Kalkulatorische Schätzung (Aufzeichnungsmängel) einer KfZ-Werkstätte, Sicherheitszuschläge
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling, betreffend Umsatzsteuer 2007 bis 2010, Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-06/2011 und für 07 12/2011 (gilt gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid 2011 gerichtet) sowie Einkommensteuer 2007 bis 2010, alle vom , betreffend Umsatzsteuer 2011, vom und betreffend Einkommensteuer 2011, vom , zu Recht erkannt:
I.) Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2007 wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Der Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2011 wird teilweise stattgegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II.) Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Bei der Beschwerdeführerin (Bf.), die eine Kfz-Werkstätte betreibt, fand für den Zeitraum 2007 bis 2010 eine Außenprüfung betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer sowie für das Jahr 2011 eine Nachschau statt.
Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom stellte die belangte Behörde fest, dass jegliche Grund- und Hilfsaufzeichnungen fehlten und kein Wareneingangsbuch geführt wurde. Die Verwendung branchenspezifischer EDV-Programme sowie die Erfassung auf Buchhaltungskonten sei nicht ausreichend. Außerdem würden die von der Bf. erstellten Ausgangsrechnungen nicht den Vorgaben des § 11 UStG entsprechen und sich nur teilweise im Erlöskonto widerspiegeln. Die nach mehrmaliger Urgenz vorgelegten Auszüge aus den Bankkonten seien Duplikate und nicht vollständig. Zu den Wareneinkäufen wurde ausgeführt, dass diese teilweise nicht verbucht wurden bzw. die UID-Nummer der Bf. missbräuchlich für private Zwecke verwendet wurde. Weiters habe die Bf. für ihre Kunden durch einen Dritten Überprüfungen gemäß § 57a KFG durchführen lassen, wobei eine Weiterverrechnung der in Rechnung gestellten Leistungen nur in drei von 30 Fällen erfolgt sei. Generell fänden sich Aufwendungen für bezogene Vorleistungen, die etwa im Fall von Lackierer- und Spenglerarbeiten notwendig seien, nicht in der Buchhaltung. Die Nichterfassung von Materialeinkäufen sowie Arbeitsleistung Dritter stelle einen schweren Mangel dar. Auffallend sei in diesem Zusammenhang, dass ausschließlich Havariearbeiten im Fall von Versicherungsleistungen übernommen wurden und diese Leistungen ansonsten überhaupt nicht angeboten bzw. in Anspruch genommen wurden. Im Zeitraum Mai und Juni 2007 seien zwar Materialeinkäufe getätigt worden, jedoch keine entsprechenden Ausgangsrechnungen erstellt worden. Bei mehreren Observationen durch eine Detektei sei schließlich festgestellt worden, dass 23 Fahrzeuge in unmittelbarer Umgebung der Kfz-Werkstätte abgestellt gewesen seien, jedoch in nur fünf Fällen eine entsprechende Ausgangsrechnung erstellt wurde. Abschließend wurde ausgeführt, dass nur eine Weiterverrechnung eines Selbstbehaltes einer Versicherungsnehmerin festgestellt werden konnte. Den festgestellten Mängeln sei dadurch Rechnung getragen worden, dass der erklärte Wareneinkauf um die festgestellten nicht verbuchten Wareneinkäufe erhöht wurde. Ebenso sei der erklärte Wareneinkauf um einen Sicherheitszuschlag erhöht worden.
Mit Bescheiden vom hat die belangte Behörde die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2007-2009 wiederaufgenommen und folgende Sachbescheide erlassen:
• Einkommensteuer 2007 festgesetzt mit Euro 8.045,95
• Umsatzsteuer 2007 festgesetzt mit Euro 10.705,23
• Einkommensteuer 2008 festgesetzt mit Euro 5.524,89
• Umsatzsteuer 2008 festgesetzt mit Euro 8.932,51
• Einkommensteuer 2009 festgesetzt mit Euro 12.600,93
• Umsatzsteuer 2009 festgesetzt mit Euro 12.027,92
• Einkommensteuer 2010 festgesetzt mit Euro 9.674,11
• Umsatzsteuer 2010 festgesetzt mit Euro 12.055,35
• FSU 01-06/2011 festgesetzt mit Euro 8.679,29
• FSU 07-12/2011 festgesetzt mit Euro 9.550,48
Begründend wurde ausgeführt, dass die Veranlagung unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgt sei.
