Keine Familienbeihilfe für Polizeischüler in der Grundausbildung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen ab September 2019 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) stellte am den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für seinen Sohn N, geb. xxx, ab September 2019.
Als Grund wurde "Berufsausbildung bei der LPD Wien ab September 2019 " angegeben.
Der Bf. legte eine Ausbildungsbestätigung der "Sicherheitsakademie" vor, in der folgendes festgehalten wurde:
……"steht seit in einem Dienstverhältnis zur polizeilichen Grundausbildung mit der Landespolizeidirektion Wien.
Die polizeiliche Grundausbildung wird ho. im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Wien versehen."
Weiters legte er den zwischen dem BMI und dem Sohn geschlossenen "Sondervertrag gem. § 36 VBG für die exekutivdienstliche Ausbildung" vor, in dem u.a. folgendes geregelt ist:
…..
5. Befristung: Dieser Dienstvertrag ist auf 24 Monate befristet
6. Dienstort/örtlicher Verwaltungsbereich: Dienstbehörde ist die Landespolizeidirektion Wien. Der jeweilige Dienstort wird nach dem Verwendungsbedarf von der Dienstbehörde festgelegt. Über Auftrag der Dienstbehörde ist eine Dienstleistung im Bereich aller anderen LPD jederzeit möglich.
7. Beschäftigungsart: VB des Bundes mit Sondervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung
8. Entlohnungsschema: siehe Punkt 15. Sonderbestimmungen
9. Besoldungsdienstalter: Für die Dauer dieses Dienstverhältnisses finden die §§19 und 26 VBG 1948 keine Anwendung. Die in diesem Ausbildungsverhältnis zurückgelegte Dienstzeit wird im Falle der Übernahme in ein öffentlich rechtliches Dienstverhältnis oder im Falle eines unbefristeten Dienstverhältnisses nach dem VBG 1948 zur Gänze angerechnet '
10. Art der Grundausbildung: Diese Grundausbildung beinhaltet Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum der Sicherheitsakademien und wird durch Berufspraktiken auf Polizeidienststellen ergänzt
11. Beschäftigungsausmaß: Vollbeschäftigung
12. Der Dienstnehmer wird auf Grund der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen bei der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter als Angestellter versichert.
13. Auf dieses Vertragsverhältnis finden die Bestimmungen des VBG und seiner Durchführungsverordnungen in der geltenden Fassung Anwendung, soweit in diesem Vertrag nichts Anderes bestimmt ist.
14. Rechtsstreitigkeiten aus diesem Vertrag unterliegen den Bestimmungen des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung.
15. Sonderbestimmungen:
15.1 Als Ausbildungsbeitrag gebührt ein monatliches Entgelt in der Höhe des Gehaltes einer Beamtin oder eines Beamten des Exekutivdienstes der
Verwendungsgruppe E2c Gehaltsstufe 1. Die Bestimmungen des § 8a Abs. 2 VBG (Sonderzahlung) sind anzuwenden.
Über die in den §§16 und 22 VBG iVm den §§ 16, 17, 17a und 17b GehG 1956 vorgesehenen Vergütungen gebühren während der ersten 12 Monate des Vertragsverhältnisses keinerlei sonstige pauschalierten Zulagen und Nebengebühren. Ab dem 13. Monat des Vertragsverhältnisses gebühren überdies die für Beamte der Verwendungsgruppe E2c vorgesehenen exekutivspezifischen Zulagen und Nebengebühren.
15.2 Soweit es für den Ausbildungserfolg erforderlich ist und eine tägliche Anreise vom Wohnort zum Ausbildungsort sowie eine Rückreise vom Ausbildungsort zum Wohnort nicht zumutbar ist, kann der Dienstgeber für die Dauer der im Bildungszentrum stattfindenden Schulung im Rahmen der Grundausbildung eine Unterkunft unentgeltlich von Amts wegen zur Verfügung stellen.
