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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 08.09.2020, RV/7300012/2020

Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG - Beauftragung von zuverlässigen Erfüllungsgehilfen zur Erledigung der steuerlichen Belange vorgebracht

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Vorsitzenden ***Ri***, den Richter ***1*** und die fachkundigen Laienrichter ***21*** und ***3*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, Adresse1, vertreten durch Mag. Klaus Hübner Steuerberatung GmbH, Schönbrunner Straße 218-220/Stiege B/7. Stock, 1120 Wien, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer ***4***, SpS ***5*** und SpS ***6***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Beschuldigten, ihres Verteidigers Mag. Klaus Hübner, der Amtsbeauftragten ***7*** sowie der Schriftführerin ***22*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Beschuldigten ***Bf1*** wird Folge gegeben, der Schuldspruch, der Strafausspruch sowie der Kostenausspruch zu Punkt I./ des angefochtenen Erkenntnisses aufgehoben und das gegen sie anhängige Finanzstrafverfahren (Strafnummer ***23***) gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , SpS ***5***, SpS ***6***, wurde

I./

die nunmehrige Beschwerdeführerin ***Bf1*** (in der Folge kurz Bf. genannt) für schuldig erkannt, sie habe als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Obliegenheiten der X-GmbH verantwortliche Geschäftsführerin vorsätzlich

1.) durch die Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen zur Umsatz- und
Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 bis 2015, sohin unter Verletzung einer
abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, bescheidmäßig
festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für 2012 bis 2015
verkürzt, und zwar

Umsatzsteuer für 2012 in Höhe von € 11.892,05
Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von € 1.510,76
Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von € 5.498,09
Umsatzsteuer für 2015 in Höhe von € 2.449,69

Körperschaftsteuer für 2012 in Höhe von € 1.498,40
Körperschaftsteuer für 2015 in Höhe von € 3.244,13;

2.) eine Verkürzung selbstzuberechnender Abgaben, nämlich Kapitalertragsteuer für
verdeckte Gewinnausschüttung für den Zeitraum 1/2012 bis 12/2016 bewirkt, indem
sie ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr unterlassen hat, und zwar

Kapitalertragsteuer für 1-12/2012 in Höhe von € 4.471,42
Kapitalertragsteuer für 1-12/2013 in Höhe von € 1.494,36
Kapitalertragsteuer für 1-12/2014 in Höhe von € 9.028,41
Kapitalertragsteuer für 1-12/2015 in Höhe von € 1.589,68
Kapitalertragsteuer für 1-12/2016 in Höhe von € 9.986,01, sowie

Normverbrauchsabgabe für
01/2014 in Höhe von € 3.177,07
07/2016 in Höhe von € 3.506,28.

Die Bf. habe hierdurch das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen und es werde hierfür nach § 33 Abs. 5 FinStrG auf eine Geldstrafe in der Höhe von € 9.000,00,
an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
36 Tagen trete, erkannt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG sei die Bf. außerdem schuldig, einen Betrag von € 500,00 als Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens zu ersetzen.


II./

Die Firma X-GmbH als Verband treffe
gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 VbVG die Verantwortung dafür, dass durch einen
Entscheidungsträger im Sinne des § 2 Abs. 1 VbVG iVm § 28a FinStrG sowohl unter Verletzung den Verband treffender Verpflichtungen als auch zu Gunsten des Verbandes die o.a. angeführten Finanzvergehen begangen worden seien.

Über die Firma X-GmbH werde nach § 33 Abs. 5 FinStrG eine Geldbuße in der Höhe von € 10.000,00 verhängt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG sei der belangte Verband außerdem schuldig, einen Betrag von € 500,00 als Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens zu ersetzen.

III./

***8*** sei schuldig, er habe als faktischer Machthaber und Beauftragter der
X-GmbH vorsätzlich

1.) durch die Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen zur Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 bis 2015, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für 2012 bis 2015 verkürzt, und zwar

Umsatzsteuer für 2012 in Höhe von € 11.892,05
Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von € 1.510,76
Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von € 5.498,09
Umsatzsteuer für 2015 in Höhe von € 2.449,69

Körperschaftsteuer für 2012 in Höhe von € 1.498,40
Körperschaftsteuer für 2015 in Höhe von € 3.244,13;

2.) eine Verkürzung selbstzuberechnender Abgaben, nämlich Kapitalertragsteuer für
verdeckte Gewinnausschüttung für den Zeitraum 1/2012 bis 12/2016 bewirkt, indem
sie ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr unterlassen hat, und zwar

Kapitalertragsteuer für 1-12/2012 in Höhe von € 4.471,42
Kapitalertragsteuer für 1-12/2013 in Höhe von € 1.494,36
Kapitalertragsteuer für 1-12/2014 in Höhe von € 9.028,41
Kapitalertragsteuer für 1-12/2015 in Höhe von € 1.589,68
Kapitalertragsteuer für 1-12/2016 in Höhe von € 9.986,01, sowie

Normverbrauchsabgabe für
01/2014 in Höhe von € 3.177,07
07/2016 in Höhe von € 3.506,28.

***8*** habe hierdurch das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen und es werde hierfür nach § 33 Abs. 5 FinStrG auf eine Geldstrafe in der Höhe von € 12.000,00, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Tagen trete, erkannt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG sei er außerdem schuldig, einen Betrag von € 500,00 als Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens zu ersetzen.

