Nichterteilung einer Lenkeranfrage
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Martina Salzinger in der Verwaltungsstrafsache gegen ***1***, bezüglich der Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67-Parkraumüberwachung, Zahl MA 67/***2***, vom , betreffend die Verwaltungsübertretung nach § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, in der geltenden Fassung, zu Recht erkannt:
I.Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.
II.Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung des Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
II.Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs. 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV.Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Laut dem vom Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als belangte Behörde vorgelegten Akt war das Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***3*** am um 17:56 Uhr, in ***4***, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt. Demnach war weder ein Parkschein noch eine Parkkarte eingelegt bzw. elektronisch aktiviert.
Zufolge der Auskunft aus dem Zentralen Fahrzeugregister des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes in ***5*** vom , war das in Rede stehende Fahrzeug am auf die Beschwerdeführerin (kurz Bf.) zugelassen, weshalb diese als Zulassungsbesitzerin von der belangten Behörde mit Schreiben vom , GZ. MA67/***6***, aufgefordert wurde, gemäß § 2 Parkometergesetz 2006 der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wem sie das angesprochene Kraftfahrzeug überlassen gehabt habe, sodass es zu dem genannten Zeitpunkt am angeführten Ort gestanden sei.
Laut telefonisch erfolgter Auskunft der belangten Behörde wurde die an die Bf. adressierte Lenkeranfrage im Fensterkuvert an deren Adresse in Deutschland geschickt.
Am langte beim Magistrat der Stadt Wien bezugnehmend auf die letztgenannte Geschäftszahl ein mit "Lenkerauskunft" tituliertes Formular ein, dass auszugsweise folgende Angaben enthielt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zulassungsbesitzerin/Auskunftspflichtige Person/Mieterin | |
Familienname | ***7*** |
Vorname | ***8*** |
Adresse Zulassungsbesitzerin/Auskunftspflichtige Person/Mieterin | |
Straße | ***9*** |
Hausnummer | ***10*** |
PLZ | ***11*** |
Ort | ***12*** |
Staat | Deutschland |
Bekanntgabe | |
Ich gebe bekannt, dass das Fahrzeug folgender Person überlassen war | |
Angaben zur Person | |
Familienname | k.A. |
Vorname | k.A. |
Geschlecht | weiblich |
Adresse | |
Straße | k.A. |
Postleitzahl | 000 Ort: k.A. |
Staat | Österreich/A |
Kontakt (mindestens eine Angabe) | |
Telefon 1 | 0000000000 |
Mitteilungen | |
Text; Ich verweise auf das Bundesamt für Justiz, welches für die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide in Deutschland zuständig ist, bezüglich der Fälle von Halterhaftung auf § 87b des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) und nutze mein Zeugnis- und Aussageverweigerungsrecht und stelle den erneuten Antrag das Verfahren einzustellen. |
Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ. MA 67/***2***, wurde der Bf. folgende Verwaltungsübertretung angelastet: Sie habe als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***3*** dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der MA67 (Magistratsabteilung 67) vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu geben, wem Sie das gegenständliche Kraftfahrzeug überlassen gehabt habe, sodass dieses am , 17:56 Uhr, in ***4***, gestanden sei, nicht entsprochen, da keine konkrete Person als Lenkerin bekannt gegeben worden sei.
Unter Anführung der dadurch verletzten Rechtsvorschriften wurde über die Bf. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 60,00 im Falle der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
Im fristgerecht dagegen erhobenen Einspruch vom brachte die Bf. vor, sie gehe davon aus, dass sie als Halterin des Fahrzeuges nicht der Fahrzeugführer zum tatsächlichen Tatzeitpunkt der Ordnungswidrigkeit gewesen sein könne, da sie sich zum Tatzeitpunkt in Deutschland befunden habe. Um ein Foto/Beweis, dass zum Tatzeitpunkt kein Parkschein gut sichtbar am Fahrzeug angebracht gewesen sei, werde ersucht.
