Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2020, RV/4100156/2017

Kein Vorsteuerabzug ohne Rechnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch Richterin Dr. Elisabeth Hafner als Vorsitzende, den Richter Mag. Hannes Prosen sowie die fachkundigen Laienrichter A und B in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 06-09/2016 Umsatzsteuerfestsetzung 06.2016-09.2016 (nunmehr gerichtet gegen den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2016 vom ) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin FOI Alexandra Dumpelnik und der Vertreterin des Finanzamtes HR Mag.a Andres Lamprecht - Hohenwarter zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer (BF) Vorsteuerbeträge (Euro 16.000,--) abziehen kann.

Verfahrensablauf:

Der Niederschrift über eine beim BF abgeführte, die Monate April bis September 2016 umfassende Außenprüfung ist Folgendes zu entnehmen:

"Der BF betrieb in ***1*** von April bis September 2016 eine Diskothek. Eine UVA mit einer aufgrund von Belegen ermittelten Zahllast wurde nur für die Monate April und Mai 2016 abgegeben. Danach wurden lediglich 100,00 EUR pro Monat gemeldet.

Laut Rücksprache mit dem vormaligen Steuerberater sei der BF für ihn nicht mehr greifbar gewesen.

Der Pfl. ist für ihn nicht mehr greifbar und reagiert auch nicht auf Anrufe. Er hat für die Zeit ab Juni keine Unterlagen mehr erhalten."

Mangels Aufzeichnungen schätzte die Prüferin die Entgelte für die ausgeführten Umsätze der Monate Juni bis September in Anlehnung an die Vormonate mit (jeweils netto) 150.000,-- EUR (20%) und 3.600,-- EUR (10%). Vorsteuern wurden mangels des Vorliegens von Rechnungen nicht berücksichtigt.

Das Finanzamt erlies in weiterer Folge einen diesen Feststellungen entsprechenden Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 06-09/2016.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde wird diese Schätzung nicht beanstandet. Der BF begehrte jedoch, Vorsteuerbeträge von Euro 16.000,-- zum Abzug zuzulassen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass dem Finanzamt die zwei Hauptlieferanten des BF ebenso bekannt gewesen seien, wie der Umstand, dass der BF eine sehr hohe Miete habe zahlen müssen. Daraus müsse geschlossen werden, dass Rechnungen mit Vorsteuerausweis ausgestellt und vorhanden seien. Nach Lehre und Rechtsprechung dürften Vorsteuern daher abgezogen werden.

Das Finanzamt wies die Beschwerde ab und führte aus, dass gemäß § 12 Abs. 1 lit. a des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994) Unternehmer u.a. die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an sie gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuern abziehen dürfen.

Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug - so das Finanzamt weiter - sind nachzuweisen, wobei als Nachweis dafür grundsätzlich eine ordnungsgemäße Rechnung vorzulegen ist. Die Rechnung stellt ein materiellrechtliches Erfordernis für den Vorsteuerabzug dar. Außerdem ist eine entsprechende Aufzeichnung über die Ermittlung der geltend gemachten Vorsteuern zu führen. Der Unternehmer ist grundsätzlich für das Vorhandensein und die Vorlage der Unterlagen verantwortlich.

Eine Anerkennung von Vorsteuern aus Billigkeitsgründen kann nur dann erfolgen, wenn die Beschaffung von Rechnungen nicht mehr möglich ist (z.B. Rechnungsaussteller existiert nicht mehr) oder die Unterlagen aufgrund höherer Gewalt (z.B. Brand...) vernichtet wurden und nicht mehr bekannt ist, welche Belege überhaupt fehlen. Bevor diese Art der Anerkennung von Vorsteuern zur Anwendung gebracht wird, hat der Unternehmer jedenfalls von sich aus alles Zumutbare zu unternehmen, um die vollständigen Unterlagen vorzulegen. Eine Schätzung der abziehbaren Vorsteuern wird erst dann vorgenommen, wenn eine (Wieder)Beschaffung der Rechnungen objektiv nicht mehr möglich oder mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden ist.

Schließlich beantrage die BF ohne weiteres Vorbringen zu erstatten, die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

In der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde dem BF nochmals die Möglichkeit eröffnet, betreffend die als Vorsteuern begehrten Umsatzsteuern Rechnungen, die den Bestimmungen des § 11 des UStG 1994 entsprechen, beizubringen.

Der BF ergriff diese Möglichkeit nicht. Der BF blieb auch der mündlichen Verhandlung ohne Bekanntgabe von Gründen fern, obwohl die Ladung zu dieser Verhandlung (durch Hinterlegung am ) zugestellt worden ist.

In der Beschwerdeverhandlung hielt die Vertreterin des Finanzamtes an ihrer Ansicht fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Vorweg wird festgehalten, dass nach Erlassung des Bescheides über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 06-09/2016 am der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2016 ergangen ist. Wegen Nichtabgabe der Steuererklärung für das Jahr 2016 wurden die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen wiederum gemäß § 184 BAO geschätzt. Die Schätzung erfolgte unter Heranziehung der Bemessungsgrundlagen laut den eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für April und Mai sowie der Festsetzung Juni bis September. Die vom BF begehrten Vorsteuern wurden nicht berücksichtigt.

Somit wurde mit dem Jahresbescheid dem Beschwerdebegehren der gegen den Festsetzungsbescheid erhobene Beschwerde nicht entsprochen. Diese Beschwerde gilt daher als gegen den Jahresbescheid eingebracht (Ritz6, BAO, Anm. 2 z. § 253).

Sachverhaltsmäßig geht das Bundesfinanzgericht davon aus, das den Bestimmungen des § 11 des UStG 1994 entsprechende Rechnungen nicht vorliegen. Dieser Schluss gründet sich bereits darauf, dass entsprechende Rechnungen weder dem Beschwerdeschriftsatz beigelegt noch über entsprechende Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes beigebracht worden sind.

Damit ist das Schicksal der Beschwerde entschieden.

Wie bereits das Finanzamt ausgeführt hat, kann der Unternehmer nach § 12 Abs. 1 lit. a UStG 1994 nur Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuern abziehen, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesen sind.

Ein Vorsteuerabzug ohne Rechnungen ist demnach gar nicht bzw. nur dann möglich, wenn es als erwiesen angesehen werden kann, dass dem Unternehmer Vorsteuern in Rechnung gestellt wurden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes wird hingewiesen (vgl. auch ; ; ); VwGH 13.12.1005, 95/13/0030; VwGH 20,11,1996, 96/15/0027; und Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar5, Anm. 56 z. § 12.) Diese Ansicht findet auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Deckung (EuGH, , C- 152/02 "Terra Baubedarf"; vgl. auch nochmals Ruppe/Achatz, a.a.O., Anm. 57 z. § 12).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revison:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das gegenständliche Erkenntnis trägt der zitierten Rechtsprechung Rechnung und war die Revision daher nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 12 Abs. 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte
Rechnung
Vorsteuerabzug
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.4100156.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at