Familienbeihilfenanspruch bei Entsendung nach Österreich
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Union Tax&Law, Donau-City-Straße 7/DC Tower/30th floor, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) für den Zeitraum Mai 2016 bis November 2017
zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit einer am beim Finanzamt Innsbruck eingelangten Eingabe wurde das Formular Beih 38 über Auftrag des Antragstellers übermittelt. Mit diesem Formular stellte der Kindesvater einen Antrag auf Gewährung einer Differenzzahlung für den Zeitraum Mai 2016 bis November 2017 für seine zwei minderjährigen Kinder, die ständig bei ihm wohnen würden und deren Unterhalt er überwiegend finanzieren würde. Die Kindererziehung erfolge in einem Haushalt gemeinsam mit dem anderen Elternteil, seiner Ehefrau, in Rumänien. Die Kinder würden eine Schule besuchen und wäre für sie in Rumänien im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine rumänische Familienleistung bezogen worden.
Beigelegt wurden dem Antrag E9-Bescheinigungen für die Jahre 2016 und 2017, nach welchen weder er noch seine Ehegattin im Wohnsitzstaat Rumänien zu versteuernde Einkünfte bezogen hätten, sowie eine Heiratsurkunde und Geburtsurkunden für die zwei Kinder. Weiters zwei Bescheinigungen (E401 und E411), welche die Angaben im Formular Beih38 (mit Ausnahme der Höhe der Familienleistungen, welche darin wesentlich höher bekanntgegeben wurden) bestätigten.
Eine vom Finanzamt durchgeführte Abfrage im Zentralen Melderegister ergab, dass der Antragsteller, bezogen auf den relevanten Zeitraum, ab 20. Feber bis an einer Adresse in Tirol und ab bis an einer Adresse in Niederösterreich jeweils mit Nebenwohnsitz gemeldet war. Vor 20. Feber 2017 scheint im Melderegister keine Meldung auf.
Vom Arbeitgeber des Antragstellers wurden, wiederum bezogen auf den relevanten Zeitraum, der österreichischen Finanzverwaltung Lohnzettel für den Zeitraum 1. Mai bis und 1. Jänner bis übermittelt.
Mit Mail vom teilte die rechtsfreundliche Vertretung des Antragstellers mit, dass der Antragsteller "zwar bei einer ungarischen Firma beschäftigt ist, jedoch zu keinem Zeitpunkt in Ungarn beschäftigt" gewesen sei. Der Beschäftigungs- und der Aufenthaltsort wäre immer in Österreich gewesen.
Im Bescheid vom , mit welchem ein Antrag auf "Ausgleichszahlung" für die zwei Kinder für den Zeitraum Mai 2016 bis November 2017 abgewiesen wurde, führte das Finanzamt begründend aus:
"Da Sie in den oben angeführten Monaten in Österreich keine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt haben bzw. keine Geldleistung infolge dieser Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit bezogen haben, bestand für diese Monate kein Anspruch auf Ausgleichszahlung."
Dagegen wurde durch die Vertretung des Antragstellers fristgerecht Beschwerde erhoben.
"Der Antragsteller war in der Zeit vom bis und vom bis bei der Firma [Name] in Innsbruck beschäftigt. Am Beschäftigungsort in Österreich wurde ihm von seiner Arbeitgeberin eine Unterkunft gestellt.
Beweis: Arbeitgeberbescheinigung,Lohnzettel mit Beitragsgrundlagennachweis
Vorlage Arbeitgeberbescheinigung A1
Das Finanzamt Innsbruck hat den Antrag des Antragstellers vollständig zurückgewiesen mit der Behauptung, es habe keine Beschäftigung in Österreich vorgelegen, was aus dem Umstand geschlossen wurde, dass der Antragsteller in Österreich nicht versicherungspflichtig gewesen sei. Tatsache ist jedoch, dass sowohl § 2 FLAG wie auch die VO EU 883/2004 nicht an die Sozialversicherungspflicht sondern an den Beschäftigungsort anknüpft.
