Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.08.2020, RV/7100312/2020

Mietvertrag mit Laufzeit von bestimmter und unbestimmter Dauer - Festsetzung der Gebühr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***NN***, ***AdrNN***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid gem. § 201 BAO vom , Zl. ***ZzZ***, setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), der ***Bf1***, ***Adr1***, im Grunde des § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 die Gebühr in der Höhe von € 15.786,63 fest. Angesichts der von der Bf. selbstberechneten Abgaben in der Höhe von € 4.736,00 legte das Finanzamt den nachzufordernden Betrag mit € 11.050,63 fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom (samt Begründung vom ) ab.

Die Bf. stellte daraufhin mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag.

Mit Mitteilung vom zog die Bf. die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie auf eine Entscheidung durch den gesamten Senat zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Dem vorliegenden Abgabenverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Bf. als Vermieterin einerseits und die ***NNGmbH*** in ***Adr2*** als Mieterin andererseits schlossen im Sommer 2019 einen Mietvertrag, den die Mieterin am und die Vermieterin am unterfertigten.

In diesem Mietvertrag heißt es u.a. (auszugsweise Wiedergabe):

"I. Mietgegenstand

1. Die Vermieterin ist Eigentümerin des auf dem Grundstück Nr. ***1*** der Liegenschaft EZ ***2***, Grundbuch ***3***, errichteten Verkaufsmarktes, …

2. Die Vermieterin vermietet nunmehr und die Mieterin mietet das Geschäftslokal im Ausmaß von ***zzz*** m² Nutzfläche ….

II. Mietdauer

Das Mietverhältnis beginnt mit Übergabe, voraussichtlich am und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Sollte eine Übergabe von Seiten der Vermieterin nicht bis möglich sein, so hat die Mieterin das Recht, von diesem Vertrag mittels eingeschriebenen Briefes zurück zu treten. Die Mieterin verzichtet bis - auch im Falle der Rechtsnachfolge seitens der Vermieterin - auf ihr Kündigungsrecht.

Der Mieterin kommt erst nach Ablauf des oben genannten Kündigungsverzichtszeitraumes das Recht zur schriftlichen Aufkündigung per Einschreiben des Vertrages unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Monats zu. Somit hat die Mieterin die Möglichkeit zum ersten Mal mit dem und unter Einhaltung der 6-monatigen Kündigungsfrist, das Vertragsverhältnis aufzukündigen. Die Vermieterin hat die Möglichkeit der Vertragsauflösung gemäß MRG § 30, sowie gemäß Pkt. XII. dieses Vertrages.

Der Mietgegenstand stellt eine wirtschaftliche Einheit dar. Eine Teilkündigung ist ausgeschlossen.

XII. Vertragsauflösung

Die Vermieterin kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung auflösen, wenn

- die Mieterin den finanziellen Verpflichtungen aus diesem Vertrag trotz zweifacher schriftlicher Mahnung und Setzung einer 30-tägigen Nachfrist vor deren Ablauf nicht nachkommt, oder

- die Mieterin vom Mietgegenstand einen erheblichen nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt und den vertragswidrigen Zustand trotz zweifacher schriftlicher Aufforderung und Setzung einer angemessenen, mindestens 30-tägigen Nachfrist zu Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustandes nicht beseitigt, oder

- die Mieterin den Verwendungszweck ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Vermieterin ändert oder gegen die Bestimmung Pkt. I.6. verstößt, insbesondere bei nicht rechtzeitiger Erfüllung behördlicher Auflagen oder Anordnungen im Zusammenhang mit der Verwendung des Mietgegenstandes sofern diese im Einflussbereich der Mieterin liegen, oder

- die Mieterin sonst in erheblicher Weise wiederholt und hartnäckig gegen Bestimmungen dieses Vertrages verstößt sowie bei einem Verstoß gegen Punkt X. (Untervermietung), oder

- im Fall der Auflösung der Gesellschaft (unter Ausschluss der Bestimmung des § 1116a ABGB und außerhalb des Anwendungsbereiches des § 14 MRG).

Die Vereinbarung der vorstehenden Tatsachen und Umstände gilt insbesondere auch als Vereinbarung eines Kündigungsgrundes im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 13 MRG."

