Ist die Obfrau eines Vereins als Gebührenschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG anzusehen? Ändert sich diese Beurteilung, wenn der Haftungstatbestand nach § 23 VerG 2002 nicht erfüllt ist?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7104379/2017-RS1 | Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß § 2 BuLVwG-EGebV der Gebührenpflicht unterliegt. Diese Maßnahmenbeschwerde wurde von einem Verein, vertreten durch die Obfrau, die Bf., an das Landesverwaltungsgericht eingebracht, jedoch die Eingabengebühr laut BuLVwG-EGebV von 30 Euro nicht entrichtet. Über Befund wurde dies dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mitgeteilt, dass hinsichtlich der Gebühr von 30 Euro einen Bescheid gemäß § 203 BAO, und einen Bescheid über die automatische Gebührenerhöhung von 50%, also 15 Euro erließ. Das Finanzamt zog den Verein als Gebührenschuldner iSd §13 Abs. 1 GebG heran. Da sich herausstellte, dass der Verein verzogen und die Adresse auch über Internetrecherche nicht auffindbar war, zog das Finanzamt die Obfrau des Vereins als Gebührenschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG heran. Bei der Obfrau (Obmann) eines Vereins handelt es sich um einen Organwalter, der für die juristische Person „Verein“ tätig wird. Die Obfrau (Obmann) eines Vereins ist „offener“ Stellvertreter, da sie „im Namen eines anderen“ handelte, und dies in der Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht deutlich machte, dass sie für den vertretenen Verein agiert. Diese Vertretungsmacht kann nach dem Zivilrecht auch aufgrund einer Organstellung einer juristischen Person eingeräumt werden. Infolge der offenen Stellvertretung ist die Obfrau (Obmann) eines Vereins als Gebührenschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG anzusehen. § 13 Abs. 3 GebG ist unabhängig davon anzuwenden, ob der Haftungstatbestand für die Bf. als Organwalterin nach § 23 VerG 2002 erfüllt ist, oder nicht. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.DDr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ErfNr. ***1***, AbgabenkontoNr ***2*** betreffend Gebühren für Schriften (§ 2 BuLVwG-EGebV) und Gebührenerhöhung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Gegen diese Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittige Punkte
Ist der Obmann/ die Obfrau eines Vereins als Gebührenschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG anzusehen? Ändert sich diese Beurteilung, wenn der Haftungstatbestand nach § 23 VerG 2002 nicht erfüllt ist?
Unstrittig gestellt: Die beim Landesverwaltungsgericht eingelangte Eingabe unterliegt gemäß § 2 BuLVwG-EGebV der Gebührenpflicht.
1. Verfahrensgang
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg nahm einen Befund auf, wonach die Gebühr gemäß § 2 BuLVwG-EGebV für eine am unter der Zahl ***3*** eingebrachte Maßnahmenbeschwerde durch den ****Verein****, vertreten durch die Obfrau ***Bf1***, die Beschwerdeführerin (Bf.), nicht entrichtet wurde. Der Befund langte am beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ein.
Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt daraufhin eine Gebühr nach § 2 BuLVwG-EGebV von 30 Euro und eine Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG 1957 von 15 Euro fest und adressierte diese Bescheide an den Verein. Die Zustellung war nicht möglich, da der Verein in der Zwischenzeit verzogen war und weder im Vereinsregister (zum Stichtag zur ZVR-Zahl ***4***) noch durch Internetrecherche eine aktuelle Adresse ermittelt werden konnte. Daraufhin folgte die Abschreibung und Neuausstellung der Bescheide vom (BFG-Zahlen: RV/7104379/2017 und RV/7104380/2017) mit der Obfrau des Vereins, der Bf., als Adressatin gemäß § 13 Abs. 3 GebG. Nach mehreren erfolglosen Zustellversuchen erfolgte die Zustellung letztendlich wohl am .
