Antragslegitimation einer Schweizer Privatbank auf Erlassung eines Gutschriftbescheides gemäß § 202 BAO wegen überhöht bezahlter Einmalzahlungen gemäß des Steuerabkommens Ö-Schweiz
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2021/13/0002. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7103815/2023 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Stb, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen, GZ. BMF-010221/0793-VI/8/2016, vom , betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO, in eventu auf Rückerstattung des Abgeltungsbetrages gemäß Art. 13 Abs. 3 Steuerabkommen Österreich-Schweiz iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Eingabe vom stellte die Beschwerdeführerin (Bf.), eine Schweizer Privatbank, einen Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO sowie einen Eventualantrag auf Rückerstattung des Abgeltungsbetrages gemäß Art. 13 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III 192/2012 (in der Folge: StAbk Ö-CH), in Verbindung mit §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB.
1. Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO
1.1. Sachverhalt
Bei der Bf. sei im Mai 2014 im Zuge einer Revision der Eidgenössischen Steuerverwaltung die Berechnung und Meldung der Ablieferung der Einmalzahlung im Sinn des Art. 7 StAbk Ö-CH geprüft worden. Dabei sei eine Differenz bei der Berechnung der Höhe der Einmalzahlung festgestellt worden; Einmalzahlungen für mehrere Kunden seien in überhöhtem Ausmaß entrichtet worden.
Die Ursache des Berechnungsfehlers sei darin gelegen, dass bei der Addition der Vermögenswerte von Depots mehrerer Kunden der Bf. mit verschiedenen Referenzwährungen der historische Wert nicht richtig übernommen worden sei. Die Systemwerte seien irrtümlicherweise in Euro anstelle von US Dollar übertragen und somit nicht umgerechnet worden. Der Fehler betreffe mehrere Kunden; insgesamt seien von der Bf. im Jahr 2013 überhöhte Einmalzahlungen im Ausmaß von Euro 555.826,00 im Sinn des Art. 7 StAbk Ö-CH an die österreichische Abgabenbehörde abgeführt worden.
In der Folge habe die Bf. die betroffenen Kunden über den Fehler informiert und die überhöhten Einmalzahlungen den betroffenen Kunden rückerstattet. Daher habe die Bf. im Ergebnis die in Art. 7 StAbk Ö-CH vorgesehenen Einmalzahlungen von ihren Kunden (=Abgabepflichtigen) in richtiger Höhe einbehalten. Die fehlerhaften Bescheinigungen über die erfolgten Einmalzahlungen im Sinn des Art. 7 Abs. 3 StAbk Ö-CH seien von den Kunden im Original zurückverlangt worden.
1.2. Begründung zu Gutschriftsbescheid gemäß § 202 BAO
Für den Fall, dass eine Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund von der schweizerischen Zahlstelle im Sinn des Art. 2 lit. e StAbk Ö-CH bezahlt worden sei, so habe nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH die betroffene Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung. Die zuständige österreichische Behörde sei nach Art. 2 lit. d StAbk Ö-CH der Bundesminister für Finanzen oder die von ihm bestimmte Behörde.
Das BMF sowie das BFG würden die Ansicht vertreten, dass ein rechtlicher Grund für eine Einmalzahlung im Sinn des Art. 7 nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH auch dann nicht vorliege, wenn der Einmalzahlungsbetrag aufgrund eines Rechenfehlers oder unter Zugrundelegung falscher Grunddaten überhöht entrichtet worden sei (vgl. BMF-010221/0566-VI/8/2014, RV/7102995/2015, RV/7105099/2014 sowie RV/1100567/2015). Da es im vorliegenden Fall nachweislich zu einer überhöhten Abfuhr der Einmalzahlungen durch die Bf. gekommen sei, würde die betroffene Person im Sinn des Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH nach dieser Ansicht über einen Rückzahlungsanspruch gegenüber der Republik Österreich verfügen.
Allerdings habe der Abgabepflichtige (= die betroffene Person im Sinn des StAbk Ö-CH) selbst keine überhöhte Abzugssteuer bezahlt, weil die Bf. den Steuereinbehalt umgehend nach Erkennen des Fehlers korrigiert und damit in richtiger Höhe vorgenommen habe. Lediglich die an die österreichische Abgabenbehörde abgeführte Steuer sei überhöht gewesen.
Unabhängig von Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH könne der Abgabepflichtige selbst aufgrund der Überzahlung der Einmalzahlungen im Sinn des Art. 7 Abs. 3 StAbk Ö-CH einen Rückforderungsanspruch gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde auf Basis von § 240 Abs. 3 BAO haben. Ebenso wie nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH (= betroffene Person) würde auch nach § 240 Abs. 3 BAO nur dem Eigenschuldner, nicht aber dem Abfuhrverpflichteten eine Antragsbefugnis zukommen.
Allerdings bestehe ein Anspruch des Abgabepflichtigen nach § 240 Abs. 3 BAO nur dann, wenn der Abfuhrpflichtige (im vorliegenden Fall die Bf.) die zu Unrecht einbehaltenen Beträge bis zum Ablauf des betreffenden Kalenderjahres nicht mit anderen abzuführenden Steuerbeträgen ausgleiche oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzahle (§ 240 Abs. 3 lit. a BAO). Damit wäre die Anwendbarkeit des § 240 Abs. 3 BAO nur dann gegeben, wenn im Ergebnis ein überhöhter Steuerbetrag vom Abzugsverpflichteten einbehalten worden wäre.
Die Bf. habe aufgrund der erfolgten Rückerstattung keine überhöhte Abzugssteuereinbehalten. Allerdings habe sie überhöhte Abzugssteuern (indirekt) an die österreichische Abgabenbehörde entrichtet (= Einbehalt in richtiger Höhe, aber überhöhte Abfuhr der Abzugssteuer).
Da die Bf. im Ergebnis die Abzugssteuer auf die Einmalzahlungen gegenüber den Kunden in richtiger Höhe einbehalten habe, seien die Abgabepflichtigen (= betroffene Personen) trotz der überhöhten Abfuhr der Einmalzahlungen durch die Bf. an die österreichische Abgabenbehörde keinem steuerlichen Nachteil ausgesetzt. Gehe man davon aus, dass Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH denselben Zweck wie § 240 Abs. 3 BAO verfolge, könne auch nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH keine Rückzahlung an den Abgabepflichtigen als betroffene Person erfolgen, wenn dieser keinen steuerlichen Nachteil aus der überhöhten Abfuhr (aber richtigen Einbehaltung) erlitten habe. Nach dieser Ansicht würden weder Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH noch § 240 Abs. 3 BAO als verfahrensrechtliche Grundlage für eine Korrektur der durch die Bf. überhöht abgeführten Abzugssteuern durch den Abgabepflichtigen selbst in Betracht kommen.
Nach § 201 Abs. 1 BAO könne bzw. müsse bei Selbstberechnungsabgaben eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweise. Nach § 202 Abs. 1 BAO gelte diese Regelung sinngemäß, wenn die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliege. Die sinngemäße Anwendung von § 201 BAO sei nur für den Fall ausgeschlossen, dass ein zu Unrecht einbehaltener Betrag bereits nach § 240 Abs. 3 BAO zurückgezahlt worden oder im Falle einer Antragstellung nach dieser Bestimmung zurückzuzahlen sei. Damit solle eine mehrfache Rückzahlung vermieden werden.