Der Schuld- und Strafausspruch des in der Folge ergangenen und der Bf. laut eigenen Angaben am in Deutschland zugestellten Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, Zahl MA 67/***2***, lautet unter anderem wie folgt:
"Als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen ***3*** haben Sie dem ordnungsgemäß zugestellten Verlangen der MA67 (Magistratsabteilung 67) vom , innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu geben, wem Sie dieses Fahrzeug überlassen gehabt habe, sodass dieses am in ***13***, gestanden ist, nicht entsprochen, da keine konkrete Person als Lenkerin bekannt gegeben worden ist."
Die Bf. habe dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung. Gemäß § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 60,00, im Falle der Uneinbringlichkeit 14 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt und zudem ein Betrag von EUR 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt (§ 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991).
Dies wurde auszugsweise wie folgt begründet:
"Wie der Aktenlage entnommen werden kann, wurde die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers am an Sie übermittelt.
Mit Schreiben vom wurde keine konkrete Person als Lenkerin bekannt gegeben. Es wurde lediglich mitgeteilt…
Mittels Strafverfügung vom wurde Ihnen die gegenständliche Verwaltungsübertretung angelastet. In Ihrem darauffolgenden Einspruch führten Sie lediglich an, dass Sie als Halterin des Fahrzeuges nicht der Fahrzeugführer zum tatsächlichen Tatzeitpunkt sein müssen und somit nicht für die Tat verantwortlich wären. Sie hätten sich zum Zeitpunkt des Tatvorganges in Deutschland befunden und würden unabhängig davon um Übermittlung von Beweisen oder Fotos der Tat ersuchen…
Gemäß Artikel 3 Abs. 1 lit. e der von Ihnen angeführten Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Verdächtige oder beschuldigte Personen umgehend mindestens über folgende Verfahrensrechte (Recht auf Aussageverweigerung) in ihrer Ausgestaltung nach dem innerstaatlichen Recht belehrt werden, um die wirksame Ausübung dieser Rechte zu ermöglichen. Artikel II der Novelle zum FAG 1985, BGBl. 384/1986 vom (Verfassungsbestimmung) bestimmt, dass Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, zurücktreten, wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von Kraftfahrzeigen den (die) Zulassungsbesitzer und weiters jeden, der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines Kraftfahrzeuges überlässt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Auskunft zu geben, wem er (sie) das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat (haben) .
Tatort der Verweigerung der Auskunft ist Sitz der anfragenden Behörde (VwGH verstärkter Senat vom , Zl. 93/03/9156). Dass die deutsche Rechtsordnung eine Lenkerauskunft nicht kennt, spielt keine Rolle, wenn der Tatort in Österreich gelegen ist ( Zl. 97/02/0220).
Dass Sie somit nach der deutschen Gesetzeslage nicht zur Erteilung der begehrten Auskunft verpflichtet sind, geht insofern fehl, als der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile mehrmals mit näherer Begründung von der Strafbarkeit deutscher Zulassungsbesitzer bei Nichtbeantwortung einer - auch an Ihre Adresse in Deutschland adressierten - Lenkeranfrage einer österreichischen Behörde ausging...
Da der Tatort der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung (Nichterteilung der Auskunft) in Österreich gelegen ist, war daher gemäß Artikel 3 Abs. 1 lit. e der Richtlinie 2012/13/EU österreichisches Recht anzuwenden…
Nachdem hieramts im gegenständlichen Fall keine Lenkerauskunft eingelangt ist, wurde somit innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen kein konkreter Lenker bekannt gegeben …"
In der gegen das Straferkenntnis vom erhobenen Beschwerde vom führte die Bf. im Wesentlichen ins Treffen:
"1.)
Entgegen der Aussage in der Begründung in Absatz 4 wurde keine ordnungsgemäße Zustellung am vorgenommen. Dies wird hiermit bestritten.
2.)