In der gegen die Sachbescheide vom rechtzeitig eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) vom beantragte die Bf. die Aufhebung der angefochtenen Bescheide sowie die erklärungsgemäße Veranlagung. Begründend wird zunächst darauf hingewiesen, dass die von der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen nicht dem tatsächlichen Lebensstandard der Bf. entsprechen würden. In der Folge wird auf einige Feststellungen der Betriebsprüfung Bezug genommen. So sei entgegen der Annahme der Betriebsprüfung nicht von 10,5 Monaten, sondern lediglich von 7,2 Monaten bezüglich der Leistungsstunden auszugehen. Des Weiteren seien die Wareneinkäufe automationsunterstützt auf der Klasse 5 gebucht worden, weshalb ein Wareneingangsbuch nicht erforderlich sei. Die Anschriften der Lieferanten könnten ergänzend dazu von den Belegen abgelesen werden. Zur Weiterverrechnung von Fremdleistungen wird ausgeführt, dass es im Ermessen eines Unternehmers läge, welche Leistungen er weiterverrechne. Schließlich seien die von der Detektei angefertigten Fotos nicht erlaubt und außerdem wäre eine konkrete Zuordnung der fotografierten Fahrzeuge zur Werkstätte der Bf. nicht möglich gewesen.
Mit Eingabe vom reichte die Bf. eine Ergänzung zur Berufung (Beschwerde) nach. In Abänderung zur letzten Eingabe sei von 227 Tagen bezüglich der Leistungsstunden auszugehen. Überdies seien Nichtleistungsstunden zu berücksichtigen, da die Werkstätte nur von einer Person betrieben werde. Abermals wurde darauf hingewiesen, dass die Weiterverrechnung von Fremdleistungen im Ermessen des Unternehmers liege. Bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes sei dem Betriebsprüfer ein Fehler bei der Kalkulation unterlaufen. Beim Leistungsumsatz sei eindeutig, dass 50% des Materialumsatzes mit Leistung vom Prüfer in der Vorspalte angeführt würden, aber 100% des Materialumsatzes mit Leistung angesetzt worden seien. Abgesehen davon seien 50% realistisch und 100% wirklichkeitsfremd. In der diesen Umstand berücksichtigenden als Anlage übermittelten Verprobung sei überdies ein Materialaufschlag von 30% berücksichtigt worden, was den tatsächlichen Verhältnissen entspreche. Die teilweise nicht verrechneten Arbeitsstunden seien auf Leistungen im familiären Umfeld bzw. auf Pauschalleistungen zurückzuführen. Betreffend die Ausgangsrechnungen wird ausgeführt, dass diesbezüglich keine Grundaufzeichnungen geführt worden seien, weil ein EDV-Programm verwendet werde und außerdem die Anzahl der ausgestellten Rechnungen überschaubar sei (rund zehn pro Monat). Mängel bei Rechnungen (z.B. bei der Nummerierung) könnten passieren, wobei fehlende Angaben durch andere Unterlagen nachgewiesen werden könnten (z.B. Leistungszeit, Angabe des Fahrzeuges) bzw. ein Saldierungsvermerk entbehrlich sei, weil die Barzahlung den Usancen der Branche entspreche. Jene Ausgangsrechnungen des Jahres 2007, die zwar in der Belegsammlung, nicht aber am Erlöskonto zu finden gewesen seien, würden einen Sicherheitszuschlag von 7% im Jahr 2007, nicht jedoch auch in den Folgejahren rechtfertigen. Schließlich stehe die Annahme des Betriebsprüfers, dass die Bf. Spengler- und Lackierarbeiten in Versicherungsfällen zukaufe in Widerspruch zu der Aussage, dass diese Leistungen von der Bf. im Allgemeinen angeboten würden. Insgesamt liege daher keine Berechtigung zur Schätzung vor, allerdings sei auf Grund geringfügiger Abweichungen zwischen den erklärten und den kalkulierten Umsätzen von einer Umsatzsteuerbelastung für die Jahre 2007 bis 2011 in der Höhe von Euro 5.096,80 auszugehen.
Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2011 in der Höhe von Euro 32.631,00 fest. Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 in der Höhe von Euro 18.377,49 fest. Begründend wurde jeweils auf die Feststellungen der Außenprüfung verwiesen.
In der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) vom beantragte die Bf. die Herabsetzung der ausgewiesenen Umsätze von Euro 146.951,75 auf Euro 76.403,67 sowie die entsprechende Berichtigung der Umsatzsteuer 2011. Zur Begründung verwies die Bf. auf ihre Eingaben vom und vom .
In der gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) vom beantragte die Bf. die Herabsetzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von Euro 78.002,83 auf Euro 10.503,58. Begründend wies die Bf. darauf hin, dass der Betriebsprüfer unter Tz 7 des Prüfungsberichtes von einem vorläufig ermittelten Gewinn in Höhe von Euro 63.203,16 ausgegangen und im Bescheid ein Gewinn von Euro 78.002,83 ausgewiesen sei. Zur weiteren Begründung verwies die Bf. wiederum auf die Eingaben vom und vom . Zugestanden wurde seitens der Bf., dass bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 die in der Ergänzung zur Berufung vom angenommene vorläufige Ergebnisermittlung von Euro 10.503,58 übersehen worden sei.