IV./

Hingegen werde das Finanzstrafverfahren gegen ***Bf1*** und ***8*** hinsichtlich des Vorwurfes, ***Bf1*** habe als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Obliegenheiten verantwortliche Geschäftsführerin und ***8*** habe als faktischer Machthaber und Beauftragter jeweils der X-GmbH vorsätzlich

1.) durch die Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen zur Umsatz- und
Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 bis 2015, sohin unter Verletzung einer
abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, bescheidmäßig
festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatz- und Körperschaftsteuer verkürzt, und
zwar

Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von € 665,00
Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von € 7.134,35

Körperschaftsteuer für 2012 in Höhe von € 2.973,02
Körperschaftsteuer für 2013 in Höhe von € 16.401,81;

2.) eine Verkürzung selbstzuberechnender Abgaben, nämlich Kapitalertragsteuer für
verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt, indem sie ihre Einbehaltung, Anmeldung
und Abfuhr unterlassen hätten, und zwar

Kapitalertragsteuer für 1-12/2013 in Höhe von € 14.907,45 sowie

Normverbrauchsabgabe für
11/2013 in Höhe von € 2.460,00
01/2014 in Höhe von € 1.177,87
09/2014 in Höhe von € 5.248,88

jeweils gemäß § 136 1. Fall FinStrG eingestellt.

V./

Des Weiteren werde das Finanzstrafverfahren gegen den Verband Firma X-GmbH hinsichtlich des Vorwurfs, ***Bf1***
und ***8*** hätten als dessen Entscheidungsträger im Sinne des § 2 Abs 1
Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) iVm § 28a FinStrG zugunsten des Verbandes
unter Verletzung den Verband treffender Verpflichtungen die unter Punkt IV./ angeführten Finanzvergehen begangen, womit eine Verantwortlichkelt des Verbandes gem. § 3 Abs. 2 VbVG iVm § 28 a FinStrG gegeben sei, ebenfalls gemäß § 136 1. Fall FinStrG eingestellt.


Zur Begründung wird im gefochtenen Spruchsenatserkenntnis ausgeführt:

"Aufgrund des Inhaltes der Straf- und Veranlagungsakten wird im Zusammenhalt mit der
Verantwortung der Beschuldigten nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Die am tt.mm.1968 in Wien geborene Erstbeschuldigte ***Bf1*** ist österreichische Staatsbürgerin, verheiratet, wohnhaft in ***9***, und hat keine Sorgepflichten. Sie bezog 2017 ein Einkommen von € 10.440 brutto und ist finanzbehördlich unbescholten. Die Erstbeschuldigte ist Geschäftsführerin der im Firmenbuch unter der FN ***10*** eingetragenen X-GmbH und als solche für die abgabenrechtlichen Obliegenheiten der Gesellschaft verantwortlich.

Der Zweitbeschuldigte Verband X-GmbH hat
seinen Sitz in ***11***. Der Verband ist finanzstrafrechtlich unbescholten.

Der Drittbeschuldigte ***8*** ist geboren am tt.mm. 1970, österreichischer
Staatsbürger, mit der Erstbeschuldigten verheiratet und mit ihr an derselben Adresse
wohnhaft. Auch er hat keine Sorgepflichten und bezieht ein Einkommen rund € 2.000 pro
Monat. Der Drittangeklagte ist finanzstrafbehördlich unbescholten. ***8*** ist
als faktischer Machthaber und beauftragter Vollmachtnehmer für die Wahrnehmungen der
abgabenrechtlichen Obliegenheiten der Zweitbeschuldigten X-GmbH.

Die Erst- und der Drittbeschuldigte ***Bf1*** und ***8***, die Erstbeschuldigte als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Obliegenheiten der X-GmbH verantwortliche Geschäftsführerin, der Drittbeschuldigte als faktischer Machthaber und beauftragter Vollmachtnehmer für die Wahrnehmungen der abgabenrechtlichen Obliegenheiten der X-GmbH, haben jeweils vorsätzlich

1.) durch die Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen zur Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 bis 2015, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, bescheidmäßig festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatz- und Körperschaftsteuer für 2012 bis 2015 verkürzt und hielten dies zumindest ernsthaft für möglich und fanden sich damit ab, und zwar

Umsatzsteuer für 2012 in Höhe von € 11.892,05
Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von € 1.510,76
Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von € 5.498,09
Umsatzsteuer für 2015 in Höhe von € 2.449,69

Körperschaftsteuer für 2012 in Höhe von € 1.498,40
Körperschaftsteuer für 2015 in Höhe von € 3.244,13 und

2.) eine Verkürzung selbstzuberechnender Abgaben, nämlich Kapitalertragsteuer für
verdeckte Gewinnausschüttung für den Zeitraum 1/2012 bis 12/2016 bewirkt, indem
sie ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr unterlassen und dies zumindest
ernsthaft für möglich und sich damit abgefunden haben, und zwar

Kapitalertragsteuer für 1-12/2012 in Höhe von € 4.471,42
Kapitalertragsteuer für 1-12/2013 in Höhe von € 1.494,36
Kapitalertragsteuer für 1-12/2014 in Höhe von € 9.028,41
Kapitalertragsteuer für 1-12/2015 in Höhe von € 1.589,68
Kapitalertragsteuer für 1-12/2016 in Höhe von € 9.986,01, sowie

Normverbrauchsabgabe für
01/2014 in Höhe von € 3.177,07
07/2016 in Höhe von € 3.506,28.

Der Schaden ist derzeit wegen des noch anhängigen Beschwerdeverfahrens ausgesetzt.

