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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.08.2020, RV/7103367/2020

Österreichische Zuständigkeit für Familienleistungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1***-***2*** ***3***, ***4***, ***5***, vom , gegen den Bescheid des Finanzamts Baden Mödling, 2500 Baden, Josefsplatz 13, vom , mit welchem der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im August 2019 geborene ***6*** ***7*** ***3*** ab August 2019 gemäß § 13 FLAG 1967 abgewiesen wurde, Sozialversicherungsnummer ***8***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag

Die Beschwerdeführerin (Bf) ***1***-***2*** ***3*** beantragte am beim Finanzamt Baden Mödling die Zuerkennung von Familienbeihilfe. Die Bf sei an einer Anschrift im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Baden Mödling wohnhaft, rumänische Staatsbürgerin und ledig. Sie beantrage Familienbeihilfe ab ***9*** (August 2019) wegen "Geburt" für ihre im August 2019 geborene Tochter ***6*** ***7*** ***3***. Diese sei österreichische Staatsbürgerin.

Beigefügt war ein Staatsbürgerschaftsnachweis betreffend ***6*** ***7*** ***3***, eine Geburtsurkunde betreffend ***6*** ***7*** ***3***, eine Meldebestätigung betreffend ***6*** ***7*** ***3***, eine Meldebestätigung betreffend die Bf, eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz vom , und zwar gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG als Arbeitnehmer/-in, der Bezirkshauptmannschaft Baden vom und die Kopie eines Reisepasses der Republik Rumänien.

Schreiben des Finanzamts vom

Aktenkundig ist ein Schreiben des Finanzamts vom an die Bf wie folgt:

Sehr geehrte Frau ***3***!

Wir gratulieren Ihnen sehr herzlich zur Geburt Ihrer Tochter ***6******7***.

Die Familienbeihilfe ist eine der familienbezogenen Leistungen, die Österreich frischgebackenen Müttern und Vätern zur Verfügung stellt, sofern alle dafür notwendigen Anspruchskriterien erfüllt werden.

In Ihrem Fall fehlen zur Feststellung der Anspruchsberechtigung und Auszahlung der Familienbeihilfe allerdings noch Daten.

Bitte ergänzen Sie die fehlenden Angaben und senden Sie dieses Schreiben samt den geforderten Unterlagen in Kopie so bald als möglich unterschrieben per Post an uns zurück. Dieses Schreiben wird als Antrag gewertet; es ist also nicht erforderlich, ein Antragsformular auszufüllen. ...

Sobald Ihre Anspruchsvoraussetzungen vollständig vorliegen, veranlassen wir die Auszahlung der Familienbeihilfe und die Zusendung einer Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe. Diese Mitteilung dient als Nachweis über den Bezug der Familienbeihilfe und kann bei anderen Behörden, Sozialversicherungsträgern, Ihrem Dienstgeber etc. vorgelegt werden.

Sollten die von Ihnen übermittelten Unterlagen keinen Anspruch auf die Familienbeihilfe ergeben, erhalten Sie einen Abweisungsbescheid.

Sollten keine entsprechenden Angaben möglich sein bzw. keine entsprechenden Unterlagen vorliegen, betrachten Sie dieses Schreiben als gegenstandslos. Es steht Ihnen in diesem Fall selbstverständlich frei, bei Vorliegen der vollständigen Anspruchsvoraussetzungen zu einem späteren Zeitpunkt einen Antrag auf Familienbeihilfe einzubringen.

Dazu stehen Ihnen folgende Möglichkeiten offen:

• Nutzung von FinanzOnline. Sie registrieren sich einmal und können rund um die Uhr Ihre Erklärungen, Anträge etc. elektronisch einbringen.

• Download des Formulars Beih1 von der Homepage des BMF (www.bmf.gv.at/formulare) oder Abholung des Formulars beim Finanzamt.

Bitte beachten Sie, dass die Familienbeihilfe längstens fünf Jahre rückwirkend gewährt werden kann.