Am wurde gegen diese Bescheide fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Bf. machte in der Beschwerde geltend, gemäß § 23 VerG als Organwalter und Vereinsmitglied für Verbindlichkeiten nur dann zu haften, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund persönlicher Rechtsgeschäfte ergäbe. Da die Maßnahmenbeschwerde aufgrund eines gesetzmäßigen und ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschlusses des zuständigen Vereinsorgans eingebracht wurde, sei eine Haftung ausgeschlossen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Nach Rechtsansicht des Finanzamtes ist iSd § 13 Abs. 3 GebG zur ungeteilten Hand zur Entrichtung der Gebühren verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasse. Die Bf. wurde daher als Gesamtschuldnerin im Sinne des § 13 Abs. 3 GebG in Anspruch genommen.
Am langte beim Finanzamt ein Antrag auf Vorlage ein. In Papierform wurde der Vorlageantrag sowohl am als auch am eingebracht. Die Bf. führte darin unter Verweis auf VwGH 98/16/0137 aus, nicht selbst Gebührenschuldnerin iSd § 13 Abs. 1 GebG zu sein, da sie kein Interesse an der Beschwerde habe und lediglich ausführendes Organ eines zuvor erfolgten Mehrheitsentschlusses gewesen sei. Zudem sei § 13 Abs. 3 GebG für Organwalter nicht anwendbar, da diese weder als Parteienvertreter noch als Bevollmächtige handelten und offene Stellvertretung daher nicht vorläge. Die Bf. wies erneut darauf hin, dass in ihrer Person kein Fall des § 23 VerG vorläge und beantragte die ersatzlose Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
2. Beweiserhebungen
Beweis wurde seitens des Bundesfinanzgerichtes durch Einsichtnahme in die elektronisch übermittelten Aktenteile des Bemessungsaktes des Finanzamtes erhoben.
3. Sachverhalt
Nach dem vom Finanzamt abgerufenen Vereinsregisterauszug zum Stichtag vertritt beim ****Verein**** nach der Vertretungsregelung des § 13 Abs. 2 der Vereinsstatuten die Obfrau den Verein nach außen. Schriftliche Ausfertigungen des Vereins bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Unterschriften der Obfrau und des Schriftführers. Die Bf. war als Obfrau, d.h. als organschaftliche Vertreterin des Vereins, für die Funktionsperiode vom bis eingetragen. Die Massnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg, datiert mit , wurde vom genannten Verein als Beschwerdeführer, vertreten durch die Obfrau ***Bf1***, eingebracht.
4. Gesetzliche Grundlagen: Gebührengesetz
4.1. Eingabengebühr
Gemäß § 14 TP 6 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr.
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Z 1 GebG unterliegen der Eingabengebühr nicht die Eingaben an die Gerichte, wobei die Eingaben an die Verwaltungsgerichte der Länder, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht von der Befreiung ausgenommen sind und der Bundesminister für Finanzen ermächtigt wird, für Eingaben einschließlich Beilagen u.a. an das Bundesverwaltungsgericht sowie an die Verwaltungsgerichte der Länder durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen, sowie den Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld und die Art der Entrichtung der Pauschalgebühren zu regeln.
Aufgrund dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-Eingabengebührverordnung - BuLVwG-EGebV, BGBl. II Nr. 387/2014) erlassen.
Gemäß § 1 Abs. 1 der BuLVwG-EGebV sind Eingaben und Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht oder ein Verwaltungsgericht eines Landes (Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung, auf Wiederaufnahme oder gesonderte Anträge auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, Vorlageanträge) gebührenpflichtig, …. Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe. Mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig. Gemäß § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV beträgt die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden 30 Euro.
Gemäß § 1 Abs. 5 BuLVwG-EGebV hat die Stelle, bei der eine Eingabe eingebracht wird, die nicht oder nicht ausreichend vergebührt wurde, gemäß § 34 Abs. 1 GebG das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel darüber in Kenntnis zu setzen.
Nach § 34 Abs. 1 GebG sind die Organe der Gebietskörperschaften verpflichtet, die bei ihnen anfallenden Schriften und Amtshandlungen auf die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu überprüfen. Stellen sie hiebei eine Verletzung der Gebührenvorschriften fest, so haben sie hierüber einen Befund aufzunehmen und diesen dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu übersenden.
Gemäß § 13 Abs. 1 GebG sind zur Entrichtung der Stempelgebühren verpflichtet: 1. Bei Eingaben, deren Beilagen und den die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht oder das Protokoll verfaßt wird; …. Gemäß § 13 Abs. 3 GebG ist mit den im Abs. 1 genannten Personen zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlaßt.