Hingegen kann nicht festgestellt werden, dass ***Bf1*** und ***8***
vorsätzlich

1.) durch die Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen zur Umsatz- und
Körperschaftsteuer für die Jahre 2012 bis 2015, sohin unter Verletzung einer
abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, bescheidmäßig
festzusetzende Abgaben, nämlich Umsatz- und Körperschaftsteuer verkürzt haben,
und zwar

Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von € 665,00
Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von € 7.134,35

Körperschaftsteuer für 2012 in Höhe von € 2.973,02
Körperschaftsteuer für 2013 in Höhe von € 16.401,81 und

2.) eine Verkürzung selbstzuberechnender Abgaben, nämlich Kapitalertragsteuer für
verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt, indem sie ihre Einbehaltung, Anmeldung
und Abfuhr unterlassen haben, und zwar

Kapitalertragsteuer für 1-12/2013 in Höhe von € 14.907,45 sowie

Normverbrauchsabgabe für
11/2013 in Höhe von € 2.460,00
01/2014 in Höhe von € 1.177,87
09/2014 in Höhe von € 5.248,88.

Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Erst- und des Drittbeschuldigten
und zu ihrem Vorleben ergeben sich aus dem Strafakt. Ebenso verhält es sich mit der
Zweitbeschuldigten.

Die Erstbeschuldigte bekannte sich schuldig im Sinne einer fahrlässigen
Abgabenverkürzung, nicht geständig zeigte sie sich zum Sachverhalt Liegenschaft
***12***. Dies sei ausschließlich ein Fehler des Buchhalters ***13*** gewesen,
der alle drei Beschuldigten steuerlich vertreten habe. Sie habe zwar gewusst, dass eine
Steuerprüfung angemeldet war, ***13*** habe sie aber nicht dazu geholt. Im Übrigen habe sie ihrem Buchhalter vertraut. Die Geschäftssparte Finanzierung würde ausschließlich der Drittbeschuldigte erledigen, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Im Übrigen mache der Drittbeschuldigte sämtliche Agenten die Firma betreffend, dazu habe er ihre Vollmacht. Sie selbst sei ungefähr ein- bis zweimal in der Woche in der Firma, suche Immobilien und schaue nach ihrem Sohn und der Sekretärin. Bei der neuerlichen Einvernahme gab sie an, sie habe vornehmlich E-Mails beantwortet und zwar vor allem Anfragen bezüglich konkreter Wohnungen und deren Ausstattung etc. Buchhaltung habe sie überhaupt nicht gemacht.

Der Drittbeschuldigte bekannte sich teilweise schuldig und zwar hinsichtlich Kest in der
Höhe von Euro 26.569,87 (Kest 2012-2016 wie Aufstellung in Anschuldigung 16. Oktober
2019, Beilage ./1, Tab. 2) und teilweise geständig zur Köst 2012 in Höhe von Euro 1.498,40 und 2014 in Höhe von Euro 3244,13 laut Tab. 4 der gleichen Beilage, wobei zweiteres lediglich pauschal im Interesse der Verfahrensökonomie zugestanden werde, obwohl de facto noch eine Ungenauigkeit zulasten des Drittbeschuldigten in dieser Summe enthalten sei. Auch er betont, dass allein und ausschließlich die Verantwortung für den Restbetrag, zu dem er sich nicht schuldig bekenne, beim Buchhalter ***13*** liege und zwar bereits hinsichtlich der objektiven Tatseite. Bezüglich der Nova führt er aus, der Buchhalter habe ihm gesagt, es gebe eine gesetzliche Bestimmung, wonach die Nova nicht mehr abzuführen sei, wenn das Fahrzeug vor einem Verkauf zwei Jahre im Eigentum der Firma gestanden sei. Gemäß dieser Auskunft hätten sie ihre Verkäufe getätigt und berechnet. Hätte er gewusst, dass die Nova fällig sei, hätte er sie beim Verkauf dazu gerechnet. Dazu sei auch gekommen, dass dies bei den vorangegangenen Prüfungen seitens der Prüfer nicht releviert wurde.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung wurden diverse Feststellungen getroffen, von denen folgende als strafrechtlich relevant beurteilt wurden:
- Tz 2 bis 5 des BP-Berichtes: Es wurde festgestellt, dass als Mietwagen verwendete Kfz (BMW X5, X6, BMW 740, Mercedes E 200CDI), für die eine Vergütung der NoVA stattgefunden hat, verkauft wurden, ohne dass diese Erlöse Eingang in die Buchhaltung gefunden haben. Es wurden weder NoVA noch USt für diese Verkäufe erklärt
- Tz 6 - nicht erklärte Vermittlungsprovision
- Tz 7 und 8 Vorsteuerkürzungen iZm Kfz- bzw. Grundstücksumsätze
- Tz 16 Verkauf der Liegenschaft in der ***12*** um € 150.000,00,
davon wurde bloß ein Erlös iHv € 90.370,19 verbucht
- Tz 18 diverse Aufwendungen: Nach Vorhalt der Betriebsprüfung wurde
mitgeteilt, dass diese Aufwendungen die Privatsphäre der Gesellschafter betreffen.