Für den Fall, dass die Einbehaltung einer Abfuhrabgabe in richtiger Höhe erfolgt, jedoch ein überhöhter Betrag an die Abgabenbehörde abgeführt worden sei, könne auf Basis von § 202 BAO ein sogenannter Gutschriftsbescheid erlassen werden Dieser Bescheid sei an den Abfuhrpflichtigen zu richten. Ein Bescheid nach § 202 BAO sei nur dann nicht zu erlassen, wenn ihm die Bemessungsverjährung entgegenstehe. Für den Fall, dass der Einbehalt richtig und nur der abgeführte Betrag zu hoch gewesen sei, würden keine weiteren Rückzahlungsmöglichkeiten gegenüber dem eigentlichen Steuerschuldner (= den Bankkunden) bestehen.
Die bescheidmäßige Festsetzung nach § 202 iVm § 201 BAO würde grundsätzlich im Ermessen der Abgabenbehörde liegen. Bei der Ermessensübung sei primär der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu berücksichtigen; ein Verschulden des Abfuhrverpflichteten an der überhöhten Einbehaltung sei nach hL im Allgemeinen kein gegen die Erlassung von Gutschriftsbescheiden sprechender Umstand.
Zusammenfassung:
Die Anwendbarkeit von § 240 Abs. 3 BAO durch die betroffenen Abgabepflichtigen selbst sei ausgeschlossen, weil die Bf. keine Abzugssteuer zu Unrecht von ihren Kunden einbehalten habe. Dasselbe gelte im Zusammenhang mit Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH, wenn man davon ausgehe, dass dieser - ebenso wie § 240 Abs. 3 BAO - einen steuerlichen Nachteil der betroffenen Person verlange.
Dennoch seien die an die österreichische Abgabenbehörde nach Art. 7 Abs. 3 StAbk Ö-CH abgeführten Beträge zu hoch gewesen. Daher bleibe als einzige verfahrensrechtliche Rückzahlungsmöglichkeit ein Antrag der Bf. als abzugsverpflichteter Zahlstelle nach § 202 BAO, auf dessen Basis ein Gutschriftsbescheid auszustellen und eine Rückerstattung vorzunehmen sei.
Eine mehrfache Rückzahlung der überhöht abgeführten Beträge sei ausgeschlossen, weil die Abzugssteuer durch die Bf. von den Abgabepflichtigen in richtiger Höhe einbehalten worden sei und die Abgabepflichtigen selbst daher keine Rückforderungsmöglichkeit gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde hätten.
Der Steuerabzug für die Einmalzahlungen nach Art. 7 StAbk Ö-CH habe nach Art. 7 Abs. 1 StAbk Ö-CH per erfolgen müssen. Es sei daher zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine Bemessungsverjährung eingetreten.
2. Eventualantrag nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB
2.1. Antrag auf Rückzahlung
Für den Fall, dass die Abgabenbehörde den oben ausgeführten Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides und Rückzahlung von Euro 555.826,00 ab- oder zurückweise, werde in eventu gemäß Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB und unter Verweis auf den , BMF-010221/0566-VI/8/2014, der Antrag auf Rückzahlung von Euro 555.826,00 gestellt.
2.2. Begründung zu Eventualantrag
Der Erstattungsanspruch der betroffenen Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH unterscheide sich gegenüber § 240 Abs. 3 BAO insofern, als Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH für eine Rückerstattung lediglich eine ohne rechtlichen Grund erfolgte Einmalzahlung voraussetze. Eine zwischenzeitig erfolgte Rückzahlung eines überhöht einbehaltenen Betrages durch den Abzugsverpflichteten schließe einen Rückforderungsanspruch der betroffenen Person nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH nicht aus. Dagegen sehe der Wortlaut des § 240 Abs. 3 iVm Abs. 1 BAO keinen Rückzahlungsanspruch des Abgabepflichtigen (der betroffenen Person im Sinn des StAbk Ö-CH) vor, wenn der Abfuhrverpflichtete (Zahlstelle nach Art. 2 lit. e StAbk Ö-CH) zu Unrecht einbehaltene Beträge bereits an den Abgabepflichtigen zurückgezahlt habe.
Das BMF sowie das BFG würden die Ansicht vertreten, dass ein rechtlicher Grund für eine Einmalzahlung im Sinn des Art. 7 nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH auch dann nicht vorliege, wenn der Einmalzahlungsbetrag aufgrund eines Rechenfehlers oder unter Zugrundelegung falscher Grunddaten überhöht entrichtet worden sei. Da der Ausschluss eines Rückzahlungsanspruches bei bereits erfolgter Rückzahlung vom Abzugsverpflichteten an den Abgabepflichtigen in Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH nicht vorgesehen sei, könne entgegen der oben dargestellten Ansicht von einer Anwendbarkeit des Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH dem Grunde nach ausgegangen werden, obwohl die Bf. den überhöhten Quellensteuereinbehalt ihren Kunden bereits rückerstattet habe.
Durch die Rückerstattung des überhöhten Einbehalts durch die Bf. seien die betroffenen Personen von ihrem steuerlichen Nachteil befreit worden. Die Bf. habe die aufgrund von Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH bestehende Rückerstattungsschuld der österreichischen Abgabenbehörde gegenüber den betroffenen Personen eingelöst.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der herrschenden Lehre seien Rückzahlungsansprüche des Abgabepflichtigen gegenüber der Abgabenbehörde zedierbar. Guthaben (Überzahlungen) eines Abgabenpflichtigen seien Vermögenswerte, die mit Wirkung für das abgabenrechtliche Verfahrensrecht abgetreten werden könnten.
Jemand, der eine fremde Schuld bezahle, könne vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen (= Forderungseinlösung, § 1422 ABGB) oder trete ex lege in die Rechte des Gläubigers ein (= Legalzession, § 1358 ABGB). § 1358 ABGB gelte immer dann, wenn jemand eine materiell fremde Schuld bezahle, für die er dem Gläubiger - aufgrund eines Rechtsgeschäftes oder auch von Gesetzes wegen - persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken hafte (formelle eigene Schuld). § 1358 ABGB gelte analog für Fälle, in denen ein nicht haftender Dritter zur Wahrung seiner eigenen Interessen berechtigt sei, fremde Schulden auch gegen den Willen der Beteiligten zu bezahlen. Dagegen knüpfe § 1422 ABGB - in ausdrücklicher Abgrenzung zu § 1358 ABGB - daran an, dass der leistende Dritte für die Schuld nicht selbst hafte (formell und materiell fremde Schuld). Darüber hinaus habe nach § 1042 ABGB jemand, der für einen anderen einen Aufwand mache, den dieser selbst hätte tragen müssen, das Recht, Ersatz zu fordern.
Zusammenfassung:
Aufgrund der überhöhten Abfuhr der Einmalabgeltung durch die Bf. sei die österreichische Abgabenbehörde in eine Schuldnerposition gelangt. Gläubiger seien die betroffenen Personen im Sinn des Art. 2 lit. h StAbk Ö-CH gewesen. Allerdings habe die Bf. die betroffenen Personen umgehend schad- und klaglos gehalten, indem sie den überhöhten Steuereinbehalt umgehend korrigiert habe. Unabhängig davon, ob die Bf. zu dieser Refundierung gesetzlich oder vertraglich verpflichtet gewesen sei oder nicht, seien mit dieser Rückzahlung die Ansprüche der betroffenen Personen gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde auf die Bf. entweder nach § 1358 ABGB oder nach § 1422 ABGB übergegangen.