Im Schreiben vom nahm der Betriebsprüfer zu den Ausführungen in den Berufungen (Beschwerden) Stellung. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen sei durchaus darauf Bedacht genommen worden, dass die ermittelten Umsatzzahlen durch einen Einmann-Betrieb erwirtschaftet werden können. Der Betriebsprüfer habe ausgehend von den Leistungsstunden pro Jahr die täglichen Leistungsstunden heruntergerechnet, wobei bei einem Ansatz von 2,3 bis 4,3 Leistungsstunden täglich ausreichend Nichtleistungszeit berücksichtigt worden sei. Abgesehen davon, dass aus dem Wareneinkaufskonto weder die Anschrift der Lieferanten noch die Bezeichnung der eingekauften Wirtschaftsgüter ersichtlich seien, diene ein Wareneingangsbuch steuerlichen Kontrollzwecken. Außerdem seien nicht verbuchte Wareneinkäufe (Schwarzeinkäufe) festgestellt worden. Die Ermittlungen der Detektei rundeten das Gesamtbild lediglich ab, wobei von der Bf. nicht dargelegt worden sei, warum sich betreffend die beiden Fahrzeuge, die in bzw. vor der Garage der Werkstätte fotografiert worden seien, keine Erlöse in der Buchhaltung befänden. Die Kalkulationen hätten ergeben, dass der erklärte Leistungsumsatz viel zu gering gewesen sei, was sich nicht durch Pauschalleistungen oder Leistungen im Familien- oder Freundeskreis erklären ließe. Des Weiteren wurde angemerkt, dass auch in dem Betrieb der Bf. Grund- und Hilfsaufzeichnungen für die Kalkulation der Preise unerlässlich seien. Außerdem sei es so, dass Ausgangsrechnungen nicht unmittelbar am Tag der Fertigstellung der Arbeit ausgestellt würden bzw. Arbeiten mehrere Tage angedauert hätten. Eine laufende Aufzeichnung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden pro Reparatur sei daher unabdingbar. Bei der Abrechnung mit Versicherungen seien die Kostenvoranschläge und Gutachten über die erforderlichen Reparaturen, die als Grundlage für die Rechnungsausstellung dienten, nicht aufbewahrt worden. Die betreffend die Ausgangsrechnungen festgestellten Mängel (Leistungszeitraum, Fahrzeugbezeichnung, Saldierungsvermerk) seien nicht entkräftet worden. Die gravierenden Mängel hätten sich über den gesamten Prüfungs- und Nachschauzeitraum gezogen, weshalb die Schätzungsberechtigung für den gesamten Zeitraum bestehe. Hinsichtlich der unvollständig vorgelegten Bankkonten, bei denen überdies Unregelmäßigkeiten festgestellt worden seien, werde auf die Mitwirkungspflicht der Partei hingewiesen. Die Umsätze für den Bereich Spenglerei und Lackiererei würden ausschließlich aus Reparaturen stammen, die mit Versicherungen abgerechnet werden müssten, wobei nur in einem Fall eine Weiterverrechnung des Selbstbehaltes (und dies bei der Mutter der Bf.) festgestellt worden sei. Insgesamt erscheine die Vorgehensweise, wonach Havariearbeiten nur bei Versicherungsleistungen und nicht im Allgemeinen angeboten würden, nicht nachvollziehbar. Zum Rohaufschlagskoeffizient (Bereich Autoreparatur) wurde ausgeführt, dass dieser zwischen 1,30 und 1,40 liege, weshalb in der Betriebsprüfung das arithmetische Mittel von 1,35 angesetzt worden sei. Aus welchen Stichproben sich ergebe, dass der Wert 1,30 anzusetzen sei, werde nicht dargelegt. Der Gesamtumsatz eines Kfz-Reparaturbetriebes setze sich (grundsätzlich) aus 50% Materialumsatz und weiteren 50% Leistungsumsatz zusammen, wobei der Betriebsprüfer unter der Hinweisziffer 7) eine genauere Erläuterung vorgenommen habe. Überdies führte der Betriebsprüfer aus, dass er weitergehende Mängel im Zuge der Prüfung festgestellt habe, die jedoch nicht Gegenstand der Berufung (Beschwerde) seien. Auf Grund der festgestellten Mängel sei die Glaubwürdigkeit des Rechenwerks in keiner Weise gegeben gewesen. Mittels kalkulatorischer Verprobungen sei unter Berücksichtigung der genannten Mängel die Bemessungsgrundlage für die Einkommen- und Umsatzsteuer gemäß § 184 BAO ermittelt worden. Dabei seien auch Sicherheitszuschläge (auf den erklärten Wareneinkauf) angewandt worden. Es sei das Verfahren zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen gewählt worden, das die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich habe. Die Ermittlung des Schätzungsergebnisses sei überdies im Abschlussbericht folgerichtig und schlüssig dargestellt worden. Da die Mängel und die Schätzungsberechtigung in der Berufung (Beschwerde) nicht haben entkräftet werden können, werde ersucht, die Berufung (Beschwerde) vollinhaltlich abzuweisen.