Der dazu vernommene Betriebsprüfer Zeuge ***14*** erklärte in der mündlichen
Verhandlung dazu, dass sein Ansprechpartner das Buchhaltungsbüro gewesen sei, die
Beschuldigten selbst habe er nie gesehen. In der Sache selbst konnte er lebensnah und
nachvollziehbar erklären, wie er zu den Feststellungen gekommen ist. So sei bei den
Mietwagen rasch aufgefallen, dass beim Verkauf die USt nicht entrichtet und auch die Nova nicht abgeführt wurde. Die tatsächliche Anzahl des Fuhrparks habe er nicht in Erinnerung, es habe aber einen regen An- und Verkauf gegeben, rund drei PKWs seien laufend vermietet gewesen. Einige Liegenschaften konnten betrieblich nicht zugeordnet werden, über Nachfragen sei ihm dazu mitgeteilt worden, dass diese privat seien (aus diesem Grund habe die Buchhaltung für ihn das Zeichen PE dazu gemacht). Zur Liegenschaft ***12*** sagte er aus, dass der Grundstücksverkauf prinzipiell chaotisch gewesen sei, es sei aber aufgefallen, dass nur ein Teil des Kaufpreises, nämlich € 90.317 als Erlös verbucht wurde, obwohl der Kaufpreis Euro 150.000 betragen habe, dies sei aufgrund der gezahlten Kaufsumme deutlich herauszulesen gewesen. Den Kaufpreis selbst habe er durch eine eigens dazu durchgeführte Abfrage beim Grundbuch erhalten und sei dieser zur Gänze in den Verfügungsbereich der Gesellschaft geflossen. Ihm gegenüber habe es dazu keine Rechtfertigung gegeben. Aufgrund des Beschwerdevorbringens könne es sein, dass er in unwesentlich kleinen Punkten seine Feststellungen abgeändert habe, eine Abänderung in dem wesentlichen Punkten sei ihm nicht bekannt. Er hatte den Eindruck, es habe ein Kommunikationsproblem zwischen dem Buchhalter und der Firma gegeben.

Zusammengefasst ist auszuführen, dass die Verantwortung betreffend des nicht
geständigen Teils der Erst- und des Drittbeschuldigten im Lichte der Ausführungen des
Zeugen, die, wie bereits festgestellt, lebensnah und nachvollziehbar waren und mit dem
objektiven Sachverhalt in Einklang stehen, als reine Schutzbehauptungen anzusehen sind. Wie der Zeuge aussagte, handelte es sich maximal um einen Kommunikationsfehler
zwischen dem Buchhalter ***15*** und den Beschuldigten, welcher sie von ihrer Verantwortung nicht zu exculpieren vermag. Die Tatsache, dass der Drittbeschuldigte faktischer Machthaber und beauftragter Vollmachtnehmer für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Obliegenheiten der Zweitbeschuldigten ist, wurde zugestanden.

Zu subjektiven Tatsache ist anzuführen, dass die Erst- und Drittbeschuldigter im
Wirtschaftsleben stehende Personen sind, selbst die Erstbeschuldigte gibt zu, sie habe
täglich ca. 40-50 E-Mails mit detaillierten Anfragen bezüglich der Wohnungen beantwortet. Somit ist auszugehen, dass beide über die sie jeweils treffende abgabenrechtliche Verpflichtung bzw. deren Kontrolle sowie die Konsequenz pflichtwidrigen Verhaltens informiert sind.

Die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages ergibt sich aus den nachvollziehbaren
Ermittlungen des Finanzamtes, die als qualifizierte Vorprüfung dem Verfahren zugrunde zu legen sind. Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide wurde
Beschwerde eingebracht, über die abweislich entschieden wurde. Die Frist zur Vorlage der
Beschwerde ist noch offen, die Bescheide sind daher nicht rechtskräftig, was jedoch keine
Auswirkung auf das finanzbehördliche Strafverfahren hat.

Rechtlich ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt:

Für die Verwirklichung eines Finanzvergehens nach § 33 Abs. 1 FinStrG ist zumindest die
Schuldform des Eventualvorsatzes erforderlich, der bei Erst- und Drittbeschuldigten beim
festgestellten Sachverhalt vorlag. Somit haben ***Bf1*** und ***8*** aufgrund des festgestellten Sachverhaltes zu Punkt I./ und III./ des Spruches sowohl objektiv als auch subjektiv das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG zu verantworten.

Den Verband X-GmbH trifft gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 VbVG die Verantwortung für das steuerunredliche Verhalten seiner Entscheidungsträger ***Bf1*** und ***8***.

Kann eine den Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden, so ist mit
Einstellung gemäß § 136 erster Fall FinStrG vorzugehen. Dies trifft gegenständlich auf den Sachverhalt zu Punkt IV. Und V./ des Spruches zu.

Bei der Strafbemessung wertete der Senat

als mildernd: bei der Erstbeschuldigten den bisher ordentlichen Lebenswandel und das faktische Geständnis;

bei der Zweitbeschuldigten die Unbescholtenheit sowie das Vorliegen der Voraussetzungen von § 5 Abs 3 Zif 6 VbVG;

als erschwerend:

bei allen drei Beschuldigten keinen Umstand.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen erschienen dem Senat die verhängten
Geldstrafen schuld- und tatangemessen und treffen diese Strafzumessungserwägungen
auch für die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen zu. Ebenso verhält es sich mit der Geldbuße hinsichtlich der Zweitbeschuldigten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle."

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Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende frist- und formgerechte Beschwerde der Bf. vom , in welcher wie folgt ausgeführt wird:

- Es wird "volle Beschwerde" erhoben. Die Beschwerde richtet sich gegen den aufgrund
falscher Sachverhaltsannahmen und unrichtiger Beweiswürdigung falschen Schuldspruch, weiters der Diskrepanz des strafbestimmenden Wertbetrages laut Spruch des schriftlichen Erkenntnisses versus dem Inhalt des Protokolls über die Niederschrift der SpS Verhandlung (!), außerdem wird die Verletzung von Verfahrensbestimmungen gerügt; in eventu richtet sich die Beschwerde auch gegen die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages und die Strafhöhe.
- Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des Erkenntnisses und die Einstellung des
Verfahrens gemäß § 136 FinStrG; in eventu eine Strafreduktion.

