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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.07.2020, RV/4200147/2016

Altlastenbeitrag

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Postgasse 8/1, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom betreffend Altlastenbeitrag zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , GZ. 420000/02490/2/2015, wurde dem Beschwerdeführer (Bf.) für das 2. Quartal des Kalenderjahres 2011 eine Altlastenbeitragsschuld gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. c Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) i.V.m. § 201 BAO in Höhe von € 888,00 mit der Begründung vorgeschrieben, er habe von einem näher bezeichneten Unternehmen 74 m³ (111 Tonnen) Betongranulat bezogen, welches als Unterbau für eine Hauszufahrt und ein Carport verwendet worden ist und für welches der Nachweis einer qualitätsgesicherten Aufbereitung im Sinne des § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG nicht erbracht werden konnte.

Die gegen den oben genannten Bescheid erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom , GZ. 420000/60400/2016, als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom .

Die in der Beschwerde gestellten Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat wurden am zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das verfahrensgegenständliche Betongranulat hat der Bf. mit Rechnung vom von der Firma ***2*** erworben und als Unterbau für eine Hauszufahrt und ein Carport verwendet.

Dieses Betongranulat ist am Betriebsstandort der Firma [...] in Nickelsdorf im März 2011 mittels einer Brecheranlage in einer Gesamtmenge von 5.425 Tonnen aufbereitet worden. Von diesen 5.425 Tonnen Betongranulat hat die Firma ***2*** 3.375 Tonnen für ein eigenes Bauvorhaben verwendet. Die verbleibende Menge wurde an diverse Abnehmer, u.a. an den Bf., verkauft.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach Land vom 16. Februar [...], ***3*** nach § 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG) wurde festgestellt, dass die von der Firma ***2*** im 1. und 2. Quartal des Kalenderjahres 2012 für ein eigenes Bauvorhaben verwendeten 3.375 Tonnen Betongranulat, welche aus dem vorgenannten Brechvorgang resultieren, durch Eintritt des Abfallende gemäß § 5 Abs. 1 AWG nicht Abfall i.S. des § 2 Abs. 1 AWG darstellen. Begründend führt die Behörde aus, dass aus den vorgelegten Prüfberichten der ***4*** am eine Eignungsprüfung und am eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der im März 2011 aufbereiteten 5.425 Tonnen Betonabbruch erfolgte und der untersuchte Recyclingbeton RB I 0/63 der Qualitätsklasse A zuzuordnen war. Den Ausführungen des beigezogenen abfallrechtlichen Sachverständigen folgend, geht die Behörde davon aus, dass bei der Probennahme und Untersuchung der gesamte im März 2011 aufbereitete Recyclingbeton repräsentativ beprobt wurde und sich daraus eine Beurteilungsmenge ableiten lässt. In ihrer rechtlichen Beurteilung geht die Bezirksverwaltungsbehörde der Stellungnahme des Amtssachverständigen folgend davon aus, dass das im März 2011 aufbereitete Betongranulat qualitätsgesichert aufbereitet wurde und durch dessen Einsatz keine mehr als geringfügige Beeinträchtigung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG verwirklicht wird und das Betongranulat daher unbedenklich als Schüttmaterial zur Befestigung einer Lagerfläche verwendet werden kann. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten und den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach Land vom , ***3***.

Strittig ist im Wesentlichen nur die Frage der qualitätsgesicherten Aufbereitung des gegenständlichen Betongranulates. Das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen, insbesondere die bestimmungsgemäße Verwendung des Betongranulates als Unterbau für die Errichtung einer Hauszufahrt und ein Carport ist auf Grund der Offensichtlichkeit der Baumaßnahme und der Eignung des Materials nicht in Zweifel zu ziehen. Weitergehende Ermittlungen wurden auch vom Zollamt nicht durchgeführt.

Das Zollamt stützt seine Argumentation hinsichtlich der nicht qualitätsgesicherten Aufbereitung des gegenständlichen Betongranulates im Wesentlichen auf eine nicht nach den dafür geltenden Normen bzw. nach dem Stand der Technik erfolgte Probennahme und damit auf die Frage der Zuordenbarkeit des untersuchten Materials zu den vorgelegten Prüfberichten und Entnahmeprotokollen.

Demgegenüber geht die Bezirksverwaltungsbehörde, den Ausführungen des Amtssachverständigen folgend, davon aus, dass sich hinsichtlich des im März 2011 mit einer Menge von 5.425 Tonnen aufbereiteten Betongranulates eine repräsentative Beurteilungsmenge ableiten lässt, welche den näher bezeichneten Prüfberichten entsprechend als Recyclingbeton RB I 0/63 der Qualitätsklasse A zuzuordnen ist.

Das Bundesfinanzgericht sieht es daher als erwiesen an, dass die zuständige Abfallwirtschaftsbehörde das verfahrensgegenständliche Betongranulat als qualitätsgesichert aufbereitete Baurestmassen und damit als Altstoff im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 AWG qualifiziert hat, welcher die Abfalleigenschaft durch eine bestimmungsgemäße Verwendung verlieren kann.

Die Feststellung, dass das gegenständliche Betongranulat aus dem Brechvorgang im März 2011 stammt ergibt sich aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Brechvorgang und Verkauf des Betongranulates und den unstrittigen Angaben zum Verkauf der Differenzmenge zwischen dem aufbereiteten Material und dem von der Firma ***2*** selbst verwendeten Mengen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 201 Abs. 1 BAO kann nach Maßgabe des Absatz 2 und muss nach Maßgabe des Absatz 3, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs. 2 Z. 3 leg.cit. kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vom Amts wegen vorliegen würden.

Gemäß § 2 Abs. 4 ALSAG sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG), BGBl. I Nr.102.

