Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 AbgEO, obwohl nur eine Überrechnung stattgefunden hat.
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7105106/2016-RS1 | Die Guthabensverwendung gemäß § 215 Abs. 1 und 2 BAO stellt keine der Abgabenexekutionsordnung unterliegende Einbringungsmaßnahme dar. Damit findet eine klare Abgrenzung zwischen dem zwangsweisen Einbringungsverfahren und dem im sechsten Abschnitt der BAO geregelten Einhebungsverfahren statt. Da die Pfändungsschutzbestimmungen bei der Verrechnung von Abgabenguthaben somit grundsätzlich nicht anwendbar sind, gehen die diesbezüglichen Ausführungen der Bf. ins Leere (, und Fischerlehner in ecolex 2012, 354; ). |
RV/7105106/2016-RS2 | Bei den Verrechnungsvorschriften des § 215 BAO handelt es sich um zwingendes Recht, weshalb die Verwendung von Guthaben gemäß § 215 Abs. 1 und 2 BAO nicht dem Ermessen der Behörde überlassen ist (). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard Groschedl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Treufinanz Steuerberatung Wirtschaftstreuhand GmbH, Sternwartestraße 76, 1180 Wien, über die Beschwerde der Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 Z 1 AbgEO, Steuernummer 10-***BF1StNr1***, nach Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Beschwerdeführerin, der Vertreter der belangten Behörde sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuer und Glücksspiel vom wurde der Antrag von Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vom (Datum des Poststempels: ) betreffend Aufschiebung der Vollstreckung gemäß § 18 Z 1 AbgEO mit der Begründung abgewiesen, dass der im § 18 Abs. 1 Z. 1 AbgEO angeführte Grund nicht vorliege.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom führt die Bf. wie folgt aus:
"Als Begründung zur o.a. Beschwerde sei insbesondere auf die nochmals beiliegenden Schreiben - Beschwerden vom 27.2, ,1 5.2.und verwiesen und der gesamte Inhalt nochmals als Begründung angeführt.
Die Vorlage an die Behörde 2. Instanz Bundesfinanzgericht wird ausdrücklich beantragt sowie die Erledigung sämtlicher anhängigen Vorfragen, Berufungen, Beschwerden, Begründung s. Beilagen und weil diese eminente Bedeutung haben und die ungeklärte Pfändung von Fremdtreuhandgeldern.
Es wird daher um Aufhebung der o.a. Bescheide ersucht und um Aufschiebung und Aufhebung der Vollstreckung gemäß § 18 Z 1 AbgEO sowie aller Vollstreckungsmaßnahmen, sowie einer mündlichen Verhandlung vor/bei der Berufungsinstanz- Bundesfinanzgericht.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuer und Glücksspiel vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Als Begründung wird Folgendes ausgeführt:
"Eine Vollstreckung, deren Aufschiebung gem. § 18 AbgEO beantragt werden könnte, ist nicht anhängig.
Daher kann auch keine Aufschiebung der Vollstreckung, wie dies in den Anträgen, datiert mit , eingebracht am (Vorlageantrag zu Beschwerdevorentscheidung vom ) und in der nunmehrigen Beschwerde vom zum Abweisungsbescheid vom beantragt wurde, erfolgen.
Es wird darauf hingewiesen, dass derzeit (Abfrage ) auf dem Abgabenkonto 10-***BF1StNr1*** ein Guthaben iHv 3.063,00 € besteht.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde abzuweisen."
Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht mit folgender Begründung:
"Als Begründung zur o.a. Beschwerde sei insbesondere auf die nochmals beiliegenden Schreiben - Beschwerden vom 27.2, ,15.2.und verwiesen und der gesamte Inhalt nochmals als Begründung angeführt: Verweis auf die Beschwerde vom .
Es ist nicht einzusehen, dass die gesamte Angelegenheit nur durch die unrichtige Pfändung von zweckgewidmeten Treuhandgeldern entstanden ist und dies seit Jahren nicht korrigiert wird und dadurch nur nach schriftlicher Aufforderung Einzahlungen aus Vorsichtsgründen getätigt werden können. Die Gelder auf diesem Konto sind ausschließlich Fremdtreuhandgelder, die von Mietern zur Vergebührung von Mietverträgen geleistet wurden und dadurch nicht für andere Zwecke dienen können. Dieses System hat seit mehr als 30 Jahren klaglos funktioniert! In diesem Sinne sind die o.a. Bescheide und alle verhängten Säumniszuschläge ersatzlos aufzuheben.