Hinweis: Für ein Kind wird Familienbeihilfe nur einer Person gewährt. Leben Eltern mit ihrem/ihren Kind(ern) im gemeinsamen Haushalt, ist die Familienbeihilfe vorrangig jenem Elternteil zu gewähren, der den gemeinsamen Haushalt überwiegend führt. Auf Grund einer gesetzlichen Vermutung gilt die Mutter als die Person, die den Haushalt überwiegend führt. Soll daher der Vater die Familienbeihilfe beziehen, muss entweder die Mutter auf ihren vorrangigen Anspruch verzichten oder er muss nachweisen, dass er den Haushalt überwiegend führt.

Details zur Familienbeihilfe und anderen familienbezogenen Leistungen finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Familien und Jugend unter www.bmfj.gv.at/familie. Nähere Informationen zu steuerlichen Begünstigungen für Familien finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums für Finanzen unter www.bmf.gv.at/steuern/familienkinder.

Wir hoffen, Sie ausreichend informiert zu haben und wünschen Ihnen und Ihrem Baby für die Zukunft alles Gute.

Ihr Finanzamt

Dieses Schreiben wurde von der Bf am dem Finanzamt retourniert. Dazu wurde der (ohnehin schon mit dem Formular Beih 100 mitgeteilte) IBAN bekannt geben und mitgeteilt, dass die Bf derzeit nicht beschäftigt sei. Neuerlich wurde eine Kopie der Anmeldebescheinigung vom vorgelegt.

Außerdem findet sich im elektronischen Akt des Finanzamts unter OZ 3 (ALF3 ) ein offenbar nicht zu diesem Verfahren gehöriger Antrag mit dem Formular AS 32-PDF vom eines namentlich genannten Pensionisten auf Rückzahlung von € 13 auf ein näher bezeichnetes Konto.

Ergänzung zum Antrag

Mit Schreiben vom gab die Bf dem Finanzamt bekannt, dass sie kein Einkommen beziehe und derzeit unentgeltlich bei einer Bekannten an der im Antrag Beih 100 bekannt gegebenen Adresse wohne. Ihren Lebensunterhalt bestreite sie derzeit "vom Wochengeld und den Alimenten". Sie erhalte monatlich € 300 vom Vater des Kindes.

Beigefügt war eine Vereinbarung zwischen ***1***-***2*** ***3*** und ***10*** ***11***, wonach "eine monatliche Zahlung der Alimente in Höhe von EUR 300,- auf das Konto der Mutter" ... vereinbart wird.

FABIAN

Aus verschiedenen aktenkundigen Screenshots aus dem elektronischen Beihilfeprogramm FABIAN ist zu ersehen, dass das Kind bei der Mutter wohne.

Abweisungsbescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im August 2019 geborene ***6*** ***7*** ***3*** ab August ab und führte als Begründung an:

Gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland haben.

Eine Person hat den Mittelpunkt der Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Bei der Beurteilung, ob eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet hat, sind nicht so sehr die wirtschaftlichen Interessen dieser Person, sondern vielmehr die persönlichen Beziehungen dieser Person, die sie zum Bundesgebiet hat, von ausschlaggebender Bedeutung.

In Anbetracht Ihrer derzeitigen Lebens- und Einkommenssituation liegt dieser Mittelpunkt derzeit in Österreich nicht vor.

Ein Zustellnachweis findet sich nicht in den elektronisch vorgelegten Akten.

Beschwerde

Unter Verwendung eines finanzamtsinternen Formulars des Finanzamts Neunkirchen Wr. Neustadt erhob die Bf am Beschwerde gegen den Bescheid vom .

Beantragt werde die Gewährung der beantragten Familienbeihilfe und es werde auf ein beigefügtes handschriftliches Schreiben mit folgendem Inhalt verwiesen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich nehme Bezug auf den Abweisungsbescheid vom möchte gegen diesen Beschwerde einlegen.