Mit Eingabe vom nahm die Bf. zu den Ausführungen des Betriebsprüfers Stellung und führte aus, dass es als Präjudizierung angesehen werde, wenn die belangte Behörde den Bescheiden vom die Feststellungen der Betriebsprüfung zugrunde lege, obwohl die Bf. bereits Berufungen (Beschwerden) zu den Feststellungen der Betriebsprüfung eingebracht habe. Des Weiteren wurde abermals angemerkt, dass die durch die Detektei angefertigten Fotografien auf Privatgrund gemacht und nicht vorgelegt worden seien, weswegen sie als Beweismittel nicht verwertbar seien. Generell sei eine Zuordnung der fotografierten Fahrzeuge zur Werkstätte der Bf. ausgeschlossen, da sich auch noch weitere Betriebe sowie ein Imbissstand in unmittelbarer Umgebung befänden. Der Behauptung des Betriebsprüfers, der steuerliche Vertreter der Bf. habe die Leistungszeit falsch ermittelt, werde entgegnet, dass der Leistungszeit eine statistische Berechnung zugrunde liege. Es gehe um Durchschnittswerte, zumal nachträglich nicht genau ermittelt werden könne, wann die Werkstätte tageweise überhaupt geschlossen gewesen sei. Bezüglich des Sicherheitszuschlages werde angemerkt, dass Unstimmigkeiten in einem Monat nicht dazu führen könnten, dass diese auch auf ein anderes, rechnerisch richtiges, Monat umgelegt würden. Für Ausgangsrechnungen über Euro 150,00 könnten die fehlenden Angaben nachgereicht und auch noch fehlende Bankkonten vorgelegt werden. Die Feststellung fehlender Ausgangsrechnungen bestehe aus drei Ausgangsrechnungen im Jahr 2007, weshalb es nicht gerechtfertigt sei, daraus eine Schätzung abzuleiten. Abschließend wurde bemerkt, dass die Bf. mit ihrer Familie sehr bescheiden lebe und die vom Betriebsprüfer angenommenen Einkommensgrößen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens haltlos seien. Insgesamt werde an allen Punkten der Berufung (Beschwerde) festgehalten.
Am legte die belangte Behörde die Berufungen (Beschwerden) dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO) sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B VG zu erledigen.
Sachverhalt
Die Bf. betreibt eine Kfz-Werkstätte, wobei ihr Ehemann für die Ausführung der Aufträge zuständig ist. Aus dieser Tätigkeit erzielte die Bf. in den Streitjahren 2007 bis 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Darüber hinaus war die Bf. im Streitzeitraum unselbständig beschäftigt.
Nach der Maßgabe der Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung betreffend den Zeitraum 2007 bis 2010 bzw. der im Jahr 2011 erfolgten Nachschau sind folgende Mängel der Bücher und Aufzeichnungen der Bf. festzustellen:
• Keine Grund- und Hilfsaufzeichnungen
• Kein Wareneingangsbuch gemäß §§ 127, 128 BAO
• Nichtverbuchung von Wareneinkäufen und von bezogenen Vorleistungen
• Unvollständige Vorlage von Bankkonten
• Banküberweisungen von Versicherungsleistungen, die dem betrieblichen Bereich der Werkstätte zuzuordnen waren, auf das Bankkonto des Ehemannes der Bf.
• Ungeklärte Mittelzuflüsse auf den Bankkonten
• Zahlreiche formelle Mängel bei den Ausgangsrechnungen gemäß § 11 UStG
• Ausstellung von Ausgangsrechnungen ohne Verbuchung
• Ausstellung von Ausgangsrechnungen ohne Leistungszeit bzw. Ausstellung im Paket
• Missbräuchliche Verwendung der UID-Nummer
• Differenzen bei diversen Verprobungen betreffend die Weiterverrechnung von Leistungen, Abrechnung von Versicherungsfällen sowie die Nichterstellung von Ausgangsrechnungen bei laufendem Wareneinkauf
• Eklatante Differenzen bei den kalkulatorischen Verprobungen
Aufgrund dieser Mängel ist davon auszugehen, dass nicht alle Geschäftsvorgänge ordnungsgemäß erfasst wurden.