Dieser Antrag wird wie folgt begründet:

1. Ad Schuldberufung

Meine Mandantin wurde mit dem bekämpften Erkenntnis der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG für schuldig gesprochen.
Dem hingegen ist meine Mandantin nicht schuldig.

1.1. Zur subjektiven Tatseite

- Meine Mandantin hat bei der zweiten Spruchsenatsverhandlung am , (bei
der ersten Verhandlung musste sie sich krankheitsbedingt entschuldigen) damals als
Alleinbeschuldigte (!), wahrheitsgemäß angegeben, dass der faktische Geschäftsführer ihr Mann, Herr ***8***, ist. Dieser wurde im Zuge des sodann gegen ihn eingeleiteten (verbundenen) Verfahrens vom Spruchsenat nach geständiger Verantwortung zu Recht für schuldig gesprochen und ist dieses Erkenntnis gegen Herrn ***16*** (wie auch gegen die X-GmbH als belangter Verband) infolge eines unmittelbar nach Verkündigung des Erkenntnisses abgegebenen Rechtmittelverzichts (längst) in Rechtskraft erwachsen.

- Die Beschwerdeführerin, ***Bf1***, war hingegen zu keiner Zeit mit Fragen des
Rechnungswesens befasst. Ihr Aufgabenbereich war vielmehr ein ganz anderer, nämlich vor allem die Beantwortung der täglich eingehenden Anfragemails betreffend Wohnungen sowie die Erledigung einfacher Sekretariatsaufgaben. Sie nahm keinen Kontakt zum Buchhalter Herrn ***15*** wahr, all die rechnungswesensspezifischen Themen und Aufgaben wurden traditionell und zwischen den Ehegatten abgesprochen, ausschließlich von ihrem Mann wahrgenommen.

- Insofern herrschte im Unternehmen zweifelsfrei eine klare Aufgabenteilung, die in
der Beweiswürdigung schlicht nicht zum Tragen kam.

- Daran ändert auch nichts, dass ***Bf1*** auf Wunsch ihres Gatten die im
Firmenbuch eingetragene Geschäftsführerin ist. Immerhin "betreiben" die beiden
Ehegatten schon seit 18 Jahren gemeinsam Firmen mit etlichen Mitarbeitern und
durfte sie sich, weil sie in Kenntnis der Fähigkeiten ihres Mannes war, dem
sie auch uneingeschränkt vertrauen durfte, deshalb auch auf die Geschäftsführung
einlassen. (Herr ***16*** ist in einer anderen "Familien-GmbH" Geschäftsführer.)

- So gab es für Frau ***16*** in all den gemeinsamen Jahren im Betrieb auch keinerlei
erkennbare Anzeichen auf finanzstrafrechtliche Verfehlungen ihres Mannes, den sie
ansonsten natürlich zur erforderlichen pflichtgemäßen Verhinderung einer Handlung
hätte veranlassen müssen.
Insofern geht auch ein Vorwurf der Schuld durch Einlassung ins Leere.

- Auch hatte Frau ***16*** - oder besser: schon gar nicht hatte Frau ***16*** - Detailinformationen über die Verbuchung jener Geschäftsfälle, welche den hier in
Rede stehenden strafbestimmenden Wertbetrag von Herrn ***16*** von € 58.346
(richtig allerdings € 31.326, siehe später) betreffen.

- Überhaupt ist das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates völlig beweisfrei von
einer meiner Mandantin (anders als bei ihrem Gatten) vorwerfbaren vorsätzlichen
Begehung der Steuerhinterziehung.

- Eine vorsätzliche Begehung meiner Mandantin ist weder der Aktenlage entnehmbar,
noch ist sie sonst wie nach außen in Erscheinung getreten, widerspricht also dem
wahren Sachverhalt, sodass auch die Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar ist.

- Diesbezüglich darf ich die (dem BFG natürlich bestens bekannte) hierzu relevante
Judikatur wie folgt zitieren:

Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und
nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus.
Das Vorliegen der maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände ist von
der Abgabenbehörde darzulegen. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass
eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer (objektiven) Abgabenverkürzung vorliegt, sondern Vorsatz erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als
erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht.
(; ; VwGH
, 2012/15/0168; )

Das bekämpfte Spruchsenatserkenntnis kann diesen erforderlichen Ansprüchen der
Höchstgerichte keinesfalls gerecht werden.

Auch aus der Niederschrift zur Spruchsenatsverhandlung lässt sich zur Schuldfrage
nichts gewinnen: Frau ***16*** wurde lediglich zu ihrem Tätigkeitsbereich befragt,
den sie wahrheitsgemäß mit "Mails lesen und beantworten" beantwortete.

Auf die kongruenten und konsistenten persönlichen Aussagen meiner Mandantin zu
ihrem Tätigkeitsbereich, welche sich zutreffend in der Niederschrift vom 20.05. und
finden, wird somit ausdrücklich verwiesen. Diese zutreffenden Aussagen
wurden und können nicht in Zweifel gezogen werden.

Weder seitens der Frau Vorsitzenden noch der Senatsmitglieder, aber auch nicht von
der Frau Amtsbeauftragten, gab es weitere (irgendwelche) Nachfragen, deren
Beantwortung auf einen berechtigten Schuldvorwurf hatten schließen lassen oder die
plausible, durchgängig gleichbleibende Verantwortung meiner Mandantin in Zweifel
gezogen hat. Demzufolge erweist sich die Beweiswürdigung nicht als Ergebnis einer
nachprüfbaren und schlüssigen Konsequenz.

