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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.10.2020, RV/7103916/2019

Auslagen oder Werbungskosten? Kein Abfluss bei Kreditkartenzahlung

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/13/0003.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7103916/2019-RS1
Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (§ 19 Abs 2 EStG). Mit dem Belasten der Kreditkarte des Bf ist ihm im Jahr 2014 lediglich eine Verbindlichkeit erwachsen. Der tatsächliche Abfluss durch Zahlung dieser Verbindlichkeit hat jedoch nicht im Beschwerdejahr stattgefunden.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am und zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Nachdem der Beschwerdeführer (Bf) der Aufforderung, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, nicht nachgekommen war, schätzte die belangte Behörde die Bemessungsgrundlagen, wobei sie die vorliegenden Lohnzettel zugrunde legte und neben Pauschbeträgen für Werbungskosten und Sonderausgaben einen Freibetrag gemäß § 35 Abs 3 EStG berücksichtigte.

In der Beschwerde wird vorgebracht, es sei widersprüchlich, dass wegen Nichtabgabe der Erklärung geschätzt werde und im selben Bescheid festgestellt werde, der Bf habe seine Steuererklärung auf dem Papierformular L1 eingebracht. Aus den Lohnzetteln ergebe sich im übrigen, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ordnungsgemäß gemeldet worden seien. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, weshalb Werbungskosten, die der Bf für den Betrieb der Arbeitgeberin getragen habe und dieser bekannt gegeben und belegt habe, nicht berücksichtigt worden seien (Reisekosten, freiwillige Versicherungen, Pensionsvorsorge etc.).

Um Vorlage dieser Unterlagen ersucht, wendet der Bf ein, diese seien an den Dienstgeber übergeben worden, und er habe keinen Zugriff darauf, weil im Rahmen des Konkurses und eines Strafverfahrens sämtliche Unterlagen des Dienstgebers beim Landesgericht für Strafsachen, der WKStA oder dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen SV1 lagerten.

Auf Vorhalt des Verwaltungsgerichtes an den Sachverständigen antwortet dieser, der Bf sei bis zur Insolvenzeröffnung allein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer der dienstgebenden GmbH gewesen; der Sachverständige habe nur den elektronischen Datenbestand geklont, die Unterlagen seien am Sitz der Gesellschaft verblieben; die Lagerung der Unterlagen müsse in Abstimmung von Bf und Masseverwalter erfolgt sein, zumindest im Jahr 2017 habe der Bf noch Zugang zu den Unterlagen gehabt, wie ein umfangreicher Schriftsatz an das LG für Strafsachen zeige.

Ein Vorhalt an besagtes Gericht blieb unbeantwortet, bei der WKStA wurde durch das Verwaltungsgericht Akteneinsicht genommen und keine Unterlagen über die Werbungskosten des Bf vorgefunden. Der über fünfzigbändige Akt besteht zum allergrößten Teil aus Daten zu den Jahren des vorangegangenen Jahrzehnts, teilweise bis 2012.

In der mündlichen Verhandlung wurde seitens des Bf eine Kreditkartenabrechnung aus 02/2014 vorgelegt, die neben Fahrt-/Flugkosten in Höhe von 5.587,46 Euro eine Rechnung eines Kitzbühler Hotels über 16.758 Euro beinhaltet. Hier seien die Nächtigungskosten potentieller Kunden übernommen worden, denen im Rahmen eines Poloturniers die Produkte der Dienstgeberin des Bf präsentiert worden seien.

Zum Nachweis, dass die Kreditkarte auf ihn lautet, legt der Bf einen Schriftsatz vom vor, aus dem hervorgeht, dass die Kreditkartengesellschaft gegen den Bf offene Forderungen aus seiner Kreditkarte geltend macht. Dies betrifft die vorgelegte Abrechnung 02/2014.

Die belangte Behörde führt ergänzend aus, der Bf habe die Aufwendungen lediglich für die Arbeitgeberin vorfinanziert und auf den Ersatz der Beträge nie verzichtet. Die Beträge seien auch bei der Arbeitgeberin ins Rechnungswerk eingeflossen und bei ihr aufwandswirksam als Verbindlichkeit gebucht worden. Es bestehe keine dienstvertragliche Verpflichtung zur Vorfinanzierung, weshalb der ursächliche Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis verneint und ein Darlehen des Bf an die Gesellschaft angenommen werde. Überdies seien die vom Bf geltend gemachten Werbungskosten im Jahr 2014 noch nicht bei ihm abgeflossen, weil die Kreditkartenrechnung Anfang 2015 noch offen gewesen sei.

Der Bf wendet ein, er habe die Ausgaben letztlich getragen, weil bereits absehbar war, dass er sie von der Arbeitgeberin nicht ersetzt bekommen werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf war im Jahr 2014 allein zeichnungsberechtigter Geschäftsführer jener GmbH, bei der er angestellt war. In dieser Funktion hat er für die GmbH Anfang 2014 Auslagen getätigt, die einerseits Reisekosten (5.587,46) betreffen, andererseits Nächtigungskosten von Geschäftsfreunden der GmbH (16.758,00). Die Zahlungen in Höhe von 22.345,46 Euro wurden der Kreditkarte des Bf angelastet und bis zum Ende des Jahres 2014 weder von einem Bankkonto des Bf abgebucht noch sonst beglichen.

Die vom Bf getätigten Ausgaben wurden auch bei seiner Arbeitgeberin, der GmbH, aufwandswirksam erfasst und als Verbindlichkeit gegenüber dem Bf eingebucht. Weitere Ausgaben hat der Bf nicht getätigt.

