt;

2.eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Unternehmer,

3.eine Person oder Personengemeinschaft, die nicht in den Anwendungsbereich der Z 1 und 2 fällt, als Nichtunternehmer.

Gem. § 3a Abs. 8 UStG 1994 wird eine Vermittlungsleistung an einen Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

Der Vermittler führt zwar einen Leistungsaustausch zwischen anderen herbei, steht aber selbst außerhalb des vermittelten Leistungsaustausches. Die vermittelte Leistung ist ihm umsatzsteuerlich nicht zuzurechnen. Seine eigene Leistung ist eine sonstige Leistung (Vermittlung, Vertretung) und unter den allgemeinen Bedingungen (Nachhaltigkeit, Selbständigkeit, Entgeltlichkeit etc.) steuerbar. Wer der Empfänger der Leistung ist, ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, § 3, Tz 85).

Leistungsempfänger ist bei vertraglich geschuldeten Leistungen grundsätzlich, wer sich zivilrechtlich die Leistung ausbedungen hat, wer aus dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft berechtigt und verpflichtet ist (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, § 12, Tz 72).

Für die Bestimmung des Leistungsortes der vom Beschwerdeführer erbrachten Vermittlungsleistungen ist entscheidend, ob die in der Schweiz ansässige Muttergesellschaft oder die in Österreich ansässige Tochtergesellschaft (***LA***) als Leistungsempfängerin zu qualifizieren ist. Für die Klärung dieser Frage ist in umsatzsteuerlicher Hinsicht bei vertraglich geschuldeten Leistungen maßgebend, wer sich zivilrechtlich die Leistung ausbedungen hat, wer aus dem zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft berechtigt und verpflichtet ist. Unter Bedachtnahme auf die eingangs zitierten allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf deren Basis die gegenständlichen Vermittlungsleistungen zustande gekommen sind, bestehen die vertraglichen Beziehungen des Beschwerdeführers. ausschließlich zur ***L(HE)*** AG mit dem Sitz in der Schweiz und nicht zu der in Österreich ansässigen Tochtergesellschaft.

Die beiden für die Streitjahre maßgebenden Fassungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen vom November 2009 und April 2012 hat der Beschwerdeführer akzeptiert und damit die darin enthaltenen Vertragsbedingungen anerkannt.

Im Übrigen ist auch aus den im Zuge des Erörterungstermins vorgelegten Unterlagen betreffend die Provisionsansprüche des Beschwerdeführers ersichtlich, dass die diesbezüglichen Gutschriften von der in Schweiz ansässigen Muttergesellschaft stammen.

Der Beschwerdeführer erbrachte somit die Vermittlungsleistungen gegenüber der ***LE*** mit Sitz in der Schweiz. Leistungsempfängerin war die in der Schweiz ansässige Muttergesellschaft

Somit sind die an die Schweizer Muttergesellschaft erbrachten Vermittlungsleistungen jedenfalls in Österreich nicht steuerbar.

Bezüglich der Unternehmereigenschaft der Muttergesellschaft im Sinne des Umsatzsteuerrechtes hat die steuerliche Vertretung eine Bestätigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer vom , in der bestätigt wird, dass diese seit dem im Register der Mehrwertsteuer eingetragen ist und ihrer Abrechnungspflicht immer fristgerecht nachgekommen ist, vorgelegt. Im Übrigen ist diese nach den obigen Ausführungen im Rahmen der Einkaufsgemeinschaft operativ tätig geworden.

Die in der Außenprüfung festgestellten gegenständlichen Vermittlungsleistungen wurden in der Schweiz erbracht und sind in Österreich nicht steuerbar.

Betreffend das Jahr 2010 ist die Umsatzsteuer entsprechend der Umsatzsteuererklärung festzusetzen (siehe Berechnungsblatt).

Da in den Jahren 2011 und 2012 keine der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätze festgestellt wurden, sind die Bescheide ersatzlos aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die Entscheidung der Streitfrage bezüglich des Leistungsortes von Vermittlungsleistungen unmittelbar aus dem klaren Gesetzeswortlaut des § 3a UStG 1994 ableitbar ist, ist die Revision nicht zulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102088.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at