Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.08.2020, RV/7100682/2016

Dreifacher Jahreswert als Bemessungsgrundlage für einen Bestandvertrag betreffend ein Studentenheim.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Rechtsgebühren, ***3***, ***2***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert wie folgt:

Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 1% von der Bemessungsgrundlage in Höhe von 314.400,00 € = 3.144,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe


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  • Sachverhalt und Verfahrensgang
Das Finanzamt hat gegenständliche Beschwerde am mit folgender Sachverhaltsdarstellung an das BFG vorgelegt: "Die ***4*** (Verpächterin) betreibt in der ***5***, ein ***6*** Studentenwohnheim. Mit Pachtvertrag beurkundet am ***7*** verpachtet die Verpächterin die in Punkt 2.2. des Vertrages definierten Teile an das ***8*** (Pächter). Laut Punkt 3.1. beginnt das Pachtverhältnis am und wird auf bestimmte Zeit abgeschlossen. Die bestimmte Pachtzeit setzt sich aus einer variablen Grundpachtzeit zuzüglich einer Verlängerung um 5 Jahre bei Ausübung einer eingeräumten Option zusammen. Laut Punkt 3.2.1. beträgt die variable Grundpachtzeit 29 Jahre und 6 Monate, wenn die gesamten Netto-Sanierungskosten den Betrag von € 1.900.000,-- nicht übersteigt. Sollten die Sanierungskosten den Betrag von € 1.900.000,-- übersteigen, so wird laut Punkt 3.2.2. in einem Nachtrag eine neue variable Grundpachtzeit festgelegt. Gem. Punkt 3.3. wird dem Pächter die Möglichkeit eingeräumt, durch einseitige Erklärung das Pachtverhältnis um 5 Jahre zu verlängern. Gem. Punkt 3.4. kann das Pachtverhältnis nur aus wichtigen Gründen gekündigt werden. Insbesondere aus den dort angeführten Gründen. Gem. Punkt 5.1. optiert der Verpächter bei der Umsatzsteuer zur Regelbesteuerung. Demgemäß ist für den Pachtzins und die Betriebskosten Umsatzsteuer idHv. 20 % zu entrichten. Lt. Punkt 7.4. leistet der Pächter für die Betriebskosten Acontozahlung von € 1.000,-- inkl. USt. pro Quartal. Somit € 4.000,-- brutto pro Jahr. Diese Vorauszahlung umfasste alle Positionen des § 21 MRG, ausgenommen Hausverwaltung und Hausbesorger. Versicherungen sind in diesen Positionen enthalten. Ausgehend von der Höchstlaufzeit von 18 Jahren gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG wurde mit Bescheid vom die Gebühr mit € 18.889,20 festgesetzt. Zum Pachtentgelt und den Betriebskosten wurde dabei auch die abzuschließende Versicherung hinzugerechnet. Abweichend vom Begleitschreiben vom vertritt das Finanzamt bei der Festsetzung der Gebühr nicht die Ansicht, es handle sich um eine Vermietung für Wohnzwecke. Das Finanzamt sah keine Anwendbarkeit der Begünstigung gem. § 33 TP 5 Abs. 3 GebG für Vermietungen für Wohnzwecke und gewährte daher die Begünstigung in Form des Ansatzes des dreifachen Jahreswertes nicht. Auch die Befreiung gem. § 5 Abs. 1 Studentenheimgesetz wurde mangels Vorliegen eines Vertrages zwischen Heimträger und Heimbewohner nicht gewährt. Gegen den Bescheid wurde am Beschwerde erhoben. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom in den Hauptstreitpunkten abgewiesen. Dagegen wurde am ein Vorlageantrag gestellt." Das Finanzamt hat hie zu folgende Stellungnahme abgegeben:
"Strittig ist im gegenständlichen Fall, welche Dauer der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen ist und ob allenfalls die Befreiung gemäß § 5 Abs. 1 Studentenheimgesetz Anwendung findet. Zunächst verweist das Finanzamt auf seine Ausführungen im Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung. Ergänzend wird noch ausgeführt: Das Studentenheimgesetz regelt die Rechtsverhältnisse, die sich aus der Vergabe von Heimplätzen durch die Studentenheimträger an Studierende (Heimbewohner) ergeben (§ 1 Abs. 1 Studentenheimgesetz). Der gegenständlichePachtvertrag wird jedoch zwischender ***9*** in Österreich als Verpächterin und dem ***10*** als Pächter abgeschlossen und nicht zwischen einem Studentenheimträger und einem Studierenden, so dass schon aus diesem Grund die Bestimmungen des Studentenheimgesetzes auf diesen Vertrag nicht anwendbar sind. Nach § 5 Abs. 1 Studentenheimgesetz ist die Benützung von Heimplätzen durch schriftlichen Vertrag (Benützungsvertrag) zwischen Heimträger und Heimbewohner zu regeln. Dieser Vertrag unterliegt nicht der Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 GebG. Im beschwerdegegenständlichen Fall liegt jedoch kein Vertrag zwischen Heimträger und Heimbewohner vor. Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 ist daher nicht anwendbar. Zum Einwand, der Vergebührung sei lediglich das dreifache Jahresentgelt zu Grunde zu legen (§ 33 TP 5 Abs. 3, 3. Satz GebG), ist zu bemerken, dass der Pachtgegenstand zum Betrieb eines ***11*** Studentenheimes dem Pächter überlassen wird. Mag das Studentenheim letztlich den Studenten für Wohnzwecke überlassen werden (auf Grund eines Benützungsvertrages), dient es aber nicht den Wohnzwecken des Pächters, sondern dessen Geschäftszwecken. Ein Hotel dient zwar Wohn(= Beherbergungs-) zwecken (bezogen auf die Hotelgäste), wird aber überwiegend nicht zu solchen des Pächters (sondern zu dessen Geschäftszwecken) gepachtet (vgl sinngemäß JBl 1979, 146). Der Pachtvertrag über das Hotel wird daher nicht dem Abs. 3 Satz 3 unterstellt werden können (Arnold/Arnold, Rechtsgebühren, 9. Auflage, § 33 TP 5 Rz 28 d, 4. Satz). Dass im gegenständlichen Fall keine Vermietung für Wohnzwecke vorliegt, wird auch dadurch erhärtet, dass das Pachtentgelt zuzüglich der USt in Höhe von 20% zu entrichten ist."