15.3 Betreffend die Abgeltung von Dienstreisen nach der Reisegebührenvorschrift 1955 ist die Gebührenstufe 1 heranzuziehen.
15.4 Der Dienstgeber kann das Ausbildungsverhältnis bei mangelndem Ausbildungserfolg innerhalb einer Frist von 2 Wochen auflösen. Ein allfälliger Urlaubsanspruch ist innerhalb dieser Frist zu verbrauchen.Sie sind 15.5 berechtigt die Verwendungsbezeichnung "Aspirant/in" zu führen.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203 abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom .
Der Bf. verweist darin darauf, dass sein Sohn keine fremden-und grenzpolizeiliche Ausbildung absolviere, dieser Sachverhalt liege aber dem von der belangten Behörde als Begründung für den abweisenden Bescheid herangezogenen Erkenntnis zu Grunde. Es handle sich vielmehr um eine 24-monatige durchgehende Ausbildung, wobei weder die Vermittlung nicht nur theoretischer sondern auch praktischer Kenntnisse und ein duales Ausbildungssystem , wie bei einer Berufsausübung i.R. einer Lehre für die Anerkennung als Berufsausbildung schädlich seien.
Der Verwaltungsgerichtshof habe in dem zit. Erkenntnis sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des Bundesministerium s für Inneres vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen
Aufgearbeitet und festgehalten, dass es unstrittig sei, dass die Basisausbildung die Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden -und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate ) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate ) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen seien.
Nachdem die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen worden war, stellte der Bf. mit Schreiben vom einen Vorlageantrag.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Sohn des Bf. begann mit die exekutivdienstliche Ausbildung.
Zu diesem Zweck wurde zwischen ihm und dem BMI ein Sondervertrag gem. § 36 VBG geschlossen, in dem die nähere Ausgestaltung dieses Vertragsverhältnisses , wie in den Entscheidungsgründen dargestellt, geregelt ist.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ist nicht strittig.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere den bereits angeführten Sondervertrag.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) lautet auszugsweise:
"Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
………
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet…werden
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetz 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.
§ 1 Vertragsbedienstetengesetz (VBG) lautet auszugsweise:
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz ist, soweit nicht die Abs. 3 und 5 oder die Abschnitte Ia und VII anderes bestimmen, auf Personen anzuwenden, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen....
(3) Dieses Bundesgesetz ist nicht anzuwenden...
10. auf Lehrlinge;
§ 36 VBG lautet auszugsweise:
§ 36. (1) In Ausnahmefällen können im Dienstvertrag Regelungen getroffen werden, die von diesem Bundesgesetz abweichen. Solche Dienstverträge sind als Sonderverträge zu bezeichnen und bedürfen der Genehmigung der Bundesministerin oder des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport.
Der Sohn des Bf. wurde nach der Aktenlage als Aspirant in den Polizeidienst aufgenommen, und zwar im Rahmen eines auf zwei Jahre befristeten Sondervertrags gemäß § 36 VBG.
Da das VBG auf die zweijährige Ausbildung angewendet wird, ergibt sich schon daraus, dass damit ein Dienstverhältnis zum Bund begründet wird.
Auch der Vertrag selbst spricht von" Dienstverhältnis, Dienstbehörde, Dienstnehmer, Dienstgeber, Dienstzeit".
Im Erkenntnis , mit welchem eine Revision gegen das Erkenntnis als unbegründet abgewiesen wurde, war vor dem Gerichtshof zwar nur die Phase der "Kursunterbrechung" bei einem Grenzpolizistenschüler verfahrensgegenständlich, der Gerichtshof nahm dieses Verfahren aber zum Anlass grundsätzlicher Aussagen zu öffentlich Bediensteten:
Er hat darin ausdrücklich festgehalten, dass der Umstand, dass ein öffentlich Bediensteter in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs nimmt. Da mit einer Berufsausübung die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bzw. § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 nicht erfüllt sind, folgt daraus, dass auch für die Zeit der kursmäßigen Ausbildung an der Sicherheitsakademie ("Basisausbildung", "Ergänzungsausbildung" bei Grenzpolizisten, "Grundausbildung" bei Polizisten) Familienbeihilfe nicht zusteht.