Ich bin der Auffassung, die Androhung ist unzulässig, da die Vollstreckungsankündigungen mangels Regelungscharakters keine Verwaltungsakte seien. lm Übrigen seien die Straferkenntnisse nicht unter Missachtung elementarer Rechtsgrundsatze zu Stande gekommen. Auch das deutsche Recht kenne die Ahndung von Verstößen gegen Parkvorschriften und eine Halterhaftung, die im Ergebnis identisch mit dem österreichischen Recht sei. Der Halter zahle nicht für das eigentliche Delikt und müsse den wahren Verursacher nicht benennen. Die Antragsgegnerin habe sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu orientieren, wonach eine dem österreichischen Recht entsprechende Vorschrift nicht gegen Art. 6 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten… verstoße. Des Weiteren habe die Antragsgegnerin die Grundsätze des Rahmenbeschlusses 2005/214/Jl des Rates vom über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (Amtsblatt der Europäischen Union - ABl. - 2005 L 76, S, 16 ff.; im Folgenden: Rahmenbeschluss Geld) zu berücksichtigen, obwohl die Bundesrepublik Deutschland den Rahmenbeschluss Geld noch nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt habe. Die Bundesrepublik Deutschland habe diesbezüglich eine Erklärung abgegeben, die den vorliegenden Fall treffe. Die Straferkenntnisse seien danach auch in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstrecken. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Amtshilfeabkommen Österreich wird Amtshilfe nicht geleistet, wenn sie nach dem Recht des ersuchten Staates unzulässig ist. Dies ist nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungsmaßstab der Fall…Nach diesen Grundsätzen erscheint eine Vollstreckung der österreichischen Straferkenntnisse gegen die Antragstellerin in der Bundesrepublik Deutschland bei überschlägiger Prüfung unzulässig. Sie widerspricht nach dem Maßstab des vorliegenden Verfahrens wesentlichen Rechtsgrundsätzen der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Wenn die österreichischen Straferkenntnisse im Streitfall in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckt werden, so würde die Bundesrepublik Deutschland ausländische behördliche Entscheidungen durchsetzen, die gegen in der Bundesrepublik Deutschland geltende elementare Rechtsgrundsätze verstoßen könnten. So können die Straferkenntnisse gegen das Verbot eines Zwangs zur Selbstbezichtigung und gegen das Schweigerecht des Angeklagten im Strafverfahren verstoßen… Auch der Schutz des Angehörigenverhältnisses, der in seinem Kernbestand zu den rechtsstaatlich unverzichtbaren Erfordernissen eines fairen Verfahrens gehört, könnte bei einer Umgehung des Zeugnisverweigerungsrechts berührt sein…
Mit den Straferkenntnissen im Streitfall, die deutschen Bußgeldbescheiden vergleichbar sind (BFH-Beschluss vom VII 8 35/01, BFH/NV 2001,1141), wird die Antragstellerin dafür sanktioniert, dass sie als Zulassungsbesitzer nicht über den Namen und die Anschrift derjenigen Person Auskunft gibt, der sie das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hatte…
Eine Ahndung dieser Nichtbenennung als Ordnungswidrigkeit verstieße nach Auffassung des beschließenden Senats im deutschen Recht gegen die vorgenannten Rechtsgrundsätze. Die deutsche Verwaltungsbehörde wäre bei Verweigerung einer Auskunft aufgrund anderer Erkenntnismittel gehalten, den Täter der Ordnungswidrigkeit zu ermitteln. Gelingt dies nicht, ist das Ordnungswidrigkeitsverfahren einzustellen, jedoch kein neues Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen der Verweigerung der Auskunftserteilung zu führen…
Auch nach Auffassung des österreichischen Verfassungsgerichtshofs - VfGH steht die Lenkerauskunft in ihrer materiellen Bedeutung nicht in Einklang mit (österreichischen) verfassungsrechtlichen Grundsätzen, da sie auf eine Pflicht zur Selbstbeschuldigung hinauslaufe. Sie sei aber nach österreichischem Recht verfassungsrechtlich wegen der besonderen Ermächtigung als Verfassungsbestimmung durch den Verfassungsgesetzgeber nicht zu beanstanden (zu § 103 Abs. 2 KFG in der Fassung der 10. KFG Novelle, Erkenntnis des österreichischen Verfassungsgerichtshofs vom , 6 72/88, G 102-104/88 …