Gegen den Bescheid gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG vom hat die Bf. Beschwerde eingebracht.

Die Bf. führt aus, während das Pachtentgelt inklusive Umsatzsteuer und die jährlichen Betriebskosten von € 4.000,00 sachlich in Ordnung gehe - diesbezüglich nicht bekämpft werde - sei festzuhalten, dass die geschätzte Versicherung von € 140,00 sachlich nicht gerechtfertigt sei. Gemäß Punkt 7. des gegenständlichen Pachtvertrages würden als Betriebskosten die in den §§ 21 ff MRG genannten Positionen mit Ausnahme der Kosten für Hausverwaltung und Hausbesorger gelten. Diesbezüglich dürfe angemerkt werden, dass in den Betriebskosten in § 21 MRG die Versicherungsprämien enthalten seien (§ 21 Abs. 1 Z 4, Z 5 MRG), sodass diesbezüglich über die jährlichen Betriebskosten von € 4.000,00 nicht eine weitere Versicherung als Entgelt und damit in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden könne.

Soweit daher von einem € 104.800,00 übersteigenden jährlichen Entgelt bei dem gegenständlichen Pachtvertrag ausgegangen werde, liege im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vertrag und den Betriebskostenregelungen eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde vor. Das jährliche Entgelt für die Ermittlung der Rechtsgebühr betrage € 104.800,00.