Begründung:

Seit ist mein Lebensmittelpunkt in Österreich, denn zu diesem Zeitpunkt bin ich mit meinem Ex-Freund und dem Vater meiner Tochter zusammengezogen. Ich bin aus England der Liebe wegen nach Österreich gekommen. Im Oktober 2018 habe ich dann auch schon begonnen zu arbeiten.

Im Februar 2019 bin ich dann schwanger geworden und habe mich auf eine persönliche Zukunft mit dem Vater meines Kindes gefreut. Diese Freude hielt allerdings nicht lange, denn mein Ex-Freund hat mich betrogen und daraufhin kam auch schon die Trennung. Am wurde auch mein Dienstverhältnis aufgelöst, da ich in seiner Firma als kaufmännische Angestellte beschäftigt war. Ich musste am aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen, weil seine neue Freundin meinem Platz eingenommen hat. Mein Ex-Freund ließ mich allerdings vorübergehend in seiner Zweit-Wohnung wohnen, dies allerdings nur bis , da hat er mich dann als Schwangere rausgeworfen.

Ab kam ich dann bei dem guten Freund unter, der von mir keine Miete verlangte. Denn als Schwangere konnte ich mir leider keine Arbeit mehr suchen, damit niemand einstellen wollte. Mein guter Freund ließ mich bis bei ihm wohnen, da aber seine Freundin ein Problem damit hatte, musste ich erneut umziehen.

Vom bis kam ich wieder bei einer Freundin unter, auch hier musste ich keine Miete bezahlen, da ich ja kein Einkommen hatte und als schwangere Frau keine Chance auf einen Job hatte.

Am ***9*** kam dann meine Tochter zur Welt, zehn Wochen zu früh. Das war für mich eine sehr harte Zeit, die nur mithilfe meiner Freunde verstehen konnte. Diese haben mich sowohl finanziell als auch seelisch unterstützt. Der Vater meines Kindes hat die Vaterschaft angezweifelt, daraufhin wurde ein Vaterschaftstest veranlasst. Dies hat einige Zeit in Anspruch genommen, deshalb wurde meine Tochter auch erst am angemeldet, sie war bis ***12*** im Krankenhaus in ***13***.

Natürlich ist mein Freund der Vater meiner Tochter, ich bekomme von ihm auch Alimente.

Da ich mit dem Kinderbetreuungsgeld und der Familienbeihilfe fest gerechnet habe und zusätzlich auch der Alimente halte, habe ich am endlich den Mietvertrag für meine erste eigene Wohnung unterzeichnet, um endlich für meine Tochter und mich ein Zuhause zu schaffen. Ich bin auf dieses Geld angewiesen, solange mein Kind noch so klein ist. Ich zahle derzeit keine Miete, da mein Vermieter von meiner finanziellen Situation in Kenntnis gesetzt wurde und er mir entgegen kommt. Für alle anderen finanziellen Ausgaben kommen derzeit meine zwei Freundinnen auf, die sind Frau ***14******15*** und Frau ***16******15******17***. Diese beiden Damen können Sie auch gerne kontaktieren - falls es für notwendig halten - sie geben Ihnen gerne jegliche Auskunft.

Ich bin auch schon auf der Suche nach einem Job, derzeit auf geringfügiger Basis, da meine Freundinnen am Wochenende auf meine Tochter aufpassen können. Ich würde auch Vollzeit arbeiten, sobald ich Betreuung für mein Kind habe.

Ich lege Ihnen eine Kopie meines Mietvertrages und der Anmeldung meiner Tochter bei.

Eines kann ich Ihnen versichern, ihm bin kein Mensch, der Sozialleistungen ausnutzt, ich bin zur Zeit allerdings auf diese angewiesen und bitte Sie, mir die Familienbeihilfe zu genehmigen. Denn nur so können meine Tochter und ich in eine Zukunft blicken und ich kann mein Leben ermöglichen, in dem hierbei bringe, nicht so wie ich blind anderen Menschen zu vertrauen.

Meine Tochter und ich haben beide unseren Mittelpunkt in Österreich, sie ist auch österreichische Staatsbürgerin.