Zwar kann nach Auffassung des EGMR ein Zwang im Fall der sogenannten Lenkerauskunft unter bestimmten Umstanden nicht gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen…Diese Entscheidungen können jedoch nach Auffassung des Gerichtes nicht auf den vorliegenden Fall, der Vollstreckung einer solchen Sanktion in der Bundesrepublik Deutschland, übertragen werden, da sie mit dem hiesigen Verständnis des Grundgesetzes nicht übereinstimmen (siehe oben) und der besonderen Situation in den Staaten der dortigen Verfahren geschuldet sind. Die Verpflichtung von Behörden und Gerichten der Bundesrepublik Deutschland, unter bestimmten Voraussetzungen die EMRK, die in der Bundesrepublik Deutschland im Rang eines Bundesgesetzes steht, in der Auslegung durch den EGMR bei ihrer Entscheidungsfindung zu berücksichtigen, gilt nicht, sofern dies zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten (vgl. Art. 53 EMRK) - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt. Des Weiteren ist zu beachten, dass eine materielle Bindung der Entscheidungen des EGMR nur die jeweiligen Beteiligten des Rechtsstreits trifft (Art. 46 EMRK; vergleiche zum Vorgenannten BVerfG-Beschluss vom , 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307, NJW 2004, 3407 m. w. N.)…"
Über die Beschwerde wurde erwogen:
I.Rechtsgrundlagen
Zufolge § 5 des Wiener Abgabenorganisationsrechtes (WAOR), LGBl. Nr. 21/1962, (hier und im folgenden Text sind die Rechtsvorschriften jeweils in der für den Beschwerdefall relevanten Fassung angegeben) entscheidet über Beschwerden in abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben das Bundesfinanzgericht.
Gemäß § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG), BGBl. I Nr. 14/2013, ist das Verfahren für gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG dem Bundesfinanzgericht übertragene Rechtsmittel betreffend Verwaltungsübertretungen im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt. Die Vollstreckung diesbezüglicher Erkenntnisse und Beschlüsse hat nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 zu erfolgen.
Hinsichtlich des vom Bundesfinanzgericht anzuwendenden Verfahrensrechtes bestimmt § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, Folgendes:
"§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zufolge § 45 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 Abs. 1 erster Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, in der durch BGBl. I Nr. 33/2013 geänderten Fassung, bestimmt, dass eine Tat nur dann als Verwaltungsübertretung bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.
Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zufolge der Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Nach § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Wie Verwaltungsübertretungen als strafbares Verhalten vom Bundesfinanzgericht geahndet werden, regelt demnach das VStG. Nicht im VStG enthalten sind jedoch die einzelnen Straftatbestände, Welches Verhalten als Verwaltungsübertretung strafbar ist, findet man im materiellen Verwaltungsrecht.
Das Gebot zur Erteilung der erbetenen Lenkerauskunft ergibt sich aus § 2 Gesetz über die Regelung der Benützung von Straßen durch abgestellte mehrspurige Kraftfahrzeuge (Parkometergesetz 2006), LGBl. für Wien Nr. 09/2006.
§ 2 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:
"(1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlässt, für dessen Abstellen gemäß Verordnung des Wiener Gemeinderates eine Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gemäß § 25 StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2005, abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muss, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung, zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."
§ 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 normiert, dass Übertretungen des § 2 als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen sind.
§ 26 Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008, sieht hinsichtlich einer Zustellung ohne Zustellnachweis vor:
"§ 26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.
(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam."
Als erwiesen angenommener Sachverhalt und dessen rechtliche Beurteilung
Als Sachverhalt steht fest, dass ein Erhebungsorgan das abgestellte KFZ mit dem behördlichen Kennzeichen ***3*** tatsächlich am um 17:56 Uhr in der genannten gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien festgestellt hat.