Für die Feststellung, dass es sich bei der Sache um Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG handelt, genügt es, wenn entweder der subjektive Abfallbegriff oder der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen ist. Zur Erfüllung des subjektiven Abfallbegriffes reicht es, wenn bei irgendeinem Vorbesitzer die Entledigungsabsicht bestanden hat (; 23.4.1015, 2012/07/0047 u.a.). Nach der Lebenserfahrung geht es einem Bauherrn oder Bauführer, wenn bei der Realisierung von Bauvorhaben das angefallene Aushubmaterial oder Abbruchmaterial von der Baustelle weggeführt wird, im Regelfall hauptsächlich darum, das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, zu vollenden, und ist somit üblicherweise mit dessen Fortschaffen von der Baustelle eine Entledigungsabsicht verbunden (; , 2012/07/0047). Die verfahrensgegenständlichen mineralischen Baurestmassen stammen aus diversen Bauvorhaben, wobei diese auf Grund der unbestrittenen Entledigungsabsicht der Bauherren jedenfalls den subjektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 1 AWG erfüllen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 ALSAG unterliegt dem Altlastenbeitrag das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch

a) das Einbringen von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind (zB Fahrstraßen, Rand- oder Stützwälle, Zwischen- oder Oberflächenabdeckungen einschließlich Methanoxidationsschichten und Rekultivierungsschichten),

b) das mehr als einjährige Lagern von Abfällen zur Beseitigung oder das mehr als dreijährige Lagern von Abfällen zur Verwertung

c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.

Gemäß § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG sind von der Beitragspflicht mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichen Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z. 1 lit. c verwendet werden, ausgenommen.

Das Abfallende gemäß § 5 AWG setzt voraus, dass es sich beim abgelagerten Material um einen "Altstoff" im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 AWG handelt. Die Definition des Begriffes "Altstoff" in § 2 Abs. 4 Z. 1 lit. b AWG stellt auf eine nachweislich zulässige Verwertung von Abfällen ab. Eine solche zulässige Verwertung liegt nur dann vor, wenn dadurch nicht dem AWG (oder anderen Normen) zuwidergehandelt wird (vgl , , 2012/07/0047 u.a.).

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach Land vom , ***3*** wurde gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 AWG festgestellt, dass 3.375 Tonnen Betonaufbruch, welcher im März 2011 in einer Gesamtmenge von 5.425 Tonnen hergestellt wurde und als Schüttmaterial zur Befestigung einer Lagerfläche der Verkäuferin des Betongranulates verwendet worden ist, durch Eintritt des Abfallende gemäß § 5 Abs. 1 AWG nicht Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1 AWG ist. Dem Spruch ist daher nur zu entnehmen, dass die vom Antragsteller selbst verwendeten 3.375 Tonnen Betongranulat keinen Abfall darstellen und nicht ob das Abfallende auch für die darüber hinaus gehende Menge, welche aus dem einheitlichen Brechvorgang von 5.425 Tonnen verkauft worden ist, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, eintreten könnte.

Zur Auslegung des Spruches eines Bescheides ist auch dessen Begründung heranzuziehen (zB VwGH 2013/15/0089). Demnach ist der Spruch des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Villach Land derart zu verstehen, dass sowohl die von der Firma ***2*** eingebaute Menge, als auch die übrige aus dem einheitlichen Brechvorgang stammende Menge, zumindest als qualitätsgesichert aufbereitetes Material zu betrachten ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (, 2011/07/0173; , Zl. 2013/15/0089; , 2013/07/0156; , Ra2015/07/0063 u.a.) bindet ein Feststellungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 AWG auch die das ALSAG vollziehende Behörde.

Es ist daher davon auszugehen, dass die im Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG geforderte qualitätsgesicherte Aufbereitung der Baurestmassen erfüllt ist. Demnach sind mineralische Baurestmassen, deren gleichbleibende Qualität durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet ist und die zulässigerweise im unbedingt erforderliche Ausmaß für eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. c ALSAG verwendet werden, beitragsfrei. Die gegenständlichen Materialien wurden laut der Begründung des Feststellungsbescheides qualitätsgesichert hergestellt. Das Abfallende gemäß § 5 Abs. 1 AWG bezieht sich auf die Wiederverwendung von Altstoffen gemäß § 2 Abs. 4 Z. 1 AWG. Demnach sind gemäß lit. b der zitierten Bestimmung unter Altstoffen Stoffe zu verstehen, die durch eine Behandlung aus Abfällen gewonnen werden, um diese Abfälle nachweislich einer zulässigen Verwertung zuzuführen. Das Merkmal der Zulässigkeit entspricht dabei jenen Kriterien, die eine Beitragsfreiheit nach § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG zur Folge haben. Die Behandlung der Abfälle und deren zulässige Verwendung als Substitution von Primärrohstoffen lässt damit nicht nur das Abfallende eingetreten, sondern schafft auch die Voraussetzungen für eine Beitragsfreiheit nach § 3 Abs. 1a Z. 6 ALSAG.

Die übrigen Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Baumaßnahme sieht das Bundesfinanzgericht als gegeben an. Die Verwendung von Betongranulat im Straßenbau bzw. als Unterbau stellt eine durchaus übliche Substitution von Primärrohstoffen dar. Die verwendete Menge entspricht dabei auch dem Ausmaß der Bautätigkeit. Von weiteren Ermittlungen zur Baumaßnahme sieht das Bundesfinanzgericht deshalb und auch hinsichtlich der mittlerweile verstrichenen Zeit von 9 Jahren ab.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und sich die Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützt, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1a Z 6 ALSaG, Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989
Schlagworte
Qualitätssicherung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4200147.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at