Ich bedanke mich für Ihre Mühe und hoffe auf eine positive Antwort. ...

Beigefügt war die Unterhaltsvereinbarung vom ***9***, die Anmeldebescheinigung für die Bf vom , Meldebestätigungen vom hinsichtlich der Wohnung in ***13***, ***5*** (Hauptwohnsitz) betreffend Mutter und Tochter sowie ein auf fünf Jahre befristeter Mietvertrag über eine rund 70 m² große Wohnung an der Meldeadresse. Laut Mietvertrag betrage der Hauptmietzins monatlich € 550, eine Ablöse von € 2000 für die Möbel sei am zu entrichten.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde der Bf als unbegründet ab und führte zur Begründung aus:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG 1967) haben Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG haben Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im Bundesgebiet aufhalten. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Hinsichtlich des Begriffs "Mittelpunkt der Lebensinteressen" treten nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die der Lebensgestaltung dienenden wirtschaftlichen Beziehungen hinter die persönlichen Bindungen eindeutig zurück.

Den wirtschaftlichen Beziehungen kommt somit in der Regel eine geringere Bedeutung als den persönlichen Beziehungen zu. Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt.

Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in ***15*** Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt.

Sie sind seit Jänner 2017 mit Nebenwohnsitz in Österreich gemeldet, am ist Ihre Tochter ***6******7*** geboren. Seit August 2018 sind Sie mit Hauptwohnsitz gemeldet, ab Dezember 2019 in ***4***, ***5***. Sie leben getrennt vom Kindesvater.

Seit Ihrer Einreise nach Österreich gehen Sie nur geringfügigen Beschäftigungen nach, im Jahr 2018 erzielten Sie in der Zeit von Oktober bis Dezember Einkünfte in der Höhe von 1807,49 Euro, im Jahr 2019 2956,04 Euro, sowie ab August 2019 Wochengeld .

Der Kindesvater leistet 300 Euro pro Monat an Alimenten.

Weitere Einkünfte sind nicht bekannt.Mit welchen Geldmitteln Sie tatsächlich Ihren Lebensunterhalt bestreiten wurde nicht bekannt gegeben.

Sie beziehen daher in Österreich durch Erwerbstätigkeit kein den Familienunterhalt gewährleistendes Einkommen. Ihr Leben finanzieren Sie überwiegend aus Transferleistungen. Von einer wirtschaftlichen Verfestigung in Österreich kann daher nicht gesprochen werden.

Sie haben bis Dezember 2019 keine eigene Wohnung in Österreich, sondern lebten beim Kindesvater bzw. bei Freundinnen. Ab Jänner 2020 leben Sie in einer Mietwohnung, der Mietvertrag ist auf fünf Jahre befristet.

Es ergibt sich aus der Aktenlage kein Hinweis, dass die sozialen Kontakte nach Österreich verlagert wurden.

Allein der Wunsch in Österreich zu leben, reicht als Nachweis, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland liegt nicht aus.

Fehlt es aber am Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet, so steht § 2 Abs 8 FLAG 1967 einem Familienbeihilfenanspruch entgegen.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom , aus dem Einwurfkasten des Finanzamts Neunkirchen Wr. Neustadt am entnommen, stellte die Bf Vorlageantrag:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich stelle innerhalb eines Monats nach Zustellung oben genannter Beschwerdevorentscheidung den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.

Das Finanzamt hat in seiner Begründung der Abweisung des Familienbeihilfeanspruches für mein Kind damit argumentiert, dass der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen nicht in Österreich läge.

Es wird in der Beschwerdevorentscheidung einerseits ausgeführt, dass die der Lebensgestaltung dienenden wirtschaftlichen Beziehungen eindeutig hinter die persönlichen Bindungen zurücktreten wenn der Begriff des Mittelpunkts der Lebensinteressen zu beurteilen ist, in völligem Gegensatz dazu wird aber ausschließlich mit wirtschaftlichen Argumenten von der Behörde das Bestehen des Mittelpunkts der Lebensinteressen in Österreich verneint.