Im gegenständlichen Fall sei maximal eine Rechtsgebühr von € 3.144,00 gerechtfertigt, dies auf einer Bemessungsgrundlage des dreifachen Jahresentgeltes in der Höhe von € 104.800,00 (jährlich), sohin auf einer Gesamtbemessungsgrundlage von € 314.400,00. Nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG seien bei Bestandverträgen über die dort näher bezeichneten, überwiegend Wohnzwecken dienenden Gebäude und Gebäudeteile die wiederkehrenden Leistungen abweichend vom ersten Satz dieser Gesetzesstelle mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen. Dadurch würden befristete Wohnungsmietverträge, deren vereinbarte Laufzeit drei Jahre übersteigt, den unbefristeten Wohnungsmietverträgen gebührenrechtlich gleichgestellt. Nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage dienen Wohnzwecken Gebäude oder Räumlichkeiten in Gebäuden dann, wenn sie dazu bestimmt sind, in abgeschlossenen Räumen privates Leben, speziell auch Nächtigungen zu ermöglichen. Unter die Höchstgrenze falle nicht nur die Vermietung oder Nutzungsüberlassung der eigentlichen Wohnräume, sondern auch der mitvermieteten Nebenräume wie Keller- und Dachbodenräume. Auch ein gemeinsam mit dem Wohnraum in Bestand gegebener Abstellplatz oder Garten sei, wenn nicht eine andere Nutzung dominiere, als zu Wohnzwecken vermietet anzusehen. Dies gelte aber nur dann, wenn in einem Vertrag für die Wohnzwecke dienenden Räume und die anderen Teile der Liegenschaft ein einheitliches Entgelt vereinbart werde. Übersteige das zu Wohnzwecken benützte Flächenausmaß jenes zu anderen Zwecken benützte Ausmaß, sei überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken gegeben. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage sowie der Formulierung des Gesetzestextes selbst ergebe sich, dass diese Begünstigungsbestimmungen keine personen- sondern sachbezogene seien. Demgemäß gelte diese bei Abschluss von Mietverträgen von Kapitalgesellschaften für Dienstwohnungen (vgl. Arnold, a.a.O. Rz 28 b zu § 33 TP 5 GebG).

Der Verwaltungsgerichtshof sehe im Erkenntnis vom , 2011/16/0169, die Begünstigungsbestimmung des letzten Satzes des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG als sachbezogene, die Anwendbarkeit desselben setze das Überwiegen des Wohnzweckes voraus. Mit pflegebedürftigen Personen würden von der Pflegeanstalt in der Regel keine Bestandverträge sondern Pflegeverträge abgeschlossen, bei denen die Betreuungskomponente im weiteren Sinn die bestandsrechtlichen Elemente vollkommen überlagere.

Im gegenständlichen Fall - Pachtvertrag in Ansehung des ***11*** Studentenheimes ***12*** - sei die Situation im Gegensatz zu dem vorhin erwähnten Erkenntnis jedoch anders gelagert, denn beim gegenständlichen Pachtvertrag überwiege eindeutig der Wohnzweck, die sachbezogenen Begünstigungsvoraussetzung.

Aus dem Studentenheimgesetz (BGBl 1986/291) ergebe sich, dass der sogenannte Benützungsvertrag zwischen dem Studentenheimträger und dem Heimbewohner (Student) - Benützungsvertrag gemäß § 5 Studentenheimgesetz - ein Bestandvertrag sei, wobei - dies ergebe sich aus der Natur des Benützungsvertrages für Studenten - dort Hauptzweck der Wohnzweck sei (siehe auch § 2 Studentenheimgesetz). Diesbezüglich dürfe darauf hingewiesen werden, dass in § 5 leg. cit. in Ansehung des Benützungsvertrages ausdrücklich normiert sei, dass dieser Vertrag nicht der Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 GebG unterliege. Weiters werde auf § 1 Abs. 2 Z 1 MRG verwiesen, sowie auf § 12 Abs. 4 Studentenheimgesetz, wo betreffend die Kündigung des Benützungsvertrages auf die gerichtliche Kündigung von Bestandstreitigkeiten und die Anwendung der diesbezüglichen Bestimmungen verwiesen werde. Die Studenten würden mit den Studentenheimträgern Benützungsverträge abschließen, die bestandrechtlich Mietverträge mit dem Hauptzweck "Wohnen" seien, dies im Gegensatz zu den sogenannten Pflegeverträgen, bei welchen die Betreuungskomponente die bestandrechtlichen Komponenten vollkommen überlagere.