4.2. Gebührenerhöhung
§ 9 (1) GebG lautet: Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben.
5. Erwägungen
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass es sich bei der gegenständlichen Eingabe, die die Bf. für den Verein beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg eingebracht hat, um eine Beschwerde iSd § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV handelt.
5.1. Entrichtung der Gebühr im Zeitpunkt der Fälligkeit
Die Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg ist eine Eingabe iSd Gebührengesetzes und unterliegt nach § 2 Abs. 1 BuLVwG-EGebV einer Gebühr von 30 Euro. Diese Pauschalgebühr von 30 Euro wurde im Zeitpunkt des Einlangens beim Landesverwaltungsgericht Vorarlberg als jener Stelle, bei der die Maßnahmenbeschwerde nach den Verfahrensvorschriften einzubringen ist (; ) fällig. Wird eine Abgabe nicht spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt entrichtet, sondern erst später, so ist die Abgabe nicht vorschriftsmäßig entrichtet (). In der hier gegenständlichen Rechtssache ist keine vorschriftsmäßige Entrichtung der Gebühren zum Fälligkeitszeitpunkt erfolgt und liegen damit die Voraussetzungen für die Erlassung eines Abgabenbescheides nach § 203 BAO als einen Akt der Abgabenbemessung vor ( ua.). Der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides gemäß § 203 BAO hat keinen Einfluss auf die Zahlungspflicht des Gebührenschuldners ( 1057, 1058/78 und 1337, 1338/78).
5.2. Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG
Ist die Gebühr im Sinne des § 203 BAO bescheidmäßig vorzuschreiben, so tritt die Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG im Ausmaß von 50% der nicht entrichteten Gebühr akzessorisch dazu. Zufolge der Ausgestaltung der Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG als objektive Säumnisfolge bleibt für die Berücksichtigung von Billigkeitsgründen kein Raum. Auf die Erkennbarkeit der Gebührenpflicht durch den Abgabepflichtigen kommt es nicht an (vgl. ).
5.3. Heranziehung der Bf. als Gebührenschuldnerin
Gegen die Bestimmung des § 13 Abs. 3 GebG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempelgebühren und Rechtsgebühren, § 13 Rz 16 unter Hinweis auf den Ablehnungsbeschluss ).
Beschwerdegrund ist, dass für die Bf. nicht ersichtlich sei, warum sie persönlich für diese Gebühren haften solle. Außerdem habe der Verein ein Interesse an der Einbringung der Maßnahmenbeschwerde gehabt und nicht die Bf. Die Bf. habe lediglich als ausführendes Organ gehandelt.
Dazu vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Ansicht:
Gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 GebG ist bei Eingaben - wie hier bei der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht - derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird, zur Entrichtung der Eingabengebühr verpflichtet. Eingebracht wurde die Eingabe von dem genannten Verein. Ein Verein ist zwar als Träger von Rechten und Pflichten eine juristische Person, doch handeln kann er nicht selbst. (Koziol-Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15, Rz 240, Rz 255, Rz 263; Benke/Steindl in Fenyves/Kerschner/Vonklich, ABGB3 (Klang) §§ 26, 27 Rz 30). Er bedarf dazu vielmehr natürlicher Personen, die für ihn tätig werden. In der Satzung, in den Statuten eines Vereins sind deshalb Organe vorgesehen, denen es obliegt, den Verein nach innen und nach außen zu vertreten. (Koziol-Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15, Rz 636). Somit können die Organe Geschäfte tätigen, mit denen sie die juristische Person berechtigen oder verpflichten. (Benke/Steindl in Fenyves/Kerschner/Vonklich, ABGB3 (Klang) §§ 26, 27 Rz 48). Im vorliegenden Fall ist die Bf. im Zeitpunkt der Überreichung der Eingabe, der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht, Obfrau des vor dem Landesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Vereins gewesen. In der Beschwerdeschrift bzw. im Vorlageantrag gab die Bf. selbst an, dem Vorstand dieses Vereins anzugehören.
Gebührenschuldner gemäß § 13 Abs. 1 GebG der Eingabengebühr für die Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg ist daher der genannte Verein.