Der Antragsteller ist ungarischer Staatsangehöriger, die betroffenen Kinder lebten während der Beschäftigungszeiten bei der Kindesmutter in Ungarn, der Bezug von Familienleistung für die Kinder erfolgte wie im Antrag ausgeführt.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Ausgleichs- und/oder Differenzzahlung für vorgenannten Monate liegen jedoch vor, da der Antragsteller im genannten Zeitraum tatsächlich ausschließlich in Österreich beschäftigt war und auch in Österreich steuerpflichtig war, wie sich aus den beigefügten Unterlagen entnehmen lässt. Die Tatsache, dass er in Ungarn sozialversicherungspflichtig war ändert an diesem Umstand nicht. Die anstellende Firma [Name] hat den Antragsteller ausweislich beigefügter A1 Bescheinigung bei [Firma2] in Österreich eingesetzt. Der Antragsteller war in Österreich steuerpflichtig.
Nach VO EU 883/2004 Art. 11 Abs. 3 a) unterliegt eine Person den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Nach § 2 FLAG iVm § 53 FLAG steht dem Antragsteller Familienbeihilfe bzw. Ausgleichs- und/ oder Differenzzahlung für seine Kinder zu.
Auf die bereits eingereichten Beweismittel wird Bezug genommen."
Beigefügt waren der Beschwerde zwei Formblätter "Beschäftigungsnachweis und Wohnsitzbestätigung", nach welchen der Antragsteller von seiner Arbeitgeberin in der Zeit von 1. Mai bis und von 1. Jänner bis in einen ausländischen Betrieb entsandt worden sei und ihm in den Beschäftigungszeiten vom Arbeitgeber unentgeltlich eine Unterkunft gestellt worden sei. Versicherungspflicht bestehe in Ungarn. Weiters wurden Lohnzettel L16 für den Zeitraum 1. Mai bis und den Zeitraum 1. Jänner bis , sowie eine A1-Bescheinigung (Entsendung für den Zeitraum bis ) und eine Lohn-/Gehaltsabrechnung für den Monat Feber 2018 vorgelegt.
Mit Schreiben vom teilte das österreichische Bundeskanzleramt dem Finanzamt mit, dass betreffend den Antragsteller im Zeitraum 5. Feber 2018 bis 4. Feber 2020 eine Entsendung und daran anschließend eine Ausnahmevereinbarung nach Art 16 Abs 1 VO(EG) 883/2004 vorgelegen seien. In der Folge wurde eine Korrespondenz mit dem zuständigen ungarischen Träger übermittelt, aus welcher hervorgeht, dass für den Antragsteller A1-Entsendebescheinigungen, soweit für den vorliegenden Fall relevant, für die Zeiträume bis und 16. Oktober bis ausgegeben worden seien.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt stellte den relevanten Sachverhalt dar und bezog sich auf die erteilte Auskunft der zuständigen ungarischen Stelle in Bezug auf die Anwendung der ungarischen Rechtsvorschriften über die Soziale Sicherheit. Abgeleitet aus den näher genannten Vorschriften der VO(EG) 883/2004 wurde ein Anspruch auf österreichische Familienleistungen verneint.
Daraufhin beantragte die Vertretung des Beschwerdeführers die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und legte das Finanzamt diese samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt und Beweiswürdigung
Der nachfolgend festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unstrittigen Inhalt des Verwaltungsaktes bzw aus den im Folgenden gesondert dargestellten Beweismitteln und Überlegungen:
a) Der Antragsteller ist rumänischer Staatsbürger, verheiratet und Vater von zwei minderjährigen Kindern.
Dass in der Beschwerde eine ungarische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers angeführt ist, steht im offenen Widerspruch zu den anderen vorliegenden Unterlagen (zB E9-, E401-und E411-Formulare, Zentrales Melderegister) und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im streitgegenständlichen Antrag.
b) Der Familienwohnsitz des Beschwerdeführers befindet sich in Rumänien. Dort leben auch die Ehefrau und die zwei Kinder, alle ebenfalls rumänische Staatsbürger.
Die Angabe in der Beschwerde, die Kindesmutter und die betroffenen Kinder würden in Ungarn wohnen, widerspricht ebenso den sonstigen vorliegenden Unterlagen und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers.
c) Der Beschwerdeführer war im Streitzeitraum bei einem Arbeitgeber mit Sitz in Ungarn beschäftigt (vorliegende Arbeitgeberbescheinigungen vom und L 16-Ausdrucke).
d) Im Rahmen dieses Dienstverhältnisses wurde der Beschwerdeführer im für das Beschwerdeverfahren relevanten Zeitraum vom bis Ende November 2017 vom ungarischen Arbeitgeber zu Arbeitsstellen in Österreich entsendet und kamen für den Beschwerdeführer durchgehend die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit Ungarns zur Anwendung (A1-Bestätigung vom ).