Dementsprechend überrascht waren Frau ***16*** und die Verteidigung auch bei der
mündlichen Verkündigung des Erkenntnisses.

Zur subjektiven Tatseite führt das Spruchsenatserkenntnis lediglich aus:
"Zu subjektiven Tatsache ist anzuführen, dass die Erst- und der Drittbeschuldigte im
Wirtschaftsleben stehende Personen sind, selbst die Erstbeschuldigte gibt zu, sie
habe täglich ca. 40-50 E-Mails mit detaillierten Anfragen bezüglich der Wohnungen
beantwortet. Somit ist auszugehen, dass beide über die sie jeweils treffende
abgabenrechtliche Verpflichtung bzw. deren Kontrolle sowie die Konsequenz
pflichtwidrigen Verhaltens informiert sind."

Von der Beantwortung von E-Mails im Zusammenhang mit Wohnungssuchen auf
vorsätzliches Verhalten meiner Mandantin bei (von ihr nicht wahrgenommenen)
Steuerverpflichtungen zu schließen, ist nicht einmal ansatzweise schlüssig. Pardon,
meine Mandantin weiß keine Details zur NOVA, Vorsteuerabzugsberechtigung bei
Grundstücksumsätzen, usw. Hiezu wurde der "Steuerberater" Herr ***15*** beauftragt.
Durch welches Handeln soll also meine Mandantin vorsätzlich Steuern
hinterzogen haben? Diese entscheidende Frage beantwortet das Erkenntnis nicht.

Wieso im schriftlichen Erkenntnis lediglich - unvollständig und im Ergebnis irreführend - ausgeführt wird, dass sich meine Mandantin hinsichtlich einer fahrlässigen Begehung geständig verantwortet (dies war zugegeben die mit der Beschwerdeführerin unabgesprochene Verantwortung von RA ***17*** anlässlich der ersten SpS Verhandlung am , bei welcher Frau ***16*** nicht anwesend war), während hingegen sich in der Niederschrift zur Verhandlung am (zwischenzeitlich wurde wahrheitsgemäß Herr ***16*** als tatsächlicher faktischer Geschäftsführer "präsentiert") sich meine Mandantin - vorgetragen von mir - wiederholt (vgl. Schlussplädoyer "Vertreter ersucht um Einstellung des Verfahrens bei Erstbesch.") nicht geständig verantwortete, verwundert.

Richtig ist also - und dies fehlt im Erkenntnis - dass ich in meinem (kurzen) Schlussplädoyer ausdrücklich jegliche Schuld für meine Mandantin - deutlich hörbar - bestritt und meine Mandantin sich diesen Ausführungen (zumindest konkludent, indem sie ihrem Verteidiger bei ihrem Schlusswort nicht widersprach, sondern darauf verzichtete) anschloss.


1.2. ad Verletzung von Verfahrensvorschriften

Wie der Aktenlage weiters entnommen werden kann, wurde im Verfahren vor dem
Spruchsenat beantragt, den ,,Steuerberater" (tatsächlich aber Buchhalter) Herrn ***15***
zu befragen. Dieser entzog sich bis dato seiner Befragung bzw. meldete er sich bei der
letzten Spruchsenatsverhandlung krank. Hätte man Herrn ***15*** - wie beantragt -
befragt, hätte sich - und das ist hier entscheidend - herausgesteilt, dass sein Kontakt
regelmäßig mit Herrn ***16*** und betreffend Rechnungswesen praktisch nie mit Frau ***16*** stattfand. Warum dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn ***15*** nicht entsprochen wurde, kann dem schriftlichen Erkenntnis nicht entnommen
werden. Darin wird eine Verletzung von relevanten Verfahrensbestimmungen erblickt,
weil bei Stattgeben des Antrages und anschließender Befragung eine anderslautende
Entscheidung wahrscheinlich gewesen wäre.

II. Beweisanträge

Zum Beweis dafür, dass Frau ***Bf1*** keinerlei Berührungspunkte zum
Rechnungswesen hatte, ergeht deshalb der neuerliche Antrag auf Einvernahme des
Herrn ***15***, Ladungsadresse: ***18***. Er wird von
einer etwaig bestehenden Verschwiegenheitspflicht entbunden.

Weiters wird zum selben Beweisthema auch die zeugenschaftliche Befragung des Herrn
***8*** und dessen Sekretärin, Frau ***19***, beantragt. Beide Personen
brauchen nicht geladen werden, sondern werden stellig gemacht.

III. ad strafbestimmender Wertbetrag

Fairerweise ist zuzugestehen, dass im hier vorliegenden Fall die (grundsätzlich natürlich
erforderliche) exakte Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrages infolge vieler
Einzelfakten eine ganz besondere Herausforderung darstellte, wobei aber die Frau
Amtsbeauftragte in ihrer modifizierten Anschuldigung (vgl. deren detaillierte Tabelle)
sehr wertvolle Vorarbeiten hiefür lieferte.

Herr ***16*** hat sich bei der Spruchsenatsverhandlung geständig hinsichtlich eines
strafbestimmenden Wertbetrages von € 31.312,40 (nämlich KESt 12-16 € 26.569,87,
KöSt 12 € 1.498,40 und KöSt 14 € 3,244,13) verantwortet. Dieser Betrag wurde aus
der Wahrnehmung meiner Mandanten und mir auch hörbar als strafbestimmend
verkündet und findet sich so auch in der Niederschrift hierzu. Laut Niederschrift wurden
die weitergehenden Anlastungen hingegen ,,teileingestellt". (!!)