Unbestritten ist weiters, dass die Bf. Zulassungsbesitzerin des Fahrzeuges mit dem vorgenannten Kennzeichen ist. Die Erstbehörde war daher berechtigt, von der Bf. die Erteilung der in Rede stehenden Lenkerauskunft zu verlangen. Dokumentiert ist auch, dass die Bf. mit Schreiben der Erstbehörde vom aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu geben, wem sie dieses Fahrzeug am um 17:56 Uhr überlassen gehabt hat, sodass es zu diesem Zeitpunkt in Wien gestanden ist. Das Auskunftsersuchen enthielt den Hinweis, dass die Auskunft den vollen Namen und die vollständige Anschrift der betreffenden Person enthalten müsse. Es werde darauf hingewiesen, dass das Nichterteilen bzw. die unrichtige, unvollständige oder nicht fristgerechte Erteilung der Lenkerauskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Die Lenkerauskunft sei auch dann zu erteilen, wenn er der Meinung sein sollte, das betreffende Delikt nicht begangen oder den Strafbetrag bereits beglichen zu haben.
Aus den vorgelegten Akten bzw. zufolge der Auskunft der belangten Behörde ergibt sich, dass die Zustellung der Lenkeranfrage am nach Deutschland ohne Zustellnachweis angeordnet (Fensterkuvert) wurde. Der Magistrat konnte den tatsächlichen Zeitpunkt der Zustellung nicht erheben.
Dokumente deren Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet wurden, werden nach § 26 Abs. 1 ZustG zugestellt, indem sie in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbriefkasten) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen werden. Im Übrigen stellt das Gesetz hinsichtlich des Zustellzeitpunktes die Vermutung auf, dass die Sendung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan zugestellt wird (§ 26 Abs. 2 ZustG).
Behauptet der Empfänger, die Sendung sei überhaupt nicht oder später als seitens der Behörde angenommen zugestellt worden, so hat die Behörde die Tatsache sowie den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen zu erheben und nachzuweisen. Alleine durch die Behauptung tritt die Zustellvermutung des Abs. 2 nicht ein (vgl. ) und liegt in weiterer Folge die Beweislast bei der Behörde (Raschauer, Sander, Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 26 Rz 4; ; , 94/04/0061). Gelingt es der Behörde nicht, den Zeitpunkt des Einlegens der Sendung in den Briefkasten oder des Hinterlassens derselben an der Abgabestelle zu erheben, muss die diesbezügliche Behauptung des Empfängers als richtig angenommen werden (Raschauer, Sander, Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 26 Rz 4; ; , 2001/13/0302; , 2004/08/0087).
Im Beschwerdefall hat nun die Bf. nicht behauptet, dass ihr die Lenkeranfrage überhaupt nicht zugestellt worden sei. Ihr diesbezüglicher Einwand richtet sich lediglich gegen die im Straferkenntnis behauptete Zustellung bereits am , dem Tag der Ausfertigung der Lenkererhebung.
Fakt ist aber, dass die Bf. am eine ausgefüllte Lenkerauskunft beim Magistrat eingebracht hat und demnach inhaltliche Kenntnis von der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe gehabt haben musste. Es ist daher mir Recht davon auszugehen, dass diese der Bf. zugegangen ist.
Das Bundesfinanzgericht geht folglich in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Zustellung der Lenkeranfrage spätestens am Tag der Auskunftserteilung () tatsächlich bewirkt wurde.
Insgesamt ist daher das Tatbestandsmerkmal einer rechtmäßig ergangenen und die Auskunftspflicht des § 2 Parkometergesetzes 2006 daher begründenden Aufforderung zur Erteilung der verlangten Auskunft im Beschwerdefall als erfüllt zu betrachten.
In weiterer Folge wurde jedoch keine konkrete Person bekanntgegeben, sodass der Behörde beizupflichten ist, wenn Sie ausführt, die von der Bf. verlangte Lenkeranfrage sei im Ergebnis nicht beantwortet worden.
Die Bf. brachte auch nicht vor, sie sei der geforderten Lenkerauskunft innerhalb der zweiwöchigen Auskunftsfrist nachgekommen, erblickt aber in der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers einen Verstoß gegen den Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare" und damit gegen Art. 6 EMRK.