Da Rückzahlungsansprüche des Abgabepflichtigen gegenüber der Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der herrschenden Lehre zedierbar seien, müssten auch die Vorschriften des ABGB zur Forderungseinlösung (§ 1422 ABGB) und zur Legalzession (§ 1358 ABGB) gleichermaßen für das verwaltungsbehördliche Abgabenverfahren beachtlich sein. Da damit alle Gläubigerrechte der betroffenen Personen auf die Bf. übergegangen seien, könne die Bf. einen Rückerstattungsanspruch gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH geltend machen.
Für den Fall, dass das Vorliegen der Voraussetzungen einer Legalzession (zB § 1422 ABGB bei Abtretungsverlangen; § 1358 ABGB bei eigener sekundärer Personal- oder Realhaftung) verneint werde, könne alternativ ein Anspruch der Bf. gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde mit § 1042 ABGB begründet werden. Denn für die Anwendbarkeit von § 1042 ABGB komme es nicht auf die Art des Rechtsgrundes an; dieser könne somit auch im öffentlichen Recht begründet sein.
3. Zurückweisungsbescheid vom
Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen sowohl den Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides nach § 202 BAO als auch den Eventualantrag auf Rückerstattung des Abgeltungsbetrages nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö CH iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB als unzulässig zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bf. sowohl hinsichtlich der Ausstellung eines Gutschriftsbescheides nach § 202 BAO mangels abgabenrechtlicher Haftung im Sinn der BAO als auch hinsichtlich der Rückerstattung des Abgeltungsbetrages nach Art. 13 StAbk Ö-CH, da die Bf. keine "betroffene Person" gemäß Art. 2 lit. h StAbk Ö CH darstelle, nicht antragslegitimiert sei.
4. Beschwerde vom
4.1. Zur Antragslegitimation betreffend den Gutschriftsbescheid nach § 202 BAO
Das StAbk Ö-CH sei gesetzesändernd bzw. gesetzesergänzend ausgestaltet und habe daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG bedurft. Damit sei das Steuerabkommen ins österreichische Normengefüge transponiert worden und entfalte als lex specialis gegenüber entgegenstehenden innerstaatlichen Regelungen eine Verdrängungswirkung (vgl. Papst, Depotentnahmen in der Schweiz nach dem Steuerabkommen, SWI 2012, 546f).
Es stehe außer Zweifel, dass die Bf. keine direkte Haftung nach der BAO treffe. Allerdings bestehe eine Haftung der Bf. auf Basis des Steuerabkommens gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung (in der Folge EStV) nach Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH.
Die schweizerischen Zahlstellen würden gemäß Art. 7 Abs. 1 StAbk Einmalzahlungen auf den bei ihr verbuchten Vermögenswerten der betroffenen Personen erheben und diese monatlich an die zuständige schweizerische Behörde überweisen; diese würden die Einmalzahlungen jeweils monatlich an die zuständige österreichische Behörde weiterleiten (Art. 7 Abs. 4 StAbk Ö-CH). Die schweizerische Behörde sei ihrerseits aufgrund des StAbk verpflichtet, die Zahlungen in richtiger Höhe an die zuständige österreichische Behörde weiterzuleiten.
Für den Fall, dass eine unvollständige Erhebung der Einmalzahlungen erfolge, sei die schweizerische Zahlstelle aufgrund von Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH zur Nachleistung an die schweizerische Behörde verpflichtet, die wiederrum ihrerseits die nachgeleisteten Beträge an die zuständige österreichische Behörde weiterzuleiten habe.
Die Bf. als Zahlstelle im Sinn des Art. 2 lit. e StAbk sei aufgrund der Transponierung des Staatsvertrages in österreichisches Recht durch ein österreichisches "Abgabengesetz" zur Erfüllung österreichischer öffentlich-rechtlicher Aufgaben indirekt "in die Pflicht genommen". Auch wenn die Haftung der Bf. aufgrund von Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH nicht direkt gegenüber der österreichischen Abgabenbehörde, sondern gegenüber der schweizerischen Abgabenbehörde bestehe, stehe auch die zuständige schweizerische Behörde gegenüber der zuständigen österreichischen allein aufgrund des Bestehens des Steuerabkommens zwischen den beiden Staaten in einem Haftungsverhältnis.
Damit liege eine "geschlossene Haftungskette" zwischen der schweizerischen Zahlstelle und der zuständigen österreichischen Abgabenbehörde vor. Auch wenn die schweizerische Zahlstelle der zuständigen österreichischen Behörde gegenüber nicht direkt hafte, hafte sie über die Haftung nach Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH und über die staatsvertragliche Haftung der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegenüber der Republik Österreich indirekt für die richtige Abfuhr der Einmalzahlungen im Sinn des Art. 7 StAbk Ö-CH.
Die grundsätzliche "Haftung" der Zahlstelle gemäß Art. 2 lit. e StAbk für den österreichischen Abgabenanspruch könne nicht nur aus Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH, sondern auch aus anderen Bestimmungen des StAbk abgeleitet werden:
• Gemäß Art. 5 Abs. 1 StAbk müsse die betroffene Person spätestens per Stichtag 3 mitteilen, ob die Nachversteuerung durch Einmalzahlung erfolgen solle (Art. 7 StAbk) oder ob die Zahlstelle zur freiwilligen Meldung ermächtigt werde (Art. 9 StAbk). Sollte eine derartige Mitteilung nicht erfolgen, so habe die Zahlstelle die Nachversteuerung durch Einmalzahlung vorzunehmen (Art. 5 Abs. 3 StAbk).
• Könne eine Einmalzahlung aufgrund fehlender flüssiger Mittel nicht erhoben werden, so müsse die schweizerische Zahlstelle die betroffene Person melden (Art. 11 Abs. 3 StAbk). Eine schriftliche Ermächtigung durch die betroffene Person sei in diesem Fall nicht erforderlich (Art. 11 Abs. 3 Satz 2 StAbk).
Die gemäß § 202 iVm § 201 und § 201a BAO zur Berechnung, Einbehaltung und Abfuhr Verpflichteten seien durch die Abgabengesetze zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben "in Pflicht genommen". Die Rechte und Pflichten des Abfuhrpflichtigen der Behörde gegenüber würden sich nicht aus einer bestimmten Stellung, sondern aus der Verwirklichung der materiell-rechtlichen Tatbestände in Verbindung mit den entsprechenden Vorschriften über die Verpflichtung zur Berechnung, Einbehaltung und Abfuhr ergeben.
Die Bf. werde als schweizerische Zahlstelle hinsichtlich der Abfuhr der Einmalzahlungen nach Art. 7 StAbk Ö-CH, bei unvollständiger Erhebung der Einmalzahlungen nach Art. 13 Abs. 1 StAbk Ö-CH und durch die Haftungsbestimmung des Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH für österreichische abgabenrechtliche Zwecke "in die Pflicht genommen". Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass dieses "in die Pflicht nehmen" über das Steuerabkommen in Form eines Staatsvertrages mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft indirekt erfolge, weil die Schweizerische Eidgenossenschaft ihrerseits einer staatsvertraglichen Haftung gegenüber der Republik Österreich unterliege.