Zu diesem Mietvertrag erfolgte eine Selbstberechnung der Gebühr gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 durch die Bf. und eine Entrichtung dieser Gebühr in der Höhe von € 4.736,00.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des vorliegenden Mietvertrages sowie des vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Akteninhalts als erwiesen anzusehen.

Der Verfahrensgang vor dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch den angefochtenen Bescheid, die Schreiben des Finanzamtes, die Bescheidbeschwerde, die Beschwerdevorentscheidung, den Vorlageantrag, den Vorlagebericht und die Mitteilung der Bf. vom evident.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs. 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Gemäß § 17 Abs.4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Gemäß § 17 Abs. 5 GebG 1957 heben weder die Aufhebung des Rechtsgeschäftes noch das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld auf.

Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Gemäß § 33 TP 5 Z. 1 GebG 1957 unterliegen Bestandverträge (§§ 1090ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, im allgemeinen einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert.

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehlt für die Gebührenermittlung außer Betracht.

§ 30 Mietrechtsgesetz (kurz MRG) bestimmt Folgendes:

"§ 30 (1) Der Vermieter kann nur aus wichtigen Gründen den Mietvertrag kündigen.

(2) Als ein wichtiger Grund ist es insbesondere anzusehen, wenn

1. der Mieter trotz einer nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgten Mahnung mit der Bezahlung des Mietzinses über die übliche oder ihm bisher zugestandene Frist hinaus, mindestens aber acht Tage im Rückstand ist;

2. der Mieter, dessen vereinbarter Mietzins ganz oder teilweise in eigenen Dienstleistungen besteht, die bedungenen Dienste vertragswidrig verweigert;

3. der Mieter vom Mietgegenstand einen erheblich nachteiligen Gebrauch macht, namentlich den Mietgegenstand in arger Weise vernachlässigt oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet oder sich gegenüber dem Vermieter oder einer im Haus wohnenden Person einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen das Eigentum, die Sittlichkeit oder die körperliche Sicherheit schuldig macht, sofern es sich nicht um Fälle handelt, die nach den Umständen als geringfügig zu bezeichnen sind; dem Verhalten des Mieters steht, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen, das Verhalten seines Ehegatten und der anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der von ihm sonst in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich;

4. der Mieter den Mietgegenstand mit oder ohne Beistellung von Einrichtungsgegenständen ganz weitergegeben hat und ihn offenbar in naher Zeit nicht für sich oder die eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) dringend benötigt oder, wenngleich auch nur teilweise, durch Überlassung an einen Dritten gegen eine im Vergleich zu dem von ihm zu entrichtenden Mietzins und etwaigen eigenen Leistungen an den Dritten unverhältnismäßig hohe Gegenleistung verwertet. Die teilweise Weitergabe einer Wohnung kommt einer gänzlichen Weitergabe gleich, wenn die nicht weitergegebenen Teile der Wohnung nicht zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen regelmäßig verwendet werden;

5. die vermieteten Wohnräume nach dem Tod des bisherigen Mieters nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen (§ 14 Abs. 3) dienen;

6. die vermietete Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder der eintrittsberechtigten Personen (§ 14 Abs. 3) regelmäßig verwendet wird, es sei denn, dass der Mieter zu Kur- oder Unterrichtszwecken oder aus beruflichen Gründen abwesend ist;

7. die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist;

8. der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst oder für Verwandte in absteigender Linie dringend benötigt und ihm oder der Person, für die der Mietgegenstand benötigt wird, aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung; die Abwägung der beiderseitigen Interessen entfällt, wenn es sich um eine vom Wohnungseigentümer nach Wohnungseigentumsbegründung vermietete Eigentumswohnung handelt;

9. der Vermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für Verwandte in gerader Linie dringend benötigt und dem Mieter Ersatz beschaffen wird;

10. der Vermieter den Mietgegenstand, der schon vor der Kündigung zur Unterbringung von Arbeitern oder sonstigen Angestellten des eigenen Betriebes bestimmt war, für diesen Zweck dringend benötigt;

11. ein dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehöriger Mietgegenstand auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maß den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung, und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

12. bei Untermietverhältnissen durch die Fortsetzung der Untermiete wichtige Interessen des Untervermieters verletzt würden, namentlich wenn der Untervermieter den Mietgegenstand für sich selbst oder für nahe Angehörige dringend benötigt oder wenn ihm nach den Umständen die Aufrechterhaltung der Wohnungsgemeinschaft mit dem Untermieter billigerweise nicht zugemutet werden kann;

13. ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter (Untervermieter), für seine nahen Angehörigen (§ 14 Abs. 3) oder für das Unternehmen, für das der Vermieter (Untervermieter) allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen ist;

14. die ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses, in dem sich der Mietgegenstand befindet, aus den Hauptmietzinsen einschließlich der zur Deckung eines erhöhten Erhaltungsaufwandes zulässigen erhöhten Hauptmietzinse weder derzeit, noch auf Dauer sichergestellt werden kann, die baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt worden ist und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

15. ein Miethaus ganz oder in dem Teil, in dem sich der Mietgegenstand befindet, abgetragen oder umgebaut werden soll, mit dem Abbruch (Umbau) die Errichtung eines neuen (geänderten) Baues sichergestellt ist, die Bezirksverwaltungsbehörde auf Antrag des Bauwerbers mit Bescheid erkannt hat, daß selbst unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der bisherigen Mieter der geplante Neubau (Umbau) aus Verkehrsrücksichten, zu Assanierungszwecken, zur Vermehrung der Wohnungen, die zur Beseitigung oder Milderung eines im Ortsgebiet bestehenden quantitativen Wohnungsbedarfes oder eines qualitativen Wohnfehlbestandes geeignet sind, oder aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dem Mieter Ersatz beschafft wird;

16. der Hauptmieter einer Wohnung der Ausstattungskategorie "D" weder bereit ist, eine vom Vermieter im Sinn des § 4 Abs. 4 angebotene Standardverbesserung zuzulassen, noch die angebotene Standardverbesserung selbst durchzuführen, und dem Mieter Ersatz beschafft wird.

(3) Eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen soll, ist rechtsunwirksam. Überdies kann der Vermieter, der das Miethaus durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, aus dem Grund des Abs. 2 Z 8 nur kündigen, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Erwerbung und dem Kündigungstermin mindestens zehn Jahre liegen. Ein Miteigentümer kann die Kündigungsgründe des Abs. 2 Z 8 bis 11 überdies nur geltend machen, wenn er wenigstens Eigentümer zur Hälfte ist."

Erwägungen

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass es sich bei dem in Rede stehenden Mietvertrag um einen Bestandvertrag iSd § 33 TP 5 Abs. 1 GebG handelt.

Strittig ist lediglich die Vertragsdauer:

Das Finanzamt vertritt die Meinung, auf Grund der Vertragsgestaltung ergebe sich angesichts des Kündigungsverzichts der Mieterin und mangels einer uneingeschränkten Kündigungsmöglichkeit der Vermieterin (= Bf.) eine Vertragsdauer auf bestimmte Zeit von sieben Jahren mit anschließender unbestimmter Laufzeit (insgesamt somit eine gebührenrechtlich maßgebliche Laufzeit von zehn Jahren).

Die Bf. meint hingegen, es läge ein Mietvertrag mit unbestimmter Vertragsdauer vor, sodass die dreifache Jahresmiete die Bemessungsgrundlage darstelle. In eventu wäre der angefochtene Bescheid dahingehend zu berichtigen, dass die Gebühr auf der Grundlage (nur) einer bestimmten Vertragsdauer von sieben Jahren zu bemessen sei.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichneten Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (; ; ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 MRG noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, sodass in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (; ; ). Hingegen kommt dem Umstand, dass die Auflösung eines Mietvertrages wegen der in den §§ 1112, 1117 und 1118 ABGB normierten Gründen nicht ausgeschlossen wurde, kein Gewicht in der Frage der Bindung der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit zu ( und ).

Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().

Die Beschwerde verweist auf Punkt II des Vertrages, wonach das Mietverhältnis "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossen worden sei. Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages (etwa als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen), sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgeblich ist ().

Im Streitfall lässt sich aus den Bestimmungen des Vertrages erschließen, dass beide Vertragsparteien ein Interesse an einer langfristigen Vermietung hatten und sich demzufolge bei klarer Regelung der wechselseitigen Rechte und Pflichten für die ersten sieben Jahre fix binden wollten.