Dabei ignoriert die Behörde aber völlig die Tatsache, dass es als Ausländerin schwierig ist, sich erfolgreich in den österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren, sprich Arbeit zu finden und dass Ausländern meistens nur der Niedriglohnsektor, wie z.B. das Gastgewerbe übrig bleibt, und den dem weiblichen Geschlecht angehörigen Ausländerinnen oft nur Teilzeitbeschäftigungen angeboten werden. Einer mit einem Kind schwangeren und nach der Geburt alleinerziehenden Mutter werden vielleicht im öffentlichen Dienst, dem die über meine Beschwerde entscheidende Hofrätin angehört, keine Steine in den beruflichen Weg gelegt, in der Privatwirtschaft ist man, um es vorsichtig zu formulieren, "schwer vermittelbar" und mir darauf aufbauend einen finanziellen Strick zu drehen könnte man als frauenverachtend und mich als alleinerziehende Mutter eines Kleinkindes diskriminierend betrachten, was ich selbstverständlich aber nicht tue. Ich denke einfach, dass hier die Besonderheiten der Lebensphase, in der ich mich durch meine Mutterschaft befinde, berücksichtigt werden sollten.

Ich bin auch als alleinerziehende Kindesmutter kein Einzelfall, wenn ich in meiner derzeitigen Lebensphase auf Transferleistungen angewiesen bin, meiner Meinung nach wird dies auf sehr viele Alleinerziehende mit Kleinkindern zutreffen.

Als alleinerziehende Kindesmutter eines Kleinkindes hat man infolge der Betreuungspflichten wenig (de facto gar keine) Zeit für sich selbst, alles dreht sich um das Kind und ein paar Stunden arbeiten um Geld zu verdienen muss man auch noch und .alleine schon daraus ergibt sich aufgrund des gesunden Menschenverstandes, dass, zumal mein Kind hier in Österreich lebt, der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen zwangsläufig hier in Österreich. Alles andere ist nicht denklogisch.

Ich ersuche daher das Bundesfinanzgericht über meinen Fall zu entscheiden und Familienbeihilfe für mein Kind zuzuerkennen.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:

Inhaltsverzeichnis zu den vorgelegten Aktenteilen (Aktenverzeichnis)

Beschwerde

1 Beschwerde

Bescheide

2 Familienbeihilfe (Monat: 08.2019)

Antrag / Anzeige an die Behörde

3 ALF3

4 Beih 100

5 ALF S. 4 ***12***

6 ALF S. 5 ***12***

7 ALF S.1 ***12***

8 ALF S.8 ***12***

9 ERgänzung Antrag auf FB

Beschwerdevorentscheidung

10 Beschwerdevorentscheidung

Vorlageantrag

11 Vorlageantrag

Bezughabende Normen

§ 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Antragstellerin ist seit Jänner 2017 in Österreich mit Neben bzw. Hauptwohnsitz gemeldet. Bis zur Geburt der Tochter im August 2019 war sie geringfügig beschäftigt, dann Bezug von Wochengeld, und Alimente von Kindesvater.

Beweismittel:

im Akt

Stellungnahme:

Keine wirtschaftliche Verflechtung in Österreich sowie Verlagerung der sozialen Kontakte nach Österreich erkennbar, daher mangels Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland kein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf ***1***-***2*** ***3*** ist rumänische Staatsbürgerin, somit Unionsbürgerin.

Sie übersiedelte im August 2018 aus dem Vereinigten Königreich (England) nach Österreich in der Absicht, mit dem späteren Vater ihres Kindes in Österreich zusammenzulegen und in Österreich erwerbstätig zu sein. Die Bf lebte zunächst mit dem späteren Vater ihres Kindes zusammen und war ab Oktober 2018 in dessen Unternehmen beschäftigt.