Die Stellung der schweizerischen Zahlstelle könne im Ergebnis mit jener des KESt-Abzugsverpflichteten nach § 95 EStG verglichen werden. Dies werde auch durch die Regelung des Art. 21 StAbk Ö-CH bestätigt, wonach eine nach Art. 17 Abs. 1 und 2 StAbk Ö-CH erhobene Steuer als in der Republik Österreich erhobene KESt nach § 93 EStG gelte.
Zusammenfassung:
Das StAbk Ö-CH stelle eine lex specialis zu den rein innerstaatlichen österreichischen Abgabenvorschriften dar und habe damit auch gesetzesergänzende und gesetzändernde Wirkung hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Bestimmungen der BAO. Da die Bf. auf Basis des StAbk Ö-CH zur Mitwirkung bei der Abgabenerhebung durch den österreichischen Fiskus verpflichtet sei, würden sich ihre abgabenrechtlichen Rechte und Pflichten nicht nur aus der BAO, sondern zusätzlich (gesetzesändernd oder gesetzesergänzend) aus dem StAbk Ö-CH ergeben. Auch die Stellung der schweizerischen Zahlstelle als Haftungspflichtiger ergebe sich aus mehreren Stellen des StAbk. Das Steuerabkommen als völkerrechtlicher Vertrag führe dazu, dass auch die schweizerische Zahlstelle abgabenrechtlichen Pflichten zur Durchsetzung österreichischer Abgabenansprüche unterliege.
Der bloße Hinweis des BMF, wonach die schweizerische Zahlstelle kein Haftungspflichtiger im Sinn der BAO sei, greife daher zu kurz. Die Antragslegitimation der Bf. könne mit dieser Begründung nicht versagt werden, weil sich das indirekte "in die Pflicht nehmen" der schweizerischen Zahlstelle über die zuständige schweizerische Abgabenbehörde für Zwecke der österreichischen Abgabenerhebung aus mehreren Stellen des Abkommens ergebe und über die staatsvertragliche Haftung der Schweizerischen Eidgenossenschaft eine "geschlossene Haftungskette" zwischen schweizerischer Zahlstelle und österreichischer Abgabenbehörde gegeben sei. Wäre die "geschlossene Haftungskette" nicht gegeben, hätten schweizerische Zahlstellen keinerlei Anreiz, an der Umsetzung des StAbk Ö-CH mitzuwirken.
Im Ergebnis erscheine der bloße Verweis auf das Fehlen eines Haftungspflichtigen im Sinn der BAO im vorliegenden Fall nicht ausreichend, um die Antragslegitimation der Bf. zur Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides zu versagen.
4.2. Zur Rückforderung aufgrund Legalzession
Die Versagung der Antragslegitimation mangels Vorliegens eines Guthabens im Sinn des § 215 Abs. 4 BAO gehe schon deshalb ins Leere, weil sich die grundsätzliche Antragslegitimation der schweizerischen Zahlstelle zur Rückerstattung von Überzahlungen schon aus dem Steuerabkommen selbst ergebe. Denn Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH laute wie folgt: "Hat die Republik Österreich [...] die geschuldete sowohl von der betroffenen Person als auch [...] von der schweizerischen Zahlstelle bezogen, so nimmt die zuständige österreichische Behörde im Ausmaß des doppelten Bezuges eine Rückerstattung an die schweizerische Zahlstelle vor." Damit stelle das StAbk selbst klar, dass Rückerstattungen an die Zahlstelle selbst möglich seien, ohne dass es zuvor zur Feststellung einer Gutschrift nach § 215 Abs. 4 iVm § 239 BAO kommen müsse. Indem das BMF die Antragslegitimation der schweizerischen Zahlstelle im Zusammenhang mit einem Rückerstattungsantrag per se verneine, widerspreche es dem eindeutigen Abkommenswortlaut.
Mit der Bezahlung/Rückzahlung des überhöhten Teiles der Einmalabgeltung im Sinn des Art. 7 StAbk Ö-CH durch die Bf. an die betroffenen Personen im Sinn des Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH habe die Bf. eine Schuld getilgt, die von der Republik Österreich zu tilgen gewesen wäre. Die Bf. habe damit die Gläubigerposition der betroffenen Personen und Abgabenpflichtigen auf Basis einer Legalzession übernommen. An der Schuldnerposition der Republik Österreich habe sich durch die Einlösung des Rückzahlungsanspruches der betroffenen Personen durch die Bf. nichts geändert.
Dem BMF sei insofern zuzustimmen, als bei der Bf. kein Guthaben im Sinn des § 215 Abs. 4 BAO auf einem formellen Abgabenkonto vorhanden sei (vgl. Ritz, BAO5, § 215 Tz 1), da die Bf. in Österreich weder beschränkt noch unbeschränkt abgabenpflichtig und somit auch in weiterer Folge steuerlich nicht registriert sei. Jedoch ändere dies nichts an der Schuldnerposition der Republik Österreich. Die Republik Österreich könne sich ihrer Schuldnerposition nicht dadurch entledigen, indem sie ihre Schuldnerposition nicht in einem formellen Abgabenkonto ausweise.
Daher könne auch die Zulässigkeit der Zession des Rückzahlungsanspruches nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH in keiner Weise vom Vorliegen eines formellen österreichischen Abgabenkontos zugunsten der Bf. abhängig gemacht werden. Das Vorliegen eines formellen Abgabenkontos sei keinerlei Voraussetzung für eine Legalzession nach den §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB.
Darüber hinaus handle es sich bei der Bf. nicht um den Zedenten eines Rückforderungsanspruches nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH, sondern um den Zessionar. Zedent sei der jeweilige österreichische Abgabenpflichtige, der gleichzeitig Bankkunde der Bf. und betroffene Person im Sinn des Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH sei. Aufgrund der Forderungseinlösung durch die Bf. sei der Rückforderungsanspruch des Abgabepflichtigen nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH im Wege einer Legalzession an die Bf. abgetreten worden; die betroffenen Personen hätten Rückzahlungen der überhöhten Einmalabgeltung durch die Bf. und somit eine Schadloshaltung durch die Bf. akzeptiert.
Die Bankkunden und betroffenen Personen im Sinn des Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö CH verfügten als Abgabenpflichtige in Österreich bereits über ein Abgabenkonto oder könnten zumindest über ein solches verfügen. Hätten die betroffenen Personen ihren Rückzahlungsanspruch gegenüber der Republik Österreich nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö CH selbst geltend gemacht, müsste eine Gutschrift auf den Abgabenkonten der betroffenen Personen erfolgen. Die erfolgte Legalzession führe lediglich zu einem abgekürzten Zahlungsfluss, weil die betroffenen Personen denjenigen Rückzahlungsanspruch an die Bf. abgetreten hätten, die auf ihren Abgabenkonten in gleicher Höhe zu einer Gutschrift geführt hätten, wenn sie selbst die Rückzahlung nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH beantragt hätten.