Zusätzlich zu den in § 13 Abs. 1 GebG genannten Personen wird gemäß § 13 Abs. 3 GebG derjenige zur ungeteilten Hand verpflichtet, der im Namen des Antragsstellers eine Eingabe (inklusive Beilagen) überreicht. Neben dem Verein wird also auch die Person Gebührenschuldnerin, welche im Namen des Antragsstellers eine Eingabe überreicht hat.
Im Namen des Vereins hat die Bf. die Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht eingebracht.
Weitere Beschwerdegründe der Bf. sind, dass sie im Gegensatz zum Sachverhalt nicht als Gebührenschuldnerin iSd § 13 Abs. 3 GebG zu qualifizieren, da für Organwalter § 13 Abs. 3 GebG nicht anwendbar sei. Denn Organwalter einer juristischen Person würden nicht zu denjenigen Personen gehören, die in offener Stellvertretung handeln, sie handeln als Organe nicht als Parteienvertreter und nicht als Bevollmächtigte, sondern sie handeln kraft Gesetzes. Gemäß § 23 VerG 2002 würden Organwalter und Vereinsmitglieder für Verbindlichkeiten des Vereins nur dann haften, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder aufgrund persönlicher rechtsgeschäftlicher Verpflichtung ergeben würde. Die Erhebung der Maßnahmenbeschwerde habe sich auf vertretbare Rechtsansicht gegründet, weshalb die Bf. als Obfrau des Vereins aus dem Titel des § 23 VerG nicht für die Gebühren der Beschwerde belangt werden könne.
Dazu vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Ansicht:
Bereits aus dem Gesetzeswortlaut "zur Entrichtung …. sind verpflichtet", "mit den in Abs. 1 genannten …. ist zur Entrichtung …. zur ungeteilten Hand verpflichtet", ergibt sich, dass § 13 Abs. 1 und § 13 Abs. 3 GebG keine Anordnung über eine Haftung treffen, sondern den Kreis der Gebührenschuldner normieren. Diese Personen sind Abgabepflichtige iSd § 77 Abs. 1 BAO. (Mayer in Bergmann/Pinetz, GebG2 § 13 Rz 1). Bei § 13 Abs. 3 GebG handelt es sich insbesondere nicht um eine Haftungsbestimmung. Twardosz, GebG-On6.01 § 13 (Stand , rdb.at), führt dazu aus: "Da sowohl die BAO (zB §§ 6 ff und 224 ff) als auch das GebG (§§ 28 ff) deutlich zwischen Schuld und Haftung unterscheiden, ist aus der Formulierung von § 13 Abs. 3 abzuleiten, dass es sich nicht um eine Haftungsbestimmung handelt." Viel mehr wird, wie oben bereits erläutert, die Bf. selbst Gebührenschuldnerin.
In dem von der Bf. zitierten Erkenntnis ging es - mit vorliegendem Fall vergleichbar - um die Frage, ob die Haftungsbestimmung des § 9 Abs. 2 BAO den § 13 Abs. 3 GebG derogiert habe. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist § 13 Abs. 3 GebG lex specialis zu § 13 Abs. 1 GebG. Insoweit vergleichbar der Bestimmung des § 9 Abs. 2 BAO betrifft auch die Regelung des § 23 VereinsG nur die persönliche Haftung der Organwalter für Verbindlichkeiten des Vereins, wenn sich dies aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund persönlicher rechtsgeschäftlicher Verpflichtung ergibt. Die in § 23 VereinsG normierte Haftung für Organwalter für Verbindlichkeiten des Vereins hindert die in § 13 Abs. 3 GebG normierte gesamtschuldnerische Haftung für in anderen Angelegenheiten als Organwalter verwirklichte Stempelgebührentatbestände nicht.
Der Einwand der Bf. sie hafte nicht gemäß § 23 VerG für die Eingabengebühr für die Maßnahmenbeschwerde des Vereins an das Landesverwaltungsgericht, erweist sich als unrichtig.
Nun ist zu untersuchen, ob die Obfrau eines Vereins als Organwalterin einer juristischen Person in offener Stellvertretung handelt oder nicht.