Mit der Frage, ob die Einholung einer Lenkerauskunft nach § 2 des Wiener Parkometergesetzes dem prozessual - auch grundrechtlich (Art.6 MRK) - abgesicherten "Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung" entgegensteht, hatte sich das Bundesfinanzgericht bereits mehrfach zu befassen und etwa in der Entscheidung vom , GZ. RV/7500447/2018, betreffend die Verweigerung der Lenkerauskunft durch einen deutschen Kfz-Halter erkannt, dass es konventionsrechtlich nicht geboten ist, eine Aufforderung nach § 2 Parkometergesetz 2006 zu unterlassen, selbst wenn bereits wegen des Grunddeliktes ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Fahrzeughalter eingeleitet worden ist. Dies wurde auszugsweise wie folgt begründet:
"Die oben zitierte Regelung des § 2 Parkometergesetz 2006 ist (wie ihre Vorgängerbestimmung) verfassungsrechtlich durch die Verfassungsbestimmung des Art. II des Bundesgesetzes vom , mit dem das Finanzausgleichsgesetz 1985 geändert wird, BGBl. Nr. 384/1986, gedeckt.
Diese Verfassungsbestimmung lautet:
"Wenn die Länder bei der Regelung der Erhebung von Abgaben für das Abstellen von Fahrzeugen und Kraftfahrzeugen den (die) Zulassungsbesitzer und weiters jeden, der einer dritten Person die Verwendung eines Fahrzeuges oder das Lenken eines Kraftfahrzeuges überläßt, verpflichten, über Verlangen der Behörde darüber Auskunft zu geben, wem er (sie) das Fahrzeug oder Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen hat (haben), so treten Rechte auf Auskunftsverweigerung gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, zurück."
Der Wiener Landesgesetzgeber hat mit § 2 Parkometergesetz 2006 (früher § 1a) eine Regelung im Sinne der zitierten Verfassungsbestimmung geschaffen und damit den Magistrat dazu ermächtigt, derartige Auskünfte, wie im gegenständlichen Fall vom Bf., zu verlangen. Dementsprechend trifft nach der dargestellten Rechtslage (u. a.) den Zulassungsbesitzer die Pflicht, der Behörde (dem Magistrat) darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat, wobei sich dieser (entsprechend der zitierten Verfassungsbestimmung) nicht auf etwaige Auskunftsverweigerungsrechte berufen kann (vgl. ; , 96/17/0425 sowie 96/17/0348; vom , 99/17/0431; und vom , 2006/17/0380).
Mit dieser Ermächtigung wollte der Verfassungsgesetzgeber die Realisierung eines bestimmten rechtspolitischen Anliegens ermöglichen, von dem er annahm, dass ihm nicht anders als durch das Institut der sog. Lenkerauskunft entsprochen werden könne. Der Verfassungsgesetzgeber hat mit dieser Ermächtigung auch die Einschränkung des aus dem Anklageprinzip des Art. 90 Abs. 2 B-VG - auch für Verwaltungsstrafverfahren - erfließenden Grundsatzes in Kauf genommen, dass niemand unter Strafsanktion gezwungen werden darf, ein Geständnis seines strafbaren Verhaltens abzulegen (vgl. Zl. B 1369/88, VfSlg. 11927; VfSlg. 9950/1984, 10394/1985)…
…Zwar genießt die Menschenrechtskonvention (MRK) aufgrund des Art. II B-VG vom , BGBl. 59, ebenfalls Verfassungsrang, ihre (innerstaatliche) Änderung durch ein Verfassungsgesetz oder eine Verfassungsbestimmung stellt jedoch - auch hinsichtlich der Grundsätze eines fairen Prozesses gemäß Art. 6 Abs. 1 MRK - keine Gesamtänderung der Bundesverfassung iSd Art. 44 Abs. 3 B-VG dar (vgl. Zl. G72/88 u.a.)…
…Eine Auslegung der Verfassungsbestimmung des Art. II des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 384/1986 zur Änderung des FAG 1985 und damit des Wiener Parkometergesetzes dahingehend, dass dem Zulassungsbesitzer ein Recht zur Verweigerung einer ihn selbst in Verdacht einer strafbaren Handlung bringenden Auskunft zustünde, lassen weder der Wortlaut noch der Zweck des § 1a bzw. § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 zu (vgl. Zl. 96/17/0425).