Die Bf wurde im Februar 2019 schwanger. Die Beziehung zum Vater ihres Kindes wurde im Frühjahr 2019 aufgelöst. Im Mai 2019 wurde das Dienstverhältnis aufgelöst, die Bf musste aus der bisherigen gemeinsamen Wohnung ausziehen. In weiterer Folge wohnte die Bf unentgeltlich bei verschiedenen Personen ihres Bekanntenkreises.

Im August 2019 kam die Tochter ***6*** ***7*** ***3*** als Frühgeburt zur Welt und musste bis Oktober 2019 im Krankenhaus bleiben. Die Tochter ***6*** ***7*** ***3*** ist österreichische Staatsbürgerin. Im Dezember 2019 mietete die Bf eine eigene Wohnung, ist aber derzeit aus Entgegenkommen des Vermieters mietfrei gestellt.

Die Bf erhält für ihre Tochter Unterhaltszahlungen von € 300 monatlich. Die Bf lebt derzeit von Transferzahlungen sowie finanziellen Zuwendungen aus ihrem Bekanntenkreis. Die Bf sucht derzeit nach einer Beschäftigung, soweit diese mit ihren Betreuungspflichten für einen Säugling bzw. ein Kleinkind vereinbar ist. Im Fall einer Kinderbetreuung würde sie auch Vollzeit arbeiten. Nach Ansicht der Bf hat diese, so wie ihre Tochter, ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und den Angaben der Bf in ihrer Beschwerde. Gegenteilige Feststellungen hat das Finanzamt nicht getroffen. Weitere Ermittlungsergebnisse wie zum Beispiel eine Abfrage der Sozialversicherungsdaten sind nicht aktenkundig.

Eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens ist nicht erforderlich, da die für eine Entscheidung erforderlichen Sachverhaltsgrundlagen aktenkundig sind.

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem ehestmöglichen Beginn eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd für längstens drei Monate,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Freiwilligendienst nach der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 zur Einrichtung von "Erasmus+", ABl. Nr. L 347 vom S. 50.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 3 FLAG 1967 lautet:

§ 3. (1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthalts­gesetzes (NAG), BGBl. I Nr 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr 87/2012, rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach § 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.

(4) Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen der Status des subsidiär Schutzbe­rechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzbe­rechtigten nachdem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

(5) In den Fällen des Abs. 2, Abs. 3 letzter Satz und Ab.s 4 letzter Satz wird für nachgeborene Kinder die Familienbeihilfe rückwirkendgewährt. Gleiches gilt für Adoptiv- und Pflegekinder, rückwirkend bis zur Begründung des Mittelpunktes der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8) durch den Elternteil und das Kind. Als nachgeborene Kinder gelten jene Kinder, die nach dem Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels oder der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten an den zusammenführenden Fremden geboren werden.

Für den Streitzeitraum ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (im Folgenden: VO 883/2004) maßgebend.

Die VO 883/2004 gilt für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004). Die in Rede stehende Familienbeihilfe ist eine Familienleistung.

Nach Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 gilt diese Verordnung für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in dem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.

Zu den Familienangehörigen zählt Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 1 VO 883/2004 (Unterbuchstabe i) "jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird". "Unterscheiden die gemäß Nummer 1 anzuwendenden Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Familienangehörigen nicht von anderen Personen, auf die diese Rechtsvorschriften anwendbar sind, so werden der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen" (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe i Nummer 2 VO 883/2004). Wird nach den anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften eine Person nur dann als Familien- oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Versicherten oder dem Rentner in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. i Z 3 VO 883/2004 diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt der betreffenden Person überwiegend von dem Versicherten oder dem Rentner bestritten wird.

"Wohnort" ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004), "Aufenthalt" der vorübergehende Aufenthalt (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe k VO 883/2004).

"Familienleistungen" sind alle Sach- oder Geldleistungen zum Ausgleich von Familienlasten, mit Ausnahme von Unterhaltsvorschüssen und besonderen Geburts- und Adoptionsbeihilfen (Art. 1 Abs. 1 Buchstabe z VO 883/2004).

Art. 4 VO 883/2004 zufolge haben die Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates.

Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen nach Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004 den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats.

Art. 11 VO 883/2004 lautet:

Artikel 11
Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheit, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

b) ein Beamter unterliegt den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dem die ihn beschäftigende Verwaltungseinheit angehört;

c) eine Person, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats Leistungen bei Arbeitslosigkeit gemäß Artikel 65 erhält, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

d) eine zum Wehr- oder Zivildienst eines Mitgliedstaats einberufene oder wiedereinberufene Person unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a bis d fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

(4) Für die Zwecke dieses Titels gilt eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit, die gewöhnlich an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes auf See ausgeübt wird, als in diesem Mitgliedstaat ausgeübt. Eine Person, die einer Beschäftigung an Bord eines unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahrenden Schiffes nachgeht und ihr Entgelt für diese Tätigkeit von einem Unternehmen oder einer Person mit Sitz oder Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat erhält, unterliegt jedoch den Rechtsvorschriften des letzteren Mitgliedstaats, sofern sie in diesem Staat wohnt. Das Unternehmen oder die Person, das bzw. die das Entgelt zahlt, gilt für die Zwecke dieser Rechtsvorschriften als Arbeitgeber.

Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO 883/2004 unterliegt daher eine Person, die (nur) in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.

Rechtmäßiger Aufenthalt

Die Bf hat eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß Niederlassungs und Aufenthaltsgesetz vom vorgelegt. Ihr rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich i.S.d. § 3 FLAG 1967 ist damit dokumentiert (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 3 Rz 156 ff).

Unionsrecht maßgeblich

Die Bf ist als rumänische Staatsangehörige gemäß Art. 20 AEUV Unionsbürgerin und unterliegt gemäß Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004 der Sozialsystemkoordinationsverordnung. Die Bf hat sich in Ausübung ihres unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts gemäß Art. 21 AEUV, allenfalls auch gemäß Art. 45 AEUV zu einem aktenmäßig nicht feststehenden Zeitpunkt von Rumänien in das Vereinigte Königreich begeben. Die Bf ist in Ausübung ihres unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts gemäß Art. 21 AEUV, allenfalls auch gemäß Art. 45 AEUV im August 2018 vom Vereinigten Königreich, welches zu diesem Zeitpunkt der Europäischen Union als Mitglied angehörte, nach Österreich übersiedelt.

Damit ist der Anwendungsbereich der Sozialsystemkoordinationsverordnung eröffnet. Österreich ist im Beschwerdezeitraum das einzige Beschäftigungsland.

Die Bf ging in Österreich von Oktober 2018 bis Mai 2019 einer Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmerin nach und befindet sich derzeit in einer im Sinne des Beschlusses Nr. F1 vom zur Auslegung des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Prioritätsregeln beim Zusammentreffen von Familienleistungen (ABl L 2010, C 106) zufolge ihrer Mutterschaft vergleichbaren Situation.

Eine bestimmte Dauer der Erwerbstätigkeit vor dem Wochengeldbezug verlangt das FLAG 1967 nicht (vgl. ), auch niedrige Einkünfte können die Stellung als Arbeitnehmer vermitteln (vgl. ).

Damit ist Österreich unionsrechtlich nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO 883/2004 zur Erbringung von Familienleistungen an die Bf zuständig, unabhängig von deren Mittelpunkt der Lebensinteressen.

Ist die VO (EG) 883/2004 anzuwenden, ist zu fingieren, dass sowohl die Voraussetzung des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts (§ 2 Abs. 1 FLAG 1967) als auch die Voraussetzung des Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet (§ 2 Abs. 8 FLAG 1967) hinsichtlich aller Mitglieder der jeweiligen Familie ("beteiligten Personen") vorliegt (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 3 Rz 182g m.w.N.).

Der Bf steht somit schon unionsrechtlich Familienbeihilfe zu.

Mittelpunkt der Lebensinteressen

§ 2 Abs. 8 FLAG 1967 erfordert für ausschließlich innerstaatlich zu beurteilende Sachverhalte, dass der Antragsteller den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet hat.