Ob das Dienstverhältnis wie bei den Grenzpolizisten unbefristet oder wie bei den Polizisten zunächst auf zwei Jahre befristet eingegangen wird, macht hier keinen Unterschied, da in beiden Fällen bereits ein Beruf ausgeübt wird.
Sollte der Bf. die Auffassung vertreten, das Ausbildungsverhältnis sei einer Lehre (auch wegen des "dualen Ausbildungssystems) gleichzuhalten, so stellt insbesondere die Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis einer Berufsausbildung iSd FLAG dar (siehe wiederum ). Grundlage dafür ist das Berufsausbildungsgesetz (BAG) sowie die durch Verordnung für die einzelnen Lehrberufe erlassenen Ausbildungsvorschriften.
Ein solches Lehrverhältnis liegt im gegenständlichen Fall nicht vor, da durch den Sondervertrag ein Dienstverhältnis zum Bund begründet wird.
Zudem verweist § 1 VBG in Zif. 10 ausdrücklich darauf, dass dieses auf Lehrlinge keine Anwendung findet.
Das Vorbringen in der Beschwerde, der VwGH habe sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des BMI vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen (Fremden- und grenzpolizeilicher Exekutivdienst sowie Grundausbildung Exekutivdienst) aufgearbeitet sowie der VwGH habe ferner festgehalten, dass es unstrittig sei, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen seien, verkennt Wortlaut und Sinn des zit. Erkenntnisses:
In Rz 4 führt der VwGH nämlich u.a. aus:
"… Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde gemäß § 279 BAO teilweise Folge, …Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens einschließlich der Beweisergebnisse traf das Gericht zunächst die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, … um daran - in rechtlicher Hinsicht - anzuschließen: "… Zur Verdeutlichung werden die Unterschiede der Ausbildungslaufbahn der "Grenzpolizisten" jenen der "Polizisten" (Exekutivdienst) überblicksmäßig gegenübergestellt: … . Unstrittig ist, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen sind …"
Es handelt sich daher um nichts Anderes als die Wiedergabe des Verfahrensgangs. Das vor dem VwGH angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wird in Rz 4 (weitgehend) wörtlich wiedergegeben. Die Erwägungen des VwGH beginnen mit Rz. 7.
Die Wiedergabe des Verfahrensgangs als Rechtsansicht des VwGH umzudeuten, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die vom Bundesfinanzgerichte im in Beschwerde gezogenen Erkenntnis allenfalls wiedergegebene Rechtsansicht (wobei angemerkt sei, dass Streitgegenstand des zitierten Erkenntnisses des BFG lediglich der Zeitraum der "Kursunterbrechung" war; die Zeit der Grundausbildung und der Ergänzungsausbildung waren nicht Streitgegenstand, wurden aber vom FA zunächst als Berufsausbildung gewertet) ist durch , jedenfalls überholt. Nach diesen Ausführungen und den Feststellungen im Sachverhalt stellt die im hier zu beurteilenden Zeitraum ausgeübte Tätigkeit des Bf, auch wenn sie in der "Ausbildungsphase" stattfindet, keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar. Es handelt sich um Berufsausübung.
Die vorstehenden Ausführungen entsprechen der nunmehrigen einhelligen (und in der FINDOK veröffentlichten) Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (etwa ; ; ; ; ; ; ; BFG 1. 4.2 020, RV/3100893/2019; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).
Da kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht entfällt gem. § 33 Abs. 3 EStG 1988 auch die Auszahlung des Kinderabsetzbetrages.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht dem Erkenntnis des folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102874.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at