Der Tatort der gegenständlichen Verletzung der Auskunftspflicht ist gemäß § 2 Abs. 2 VStG jeweils der Sitz der anfragenden Behörde und damit das Inland (vgl. Zlen. 97/17/0019 bis 0021; vgl. Lewisch/Fister/Weilguni, VStG 1991, Kommentar, § 2 Tz. 14).
Wird demnach das Delikt im Inland, nämlich am Sitz der anfragenden Behörde, verwirklicht, so kann auch die Befugnis zur Bestrafung durch die nach den österreichischen Gesetzen dafür in Betracht kommende Behörde nicht zweifelhaft sein. Der Bestrafung des Bf. steht deutsches Recht schon deshalb nicht entgegen, weil von den österreichischen Strafbehörden im Rahmen der ihnen hier zustehenden Strafhoheit nach dem Territorialitätsprinzip deutsches (Verfassungs-)Recht nicht anzuwenden ist.
Danach geht die Berufung auf deutsches Recht, wonach ein einer Verwaltungsübertretung Verdächtiger nicht verpflichtet werden könne, Familienangehörige als mutmaßliche Lenker eines KFZ zu benennen, fehl, weil der Tatort der dem Bf. zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, die Verweigerung der Lenkerauskunft, in Österreich gelegen ist, sodass österreichisches Recht anzuwenden ist (vgl. Zl. 99/03/0074 mit Hinweis Zl. 97/02/0220; , Zl. 96/17/0425).
Ob dem Straferkenntnis auf dem Territorium des Heimatstaates aufgrund deutschen Rechts allenfalls Vollstreckungshindernisse entgegenstehen, ist für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses, die aufgrund der österreichischen Rechtslage zu erfolgen hat, ohne Bedeutung. Selbst wenn man auch dem Art. 6 Abs. 1 EMRK (fair-trial-Gebot) ein Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung und zur Bezichtigung naher Angehöriger entnehmen wollte, so stünde einem solchen Verbot der Konvention innerstaatlich und insoweit mit derogatorischer Kraft die spätere, oben zitierte Verfassungsbestimmung des Art. II des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 384/1986 zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1985 hinsichtlich der dort getroffenen Regelung der Lenkerauskunftsfragen in Parkgebührensachen entgegen, auf die sich § 2 Parkometergesetz 2006 stützen kann (vgl. Zl. 96/17/0425; vgl. zur Verfassungsmäßigkeit auch das Erkenntnis des , VfSlg. 11927).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse) erkennt, darf daher eine Lenkeranfrage nach § 1a Wiener Parkometergesetz (nunmehr § 2 Parkometergesetz 2006) auch an deutsche Staatsbürger (Zulassungsbesitzer) gerichtet werden.
Zum Verschulden iZm der hier anzuwendenden Vorschrift des § 2 Parkometergesetz 2006 hat der VwGH ausgesprochen, dass auch ein deutscher Staatsbürger spätestens ab dem Zeitpunkt, in dem dieser ernsthaft mit der Verbringung des Fahrzeuges nach Österreich rechnen muss, Anlass hatte, sich mit den einschlägigen Normen der österreichischen Rechtsordnung vertraut zu machen (vgl. Zl. 98/17/0091-0093).
Ein Straßen mit öffentlichem Verkehr in Österreich benutzender deutscher Staatsbürger ist daher verpflichtet, sich über den aktuellen Stand der maßgeblichen Rechtsvorschriften zu informieren (vgl. Zl. 93/03/0162)…"
Der im vorgenannten Erkenntnis im Ergebnis vertretenen Rechtsauffassung, wonach das Wiener Parkometergesetz sehr wohl auf einen deutschen Staatsbürger anwendbar sei und dieser diesbezüglich nicht das Recht auf Aussagverweigerung beanspruchen könne, schließt sich das Bundesfinanzgericht auch im gegenständlichen Beschwerdefall an.
Mangels Vorliegens gegenteiliger Indizien ist die Bf. auch als schuldfähig und somit strafbar zu erachten.
Der Bf. ist daher letztlich sowohl rechtswidriges als auch schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen, zumal weder Rechtfertigungs- noch Schuldausschließungsgründe vorgebracht worden sind und auch die Aktenlage nicht auf deren Vorliegen hindeutet.