Der Rückzahlungsanspruch basiere auf Art. 13 Abs. 3 StAbk. Das StAbk Ö-CH sei auf Basis der Zustimmung des österreichischen Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG und der Zustimmung des Bundesrats gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG als gesetzändernder bzw. gesetzesergänzender Staatsvertrag ins österreichische Normengefüge transponiert worden. Als lex specialis entfalte das StAbk Ö-CH gegenüber entgegenstehenden innerstaatlichen Regelungen eine Verdrängungswirkung. Daher seien auch im vorliegenden Fall die Besonderheiten des StAbK Ö-CH zu berücksichtigen und die Zurückweisung des Rückerstattungsantrages lediglich aufgrund des Fehlens eines formellen Guthabens im Sinn des § 215 Abs. 4 BAO als rechtswidrig anzusehen. Auch die Rückzahlung an die betroffene Person selbst würde aufgrund von Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH als lex specialis und nicht auf Basis von § 215 Abs. 4 iVm § 239 BAO erfolgen.
Auch das StAbk Ö-CH selbst verlange für die Entfaltung der Abgeltungswirkung der Einmalzahlung kein Einlangen der Zahlungen auf einem österreichischen Abgabenkonto der betroffenen Personen. Vielmehr sei die Abgeltungswirkung der Einmalzahlungen nach Art. 7 Abs. 7 StAbk Ö-CH schon dann gegeben, wenn die Einmalzahlungen auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto gutgeschrieben worden sei. Das Steuerabkommen entfalte seine volle Wirkung unabhängig vom Bestehen eines österreichischen Abgabenkontos zugunsten der betroffenen Person.
Von der Bf. als Abfuhrverpflichtete seien im Jahr 2013 irrtümlich überhöhte Einmalzahlungen im Ausmaß von Euro 555.826,00 im Sinn des Art. 7 StAbk Ö-CH an die österreichische Abgabenbehörde abgeführt worden. Die Zahlung sei im Ausmaß der Überhöhung rechtsgrundlos erfolgt. Die Republik Österreich sei daher in Höhe von Euro 555.826,00 unrechtmäßig bereichert. An dieser unrechtmäßigen Bereicherung ändere auch die Tatsache nichts, dass diese auf keinem formellen Abgabenkonto als Abgabengutschrift ausgewiesen sei.
Für eine Rückforderung gemäß § 1431 ABGB sei lediglich erforderlich, dass irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt worden sei (vgl. Rummel in Rummel, ABGB³ § 1431 Rz 1). Im vorliegenden Fall seien Einmalzahlungen (= Leistung) irrtümlich bezahlt worden. Der Irrtum könne sich sowohl auf das Bestehen der Schuld, als auch auf den Inhalt der Schuld beziehen. Zudem liege für den überhöhten Teil der Einmalzahlungen nicht nur nach Ansicht der zivilrechtlichen herrschenden Lehre (vgl. Rummel in Rummel, ABGB³ § 1431 Rz 1 und 5), sondern auch nach Ansicht des BMF (vgl. BMF-010221/0566-VI/8/2014, 1) kein Rechtsgrund vor.
Zusammenfassung:
Da die Bf. die betroffenen Personen schad- und klaglos gehalten habe, könne im Ergebnis die Bf. die überhöhten Einmalzahlungen von der Republik Österreich zurückfordern.
Da eine unrechtmäßige Bereicherung der Republik Österreich vorliege, könne die Rückforderung - ungeachtet des Nichtvorliegens eines Abgabenkontos im Sinn des § 215 Abs. 4 BAO - mit § 1431 ABGB begründet werden. Eine analoge Anwendung der bereicherungsrechtlichen Regelungen im öffentlich-rechtlichen Verfahren werde von der herrschenden Lehre bejaht, da bereicherungsrechtliche Regelungen allgemeine, der gesamten Rechtsordnung immanente Grundsätze seien (vgl. Rummel in Rummel, ABGB³ § 1431 Rz 13 iVm § 1431 Rz 28 ff).
Darüber hinaus handle es sich bei den Bestimmungen des StAbk Ö-CH um eine lex specialis zu den innerstaatlichen Vorschriften. Daher erscheine die Verweigerung der Antragslegitimation mit Verweis auf die rein innerstaatlichen Vorschriften des § 215 Abs. 4 iVm § 239 BAO rechtswidrig. Da die Bf. auf Basis des StAbk Ö-CH zur Mitwirkung bei der Abgabenerhebung durch den österreichischen Fiskus verpflichtet sei, würden sich ihre abgabenrechtlichen Rechte und Pflichten nicht nur aus der BAO, sondern zusätzlich (gesetzesändernd oder gesetzesergänzend) aus dem StAbk Ö-CH ergeben.
Da die Rückerstattung eines überhöht abgeführten Einmalbetrages im Sinn des Art. 7 StAbk Ö-CH an die betroffene Person auf Basis von Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH und nicht auf Basis von § 215 Abs. 4 iVm § 239 BAO erfolgen würde, kämen § 215 Abs. 4 iVm § 239 BAO nicht zur Anwendung. Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH gewähre die Rückerstattung, ohne weitere Formalvoraussetzungen wie den Gutschriftsausweis auf einem Abgabenkonto vorzusehen. Anwendungsvoraussetzung für die Rückerstattung nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH sei lediglich die Leistung einer Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund.
In Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö-CH sei eine direkte Rückerstattung von überzahlten Beträgen an die schweizerische Zahlstelle durch das BMF staatsvertraglich vorgesehen, ohne dass dieser Rückerstattung die Einrichtung eines formellen österreichischen Abgabenkontos oder die Feststellung des Vorliegens eines Guthabens im Sinn des § 215 Abs. 4 BAO vorausgehen müsse. Das BMF verkenne daher die Rechtslage, wenn es das Vorliegen eines Guthabens im Sinn des § 215 Abs. 4 BAO zur Voraussetzung einer Antragslegitimation auf Basis des Steuerabkommens erhebe.
Bei teleologischer Betrachtung sei im Rahmen des StAbk Ö-CH ebenso keinerlei vorgängige Verrechnung nach § 239 BAO notwendig, da Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH die Überzahlung an Abgaben voraussetze und auch nur auf die erfolgte Überzahlung gerichtet sei. Die Rückerstattung der Überzahlung habe damit unabhängig von den rein innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu erfolgen. Die Bf. sei daher auf Basis von Art. 13 Abs. 3 StAbk iVm den privatrechtlichen Vorschriften zur Legalzession aufgrund der erfolgten Forderungseinlösung zur Stellung eines Rückerstattungsantrages legitimiert.
Die Bf. beantragte die Entscheidung durch den Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO.
Mit Vorlagebericht vom legte der Bundesminister für Finanzen die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte unter Hinweis auf die Ausführungen im Zurückweisungsbescheid die Abweisung der Beschwerde.
Mit Eingabe vom zog die Bf. ihre Anträge auf Entscheidung durch den Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. ist eine Privatbank mit Sitz in der Schweiz, die auch Kundenbeziehungen mit in Österreich ansässigen natürlichen Personen unterhält.
Nach Abschluss des Steuerabkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft hat die Bf. im Jahr 2013 entsprechend den Vorgaben dieses Abkommens Einmalzahlungen betreffend die bei ihr verbuchten Vermögenswerte österreichischer Bankkunden eingehoben und abgeführt.