Aufgrund der festgestellten Mängel wurde für die Jahre 2007 bis 2011 sowohl in Bezug auf die Wareneinkäufe (WEK) der Mechanikerwerkstatt (in Höhe von 10% des WEK für die Jahre 2007, 2009 und 2011; in Höhe von 20% des WEK für das Jahr 2008 und in Höhe von 15% des WEK für das Jahr 2010 - vgl. Tz 4 des Betriebsprüfungsberichtes vom ) als auch in Bezug auf die Umsätze der Spenglerei und Lackiererei in Höhe von 10% des jeweils erklärten Umsatzes (vgl. Tz 6 des Betriebsprüfungsberichtes vom ) ein Sicherheitszuschlag festgesetzt.
Beweiswürdigung
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und beruhen auf den von der belangten Behörde auf Grundlage der abgabenbehördlichen Prüfung getroffenen Sachverhaltsfeststellungen. Die von der Betriebsprüfung festgestellten Mängel wurden von der Bf. nicht bestritten. Vielmehr wurde angeboten, durch andere Nachweise und Aufzeichnungen die festgestellten Rechnungs- und Aufzeichnungsmängel zu erklären und zu ergänzen. Die angebotenen Unterlagen wurden jedoch von der Bf. nicht vorgelegt. Von der Bf. wurde zudem angemerkt, dass bei jedem Unternehmer kleine Fehler passieren könnten.
Betreffend das Vorbringen, wonach bei Nahestehenden Arbeitszeiten nicht verrechnet und nicht in jedem Fall Vorleistungen weiterverrechnet wurden, ist Folgendes anzumerken: Es ist zwar zutreffend, dass es in der unternehmerischen Autonomie liegt, durch Preisnachlässe Kunden zu binden und bei Nahestehenden spezielle Rabatte zu gewähren. Im gegenständlichen Fall wurden allerdings nicht verrechnete Leistungen, die bei der Bf. auch Kosten verursacht haben, in einem Ausmaß verzeichnet, das einem ökonomischen Geschäftsverständnis entgegensteht und mit einer auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeit nicht vereinbar ist.
Der Umstand, dass der Lebensstandard der Bf. in Bezug auf ihre Wohnsituation nicht mit den von der Betriebsprüfung angenommenen Gewinnen übereinstimme, vermag keine fehlerhafte Schätzung zu begründen. Wie die Bf. mit den erzielten Einkünften aus ihrer gewerblichen Geschäftstätigkeit und dem zusätzlichen Einkommen aus der nichtselbständigen Erwerbstätigkeit verfährt, ist dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen und hat keinen Einfluss auf die Feststellungen zur Bemessungsgrundlage.
Da nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht einmal zweifelsfrei feststeht, dass die von der Detektei angefertigten Fotografien der Bf. überhaupt zur Kenntnisnahme vorgelegt wurden, ist eine Verwertung derselben als Beweismittel ausgeschlossen (vgl. zum Verbot geheimer Beweismittel ).
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
Hinsichtlich der von der Betriebsprüfung angewandten Schätzungsmethode durch kalkulatorische Ermittlung und die Verhängung von Sicherheitszuschlägen hat die Bf. keine Einwände erhoben. Lediglich die Höhe der Zuschätzung bzw. der Sicherheitszuschläge und die konkrete Berechnung sind strittig.
Rechtsgrundlagen
Die für die Entscheidung relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO), BGBl 194/1961, lauten wie folgt:
§ 127. (1) Gewerbliche Unternehmer sind verpflichtet, für steuerliche Zwecke ein Wareneingangsbuch zu führen.
(2) Von der Verpflichtung zur Führung eines Wareneingangsbuches (Abs. 1) sind gewerbliche Unternehmer befreit,
a) die nach §§ 124 oder 125 zur Führung von Büchern verpflichtet sind,
b) die Bücher ohne gesetzliche Verpflichtung führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse machen;
c) die durch eine gesetzliche Vorschrift zur Führung von dem Wareneingangsbuch im wesentlichen entsprechenden Aufzeichnungen verpflichtet sind.
§ 163. (1) Bücher und Aufzeichnungen, die den Vorschriften des § 131 entsprechen, haben die Vermutung ordnungsmäßiger Führung für sich und sind der Erhebung der Abgaben zugrunde zu legen, wenn nicht ein begründeter Anlass gegeben ist, ihre sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.
(2) Gründe, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse Anlass geben, die sachliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen, liegen insbesondere dann vor, wenn die Bemessungsgrundlagen nicht ermittelt und berechnet werden können oder eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist.
§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.