Das Gesetz führt aus, dass eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat hat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Auch wenn es im gegenständlichen Fall auf den Lebensmittelpunkt nicht ankommt, kann das Bundesfinanzgericht nicht erkennen, dass dieser im Beschwerdezeitraum nicht in Österreich gelegen gewesen wäre:

Die Bf ist "der Liebe wegen nach Österreich gekommen" (Beschwerde), und zwar nicht von Rumänien, sondern vom Vereinigten Königreich. Sie hat in Österreich mit dem späteren Vater ihrer Tochter im gemeinsamen Haushalt gelebt und ging in Österreich einem Beruf nach. Ihre Tochter ist österreichische Staatsbürgerin. Die Bf verfügt in Österreich, siehe die Angaben in der Beschwerde und im Vorlageantrag, über einen größeren Bekannten- und Freundeskreis, der sie auch unterstützt. Die Bf beabsichtigt auch, in Österreich zu bleiben, und soweit ihr dies auf Grund der Betreuung ihrer Tochter möglich ist, in Österreich wieder zu arbeiten.

Das Finanzamt sieht keine "wirtschaftliche Verfestigung" und keine Hinweise, "dass die sozialen Kontakte nach Österreich verlagert wurden". Damit wird nicht nachgewiesen, dass die Bf keinen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich hat. Es wird wird auch nicht aufgezeigt, in welchem anderen Staat (Rumänien, Vereinigtes Königreich, ...) die Bf ihren Lebensmittelpunkt haben soll.

Dass die Bf in Österreich erwerbstätig war, ist unstrittig. Eine Erwerbstätigkeit in einem anderen Staat wird vom Finanzamt nicht behauptet. Dass die Bf über soziale Kontakte in Österreich verfügt, hat die Bf aufgezeigt. Gegenteiliges hat das Finanzamt nicht ermittelt.

Auch wenn die Bf weiter soziale Kontakte zu ihrem Geburtsstaat Rumänien (etwa zu ihren Eltern, wenn diese dort leben sollten) pflegen sollte, steht der Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen nach Österreich nicht entgegen. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann auch dann in Österreich liegen, wenn die Absicht besteht, Österreich nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen. Ein Zuzug für immer ist nicht erforderlich (vgl. etwa ).

Daher hält es das Bundesfinanzgericht für erwiesen, dass die Bf im Beschwerdezeitraum auch den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich hatte.

Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Das FLAG 1967 kennt keine bescheidmäßige Zuerkennung von Familienbeihilfe. Gleiches gilt für den gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 gemeinsam mit der Familienbeihilfe auszuzahlenden Kinderabsetzbetrag.

Steht Familienbeihilfe zu, ist diese gemäß § 11 FLAG 1967 vom Finanzamt auszuzahlen und hierüber vom Finanzamt gemäß § 12 FLAG 1967 eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist nicht rechtskraftfähig. Nur wenn einem Antrag auf Familienbeihilfe nicht oder nicht zur Gänze stattzugeben ist, ist hinsichtlich des(monatsbezogenen) Abspruchs über die Abweisung gemäß § 13 Satz 2 FLAG 1967 ein Bescheid (Abweisungsbescheid) auszufertigen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 3 m.w.N.).

Gemäß § 25 Abs. 1 BFGG und § 282 BAO ist das Finanzamt verpflichtet, im gegenständlichen Fall mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesfinanzgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen und die Auszahlung der Familienbeihilfe vorzunehmen.

Nichtzulassung der Revision

Eine Revision ist nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn ein Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Das Bundesfinanzgericht folgt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs zum Mittelpunkt der Lebensinteressen (siehe etwa bei Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 14 ff dargestellte Rechtsprechung). Die Anwendung auf den konkreten Fall ist eine der Revision nicht zugängliche Einzelfallentscheidung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 13 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 21 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
§ 51 Abs. 1 Z 1 NAG, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 45 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
Art. 20 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103367.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at