Beweiswürdigung

Der Bf legt über die begehrten Werbungskosten - von der genannten Kreditkartenrechnung abgesehen - keine Belege vor mit der Begründung, er habe die Unterlagen seinem Arbeitgeber übergeben, damit dieser sie berücksichtige, und er habe keinen Zugriff mehr auf diese Unterlagen. Der Bf macht seine Werbungskosten auch nicht anhand von Hilfsaufzeichnungen (Kalender, Kontoauszüge, o.ä.) glaubhaft. Wie aus den Eingaben des Bf bei der WKStA ersichtlich ist, hat er im Jahr 2017 noch Zugriff auf die Buchhaltungsunterlagen dieser GmbH gehabt. Es ist weder ersichtlich, weshalb der Bf auf diese Unterlagen für Zwecke des Abgabenverfahrens keinen Zugriff mehr haben sollte noch, weshalb er seinen Standpunkt nicht durch Zahlungsbelege o.ä. untermauert. Dass der Bf bloß Werbungskosten behauptet, ohne sie der Höhe nach näher zu konkretisieren und auch sonst Nachweise schuldig bleibt, lässt schließen, dass er keine Aufwendungen getätigt hat, die über die vorgelegten Rechnungen zu seiner Kreditkartenabrechnung 02/2014 hinausgehen, zumal die von ihm angegebenen Quellen (Sachverständiger und WKStA) keine derartigen Unterlagen haben.

Die Art der Kosten ergibt sich aus den vorgelegten Rechnungen. Dass es sich um Auslagen für die Arbeitgeberin handelt, ergibt sich daraus, dass der Bf die zugrunde liegenden Belege der an sie weitergegeben hat, im Sanierungsverfahren auf seine diesbezüglichen Ansprüche nicht verzichten wollte und die GmbH die Aufwendungen in ihren Büchern erfasst hat. Dies wiederum ergibt sich aus dem Schriftsatz der belangten Behörde vom , dem in diesen Punkten nicht entgegengetreten wurde.

Dass beim Bf im Jahr 2014 kein Abfluss stattgefunden hat, ergibt sich aus dem "vorbereitenden Schriftsatz" vom . Da die Kreditkartenabrechnung 02/2014 auf 24.155,60 Euro gelautet hat, die Forderung der Kreditkartengesellschaft 24.103,51 Euro beträgt und nach den Angaben des Bf in der mündlichen Verhandlung nach dieser Abrechnung keine wesentlichen Beträge mehr mit der Kreditkarte bezahlt worden sind, ist davon auszugehen, dass die als Werbungskosten geltend gemachten 22.345,46 Euro zur Gänze in der Forderung der Kreditkartengesellschaft enthalten und Anfang 2015 noch offen waren.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Der Bf begehrt im Zusammenhang mit seiner nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH Werbungskosten in nicht näher bezeichneter Höhe und macht lediglich geltend, unter Berücksichtigung dieser Werbungskosten hätte sich keine Abgabennachzahlung ergeben. Damit ist das Beschwerdebegehren zumindest hinreichend bestimmbar, um es als mängelfrei zu qualifizieren.

Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nicht Beträge, durch die Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden (Auslagenersätze; § 26 Z 2 TS2 EStG).

Erfolgt ein bloß pauschaler Auslagenersatz, so ist dieser nicht von der Vorschrift des § 26 Z 2 EStG 1988 erfasst, sondern es liegen steuerpflichtigen Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor (vgl. ; , 2008/15/0322, mwN). Spiegelbildlich können diesfalls Auslagen beim Arbeitnehmer zu Werbungskosten führen (vgl. ; , 2012/15/0100).

Im vorliegenden Fall gibt es keinen pauschalen Ersatz, die Auslagen des Bf wurden einzeln abgerechnet. Daraus folgt, dass der von der Arbeitgeberin zu leistende Auslagenersatz nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählt und die vom Bf getätigten Auslagen bei ihm auch keine Werbungskosten darstellen können.

Selbst dann, wenn den begehrten Aufwendungen Werbungskostencharakter zukäme, könnten sie nicht bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2014 berücksichtigt werden. Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind (§ 19 Abs 2 EStG 1988). Mit dem Belasten der Kreditkarte des Bf ist ihm im Jahr 2014 lediglich eine Verbindlichkeit erwachsen. Der tatsächliche Abfluss durch Zahlung dieser Verbindlichkeit hat jedoch nicht im Beschwerdejahr stattgefunden.

Soweit der Bf Widersprüchlichkeit des angefochtenen Bescheides rügt, ist anzumerken: Dass der Hinweis auf die Abgabe in Papierform ein bloß formelhafter Hinweis ist, der keinen Teil der Begründung bildet, sondern immer dann automatisch eingefügt wird, wenn keine elektronische Erklärung abgegeben wird, hat die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung klargestellt.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Behandlung von Auslagenersätzen gibt es eine hinreichend klare höchstgerichtliche Rechtsprechung, an die sich das Bundesfinanzgericht gehalten hat. Zum Zuflusszeitpunkt bei Kreditkartenzahlungen gibt es lediglich eine herrschende Meinung, die auch vom Bundesfinanzgericht vertreten wird (vgl Doralt, EStG, § 19 Tz 40; Jakom/Peyerl, EStG 2020, § 19 Rz 26; EStR 2000 Rz 4624; aA nur Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 19 Rz 43). Daher war die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103916.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at