(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Im streitgegenständlichen Fall entsprechen die Bücher und Aufzeichnungen auf Grund der festgestellten Mängel nicht den Vorschriften des § 131 BAO, sodass die in § 163 Abs. 1 BAO vorgesehene Vermutung ordnungsmäßiger Führung derselben nicht zur Anwendung gelangt. Außerdem hat die Bf. unbestritten kein Wareneingangsbuch gemäß § 127 Abs. 1 BAO sowie keine Grund- und Hilfsaufzeichnungen geführt.
Liegen formelle Fehler der Bücher und Aufzeichnungen vor, die begründetermaßen zu Zweifeln an der sachlichen Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen Anlass geben, bedarf es eines Nachweises, dass die genannten Unterlagen mit den Wirtschaftsabläufen tatsächlich nicht übereinstimmen, nicht. Es steht dem Abgabepflichtigen allerdings die Möglichkeit offen, die sachliche Richtigkeit seiner formell mangelhaften oder unrichtigen Aufzeichnungen zu beweisen und damit der ansonsten bestehenden Schätzungsbefugnis entgegenzuwirken (siehe mwN).
Ein Wareneingangsbuch gemäß § 127 BAO ist für steuerliche Zwecke von Personen zu führen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 23 EStG beziehen. Ihm kommt für die Beurteilung der materiellen Richtigkeit der Aufzeichnungen eine besondere Bedeutung zu. Die Verletzung der Verpflichtung zur Führung des Wareneingangsbuches ist bedeutsam im Hinblick auf die Schätzungsberechtigung gemäß § 184 BAO (siehe dazu Ritz, BAO6 2017, §127 Rz 1f. sowie Rz 7).
Die Bf. hat nicht bestritten, dass die vom Betriebsprüfer festgestellten Mängel - z.B. Nichterfassung von Wareneinkäufen in den Jahren 2007 bis 2009, nur zwei Ausgangsrechnungen bei laufendem Wareneinkauf im Mai/Juni 2007 - vorliegen und weder ein Wareneingangsbuch im Sinn des § 127 BAO noch Grund- und Hilfsaufzeichnungen geführt wurden. Die Bf. hat hingegen in der Folge angeboten, entsprechende Nachweise vorzulegen, um die bestehenden Mängel zu sanieren. Diese Nachweise wurden nie vorgelegt.
Des Weiteren hat die Bf. versucht, die nicht verrechneten bzw. erfassten Geschäftsfälle zu erklären. Die Verpflichtung im Hinblick auf § 127 BAO besteht jedoch für alle Personen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Die Erfassung der Wareneinkäufe in einem automationsunterstützt geführten Buchhaltungsprogramm ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Den Umstand, dass keine Grund- und Hilfsaufzeichnungen geführt wurden, versucht die Bf. mit der Größe des Betriebes zu rechtfertigen. Wie von der Betriebsprüfung festgestellt wurde, wurden Rechnungen nicht immer sofort am Leistungstag bzw. mehrere Rechnungen an einem Tag ausgestellt, sodass Aufzeichnungen zu erbrachten Leistungen für eine ordnungsgemäße Rechnungsausstellung unerlässlich sind.
Der Bf. ist es demnach nicht gelungen, die sachliche Richtigkeit der mangelhaften Aufzeichnungen nachzuweisen, weshalb die Schätzungsberechtigung von der belangten Behörde zu Recht angenommen wurde. Unabhängig davon begründet aber auch bereits der Verstoß gegen die Verpflichtung gemäß § 127 BAO zur Führung eines Wareneingangsbuches sowie das Unterlassen der Vorlage von Grundaufzeichnungen (siehe mwN) jeweils für sich die Berechtigung zur Schätzung gemäß § 184 BAO.
Da es der belangten Behörde nicht möglich war, die Besteuerungsgrundlagen anhand der von der Bf. geführten mangelhaften Aufzeichnungen und unzureichenden nachträglichen Erklärungen zuverlässig zu ermitteln, bestehen insgesamt keine Zweifel an der Schätzungsberechtigung.
Ist die Schätzungsberechtigung gegeben, steht der Abgabenbehörde die Wahl der Schätzungsmethode grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage, möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. z.B. ). Derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl. z.B. ).
Die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge müssen schlüssig und folgerichtig sein und das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, muss mit den Lebenserfahrungen in Einklang stehen. Zudem muss die Behörde auf alle vom Abgabepflichtigen substanziiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (vgl. mwN).
Im streitgegenständlichen Fall hat der Betriebsprüfer mittels kalkulatorischer Schätzung die Bemessungsgrundlagen für die Einkommen- und Umsatzsteuer ermittelt. Außerdem wurden im Zuge der Betriebsprüfung Sicherheitszuschläge auf Grund nicht erklärter Wareneinkäufe ("Schwarzeinkauf") sowie Sicherheitszuschläge in Höhe von 10% vom erklärten Umsatz in Bezug auf den Bereich Spenglerei und Lackiererei in Ansatz gebracht.