Die Vorlage an die Behörde 2. Instanz- Bundesfinanzgericht wird ausdrücklich beantragt sowie die Erledigung sämtlicher anhängigen Vorfragen, Berufungen, Beschwerden, Begründung s. Beilagen und weil diese eminente Bedeutung haben und die ungeklärte Pfändung von Fremdtreuhandgeldern.
Es wird daher um Aufhebung der o.a. Bescheide ersucht und um Aufschiebung und Aufhebung der Vollstreckung gemäß § 18 Z 1 AbgEO sowie aller Vollstreckungsmaßnahmen, sowie einer mündlichen Verhandlung vor/bei der Berufungsinstanz- Bundesfinanzgericht."
In der mündlichen Verhandlung vom wurde die Rechtslage zu § 215 BAO im Verhältnis zu § 18 AbgEO erörtert.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
§ 18 AbgEO: Die Aufschiebung der Vollstreckung kann auf Antrag bewilligt werden
1. wenn die Aufhebung des über den Abgabenanspruch ausgestellten Exekutionstitels beantragt wird;
2. wenn in bezug auf einen der im § 4 angeführten Exekutionstitel die Wiederaufnahme des Verfahrens oder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wird;
3. wenn gemäß § 16 die Einstellung beantragt wird;
4. wenn gemäß §§ 12 oder 13 Einwendungen erhoben werden;
5. wenn gegen einen Vorgang des Vollstreckungsvollzuges Beschwerde geführt wird und die für die Entscheidung darüber erforderlichen Erhebungen nicht unverzüglich stattfinden können;
6. wenn ein Antrag gemäß § 15 eingebracht wurde;
7. wenn nach Beginn des Vollzuges der Vollstreckung ein Ansuchen um Zahlungserleichterung (§ 212 der Bundesabgabenordnung) eingebracht wird.
§ 214 Abs. 4 BAO: Dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekannt gegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen sind Zahlungen, soweit sie
a) Abgabenschuldigkeiten oder
b) im Finanzstrafverfahren oder im Abgabenstrafverfahren verhängte Geldstrafen oder Wertersätze oder sonstige hierbei angefallene Geldansprüche
betreffen.
Dies gilt sinngemäß für die Verwendung sonstiger Gutschriften, soweit sie im Zusammenhang mit einer in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Selbstbemessung oder Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben entstehen.
§ 215 Abs. 1 BAO: Ein sich aus der Gebarung (§ 213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen ist zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
§ 215 Abs. 2 BAO: Das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben ist zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Zur Beschwerde:
Bei den Verrechnungsvorschriften des § 215 BAO handelt es sich um zwingendes Recht, weshalb die Verwendung von Guthaben gemäß § 215 Abs. 1 und 2 BAO nicht dem Ermessen der Behörde überlassen ist ().
Die Guthabensverwendung gemäß § 215 Abs. 1 und 2 BAO stellt keine der Abgabenexekutionsordnung unterliegende Einbringungsmaßnahme dar. Damit findet eine klare Abgrenzung zwischen dem zwangsweisen Einbringungsverfahren und dem im sechsten Abschnitt der BAO geregelten Einhebungsverfahren statt. Da die Pfändungsschutzbestimmungen bei der Verrechnung von Abgabenguthaben somit grundsätzlich nicht anwendbar sind, gehen die diesbezüglichen Ausführungen der Bf. ins Leere (, und Fischerlehner in ecolex 2012, 354; ).
Eine Vollstreckung, deren Aufschiebung gemäß § 18 AbgEO beantragt werden hätte könnte, ist bzw. war demnach nicht anhängig. Daher konnte eine Aufschiebung auch nicht bewilligt werden, sodass die Beschwerde abzuweisen war.
Zur Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche ungelöste Rechtsfrage war für die vorliegende Beschwerdesache nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 18 Z 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 215 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105106.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at