Laut ordnet § 13 Abs. 3 GebG ohne weitere Unterscheidung die gesamtschuldnerische Gebührenpflicht für alle an, die in offener Stellvertretung handeln. Lege non distinguente ist daher nicht zwischen berufsmäßigen Parteienvertretern und anderen Vertretern zu unterscheiden. Auch berufliche Parteienvertreter, wie Rechtsanwälte und Steuerberater fallen daher in den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3 GebG. Auch in der Literatur wird vertreten, dass die besagte Bestimmung, "im fremden Namen handelt," immer dann zur Anwendung gelangt, wenn in "offener Stellvertretung" gehandelt wird. (z.B. Fellner, Rechtsgebühren: Stempel- und Rechtsgebühren Kommentar21. Lfg. (Mai 2017) § 13 Rz 17 unter Hinweis auf ; GebR 2019 Rz 179-180; Mayer in Bergmann/Pinetz, GebG2 § 13 Rz 15). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes wurde auch ein Rechtsanwalt als Gebührenschuldner bei einem Auskunftsersuchen herangezogen, das er in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter einbrachte (), und auch der Sachwalter ist nach § 13 Abs. 3 GebG gebührenpflichtig. (). Das Bundesfinanzgericht entschied, ebenfalls in einem Gebührenfall eines Vereins, dass dann, wenn der Obmann persönlich Adressat des Gebührenbescheides war, die vom Obmann "für den Verein" eingebrachte Beschwerde mangels Rechtsmittellegitimation des Vereins - bei Einbringung der Beschwerde handelte der Obmann "im fremden Namen" - zurückzuweisen ist. ().
Offene bzw. unmittelbare Stellvertretung ist immer dann gegeben, wenn die vom Vertreter abgegebenen Erklärungen so wirken, als stammen sie vom Vertretenen. Der Vertretene wird direkt berechtigt oder verpflichtet. Für wirksame, offene Stellvertretung ist das "Handeln im Namen des Vertretenen", die Vertretungsmacht und die zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit des Stellvertreters erforderlich. Handeln "im Namen eines anderen" (§ 13 Abs. 3 GebG) bedeutet, dass der Vertreter dem Dritten gegenüber deutlich machen muss, dass er für den Vertretenen agiert. Es genügt nicht, dass er diesem den wirtschaftlichen Erfolg zuwenden will (Handeln "auf Rechnung eines anderen"), er hat die Beziehung zum Vertretenen, dass er in dessen Namen handelt, auch klarzustellen. Dieser "Offenlegungsgrundsatz" dient der Evidenz der Rechtsverhältnisse. Der Dritte hat im rechtsgeschäftlichen Verkehr ein Recht zu erfahren, wer sein Partner werden soll. (Koziol-Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15 Rz 627). Die Vertretungsmacht kann aufgrund von Bevollmächtigung, unmittelbar aufgrund des Gesetzes oder wie im vorliegenden Fall aufgrund der Organstellung einer juristischen Person eingeräumt werden. (Koziol-Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15 Rz 624, Rz 630 bis 636). Das "Handeln im Namen des Vertretenen", konkret des Vereins, liegt zweifelsfrei vor, ebenso wie die Geschäftsfähigkeit der Bf. Die Offenlegung der Vertretungsmacht muss im vorliegenden Fall nicht explizit erfolgen, sondern ergibt sich schon aus der Organstellung der Bf. Die Bf. betont allerdings selbst im Vorlageantrag, die Beschwerde für den Verein eingebracht zu haben.
Entgegen der Ansicht der Bf. lässt sich aus nicht ableiten, dass für Organwalter § 13 Abs. 3 GebG nicht anwendbar ist und bei einem Organ einer juristischen Person keine offene Stellvertretung vorliegt. Ob ein persönliches Interesse an der Eingabe der Maßnahmenbeschwerde bestand, ist für die Anwendbarkeit des § 13 Abs. 3 GebG nicht erheblich. Entscheidend dafür ist rein, ob in offener Stellvertretung gehandelt wird oder nicht. Durch die Normierung eines Gesamtschuldverhältnisses soll verhindert werden, dass die als Antragsteller aufscheinende Person später die Gebührenpflicht dadurch erfolgreich verneinen könnte, dass sie bestreitet, dass die Schrift in ihrem Auftrag überreicht worden ist (Fellner, Rechtsgebühren: Stempel- und Rechtsgebühren Kommentar21. Lfg. (Mai 2017) § 13 Rz 16).