[...]

Die restliche Differenz zwischen der Niederschrift zur Verhandlung und dem
schriftlichem Erkenntnis betrifft die NOVA, deren Komplexität der BH ***15*** ebenfalls nicht
überschaute, weshalb auch die NOVA beim mündlich verkündeten Erkenntnis nicht mehr
angelastet wurde.

Informativ teile ich mit, dass Herr ***16*** ausgehend von einem zugestandenen strafbestimmenden Wertbetrag von € 31.326 eine Bestrafung mit € 12.000 (also 38% des strafbestimmenden Wertbetrages) im Vergleich zur üblichen Spruchpraxis (in Anbetracht der damals noch nicht geleisteten Schadensgutmachung) für noch angemessen erachtete, weshalb vereinfachenderweise auch ein Rechtsmittelverzicht erklärt wurde.

Es fällt aber auch auf, dass bei einem jetzt mit € 58.346 bezifferten strafbestimmenden
Betrag (mündlich wurde dies nach meiner und meiner Mandantin bester Erinnerung so
nicht verkündet) sich aber die Tatsache ergibt, dass eine gegen meine Mandantin
festgesetzte Geldstrafe von € 9.000 einer zugegeben moderaten Bestrafung von nur
15% des strafbestimmenden Wertbetrages entspricht, somit unter der Mindeststrafe
nach § 23 Abs. 4 FinStrG liegt, also besondere Gründe vorgelegen haben müssen, diese
Mindeststrafe zu unterschreiten.

Bei der Strafbemessung findet sich jedoch hinsichtlich der Milderungsgründe, sowohl für
Herrn ***16*** also auch für Frau ***16***, jeweils lediglich der ordentliche
Lebenswandel und das Geständnis angeführt. Die Einkommenssituation der Ehegatten
ist ebenso vergleichbar. Besondere Milderungsgründe, welche eine Unterschreitung der
Mindeststrafe indizieren, sind hier nicht angeführt. (Ich führe das als Indiz für den mit
€ 31.326 verkündeten strafbestimmenden Wertbetrag an.)

Diese Ausführungen erfolgen deshalb so ins Detail gehend, weil meinen Mandanten und
mir bei der mündlichen Verkündigung - entsprechend dem Protokoll - ein
strafbestimmender Wertbetrag von € 31.326 in Erinnerung war. Die darauf fußenden
Geldstrafen entsprechen aus den Erfahrung den üblichen Erfahrungen.

Folglich ist mE der Schluss zu ziehen, dass die im schriftlichen Erkenntnis angeführten
Beträge wohl irrtümlich, jedenfalls aber unrichtig auch USt und NOVA Beträge enthalten.

Insofern ist auch nicht nachvollziehbar, dass im schriftlichen Erkenntnis in der
Begründung hinsichtlich der "Verantwortung des nicht geständigen Teils" (vgl.
unnummerierte Seite 10) von ,,reinen Schutzbehauptungen" ausgegangen wird, wenn
dem Schuldspruch - siehe Protokoll zur Niederschrift - der gesamte strafbestimmende
Wertbetrag der der Bestrafung damals zugrunde gelegt wurde, also € 31.326,
eingestanden wurde (!).

IV. ad Strafberufung

Oben wurde "in eventu" - also für den Fall, dass das BFG der Schuldbeschwerde wider
Erwarten nicht stattgibt - auch Beschwerde wegen der Höhe der festgesetzten
Geldstrafe erhoben.

Diesbezüglich ist eine Strafneubemessung deshalb erforderlich, weil meine Mandantin
zwischenzeitlich den hier zugrunde gelegten strafbestimmenden Wertbetrag von
€ 31.326 zur Gänze bezahlt hat.

Bei der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses lag dieser gemäß § 23 FinStrG zu
würdigende wichtige Milderungsgrund der Schadensgutmachung infolge der damaligen
(abgabenrechtlichen) Aussetzung noch nicht vor.

Soweit zur Begründung dieser Beschwerde."

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In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat des Bundesfinanzgerichtes brachte die Bf. ergänzend vor, sie habe nichts mit den buchhalterischen Angelegenheiten zu tun gehabt, sie habe auch weder noch das notwendige steuerliche Wissen noch die notwendigen Sprachkenntnisse gehabt, um diese zu erfüllen. Deshalb habe sie ihren Ehegatten gemeinsam mit dem selbstständigen Bilanzbuchhalter ***13*** mit der Erfüllung der steuerlichen Belange beauftragt. Dabei hat es in der Vergangenheit nie Probleme bzw. Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten dieser Erfüllungsgehilfen gegeben, sodass sie auf die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Belange der GmbH vertrauen habe können.

Inhaltlich wiederholte die Bf. ihr Beschwerdevorbringen, welches auch vollinhaltlich durch die Aussagen der einvernommenen Zeugen ***13***, ***19*** (Sekretärin des belangten Verbandes) und ***8*** (Ehemann) bestätigt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG macht sich einer grob fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer grob fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 34 Abs. 3 FinStrG wird die grob fahrlässige Abgabenverkürzung mit einer Geldstrafe bis zum Einfachen des maßgeblichen Verkürzungsbetrages geahndet.

Gemäß § 4 Abs. 2 FinStrG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung des Gerichtes erster Instanz oder der Finanzstrafbehörde geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre.

Festgestellt wird, dass sich die gegenständliche Beschwerde gegen den Schuldspruch I./ richtet, mit welchem die Bf. als verantwortliche Geschäftsführerin der Fa. X-GmbH der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt wurde.