Bei Benützungsverträgen im Sinne des Studentenheimgesetzes handle es sich um Bestandverträge mit dem Hauptzweck Wohnen in Studentenheimen, wobei dieser Wohnzweck durch die entsprechenden Bestimmungen betreffend Heimordnung und dergleichen (vgl. § 6 Studentenheimgesetz) nicht verändert werde. Da es sich um eine sachliche Begünstigungsbestimmung handle, sei es im Gegensatz zur Rechtsauffassung der belangten Behörde irrelevant, dass die Bf einen Pachtvertrag mit dem ***10*** betreffend das ***6*** Studentenheim ***12*** abgeschlossen habe da es bei der erwähnten Begünstigungsbestimmung nicht auf die Person ankomme. Käme es auf die Person und deren unmittelbare Verwendung an, würde auch ein normaler Mietvertrag über eine Wohnung auf die Begünstigungsbestimmung des § 33 TP 5 Abs. 3 letzter Satz nicht zurückgreifen können, wenn zB der überwiegende Teil zu Wohnzwecken untervermietet würde, gleiches gelte für den Abschluss von Mietverträgen des Arbeitgebers für Dienstwohnungen für seine Mitarbeiter.

Der Abschluss des Pachtvertrages zwischen der Bf und dem ***11*** Diakoniewerk betreffend des ***11*** Studentenheimes ***12*** verlange vielmehr, dass der Pächter den Pachtgegenstand Studenten für deren Wohnzwecke - im Rahmen des Studentenheimes - zur Verfügung stelle, dies gemäß den Bestimmungen gemäß des Studentenheimgesetzes.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat die Bf. Vorlageantrag eingebracht. Die Bf. hat in der Beschwerde den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellt.

Der Geschäftsverteilungsausschuss hat die Rechtssache nun mehr der Gerichtsabteilung 1088 zur Erledigung zugewiesen.

Mit Entscheidungsvorhalt vom wurde den Parteien des Verfahrens die Sach- und Rechtslage aus der Sicht der Berichterstatterin nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt.

Die Bf. hat mit Schriftsatz vom den diversen rechtlichen Überlegungen des BFG sowie den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens zugestimmt und in der Folge den Antrag auf Entscheidung durch einen Senat sowie mündliche Verhandlung zurückgenommen.

Das Finanzamt hält seinen Standpunkt in der Stellungnahme vom aufrecht.

  • Rechtslage und Erwägungen

II.1. Rechtslage

Die wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen lauten:

§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 idF v. :

"Tarifpost 5

Bestandverträge

(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert


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1.
im allgemeinen
1 v.H.;
2.
beim Jagdpachtvertrag
2 v.H.

(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.

(3) Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht. Abweichend vom ersten Satz sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen…"

Die wesentlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom über das Wohnen in Studentenheimen (Studentenheimgesetz), BGBl. Nr. 291/1986, idF BGBl. I Nr. 15/2019, lauten:

"Geltungsbereich

§ 1.

(1) Dieses Bundesgesetz regelt die Rechtsverhältnisse, die sich aus der Vergabe von Heimplätzen durch Studentenheimbetreiber an Studierende (Heimbewohner) ergeben.…

Studentenheime

§ 2.

(1) Studentenheime sind Gebäude oder Wohnungen, in denen Heimplätze für Studierende zur Verfügung gestellt werden.

(2) Heimplätze für Studierende sind Mietgegenstände, die im Rahmen des Betriebs eines hie für besonders eingerichteten Studentenheimes vermietetwerden.

Studentenheimbetreiber

§ 3.

  • Studentenheimbetreiber ist, wer im Rahmen des Betriebs eines Studentenheims Heimplätze für Studierende zur Verfügung stellt.…

Studierende

§ 4.