§ 13 Abs. 2 Geb normiert für den Fall mehrerer Gebührenschuldner ein Gesamtschuldverhältnis. Entsteht ein Gesamtschuldverhältnis wie hier gemäß § 13 Abs. 2 GebG unmittelbar kraft Gesetzes, ist es ohne Bedeutung an welchen der Gesamtschuldner die Abgabenbehörde, ein Leistungsgebot richtet (, , B 399, 400/82; ). Es hängt gemäß § 891 2. Satz ABGB vom Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldner das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem einzigen fordern will (). Über eine Vorrangigkeit eines der in Betracht kommenden Abgabenschuldners kann dem Gesetz nichts entnommen werden (; ; ; ).
Es liegt jedoch im Ermessen der Behörde - im Sinne des § 20 BAO - ob sie den Abgabenbescheid nur an einen der Gesamtschuldner richtet und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder alle Gesamtschuldner richten will. (; ; ; ; uva.). Die Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einem Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und der Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner liegt im Ermessen der Behörde. Die Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (; ; ; ). Bei Auslegung des § 20 BAO ist dabei dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit" in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das "öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. (; ; ; ; ; ).
Da der Verein ursprünglich als Gebührenschuldner iSd § 13 Abs. 1 GebG herangezogen wurde, es sich dann aber herausstellte, dass er verzogen war und weder über das Vereinsregister, noch über Internetrecherche eine Adresse auffindbar war, wurde die Bf. als Vereinsobfrau gemäß § 13 Abs. 3 GebG im Sinn der Zweckmäßigkeit herangezogen, da ein öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben besteht. Nach dem Sachverhalt spricht nichts für Billigkeitsgründe.
6. Schlussfolgerungen
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht gemäß § 2 BuLVwG-EGebV der Gebührenpflicht unterliegt. Diese Maßnahmenbeschwerde wurde von einem Verein, vertreten durch die Obfrau, die Bf., an das Landesverwaltungsgericht eingebracht, jedoch die Eingabengebühr laut BuLVwG-EGebV von 30 Euro nicht entrichtet. Über Befund wurde dies dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mitgeteilt, das hinsichtlich der Gebühr von 30 Euro einen Bescheid gemäß § 203 BAO, und einen Bescheid über die automatische Gebührenerhöhung von 50%, also 15 Euro erließ. Das Finanzamt zog den Verein als Gebührenschuldner iSd §13 Abs. 1 GebG heran. Da sich herausstellte, dass der Verein verzogen und die Adresse auch über Internetrecherche nicht auffindbar war, zog das Finanzamt die Obfrau des Vereins als Gebührenschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG heran. Bei der Obfrau (Obmann) eines Vereins handelt es sich um einen Organwalter, der für die juristische Person "Verein" tätig wird. Die Obfrau (Obmann) eines Vereins ist "offener" Stellvertreter, da sie "im Namen eines anderen" handelte, und dies in der Maßnahmenbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht deutlich machte, dass sie für den vertretenen Verein agiert. Diese Vertretungsmacht kann nach dem Zivilrecht auch aufgrund einer Organstellung einer juristischen Person eingeräumt werden. (Koziol-Welser/Kletecka, Bürgerliches Recht I15 Rz 624, Rz 630 bis 636).
Infolge der offenen Stellvertretung ist die Obfrau (Obmann) eines Vereins als Gebührenschuldnerin gemäß § 13 Abs. 3 GebG anzusehen. § 13 Abs. 3 GebG ist unabhängig davon anzuwenden, ob der Haftungstatbestand für die Bf. als Organwalterin nach § 23 VerG 2002 erfüllt ist, oder nicht.
Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Erfolg zu versagen.
7. Unzulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die getroffene Entscheidung entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bzw. ergibt sich die getroffene rechtliche Beurteilung eindeutig aus der Gesetzeslage des § 13 Abs. 3 GebG.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 BuLVwG-EGebV, BuLVwG-Eingabengebührverordnung, BGBl. II Nr. 387/2014 § 13 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104379.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at