Strafbemessung
Nach § 10 Abs. 1 VStG richten sich Strafart und Strafsatz nach den Verwaltungsvorschriften, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist.
§ 16 Abs. 1 VStG normiert, dass bei Verhängung einer Geldstrafe zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen ist.
Innerhalb des gesetzlichen gebotenen und hier in § 4 Abs. 2 Parkometergesetz 2006 festgelegten Strafrahmens ist der Strafbehörde zwar ein Ermessensspielraum eingeräumt. Die Ermessensausübung hat jedoch unter Berücksichtigung auf die in § 19 VStG festgesetzten Kriterien zu erfolgen.
Danach sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19 Abs. 1 VStG). Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs. 2 VStG).
Unter Bedachtnahme auf die vorgenannten Strafbemessungskriterien ergibt sich im vorliegenden Fall Folgendes:
Das Verhalten der Bf. beeinträchtigte erheblich das als schutzwürdig einzustufende und durch die Strafdrohung geschützte, öffentliche Interesse an der Feststellung des verantwortlichen Lenkers, ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen durchführen zu müssen.
Das Ausmaß des Verschuldens der Bf. kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der objektiv gebotenen und der Bf. auch zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte, oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.
Der besondere Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde der Bf. bereits erstinstanzlich zu Gute gehalten, kann aber noch nicht dazu führen, dass von einem "beträchtlichen Überwiegen" der Milderungsgründe gesprochen werden kann, selbst wenn aus der Aktenlage kein Erschwerungsgrund abzuleiten ist. Weitere besondere Milderungsgründe sind nämlich ebenso wenig hervorgekommen wie erschwerende Umstände.
Zu ihren persönlichen Verhältnissen hat die Bf. trotz Aufforderung der Behörde keine Angaben gemacht. Es wurden daher auch dieser Entscheidung durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf. zu Grunde gelegt, allfällig bestehende Sorgepflichten konnten mangels Angaben nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen ist die Verhängung einer Geldstrafe ja auch dann gerechtfertigt, wenn der Bestrafte kein Einkommen hat (vgl. ).
Im Hinblick auf diese Strafzumessungsgründe und auf den bis zu 365,-- € reichenden Strafsatz, ist die im Straferkenntnis verhängte Geldstrafe in Höhe von 60 € bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal sie ohnedies nur ein Sechstel des gesetzlichen Strafsatzes beträgt und nach Dafürhalten des Bundesfinanzgerichtes im konkreten Fall nicht nur nach generalpräventiven Überlegungen, sondern auch aus spezialpräventiven Gründen angebracht ist. Schließlich soll die Strafe doch dazu dienen, die Bf. in Hinkunft von der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen ausreichend abzuhalten.
Es war daher der Beschwerde keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen.
Öffentliche mündliche Verhandlung
Gegenständlich wurde von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 Abstand genommen, da im angefochtenen Erkenntnis eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, das Beschwerdevorbringen den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Sachverhalt unbestritten ließ und eine mündliche Verhandlung auch nicht beantragt wurde, obwohl auf das Recht, einen derartigen Antrag in der Beschwerde zu stellen, in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses ausdrücklich hingewiesen worden ist.
Kostenentscheidung
Zufolge § 64 Abs. 2 VStG ist der vom Bestraften nach § 64 Abs. 1 VStG zu leistende Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens mit 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen.
Am Ausspruch der belangten Behörde im Straferkenntnis, wonach ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von EUR 10,00 zu leisten ist, erfolgt durch das Erkenntnis des BFG keine Änderung, weil dieser Geldbetrag dem Mindestkostenbeitrag laut Gesetz entspricht.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12 ,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Die festgesetzten Beträge an Geldstrafe (€ 60) und Mindestkostenbeitrag zum Behördenverfahren (€ 10) und der Betrag zum Beschwerdeverfahrens (€ 12) betragen im Ergebnis € 82,00.
Vollstreckung
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Nichtzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Dies ist nicht der Fall, weil das BFG nicht von der angeführten Judikatur abgewichen ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500338.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at