(1) Als Studierende im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Studierende gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes 2014 (HSG 2014), BGBl. I Nr. 45/2014, in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Heimbewohner sind Studierende, die einen Benützungsvertrag gemäß § 5 abgeschlossen haben.

Benützungsvertrag

§ 5.

(1) Die Benützung von Heimplätzen ist durch schriftlichen Vertrag (Benützungsvertrag) zwischen Studentenheimbetreiber und Studierendem zu regeln.

(2) Der Benützungsvertrag hat Angaben über den Heimplatz, den Vertragszeitraum, die Möglichkeit der Vertragsverlängerung, die Kündigungsfristen, die Höhe des Entgelts, die Zahlungsmodalitäten, die Kaution, die Kautionszinsen sowie die Schlichtungsklausel zu enthalten.

(3) Das Heimstatut ist Bestandteil des Benützungsvertrages. Es ist dem Benützungsvertrag zumindest in elektronischer Form beizulegen.

Vertragsdauer

§ 5a.

(1) Der Benützungsvertrag ist auf die Dauer von 12 Monaten abzuschließen. Der Studentenheimbetreiber hat Beginn und Ende der 12-monatigen Vertragsdauer (= Studentenheimjahr) für das jeweilige Studentenheim einheitlich im jeweiligen Heimstatut festzulegen.…

Entgelt

§ 13.

(1) Der Studentenheimbetreiber kann von den Heimbewohnern ein Benützungsentgelt verlangen. Im Benützungsvertrag ist anzugeben, welche Leistungen vom Benützungsentgelt umfasst sind. Werden darüber hinaus vom Studentenheimbetreiber Leistungen gegen Entgelt angeboten, so hat er dies ausdrücklich unter Angabe der Preise in geeigneter Form mitzuteilen.…

Kaution und unwirksame Vertragsklauseln

§ 14.

(1) Der Studentenheimbetreiber kann für die ihm aus dem Benützungsvertrag künftig entstehenden Ansprüche gegen den Heimbewohner eine Kaution verlangen, die die Höhe des zweifachen Benützungsentgelts nicht überschreiten darf.…"

II.2. Erwägungen

Zur Anwendbarkeit des Studentenheimgesetzes:

Aus dem Text des Studentenheimgesetztes geht eindeutig hervor, dass es sich um unmittelbareRechtsverhältnisse zwischen einem Studentenheimbetreiber und Studierenden handeln muss, damit das Gesetz Anwendung findet (§ 1, "Dieses Bundesgesetz regelt die Rechtsverhältnisse, die sich aus der Vergabe von Heimplätzen durch Studentenheimbetreiber an Studierende (Heimbewohner) ergeben.")

Studentenheimbetreiber ist, wer im Rahmen des Betriebs eines Studentenheims Heimplätze für Studierende zur Verfügung stellt. Das ist gegenständlich nicht Vertragsinhalt, sondern kann in einem zweiten Schritt durch Vergabe von Benützungsverträgen zwischen der Pächterin und den Studenten erfolgen. Die Benützung von Heimplätzen ist durch schriftlichen Vertrag (Benützungsvertrag) zwischen Studentenheimbetreiber und Studierendem zu regeln (§ 5). Hie für sind ein Entgelt und allfällig eine Kaution zu entrichten (§§ 13, 14).

Das Gesetz findet nach seinem Wortlaut Anwendung auf unmittelbare Rechtsverhältnisse zwischen Studentenheimbetreiber und Studenten, die sich aus der Vergabe von Heimplätzen durch Studentenheimbetreiberergeben,die im Rahmen des Betriebes eines Studentenheimes Heimplätze für Studierende zur Verfügung stellen, wobei die Studenten mit dem Studentenheimbetreiber einen Benützungsvertrag gemäß § 5 abgeschlossen haben müssen.

Das ist hier nicht der Fall. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen der ***9*** in Österreich als Trägerorganisation und dem ***10***.

Das Studentenheimgesetz ist somit auf gegenständlichen Pachtvertrag nicht anwendbar.