Was die konkrete Vertragsdauer anbelangt, ergibt sich aus dem Wortlaut des vorliegenden Vertrages, dass die Mieterin während der ersten sieben Jahre kein Kündigungsrecht hat und dass eine Kündigung durch die Vermieterin insofern nur eingeschränkt möglich ist, als sämtliche in Pkt. XII. des Vertrages genannten Vertragsauflösungsgründe dem Einfluss der Bf. entzogen sind. Die Bf. kann somit ihre Kündigungsrechte nicht nach Belieben, sondern nur dann ausüben, wenn es zu den im Vertrag genannten Umständen kommt, die allerdings allesamt ausschließlich in der Sphäre der Mieterin gelegen sind.

Diese Feststellungen werden durch den Einwand Bf., wonach die Vermieterin nach ihrem Ermessen den Vertrag auflösen könne, wenn die Mieterin beispielsweise in Zahlungsrückstand gerate oder gegen sonstige Vertragspunkte verstoße, nicht widerlegt, sondern vielmehr bestätigt. Denn die Bf. räumt damit selbst ein, dass die einseitige Beendigung des Vertrags während der bestimmten Laufzeit durch die Vermieterin in dem von ihr angesprochenen Fall eben nicht möglich ist, sondern ein (Fehl)verhalten der Mieterin voraussetzt.

Aus all diesen Gründen kann dem Finanzamt nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn es für den Zeitraum der ersten sieben Jahre von einem Vertrag von bestimmter Vertragsdauer ausgeht.

Die Bf. verweist in ihrer Beschwerde auf den Umstand, dass die Vermieterin laut Punkt II. des Mietvertrages die Möglichkeit der Vertragsauflösung gemäß § 30 MRG habe.

In der Beschwerdevorentscheidung stellt das Finanzamt dazu fest:

"§ 30 Abs. 2 Z 5, 6, 8 und 16 MRG beziehen sich auf Wohnungen und kommen daher im gegenständlichen Fall nicht in Betracht.

Die Kündigungsgründe der Z 2, 10, 11 und 12 des § 30 Abs. 2 MRG scheiden hier aus, weil der vereinbarte Mietzins nicht in Dienstleistungen der Bf. besteht, der Mietgegenstand (Geschäftslokal) nicht zur Unterbringung von Arbeitern, … benötigt werden kann, der Mietgegentand nicht dem Bund, einem Bundesland oder einer Gemeinde gehört, kein Untermietverhältnis begründet wurde.

Damit bleiben nur mehr die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z 1, 3, 4, 7, 9, 13, 14 und 15.

Die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z 13 sowie jene lt. Pkt. XII des Mietvertrages ergeben sich ebenso wie die Kündigungsgründe nach § 30 Abs. 2 Z 1, 3, 4 und 7 aus der Verletzung von Vertragspflichten bzw. qualifiziertem Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, womit die Kündigungsrechte von der Vermieterin nicht nach Belieben ausgeübt werden können und vielmehr jeglichem Einfluss der Bf. entzogen sind. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens vor.

Der gegenständliche Bestandvertrag hat ein Geschäftslokal zum Gegenstand und handelt es sich bei der Bestandgeberin um eine juristische Person, bei der eine Kündigung wegen Eigenbedarf nach § 30 Abs. 2 Z 9 MRG nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraussetzen würde, dass die juristische Person die von ihr vermieteten Räumlichkeiten zur Erfüllung ihres Zweckes, also für ihren Betrieb, dringend benötigt (vlg. , mit Judikaturhinweisen).

Der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 14 MRG würde voraussetzen, dass eine ordnungsgemäße Erhaltung des Miethauses aus den (erhöhten) Hauptmietzinsen nicht auf Dauer sichergestellt werden kann und dass eine baubehördliche Bewilligung zur Abtragung des Miethauses erteilt wird. Es liegt keinerlei Anhaltspunkt dafür vor, dass diese Voraussetzungen auf das neuerrichtete Gebäude im Vertragszeitraum zutreffen werden.

Auch die Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs. 2 Z 15 MRG erscheint äußerst unwahrscheinlich, setzt dieser doch eine Abtragung oder einen Umbau des Miethauses im öffentlichen Interesse voraus."

Diesen Feststellungen ist die Bf. im Vorlageantrag nicht substantiiert entgegengetreten.

Nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes hat das Finanzamt den vorliegenden Vertrag sohin zu Recht dahingehend beurteilt, dass gerade kein schrankenloses Kündigungsrecht vereinbart worden ist und dass die der Vermieterin eingeräumten Kündigungsgründe nicht von so umfassender Natur sind, dass die Wahrscheinlichkeit einer frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages gegeben ist. Damit steht fest, dass sich die beiden Vertragsparteien auf eine bestimmte Zeit (nämlich auf die oben erwähnten sieben Jahre) binden wollten. Es war daher für diesen Zeitraum von einem Vertrag mit bestimmter Dauer auszugehen.

Zu prüfen bleibt, ob - wie im angefochtenen Bescheid festgestellt - eine Vertragsdauer von sieben Jahren mit anschließender unbestimmter Laufzeit vorliegt, sodass letztlich insgesamt 10 Jahresmieten der Vergebührung zu unterwerfen sind.

Die Bf. meint, die diesbezügliche Ansicht des Finanzamtes sei mit den "Gebührenrichtlinien" nicht Einklang zu bringen. Dazu genügt der Hinweis, dass es sich dabei um vom BMF herausgegebene Richtlinien handelt, die nicht auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe stehen. Sie stellen daher für das Bundesfinanzgericht keine bindende Rechtsquelle dar, an welcher der angefochtene Bescheid zu messen wäre. Die Bf. vermag schon aus diesem Grund mit den ins Treffen geführten Richtlinien die behauptete Rechtswidrigkeit der Abgabenfestsetzung nicht aufzuzeigen.

Dazu kommt, dass auch in der Literatur bei vergleichbaren Sachverhalten von einer Kombination von bestimmter mit anschließender unbestimmter Vertragsdauer ausgegangen wird. Dazu wird etwa verwiesen auf Fellner, Rz. 130 zu § 33 TP 5 GebG, wo es heißt:

"Durch beidseitigen Kündigungsverzicht wird der Vertrag auf die Dauer dieses Verzichtes unkündbar und damit zu einem Vertrag von bestimmter Dauer auch dann, wenn er auf unbestimmte Zeit vereinbart wäre. Zur Gebührenbemessung ist dabei nicht nur von dem der unbestimmten Dauer (= der vereinbarten Wirksamkeit des Kündigungsverzichtes) entsprechend vervielfachten Jahresbetrag auszugehen, für die über die Zeit des Kündigungsverzichtes hinausgehende Vereinbarung des Bestandverhältnisses auf unbestimmte Zeit ist zusätzlich auch der dreifache Jahresbetrag (für die unbestimmte Dauer) in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen."

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass hier von einem Bestandvertrag auszugehen ist, bei dem das Vertragsverhältnis vor Ablauf der ersten sieben Jahren grundsätzlich von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden konnte bzw. bei dem die Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe in den erwähnten Einzelfällen als unwahrscheinlich zu qualifizieren ist, kurz, dass während dieser ersten Phase ein Vertrag von bestimmter Dauer vorliegt.

Angesichts dieser als beidseitiger Kündigungsverzicht zu wertenden Umstände liegen somit die Voraussetzungen dafür vor, die zunächst mit sieben Jahren bestimmte mit der anschließenden unbestimmten Vertragsdauer zu kombinieren.

Die in der Beschwerde noch begehrten Aussetzung der Entscheidung gem. § 271 BAO bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die ordentliche Revision gegen das Erkenntnis des , kommt nicht mehr in Betracht, zumal das Höchstgericht die Revision als unzulässig zurückgewiesen hat ().

Abschließend ist festzuhalten, dass nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes die belangte Behörde bei der verfahrensgegenständlichen Festsetzung der Bestandvertragsgebühr nach § 201 Abs. 2 Z 1 BAO im Rahmen des dabei gebotenen Ermessens im Hinblick auf die in nicht unbeachtlichem Ausmaß zu nieder selbst berechnete Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG 1957 und die sich daraus ergebende nicht bloß geringfügige steuerliche Auswirkung zu Recht dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gegenüber dem Interesse der Rechtsbeständigkeit den Vorzug gegeben hat.

Sohin erfolgte die Festsetzung der Bestandvertragsgebühr mit dem bekämpften Bescheid iSd §§ 201 Abs. 2 Z 1 BAO, 33 TP 5 Abs.1 Z 1 GebG 1957 zu Recht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 17 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 271 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100312.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at