Für den Beschwerdeführer wurden in der zeitlichen Folge (ab Feber 2018) eine weitere A1-Bescheinigung nach Art 12 VO(EG) 883/2004, eine Ausnahmevereinbarung nach Art 16 VO(EG) 883/2004 und eine weitere Bescheinigung nach Art 12 VO(EG) 883/2004 ausgestellt (vgl die Mitteilung des zuständigen ungarischen Trägers).
e) Der Beschwerdeführer wohnte während der Beschäftigungszeiten in einer vom Arbeitgeber unentgeltlich gestellten Unterkunft und bestand durchgehend Versicherungspflicht in Ungarn (neuerlich Arbeitgeberbescheinigungen vom ).
Im Zentralen Melderegister scheinen mit Unterbrechungen Meldungen mit Nebenwohnsitz seit 20. Feber 2017 auf.
f) Nach den Angaben in der vorgelegten Bestätigung des rumänischen Trägers wurde im Streitzeitraum für die Kinder in Rumänien eine mit der Familienbeihilfe vergleichbare Familienleistung bezogen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Mit der VO(EG) 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der hiezu ergangenen Durchführungsverordnung VO(EG) 987/2009 hat das Europäische Parlament und der Rat grundlegende Bestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit geschaffen.
Nach Art 2 Abs 1 VO 883/2004 gilt diese Verordnung ua für Staatsangehörige mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
Im vorliegenden Fall kann auf Grund des festgestellten Sachverhaltes kein Zweifel bestehen, dass der Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.
Gemäß Art 3 Abs 1 lit j VO 883/2004 gilt die Verordnung für alle Rechtsvorschriften, die Familienleistungen betreffen.
Dass es sich bei der österreichischen Familienbeihilfe um eine solche Familienleistung handelt, kann nicht bestritten werden.
Art 11 Abs 1 VO 883/2004 bestimmt, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates unterliegen. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach den Ausführungen dieses Titels.
Art 11 Abs 3 lit a VO 883/2004 normiert dazu, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, vorbehaltlich der Art 12 bis 16 der Verordnung den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaates unterliegt.
Gegenständlich steht fest, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines Dienstverhältnisses zu einer ungarischen Firma seine Arbeitsleistung in Österreich erbracht hat.
Dazu bestimmt Art 12 Abs 1 VO 883/2004, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaates unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst.
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer, obwohl er seine Tätigkeit ab Mai des Jahres 2016 in Österreich ausgeübt hat, wegen der Entsendung im Streitzeitraum weiterhin (ausschließlich) den ungarischen Rechtsvorschriften unterlegen ist.
Vom Beschwerdeführer selbst wurden in diesem Zusammenhang eine A1-Bescheinigung für den Zeitraum bis vorgelegt. Diese Bescheinigung ist für die Mitgliedstaaten grundsätzlich verbindlich (Art 5 Abs 1 VO 987/2009 und ). Dies unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer seine Tätigkeit tatsächlich durchgehend in Österreich ausgeübt hat.
Mit dem Beschwerdeeinwand, die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates würde nicht an die Sozialversicherungspflicht anknüpften, sondern an den Beschäftigungsort, ist der Beschwerdeführer grundsätzlich im Recht. Er übersieht dabei aber, dass das Unionsrecht in der VO(EG) 883/2004 - wie im gegenständlichen Fall vorliegend - auch vom Beschäftigungsort abweichende Zuständigkeiten normiert. Somit geht der Hinweis auf Art 11 Abs 3 lit a VO(EG) 883/2004 in der Beschwerde mangels Relevanz im vorliegenden Fall völlig ins Leere.
Andererseits ist dem Finanzamt insoweit zuzustimmen, wenn es die unionsrechtlich normierte Zuständigkeit für die "Sozialversicherungspflicht" mit der Zuständigkeit zur Erbringung von "Familienleistungen" gleichsetzt, da, wie oben ausgeführt, die unionsrechtlichen Zuständigkeitsregeln sowohl für die "Sozialversicherungspflicht", als auch für Familienleistungen gelten.
Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden (Art 67 VO 883/2004). Der Anspruch auf Familienleistungen besteht somit nach den unionsrechtlichen Vorschriften gegenüber dem "zuständigen Mitgliedstaat" unabhängig davon, ob die anspruchserhebende Person oder deren Familienangehörige im zuständigen oder einem anderen Mitgliedstaat wohnen.
Aus obigen Ausführungen folgt, dass unionsrechtlich Ungarn und/oder Rumänien (wo die Familienangehörigen wohnen, falls die Ehegattin des Beschwerdeführers dort zB eine Beschäftigung ausübt) für die Familienleistungen zuständige Staaten sind. Österreich kann hingegen unionsrechtlich jedenfalls nicht "zuständiger Mitgliedstaat" sein.
Dabei spielt es keine Rolle, dass der Beschwerdeführer (allenfalls auch auf Grund eines Antrages nach § 1 Abs 4 EStG 1988) in Österreich mit seinen Einkünften aus dem Dienstverhältnis (unbeschränkt) steuerpflichtig behandelt wird, da die Steuerpflicht von Einnahmen nach den Regelungen der VO(EG) 883/2004 nicht relevant ist.
Wie der Europäische Gerichtshof (vgl ) ausführte, bestand nach der VO(EG) 1408/72 keine Verpflichtung eines Mitgliedstaates zur Gewährung von Familienleistungen, wenn der/die nach der Verordnung zuständige/n Mitgliedstaat/en keine (oder nur geringere) Familienleistungen erbringen (vgl ausdrücklich Rn 27 des Urteils). Diese Rechtsprechung ist auch auf die Regelungen der VO(EG) 883/2004 übertragbar. Im genannten Urteil äußert der Gerichtshof aber auch die Ansicht, dass es einem nach der Verordnung nicht zuständigen Mitgliedstaat auferlegt sein kann, Familienleistungen allein auf Grund der innerstaatlichen Vorschriften (trotz unionsrechtlicher Unzuständigkeit) zu gewähren (vgl Rn 28 des Urteils), wenn ein diesbezüglicher Anspruch alleine nach rein innerstaatlichen Vorschriften besteht. In diesem Sinne vgl auch das und C-612/10, Rz 44.
Es ist daher abschließend zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer rein nach österreichischem nationalen Recht einen Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht (siehe auch den Hinweis auf § 2 iVm § 53 FLAG 1967 in der Beschwerde).
Der Beschwerdeführer war im Beschwerdezeitraum ab Mai 2016 für seinen Arbeitgeber in Österreich tätig und hatte lt Melderegister seit Feber 2017 (mit Unterbrechung) einen Nebenwohnsitz in Österreich. Zudem hatte er seinen "Hauptwohnsitz" in Rumänien, wie er selbst angibt. Seine Kinder waren im Beschwerdezeitraum minderjährig. Sie wohnten zwar gemeinsam mit dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin in Rumänien, gemäß § 53 FLAG 1967 stand dies der Annahme eines ständigen Aufenthaltes in Österreich jedoch nicht entgegen. Ein Anspruch auf eine ausländische Beihilfe steht gemäß § 4 Abs 2 FLAG 1967 einer Ausgleichszahlung nicht entgegen.
An Stelle der Ehegattin des Beschwerdeführers hat er selbst (als haushaltsführender Elternteil) gemäß § 2a Abs 2 FLAG 1967 erklärt, gemäß § 2a Abs 1 FLAG 1967 iVm § 4 Abs 2 FLAG 1967 auf die vorrangig zustehende Ausgleichszahlung/Differenzzahlung für die beiden Kinder zu Gunsten der antragstellenden Person (=wiederum der Beschwerdeführer) zu verzichten. Im vorliegenden Fall liegt offen auf der Hand, dass der Beschwerdeführer nicht haushaltsführender Elternteil sein kann, weil er auf Grund der Entsendung körperlich zum überwiegenden Teil der Zeit gar nicht im gemeinsamen Haushalt mit seinen Kindern befinden kann. Auch in der Beschwerde wird angeführt, dass die Kinder "während der Beschäftigungszeiten bei der Kindesmutter" leben würden. Insoweit kann der Beschwerdeführer nicht selbst zu seinen Gunsten auf Familienbeihilfe verzichten und und liegt eine Verzichtserklärung der Ehegattin nicht vor. Daraus folgt, dass bereits mangels Anspruchsberechtigung dem Grunde nach eine abweisende Entscheidung gegenüber dem Beschwerdeführer zu erfolgen hätte. Auf Grund des im Folgenden ausgeführten kann in diesem Zusammenhang auf eine nähere Abklärung, ob allenfalls lediglich ein Irrtum vorgelegen ist, und Einladung zur allfälligen Nachreichung einer zutreffenden Verzichtserklärung verzichtet werden.