Zur Anwendbarkeit des § 33 TP 5 Abs. 3, 3. Satz GebG (Dreifacher Jahreswert):

Die Bf. hat im Wesentlichen unter Wiedergabe von Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren argumentiert. Dieser führt zu § 33 TP 5 GebG, Rz 136ff(21. Lfg 2017) aus:

"3. Wohnungsmietverträge

Nach dem durch Art VII Z 18 AbgÄG 1998, ​BGBl I 1999/28, mit Wirksamkeit vom angefügten Satz 3 des § 33 TP 5 Abs 3 GebG sind bei Bestandverträgen über Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen, einschließlich sonstiger selbstständiger Räume und anderer Teile der Liegenschaft (wie Keller- und Dachbodenräume, Abstellplätze und Hausgärten, die typischerweise Wohnräumen zugeordnet sind) die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes anzusetzen. Durch diese Bestimmung wurde eine Gleichstellung von auf mehr als drei Jahre befristet abgeschlossenen Wohnungsmietverträgen mit solchen auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträgen erreicht. Die Bestimmung ist sachlich auf die im Gesetz näher beschriebenen Wohnräume und diesen gleichgehaltenen Bestandgegenstände beschränkt.

​Die Erläuterungen zum AbgÄG 1998 lauten insoweit (1471 BlgNR 20. GP):

​"Bei Bestandverträgen über die Vermietung und Nutzungsüberlassung von Gebäuden oder Gebäudeteilen für Wohnzwecke sollen für die Ermittlung der Gebührenbemessungsgrundlage die wiederkehrenden Leistungen höchstens mit dem Dreifachen des Jahreswertes zum Ansatz gelangen. Dadurch werden befristete Wohnungsmietverträge, deren vereinbarte Laufzeit drei Jahre übersteigt, den unbefristeten Wohnungsmietverträgen gebührenrechtlich gleichgestellt. Die Einführung der Höchstgrenze bei Vervielfachung der wiederkehrenden Leistungen soll bei Wohnungsmietverträgen die durch die anfallende Hundertsatzgebühr entstehenden Kosten beschränken und dadurch die Miete und Nutzungsüberlassung von Wohnzwecken dienenden Räumlichkeiten begünstigen.

​Wohnzwecken dienen Gebäude oder Räumlichkeiten in Gebäuden dann, wenn sie dazu bestimmt sind, in abgeschlossenen Räumen privates Leben, speziell auch Nächtigung, zu ermöglichen. Unter die Höchstgrenze fällt nicht nur die Vermietung oder Nutzungsüberlassung der eigentlichen Wohnräume, sondern auch der mitvermieteten Nebenräume wie Keller- und Dachbodenräume. Auch ein gemeinsam mit dem Wohnraum in Bestand gegebener Abstellplatz oder Garten ist, wenn nicht eine andere Nutzung dominiert, als zu Wohnzwecken vermietet anzusehen.

​Übersteigt das zu Wohnzwecken jenes zu anderen Zwecken benützte Ausmaß, ist überwiegende Nutzung zu Wohnzwecken gegeben."​

Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren (21. Lfg 2017) zu § 33 TP 5 GebG (Fellner) Rz 137

Dass die Bestimmung auch auf einen gemeinsam mit dem Wohnraum in Bestand gegebenen Abstellplatz oder Garten anzuwenden ist, gilt nur dann, wenn in einem Vertrag für die Wohnzwecken dienenden Räume und die anderen Teile der Liegenschaft ein einheitliches Entgelt vereinbart ist (​GebR Rz 720).

​Die Begünstigung des § 33 TP 5 Abs 3 GebG ist jedenfalls nicht auf den Vertrag über die Vermietung von Lokalräumlichkeiten anwendbar, weil diese Räumlichkeiten unzweifelhaft nicht Wohnzwecken dienen und auch keine Nebenräume zu Wohnzwecken darstellen ( ​2011/16/0169).