Im Jahr 2014 hat sich nach einer Revision durch die Eidgenössische Steuerverwaltung herausgestellt, dass die Bf. zu hohe Beträge in Gestalt der Einmalzahlungen einbehalten hat. Der überhöhte Betrag hat sich aus einer fälschlicherweise nicht erfolgten Währungsumrechnung ergeben.
Die Bf. hat daraufhin die überhöht einbehaltenen Beträge an ihre (österreichischen) Bankkunden zurückbezahlt und neue, berichtigte Bescheinigungen über die einbehaltenen Einmalzahlungen ausgestellt. Die ursprünglich ausgestellten, unrichtigen Bescheinigungen wurden zurückverlangt.
Im Ergebnis hat die Bf. von den (österreichischen) Bankkunden Einmalzahlungen in der betraglich richtigen Höhe eingehoben, jedoch einen zu hohen Betrag - an die Eidgenössische Steuerverwaltung und damit letztlich an die Österreichische Steuerverwaltung - abgeführt. Insgesamt hat die Bf. im Jahr 2013 überhöhte Einmalzahlungen in Höhe von Euro 555.826,00 abgeführt.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.
3. Streitpunkt
Strittig ist, ob die Bf. die (letztlich) in richtiger Höhe einbehaltenen, aber überhöht abgeführten Einmalzahlungen durch Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO oder in eventu gestützt auf Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö CH in Verbindung mit §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB rückerstattet bekommen kann.
4. Rechtsgrundlagen
Die für die Entscheidung relevanten Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt, BGBl. III 192/2012, lauten wie folgt:
Art. 7 Nachversteuerung durch Einmalzahlung
1. Unter Vorbehalt von Artikel 6 und 11 erheben schweizerische Zahlstellen per Stichtag 3 eine Einmalzahlung auf den bei ihnen verbuchten Vermögenswerten der betroffenen Person.
2. Die Einmalzahlung bemisst sich nach Anhang I dieses Abkommens. Der Steuersatz beträgt 30 Prozent.
3. Gleichzeitig mit der Erhebung der Einmalzahlung erstellt die schweizerische Zahlstelle zuhanden der betroffenen Person eine Bescheinigung nach festgelegtem Muster. Die Bescheinigung enthält die folgenden Angaben:
a) Identität (Name und Geburtsdatum) und Wohnsitz der betroffenen Person;
b) soweit bekannt, die österreichische Finanzamts- und Steuernummer und/oder die österreichische Sozialversicherungsnummer;
c) Name und Anschrift der schweizerischen Zahlstelle;
d) Kundennummer der betroffenen Person (Kunden-, Konto- oder Depot-Nummer, IBAN Code);
e) Betrag der Einmalzahlung und Berechnungsmodalitäten.
Erhebt die betroffene Person gegen die Bescheinigung nicht innerhalb von 30 Tagen nach deren Zustellung Einspruch, gilt diese als genehmigt.
4. Die schweizerische Zahlstelle überweist die erhobenen Einmalzahlungen nach Genehmigung der Bescheinigungen nach Absatz 3 jeweils monatlich an die zuständige schweizerische Behörde. Die erste Überweisung erfolgt einen Monat nach dem Stichtag 3. Die zuständige schweizerische Behörde leitet die Einmalzahlungen jeweils monatlich an die zuständige österreichische Behörde weiter. Die erste Weiterleitung erfolgt zwei Monate nach dem Stichtag 3.
5. Die Einmalzahlungen nach Absatz 2 werden von schweizerischen Zahlstellen in Euro berechnet, abgezogen und an die zuständige schweizerische Behörde überwiesen. Erfolgt die Konto- oder Depotführung nicht in dieser Währung, so nimmt die schweizerische Zahlstelle die Umrechnung zum Devisentagesfixkurs publiziert durch die SIX Telekurs AG an den für die Berechnung maßgebenden Stichtagen vor. Die Weiterleitung durch die zuständige schweizerische Behörde an die zuständige österreichische Behörde erfolgt ebenfalls in Euro.
6. Mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto gelten die österreichischen Erbschaftssteuer- und Schenkungssteueransprüche und die Ansprüche auf die gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß Paragraph 8 Absatz 1 erster Satz erster und dritter Fall des österreichischen Finanzausgleichsgesetzes 2008, die auf den - auf den entsprechenden Konten und Depots verbuchten - Vermögenswerten entstanden sind, als abgegolten. Der im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens von der Abgeltungswirkung erfasste Betrag im Konto oder Depot entspricht dem relevanten Kapital Kr wie in Anhang I dieses Abkommens bestimmt. […]
Art. 13 Unvollständige oder zu Unrecht erfolgte Erhebung der Einmalzahlung
1. Erhebt die schweizerische Zahlstelle die Einmalzahlung nach Artikel 7 aufgrund eines Berechnungs- oder Abwicklungsfehlers nicht in vollständiger Höhe, so kann die schweizerische Zahlstelle der betroffenen Person den fehlenden Betrag zuzüglich eines Verzugszinses entsprechend Artikel 12 Absatz 2 nachbelasten. Die schweizerische Zahlstelle bleibt gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde jedenfalls zur entsprechenden Nachleistung verpflichtet. Dasselbe gilt für erhobene Verzugszinsen. Die zuständige schweizerische Behörde leitet nachgeleistete Einmalzahlungen einschließlich erhobener Verzugszinsen unverzüglich an die zuständige österreichische Behörde weiter.
2. In Fällen von Absatz 1 tritt für die betroffene Person die Wirkung nach Artikel 7 Absatz 6 auch ein, wenn die betroffene Person den Berechnungs- oder Abwicklungsfehler ohne grobes Verschulden nicht erkannt hat. Wird der Berechnungs- oder Abwicklungsfehler nach Absatz 1 korrigiert, tritt die Wirkung nach Artikel 7 Absatz 6 in jedem Fall ein.
3. Ist die Einmalzahlung ohne rechtlichen Grund bezahlt worden, so hat die betroffene Person gegenüber der zuständigen österreichischen Behörde einen Anspruch auf Erstattung der Einmalzahlung.
Art. 30 Missbrauchsbestimmung
[…]
2. Schweizerische Zahlstellen werden künstliche Strukturen, bei denen sie wissen, dass einziger oder hauptsächlicher Zweck die Umgehung der Besteuerung von Vermögenswerten nach den Bestimmungen dieses Abkommens ist, weder selber verwalten noch deren Verwendung unterstützen.
3. Ungeachtet dessen, dass die betroffene Person Schuldner der Steuer nach Artikel 17 Absatz 1 ist, ist eine schweizerische Zahlstelle, die in Widerspruch zu Absatz 2 gehandelt hat, zur Bezahlung eines Betrages in der Höhe der umgangenen Steuer nach Artikel 17 Absätze 1 und 2 an die zuständige schweizerische Behörde verpflichtet. Die zuständige schweizerische Behörde leitet diesen Betrag an die zuständige österreichische Behörde weiter. Die schweizerische Zahlstelle kann gegen eine an einer Struktur nach Absatz 2 beteiligte betroffene Person Rückgriff nehmen.
Hat die Republik Österreich die auf den Erträgen von Vermögenswerten betroffener Personen geschuldete Steuer sowohl von der betroffenen Person als auch nach dieser Bestimmung von der schweizerischen Zahlstelle bezogen, so nimmt die zuständige österreichische Behörde im Ausmaß des doppelten Bezuges eine Rückerstattung an die schweizerische Zahlstelle vor.