Die vom Betriebsprüfer durchgeführte kalkulatorische Schätzung ist nachvollziehbar und schlüssig begründet. Auf die von der Bf. vorgebrachten Einwände wurde sowohl im Bericht über die Außenprüfung vom als auch in der Stellungnahme des Betriebsprüfers vom eingegangen. Insbesondere wurde darin schlüssig dargelegt, dass Grund- und Hilfsaufzeichnungen für die Rechnungsausstellung und Vorkalkulationen unabdingbar sind, wobei die Bf. keine überzeugenden Argumente dagegen vorbringen konnte. Weiters hat der Betriebsprüfer in seinen Berechnungen hinreichend berücksichtigt, dass die betriebliche Tätigkeit nur von einer Person ausgeführt wird und demnach auch ausreichend Nichtleistungszeiträume vorgesehen. Es mag zutreffen, dass der Bf. bei der Führung ihrer Werkstätte eine unternehmerische Autonomie zukommt. Diese entbindet sie aber nicht davon, Wareneinkäufe, Arbeitsleistungen und Fremdleistungen lückenlos zu erfassen und - abgesehen von dem geringen Anteil an Familienleistungen, Paketleistungen oder geschenkten Nebenleistungen - weiterzuverrechnen, um so das betriebliche Ergebnis richtig darzustellen. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass im Zusammenhang mit Überprüfungen gemäß § 57a KFG Vorbereitungsarbeiten an den Fahrzeugen notwendig waren, sodass in jedem Fall eine Ausgangsrechnung an diese Kunden - sei es mit oder ohne Weiterverrechnung der bloßen Überprüfungskosten - vorhanden sein muss. Ebenso ist dem Betriebsprüfer zuzustimmen, dass Havariearbeiten wohl nicht nur im Fall von Versicherungsleistungen übernommen wurden. Der Ehemann der Bf. übernimmt bei der Wiederherstellung von Havarien die Vorarbeiten und koordiniert die Leistungen durch Spengler und Lackierer, die als Fremdleistungen zugekauft werden. Aus welchem Grund diese Leistungen nur bei Versicherungsfällen angeboten werden sollten, konnte die Bf. nicht schlüssig darlegen. Letztlich erweist sich auch die Berechnung des Betriebsprüfers zum Anteil des Material- und Leistungsumsatzes als nachvollziehbar und branchenüblich und konnte die Bf. keine überzeugenden Argumente entgegensetzen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Schätzung mit Hilfe eines Sicherheitszuschlages eine Methode, die der korrigierenden Ergänzung der Besteuerungsgrundlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie zu niedrig ausgewiesen wurden, dient. In Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind, kann die Zuschätzung von Sicherheitszuschlägen in Betracht kommen. Auch Schätzungsergebnisse unterliegen der Pflicht zur Begründung. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Auch die Höhe von Sicherheitszuschlägen ist zu begründen (vgl. mwN).
Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages geht davon aus, dass bei mangelhaften Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Aufgabe eines Sicherheitszuschlages ist es also, das Risiko möglicher weiterer Unvollständigkeiten von Aufzeichnungen auszugleichen; dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Auch mit Hilfe der Methode des Sicherheitszuschlages soll kein anderes Ergebnis erreicht werden, als jenes, das der wahrscheinlichsten Bemessungsgrundlage nahekommt. Der Sicherheitszuschlag hat ebenso wie andere Schätzungskomponenten nicht Strafcharakter (kein "Straf-Zuschlag"). Seine Höhe hat sich daher nach den Besonderheiten des Schätzungsfalles und nach den festgestellten Fehlern, Mängeln und vermuteten Verminderungen des Ergebnisausweises, also nach den Gegebenheiten im Bereich des Tatsächlichen, zu richten (vgl. mwN).
Die Schätzungsbefugnis bezieht sich grundsätzlich auf den Bereich, in dem die Aufschreibungen mangelhaft sind. Die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages für einen Bemessungszeitraum, in dem keine Mängel der Buchhaltung festgestellt wurden, mit dem Argument in anderen Berechnungszeiträumen seien solche Mängel gegeben gewesen, ist jedenfalls unzulässig (siehe ).