​Die zum Betrieb eines Pflegeheimes in Bestand gegebenen Räumlichkeiten dienten (auch aus der Sicht der zu pflegenden Personen) nicht überwiegend Wohnzwecken. Verfahrensgegenständlich waren weder Gebäudeteile, die ausschließlich dem Wohnen dienen (etwa Personalwohnungen), noch solche für sog "betreutes Wohnen". Vielmehr ging es um Gebäudeteile, die der stationären Pflege von pflegebedürftigen Personen dienen sollten. Die pflegebedürftigen Personen haben aber idR keine Bestandverträge, sondern "Pflegeverträge" abgeschlossen. Das sind gemischte Vertragsverhältnisse, die neben der Unterbringung der pflegebedürftigen Personen vor allem auch deren Pflege, Verköstigung, allenfalls medizinische Behandlung und sonstige Betreuung beinhalten. In solchen Fällen ist aber davon auszugehen, dass die Betreuungskomponente im weiteren Sinne die bestandsrechtlichen Elemente völlig überlagert. Die Begünstigung des § 33 TP 5 Abs 3 letzter Satz GebG fand daher keine Anwendung ( ​2011/16/0169).​"

In Punkt 2. des gegenständlichen Pachtvertrages heißt es:

"Feststellungen

2.1 Die Verpächterin betreibt das ***13*** in ***14***….

Die ***15*** in Österreich wird das ***12*** als ***6*** Studentenheim auf eigene Kosten umfassend sanieren und dieses ***11*** Studentenheim dem ***10*** zum Zweck der Weiterführung als ***6*** Studentenheim verpachten. Im Hinblick auf diese zukünftige Verpachtung wird das ***8*** als künftiger Pächter bereits bei Entscheidungen über die Sanierung miteingebunden, jedoch unmittelbar im Zusammenhang mit der Finanzierung dieser Sanierung keine Kosten zu tragen haben."

In Punkt 2.3 heißt es: "Mitverpachtet wird auch das Inventar für den Betrieb des Studentenheimes. Bei Abschluss dieses Pachtvertrages ist dieses Inventar noch nicht vorhanden. Die Vertragsparteien werden binnen drei Monaten ab Beginn des Betriebes eine Inventarliste erstellen und diese als Anlage 2 diesem Vertrag anschließen."

In Punkt 4.1 heißt es: "Der Pachtgegenstand wird zum Betrieb eines ***11*** Studentenheimes im Sinn des Studentenheimgesetzes und des Heimstatuts samt dem Betrieb der hiezu notwendigen Nebeneinrichtungen verpachtet."

Es ist somit evident, dass der Zweck der Verpachtung der Betrieb eines Studentenheimes ist.

Wenn die Bf. argumentiert im Vergleich mit sog. "Pflegeverträgen" liege der Sachverhalt hier anders, da eindeutig der Wohnzweck überwiege ist zu sagen, dass dem nicht entgegengetreten werden kann. Auch das Argument, es handle sich um eine sachliche Befreiung ist nicht von der Hand zu weisen.

Im genannten Erkenntnis VwGH , ​2011/16/0169, ging esum die Beurteilung von Mietverträgen zwischen einer gemeinnützigen Wohnungserrichtungsgesellschaft als Eigentümerin und Vermieterin und der Stadt Wien, Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund, als Mieterin betreffend einerseits ein Geriatrie-Pflegeheim und andererseits Lokalflächen zu diesem Pflegeheim. Hinsichtlich des Mietvertrages betreffend das Pflegeheim hat der VwGH die Anwendbarkeit des § 33 TP 5 Abs. 3, 3. Satz GebG mit folgender Begründung verneint:

"MIETOBJEKT UND MIETVORGANG

  • Gegenstand dieses Mietvertrages ist ausschließlich das vorgenannte Pflegeheim (also die Pflegeanstalt für chronisch Kranke mit nach derzeitigem Planungsstand 308 Betten) (...).

VI.

MIETZWECK UND BENÜTZUNG DES MIETOBJEKTS

(1) Die Vermietung erfolgt ausschließlich zum Betrieb eines Pflegeheims, und zwar einer Pflegeanstalt für chronisch Kranke

(...)."