4. Absatz 3 kommt nur dann zur Anwendung, wenn im konkreten Einzelfall eindeutige und direkte Beweise vorliegen.
5. Ergibt sich, dass schweizerische Zahlstellen Meldungen oder Auskünfte nach diesem Abkommen unrichtig zu Lasten des Abgabenanspruches der Republik Österreich erteilt haben, hat dies die zuständige österreichische Behörde der zuständigen schweizerischen Behörde mitzuteilen.
Art. 33 Durchführung dieses Abkommens
Die Vertragsstaaten treffen alle zur Umsetzung dieses Abkommens notwendigen Maßnahmen, insbesondere den Erlass von Verfahrens-, Haftungs- und Strafvorschriften.
Art. 34 Kontrolle
1. Die zuständige schweizerische Behörde führt bei den schweizerischen Zahlstellen Kontrollen durch. Gegenstand der Kontrollen ist die Einhaltung der Pflichten, die sich für schweizerische Zahlstellen aus diesem Abkommen ergeben.
2. Sie führt Kontrollen im Zusammenhang mit Teil 2 dieses Abkommens innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens durch. Die Kontrollen sollen eine repräsentative Auswahl schweizerischer Zahlstellen erfassen.
[…]
4. Die zuständige schweizerische Behörde informiert die zuständige österreichische Behörde jeweils in einem zusammenfassenden Bericht über die Resultate und wichtigsten Erkenntnisse der im Vorjahr gestützt auf diesen Artikel durchgeführten Kontrollen. Dieser Bericht kann veröffentlicht werden.
Die für die Entscheidung relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO), BGBl 194/1961, lauten wie folgt:
§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl I 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl I 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
§ 202. (1) Die §§ 201 und 201a gelten sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen.
(2) Abs. 1 gilt nicht, soweit ein zu Unrecht einbehaltener Betrag gemäß § 240 Abs. 3 zurückgezahlt wurde oder im Fall einer Antragstellung nach dieser Bestimmung zurückzuzahlen wäre.
§ 240. (1) Bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, ist der Abfuhrpflichtige berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl I 111/2010)
(3) Auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) hat die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht
a) eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,
b) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,
c) ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.
Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist die Abgabenbehörde zuständig, der die Erhebung der betroffenen Abgabe obliegt. Betrifft der Antrag im Einkommensteuerrecht geregelte Abzugsteuern, so ist das Finanzamt für das Verfahren über die Rückzahlung örtlich zuständig, dem die Erhebung der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer des Antragstellers obliegt.
(Anm.: Abs. 4 bis 6 aufgehoben durch BGBl I 142/2000)
5. Rechtliche Beurteilung
5.1. Zu Spruchpunkt I.
Das am unterzeichnete und am in Kraft getretene Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (BGBl. III 192/2012) sollte die ordnungsgemäße Besteuerung von in der Schweiz veranlagtem Vermögen und erzielten Kapitaleinkünften österreichischer Steuerpflichtiger sicherstellen. Neben der Sicherstellung der Besteuerung von in der Schweiz befindlichem Kapitalvermögen in zukünftigen Zeiträumen war insbesondere die Besteuerung von in Österreich bislang noch nicht versteuertem Kapitalvermögen, das sich auf Schweizer Konten befindet, durch die Erhebung einer pauschalen (Abgeltungs-)Steuer für vergangene Zeiträume vorgesehen (vgl. dazu ErläutRV 1770 BlgNR 24. GP 1f). Das Abkommen wurde mittlerweile aufgehoben (BGBl. III 6/2017).
Im gegenständlichen Fall erhob die Bf. als schweizerische Zahlstelle (im Sinn des Art. 2 lit. e StAbk Ö CH) im Jahr 2013 gemäß Art. 7 Abs. 1 StAbk Ö CH Einmalzahlungen betreffend die bei ihr verbuchten Vermögenswerte betroffener Personen. Eine betroffene Person ist nach Art. 2 lit. h StAbk Ö CH eine in der Republik Österreich ansässige natürliche Person, die mit einer schweizerischen Zahlstelle in einem Vertragsverhältnis steht oder sonst an den Vermögenswerten nutzungsberechtigt ist.
Die eingehobenen Einmalzahlungen werden entsprechend dem in Art. 7 Abs. 4 StAbk Ö CH vorgesehenen Prozess von der schweizerischen Zahlstelle an die zuständige schweizerische Behörde überwiesen, die ihrerseits die Einmalzahlungen an die zuständige österreichische Behörde weiterleitet. Die durch das Abkommen angestrebte Abgeltungswirkung (für die vergangenen Zeiträume) wird gemäß Art. 7 Abs. 6 StAbk Ö CH mit der vollständigen Gutschrift der Einmalzahlung auf dem bei der schweizerischen Zahlstelle dafür eingerichteten Abwicklungskonto erreicht.
Aus Art. 13 StAbk Ö CH ergibt sich, wie bei Fehlern im Zusammenhang mit der Erhebung der Einmalzahlung durch die schweizerische Zahlstelle zu verfahren ist. Unabhängig von der Möglichkeit der schweizerischen Zahlstelle, den unterlaufenen Fehler gegenüber der betroffenen Person richtigzustellen, bleibt die schweizerische Zahlstelle gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 StAbk Ö CH gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde jedenfalls zur entsprechenden Nachleistung verpflichtet. Im Abkommen wurde demnach Vorsorge dafür getroffen, dass die schweizerischen Zahlstellen als Abfuhrverpflichtete die sie treffenden (abkommensrechtlichen) Pflichten ordnungsgemäß erfüllen und auch für allfällige unterlaufene Fehler einzustehen haben. In Art. 34 Abs. 1 StAbk Ö CH ist in diesem Zusammenhang überdies eine Kontrolle der schweizerischen Zahlstellen durch die zuständige schweizerische Behörde vorgesehen.
Die in Art. 7 in Zusammenschau mit Art. 13 StAbk Ö CH für die schweizerischen Zahlstellen vorgesehenen Verpflichtungen sind jenen in § 95 EStG 1988 für Abzugsverpflichtete der Kapitalertragsteuer vergleichbar. Dort ist vorgesehen, dass der Abzugsverpflichtete dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer haftet. Nichts anderes ordnet Art. 13 Abs. 1 Satz 2 StAbk Ö CH in Bezug auf eine nicht ordnungsgemäß eingehobene Einmalzahlung an, wenn die schweizerische Zahlstelle in diesem Fall jedenfalls gegenüber der schweizerischen Behörde - und damit letztlich gegenüber der österreichischen Behörde - zur entsprechenden Nachleistung verpflichtet wird. Damit kommt zum Ausdruck, dass die schweizerische Zahlstelle unabhängig von der Einhebungs- und Regressmöglichkeit den betroffenen Personen gegenüber in jedem Fall die Einmalzahlung in richtiger Höhe abzuführen und damit in letzter Konsequenz dafür mitunter auch einzustehen hat (vgl. dazu die Erläuterungen zu Art. 13, ErläutRV 1770 BlgNR 24. GP 6).