Betreffend die Jahre 2007 bis 2009 hat die Betriebsprüfung einzelne Lieferanten der Bf. ersucht, die an die Bf. gelieferten Waren bzw. erbrachten Leistungen bekanntzugeben. Dabei wurde festgestellt, dass Wareneinkäufe in folgender Höhe nicht verbucht wurden: 2007: Euro 2.195,98, 2008: Euro 4.540,62, 2009: Euro 1.676,43. Diese durch die Auskunft der Lieferanten aufgedeckten, nicht erklärten Wareneinkäufe wurden den erklärten Wareneinkäufen hinzugerechnet. Da bereits die Auskunft einzelner Lieferanten beträchtliche Lücken bei der Erfassung der Wareneinkäufe aufzeigte und eine Anfrage bei allen Lieferanten der Bf. nicht möglich ist, ist davon auszugehen, dass daneben noch weitere Wareneinkäufe nicht erklärt wurden, weshalb die Verhängung der Sicherheitszuschläge zulässig ist. Die vom Betriebsprüfer im Bericht angeführte Begründung für die Höhe des Sicherheitszuschlages in den Jahren 2007 und 2009 in Höhe von 10% und im Jahr 2008 infolge des geringen erklärten Wareneinkaufes und des höheren festgestellten Schwarzeinkaufes in Höhe von 20% ist daher nachvollziehbar.
Betreffend die Jahre 2010 und 2011 wurden keine Untersuchungen hinsichtlich der nicht erklärten Wareneinkäufe angestellt und damit auch keine Mängel in den Aufzeichnungen festgestellt. Aus dem Umstand, dass in den Jahren 2007 bis 2009 Schwarzeinkäufe getätigt wurden, kann nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass dies auch in den Folgejahren der Fall war. Folglich war die Verhängung von Sicherheitszuschlägen in den Jahren 2010 und 2011 nicht zulässig.
Im Bereich der Umsätze aus Spenglerei und Lackiererei wurden im Jahr 2007 nicht verbuchte Erlöse in Höhe von Euro 14.800,00 von der Betriebsprüfung festgestellt. Der in diesem Zusammenhang in Ansatz gebrachte Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% erweist sich als gerechtfertigt, da auch hier davon auszugehen ist, dass auch noch weitere Erlöse nicht verbucht wurden. In den Folgejahren konnten jedoch von der Betriebsprüfung keine weiteren nicht verbuchten Erlöse festgestellt werden, sodass für die Jahre 2008 bis 2011 die Verhängung eines Sicherheitszuschlages unzulässig war.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Sicherheitszuschläge in Bezug auf die Wareneinkäufe Mechanikerwerkstatt in den Jahren 2010 und 2011 sowie jene betreffend die Umsätze aus Spenglerei und Lackiererei für die Jahre 2008 bis 2011 entfallen.
Zur Erläuterung der Kürzung der Sicherheitszuschläge bei der Mechanikerwerkstatt wird darauf hingewiesen, dass Tz 4 des Betriebsprüfungsberichtes vom wie folgt angepasst wurde:
Tz 4 Kalkulatorische Verprobung/Ermittlung des kalkulatorischen Umsatzes Autoreparaturwerkstätte:
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2010BP in € | 2010Erkenntnis in € | 2011BP in € | 2011Erkenntnis in € | |
Zwischensumme | 32.212,97 | 32.212,97 | 43.534,85 | 43.534,85 |
Sicherheitszuschlag in abs. Beträgen | 4.981,95 | 0,00 | 4.781,83 | 0,00 |
Kalkulatorischer Materialeinsatz | 32.212,97 | 43.534,85 | ||
RAK | 1,35 | 1,35 | 1,35 | 1,35 |
Materialumsatz kalkuliert | 43.487,51 | 58.772,05 | ||
Davon 10% "über die Gasse" | -4.348,75 | -5.877,21 | ||
Materialumsatz mit Leistung | 39.138,76 | 52.894,84 |
Ermittlung Gesamtumsatz kalkuliert
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2010BP in € | 2010Erkenntnis in € | 2011BP in € | 2011Erkenntnis in € | |
Materialumsatz kalkuliert | 43.487,51 | 58.772,05 | ||
Materialumsatz mit Leistung | 39.138,76 | 52.894,84 | ||
Gesamtumsatz Werkstätte kalkuliert | 95.404,96 | 82.626,27 | 123.932,29 | 111.666,89 |
Differenz | 12.778,69 | 12.265,40 |
Die sich aus der Anpassung ergebende Differenz für die Jahre 2010 und 2011 wurde gemeinsam mit den Kürzungen der Sicherheitszuschläge bei der Spenglerei und Lackiererei, welche sich unmittelbar aus Tz 6 des Betriebsprüfungsberichtes vom ergeben, beim Gesamtumsatz sowie beim 20%-Umsatz des jeweiligen Jahresumsatzes in Abzug gebracht.
Bei den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2008 bis 2011 erfolgte die Kürzung der Sicherheitszuschläge (Mechanikerwerkstatt und Spenglerei/Lackiererei) bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt bei der Lösung der streitgegenständlichen Rechtsfragen der in der Entscheidung genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Im Übrigen waren Tatfragen zu beurteilen, die nicht revisibel sind. Insgesamt liegt damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101604.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at