Hinsichtlich des Bestandvertrages betreffend das Pflegeheim ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendbarkeit von § 33 TP 5 Abs. 3 letzter Satz GebG das Überwiegen des Wohnzweckes voraussetzt. Der Vertrag nennt in Punkt II. als Vertragsgegenstand "ausschließlich das vorgenannte Pflegeheim (also die Pflegeanstalt für chronisch Kranke mit nach derzeitigem Planungsstand 308 Betten)". Verfahrensgegenständlich sind demnach weder Gebäudeteile, die ausschließlich dem Wohnen dienen (etwa Personalwohnungen), noch solche für sog. "betreutes Wohnen". Vielmehr geht es um Gebäudeteile, die der stationären Pflege von pflegebedürftigen Personen dienen sollen. Die pflegebedürftigen Personen haben mit der Pflegeanstalt aber in der Regel keine Bestandverträge, sondern "Pflegeverträge" abgeschlossen. Diese sind gemischte Vertragsverhältnisse, die neben der Unterbringung der pflegebedürftigen Personen vor allem auch deren Pflege, Verköstigung, allenfalls medizinische Behandlung und sonstige Betreuung beinhalten. In solchen Fällen ist aber davon auszugehen, dass die Betreuungskomponente im weiteren Sinn die bestandsrechtlichen Elemente vollkommen überlagert (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, Tz 377 zu § 6, sowie das hg. Erkenntnis vom , 637/67, VwSlg. 3814 F, und auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 202 der Beilagen XXII. GP, 6 betreffend § 27 b Abs. 2 KSchG, der zivilrechtliche Verträge zwischen den Trägern und den Bewohnern von Altenheimen, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen von der Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 GebG ausnimmt). Daraus ergibt sich aber, dass die von der Beschwerdeführerin zum Betrieb eines Pflegeheimes in Bestand gegebenen Räumlichkeiten auch aus der Sicht der zu pflegenden Personen nicht überwiegend Wohnzwecken dienen. Die Begünstigung des § 33 TP 5 Abs. 3 letzter Satz GebG findet daher keine Anwendung.

Da im Beschwerdefall die Behörde zu Recht das Überwiegen der Wohnzwecke verneint hat, kann es auch nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn der Gebührenbemessung das 18-fache des Jahreswertes zugrunde gelegt wurde.

(…)"

Der VwGH hat hier auf sachlicher Ebene das Vorliegen der (zukünftigen) Wohnzwecke verneint und deshalb für den Vorgang zwischen dem Eigentümer/Vermieter und dem Mieter des Gebäudes die Anwendbarkeit der Begünstigungsbestimmung verneint.

In gegenständlichem Fall ist das Überwiegen von Wohnzwecken evident, weshalb in Anlehnung an das genannte Erkenntnis im Umkehrschluss § 33 TP 5 Abs. 3, 3. Satz GebG (Dreifacher Jahreswert), zur Anwendung kommt.

Zur Einbeziehung der Versicherung:

Hinsichtlich der Hinzurechnung der Versicherung (geschätzt) zur Bemessungsgrundlage war dem Beschwerdebegehren zu entsprechen. Die Versicherung ist laut Punkt 7.2 des Pachtvertrages bereits in den Betriebskosten enthalten.

Der Beschwerde war somit zu entsprechen und die Gebühr mit dem dreifachen Jahreswert unter Ausschluss der Versicherung endgültig festzusetzen.

Berechnung:

100.800,00 € Pachtentgelt inkl. USt + 4.000,00 € Betriebskosten = 104.800,00 € x 3 gem. § 33 TP 5 Abs. 3 = 314.400,00 € x 1% gem. § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG = 3.144,00 €

III. Nichtzulassung der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die getroffene Entscheidung entspricht der Judikatur des VwGH sowie kommt ihr keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Verweise
Zitiert/besprochen in
Sporer in ImmoZak 2021/16
Moser in SWK 34/2021, 1447
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100682.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at