Wenngleich im StAbk Ö CH an den genannten Stellen das Wort "Haftung" nicht zu finden ist, wird durch den Abkommenswortlaut sehr wohl dasjenige zum Ausdruck gebracht, was gemeinhin unter Haftung zu verstehen ist. Unter Haftung versteht man ein Einstehenmüssen für fremde Abgabenschulden (siehe ). Demnach muss die schweizerische Zahlstelle infolge der abkommensrechtlichen Nachleistungspflicht als Abfuhrverpflichtete letztendlich, wenn ein Regress gegenüber den betroffenen Personen als Abgabenschuldner nicht möglich ist, für deren - und damit eine fremde - Abgabenschuld einstehen. Von einer Haftung der schweizerischen Zahlstelle (zumindest) gegenüber der zuständigen schweizerischen Behörde geht im Übrigen auch der Bundesminister für Finanzen unter Verweis auf Art. 30 Abs. 3 StAbk Ö CH aus (siehe Zurückweisungsbescheid vom , Seite 3). An dieser Stelle ist neben der Haftung der schweizerischen Zahlstelle für den Fall einer Überzahlung überdies vorgesehen, dass eine Rückzahlung an die schweizerische Zahlstelle durch die Republik Österreich zu erfolgen hat.
Die Bestimmungen des Abkommens ergänzen für die darin vorgesehenen Fallkonstellationen die nationalen Rechtsvorschriften bzw. ändern bestehende Bestimmungen ab (siehe ErläutRV 1770 BlgNR 24. GP 2). Für die unter das Abkommen fallenden Gegebenheiten sind demnach in erster Linie die Bestimmungen des Abkommens - gewissermaßen als lex specialis - heranzuziehen und bei Bedarf durch die bestehenden nationalen Bestimmungen zu ergänzen (siehe dazu auch Art. 33 StAbk Ö CH, wonach die Vertragsstaaten die für die Umsetzung des Abkommens notwendigen Vorschriften erlassen müssen). Eine Ergänzung des Abkommens hat insbesondere durch nationale Verfahrens-, Haftungs- und Strafvorschriften zu erfolgen.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft hat sich durch den Abschluss des StAbk Ö CH gegenüber der Republik Österreich verpflichtet, an der Besteuerung von in der Schweiz befindlichen Vermögenswerten in Österreich ansässiger Personen entsprechend dem abgeschlossenen Abkommen mitzuwirken. Demnach besteht eine staatsvertragliche Verpflichtung der schweizerischen Behörde gegenüber der österreichischen Behörde, die ordnungsgemäße Besteuerung zu gewährleisten. Um dieser staatsvertraglichen Verpflichtung nachzukommen, ist in einem weiteren Schritt die schweizerische Zahlstelle (gegenüber der schweizerischen Behörde) verpflichtet, die Einhebung und Abfuhr entsprechend dem StAbk Ö CH sicherzustellen. Demnach besteht auf Basis des StAbk Ö CH eine durchgehende Verpflichtungs- und letztlich Haftungskette für die ordnungsgemäße Abfuhr der nach dem StAbk Ö CH einzubehaltenden Beträge.
Folglich ist die Bf. als schweizerische Zahlstelle zur Mitwirkung bei der Steuereinhebung für die Republik Österreich verpflichtet und haftet für die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abfuhr. Die Bf. ist - ähnlich den Regularien bezüglich der österreichischen Kapitalertragsteuer - Abfuhr- und Haftungsverpflichtete betreffend die Einmalzahlung gemäß Art. 7 StAbk Ö CH. Die Einmalzahlung im Sinn des Abkommens ist ihrer Wirkung nach nichts anderes als eine kumuliert erhobene Kapitalertragsteuer für vergangene Zeiträume.
Die nach dem StAbk Ö CH zu erhebende Abgabe ist eine besondere Form einer Selbstbemessungsabgabe, die von einem abgabenrechtlich Haftenden zu berechnen und zu entrichten ist. Diese Selbstbemessungsabgaben sind von § 202 BAO erfasst (vgl. Stoll, BAO, § 201, 2121). Im gegenständlichen Fall ist der Bf. im Rahmen der Selbstbemessung ein Fehler unterlaufen, indem eine vorzunehmende Währungsumrechnung unterlassen wurde. Dadurch wurde (zunächst) ein zu hoher Betrag in Bezug auf die Einmalzahlungen errechnet, einbehalten und an die schweizerische Behörde abgeführt, die den überhöhten Betrag an die österreichische Behörde weitergeleitet hat. Nach Erkennen des Fehlers ist eine Richtigstellung gegenüber den betroffenen Bankkunden erfolgt, sodass die Einmalzahlungen letztlich ordnungsgemäß, in richtiger Höhe einbehalten wurden. Die überhöhte Abfuhr an die österreichische Behörde ist aber nach wie vor aufrecht. Betreffend die überhöht abgeführten - aber in richtiger Höhe einbehaltenen - Einmalzahlungen kann die Bf. als Abfuhrpflichtige einen Gutschriftsbescheid gemäß § 202 Abs. 1 BAO beantragen (vgl. dazu Ritz, BAO6 2017, § 202 Rz 7).
Die in § 202 Abs. 2 BAO vorgesehene Einschränkung, wonach ein Gutschriftsbescheid dann nicht zu erlassen ist, wenn eine Rückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO erfolgte oder im Fall einer diesbezüglichen Antragstellung zu erfolgen hätte, steht im gegenständlichen Fall der Erlassung eines Gutschriftsbescheides nicht entgegen. Da sich § 240 Abs. 3 BAO an die Abgabenschuldner (die österreichischen Steuerpflichtigen als betroffene Personen im Sinn des Art. 2 lit. h StAbk Ö CH) richtet und von diesen letztlich nicht zu viel an Abgaben einbehalten wurde, besteht ihrerseits keine Antragslegitimation gemäß § 240 Abs. 3 BAO (siehe Ritz, BAO6 2017, § 202 Rz 10 sowie § 240 Abs. 3 Rz 3). Ob eine Rückerstattung darüber hinaus nach anderen Vorschriften - vorliegend etwa nach Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö CH - gegenüber den Abgabenschuldnern möglich wäre, ist unerheblich, da dadurch die Anwendbarkeit des § 202 Abs. 1 BAO nicht ausgeschlossen wird (siehe dazu Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 2018, § 202 Rz 12).
Da die Bf. somit zur Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO legitimiert war, ist der Zurückweisungsbescheid aufzuheben. Eine inhaltliche (meritorische) Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde hingegen die Abänderungsbefugnis, die das Bundesfinanzgerichts gemäß § 279 Abs. 1 BAO in der Sache hat, überschreiten (vgl. Ritz, BAO6 2017, § 279 Rz 11).
Aus diesem Grund kann sowohl über den Antrag auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO als auch über den Eventualantrag auf Rückerstattung des Abgeltungsbetrages gemäß Art. 13 Abs. 3 StAbk Ö-CH iVm §§ 1358, 1422 oder 1042 ABGB inhaltlich nicht abgesprochen werden.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
5.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Rechtsfrage, ob die schweizerische Zahlstelle gemäß Art. 2 lit. e StAbk Ö CH betreffend die (letztlich) in richtiger Höhe einbehaltenen, aber überhöht abgeführten Einmalzahlungen gemäß Art. 7 StAbk Ö CH zur Stellung eines Antrages auf Ausstellung eines Gutschriftsbescheides gemäß § 202 BAO legitimiert ist, fehlt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102018.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at