§ 2 Abs 8 FLAG 1967 verlangt für einen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe, dass der Antragsteller den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet hat. Der Lebensmittelpunkt liegt nach dem Gesetz in dem Staat, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen besteht. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert zu § 2 Abs 8 FLAG 1967, dass bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort bestehe, an dem sie mit ihrer Familie leben. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden. Diese Annahme setze allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindung zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus (vgl ; ; ). Bei von der Familie getrennter Haushaltsführung kommt es auf die Umstände der Lebensführung, wie etwa eine eigene Wohnung, einen selbständigen Haushalt, gesellschaftliche Bindungen, aber auch auf den Pflichtenkreis einer Person und hier insbesondere auf ihre objektive und subjektive Beziehung zu diesem an (vgl ; ).
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdezeitraum seinen Lebensmittelpunkt in Österreich gehabt hätte: Der Beschwerdeführer selbst gibt in allen seinen Eingaben an, dass er mit seiner Familie in Rumänien im gemeinsamen Haushalt wohnt und sich gemeinsam mit der Ehegattin in aufrechter Ehe um die Kindererziehung kümmert. Die vom Arbeitgeber gestellte Unterkunft in Österreich dient im Wesentlichen dem Aufenthalt während der Arbeitstage (eine Anmeldung als Nebenwohnsitz erfolgte auch erst im Jahr 2017) und ist die berufliche Tätigkeit in Österreich nicht auf Dauer angelegt, da ansonsten eine Entsendung (bzw später eine Ausnahmevereinbarung) gar nicht möglich gewesen wäre. Gerade der letztgenannte Umstand weist somit klar darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer an einem Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich mangelt und daher auch nach rein innerstaatlichem Recht kein Anspruch des Beschwerdeführers auf österreichische Familienbeihilfe besteht (vgl dazu auch , , und ).
In Bezug auf Österreich ist in diesem Zusammenhang zudem festzuhalten, dass die österreichische Familienbeihilfe aus dem Familienlastenausgleichsfonds durch Beiträge der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf Basis der von ihnen ausbezahlten Arbeitslöhne finanziert wird. Dabei handelt es sich um reine Arbeitgeberbeiträge. Eine derartige Beitragspflicht besteht jedoch für Arbeitslöhne von nach Österreich entsendeten (bzw zwar in Österreich tätigen, auf Grund einer Sondervereinbarung aber nicht den Vorschriften der sozialen Sicherheit Österreichs unterliegenden) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht. Es kann in diesem Zusammenhang somit keine Rede davon sein, dass vom Beschwerdeführer selbst oder von seinem Arbeitgeber Zahlungen geleistet werden, mit welchen das System der österreichischen Familienbeihilfe finanziert wird. Fehlt es auch an diesem Argument für das Bestehen eines Anspruches auf Familienbeihilfe (vgl neuerlich und C-612/10, Rz 84).
Zusammengefasst ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer weder auf Grund der Bestimmungen der VO(EG) 883/2004, noch auf Basis rein innerstaatlichen Rechts ein Anspruch auf Familienbeihilfe bzw Ausgleichs- oder Differenzzahlung erwachsen ist, weshalb dem in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit anhaftet.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall hat sich das Bundesfinanzgericht an der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes orientiert und ist von dieser nicht abgewichen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war daher nicht zu beantworten, weshalb die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 53 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2a Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 4 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 18 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom S. 47 § 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 2 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 12 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 5 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 11 Abs. 1 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100520.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at