Unangefochten blieben mit der gegenständliche Beschwerde die Spruchpunkte II./ III./, IV./ und V./, welche in Teilrechtskraft erwachsen sind.

Die Bf. war in den tatgegenständlichen Zeiträumen handelsrechtliche Geschäftsführerin der Fa. X-GmbH (nunmehr I***20*** GmbH) und somit auch für die Erledigung der steuerlichen Belange verantwortlich. Für die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen hat sich die Bf. ihres Gatten ***8*** und des selbständigen Bilanzbuchhalters ***13*** als Erfüllungsgehilfen bedient. Beide Erfüllungsgehilfen wurden dazu von der Bf. mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet.

Mit Bericht vom wurde eine abgabenbehördliche Prüfung des belangten Verbandes Fa. X-GmbH für den Zeitraum 2012-2014 und eine Nachschau für die Monate 01/2015-12/2016 abgeschlossen, im Rahmen derer unter Tz 2 bis 5 des BP-Berichtes festgestellt wurde, dass als Mietwagen verwendete Kfz (BMW X5, X6, BMW 740, Mercedes E 200CGI), für die eine Vergütung der NoVA stattgefunden hat, verkauft wurden, ohne dass diese Erlöse Eingang in die Buchhaltung gefunden haben. Es wurden weder NoVA noch USt für diese Verkäufe erklärt. Weiters wurde eine nicht erklärte Vermittlungsprovision (Tz 6) und der Verkauf der Liegenschaft in der ***12*** um € 150.000,00, wovon bloß ein Erlös iHv € 90.370,19 verbucht wurde, festgestellt (Tz 16). Unter den Tz 7 und 8 wurden Vorsteuerkürzungen iZm Kfz- bzw. Grundstücksumsätze vorgenommen und unter Tz 18 diverse der Privatsphäre der Gesellschafter zuzuordnende Aufwendungen nicht anerkannt.

In Bezug auf diese Feststellungen hat sich der Gatte der Bf. und Angestellte des belangten Verbandes teilweise für schuldig bekannt und er wurde diesbezüglich unter Schuldspruch III./ der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG rechtskräftig für schuldig erkannt und unter Spruchpunkt II./ die Verantwortlichkeit des belangten Verbandes ausgesprochen.

Bedient sich ein Steuerpflichtiger zur Besorgung seiner steuerlichen Angelegenheiten dritter Personen, ist er gehalten, bei der Auswahl dieser Personen sorgsam vorzugehen und sie auch entsprechend zu beaufsichtigen (Hinweis E , 83/14/0224). Das Ausmaß der notwendigen Überwachung wird durch den Grad der Zuverlässigkeit und Fachkunde des Erfüllungsgehilfen bestimmt, wobei eine stichprobenartige Überprüfung ausreicht (vgl. ). Weiters trifft den Abgabepflichtigen - ungeachtet seiner beruflichen Beanspruchung - die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information der mit den abgabenrechtlichen Agenden betrauten Personen (; ). Mit der gegenständlichen Beschwerde stellt die Bf. ein finanzstrafrechtlich relevantes Verschulden in Abrede und bringt im Wesentlichen vor, sie hätte in Bezug auf die abgabenrechtlichen Agenden auf die Erfüllungsgehilfen in Person ihres Gatten ***8*** und des selbständigen Bilanzbuchhalters ***13*** vertraut. Es war daher näher zu überprüfen, ob die Bf. bei der Auswahl ihrer Erfüllungsgehilfen ein finanzstrafrechtlich relevantes Verschulden in Form von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vorwerfbar ist.

Seit dem Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 2015/2016 mit (BGBl. I Nr. 118/2015) ist beim Jahressteuerdelikt neben Vorsatz nur mehr grobe Fahrlässigkeit strafbar.

Somit ist gemäß dem nach § 4 Abs. 2 FinStrG anzustellenden Günstigkeitsvergleich zu beurteilen, ob der Bf. die Schuldform des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit (= für den Bf. günstigere Norm, weil strengere Anforderung an das Verschulden) vorwerfbar ist.

Grob fahrlässig handelt, wer die im täglichen Leben erforderliche Sorgfalt gröblich, in hohem Grad, aus Unbekümmertheit oder Leichtfertigkeit außer Acht lässt, wer nicht beachtet, was unter den gegebenen Umständen jeder Person aus dem Berufs- und Bildungskreis des Täters einleuchten musste.
Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben bei schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzungen, die das gewöhnliche Maß an nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens ganz erheblich übersteigen.
Je höher die Abgabenverkürzung ist bzw. je mehr Fehler unterlaufen sind, desto eher wird eine grobe Fahrlässigkeit zu bejahen sein.

Das durchgeführte Beweisverfahren ergab keine Anhaltspunkte, dass die Bf. bei Auswahl und Überwachung ihrer Erfüllungsgehilfen auffallend sorglos gehandelt hätte. Beide Erfüllungsgehilfen sind finanzstrafbehördlich unbescholten und das Verfahren brachte keine Vorkommnisse aus der Vergangenheit hervor, die bei der Bf. einen Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Belange der GmbH durch die Erfüllungsgehilfen hervorrufen hätten müssen.

Da der Bf. somit weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit angelastet werden kann, war der Schuldspruch, der Strafausspruch sowie der Kostenausspruch zu Punkt I./ des angefochtenen Erkenntnisses aufzuheben und das gegen sie anhängige Finanzstrafverfahren insoweit gemäß §§ 136, 157 FinStrG einzustellen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7300012.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at