Steuerschuld kraft Rechnungslegung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***BF1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 2008 bis 2011 und Umsatzsteuer 2008 bis 2012, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuer für das Jahr 2008 als Kleinunternehmerin veranlagt und die Umsatzsteuer mit Null festgesetzt.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuer für das Jahr 2009 als Kleinunternehmerin veranlagt und die Umsatzsteuer mit Null festgesetzt.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuer für das Jahr 2010 als Kleinunternehmerin veranlagt und die Umsatzsteuer mit Null festgesetzt.
Mit Bescheid vom wurde die Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuer für das Jahr 2011 als Kleinunternehmerin veranlagt und die Umsatzsteuer mit Null festgesetzt.
Aufgrund von § 109a EStG-Meldungen der ***Name1*** ***Name2*** GmbH, in denen die Erbringung von Vermittlungsleistungen unter Ausweis der Umsatzsteuer durch die Beschwerdeführerin angeführt wurde, kam es ua zu einer Umsatzsteuernachschau für den Zeitraum 1/2008 bis 12/2011 bei der Beschwerdeführerin.
Mit Schreiben vom (Stellungnahme und Unterlagenübermittlung zur Umsatzsteuernachschau 01/2008 bis 12/2011) an die belangte Behörde äußerte sich die Beschwerdeführerin betreffend Umsatzsteuer wie folgt:
"1.) Allgemeine Unternehmensentwicklung:
Frau ***BF1*** hat die Tätigkeit des strukturierten Vertriebes von Kosmetik- und Gesundheitsprodukten unter intensiver Mitwirkung ihres Ehegatten begonnen. Die Kontakte und Akquisitionsaktivitäten beider Ehegatten gemeinsam führten bis 2008 zu Umsätzen in Höhe von rd. Euro 35000 pro Jahr.
2.) Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Bücher vom genannten Ehegatten geführt.
3.) Mitte 2009 verstarb der Ehegatte. Die Abwicklung der Verlassenschaft sowie die nunmehrige Alleinerzieherposition hat die Intensität der Verkaufstätigkeit beeinträchtigt, auch konnten die auf den Ehemann zurückzuführenden Kontakte nur eingeschränkt weiterverfolgt werden. Die Umsätze ab 2009 lagen somit deutlich unter den bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Umsätzen.
4.) FRAGE: Wurden jeweils die Provision-Zahlungen von ***Name1*** in der E1a berücksichtigt?
a. ANTWORT: Ja, wurden sachgerecht und vollständig berücksichtigt, Begründung siehe unten.
b. Der Geschäftsgegenstand ist der Vertrieb von Produkten zweier Lieferanten, davon weitaus überwiegend Firma ***Name1***. Das nachstehend für ***Name1*** gesagte, gilt für den anderen Lieferanten analog.
c. Firma ***Name1*** liefert Produkte an Firma ***BF1*** zu einem Listenpreis, zB Euro 100 + 20 % USt. Der Gesamtpreis wird Firma ****BF1**** in Rechnung gestellt, das Eigentum an der Ware geht auf Firma ****BF1**** über.
d. Anschließend stellt Firma ***Name1*** für die gelieferte Ware eine Rabattgutschrift aus. Dadurch reduziert sich der Preis der Ware um 40%, die Gutschrift macht im Beispiel Euro 40,- + 20% USt aus. Diese Gutschrift wird von Firma ***Name1*** als Provision bezeichnet und im Rahmen der Meldung nach §109aEStG gemeldet, was aber eine irreführende Bezeichnung ist. Als Provision wird nach geltender Rechtslage eine Gutschrift (oder Rechnung) nur dann bezeichnet, wenn sie nicht zu einer dem Provisionsempfänger gelieferten Ware gewährt wird, sondern für vermittelte Umsätze, die vom Lieferanten an dritte Abnehmer geliefert und fakturiert wird. Letzteres liegt hier nicht vor.
e. In der Anlage wird die "Provisionsabrechnung vom " und eine Rechnung vom übermittelt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Rechnung für die Ware an Firma ***BF1*** ausgestellt ist. In der Zeile mit dem Gesamtbetrag findet sich ein Wert mit der Bezeichnung "Provisionsbasis", aus welchem hervorgeht, dass diese direkten Einkäufe als Basis für die Provision herangezogen werden. Es gibt keine Geschäfte, die Basis für eine Provision darstellen.
f. Die sogenannten Provisionsabrechnungen stellen daher lediglich rabattierende Rechnungskorrekturen dar und sind daher keine Rechnung im Sinne des §11 (12) oder (14) UStG.
g. Zur Fragestellung, ob die Gutschriften der Rabatte in der Umsatzsteuererklärung Berücksichtigung gefunden haben, wird wie folgt ausgeführt: Der Wareneinkauf wird aus der Summe der gelieferten Waren (zum Wert 100%) minus Rabattgutschriften (40%) minus als Eigenbedarf verwendete Waren. Daher sind die Gutschriften jedenfalls als Einkaufsminderung sowohl in der Umsatzsteuerbetrachtung (aufgrund Kleinunternehmerstatus natürlich ohne betragliche Auswirkung), als auch als verminderter Einkauf in der E1a enthalten.
5.) FRAGE: Wurde jeweils Eigenverbrauch berücksichtigt?
a. ANTWORT: Ja, richtig und vollständig. Begründung:
b. Aufzeichnungen: Firma ****BF1**** führt über sämtliche Einnahmenvorgänge und den Eigenverbrauch detailliert Buch. In der Anlage wird eine beispielhafte Monatsaufzeichnung übermittelt (Februar 2011), sowohl Einnahmenliste, als auch Eigenverbrauch. Für alle Zeiträume liegen diese Aufzeichnungen vor, die Übermittlung kann erfolgen, bitte um Angabe von Stichprobenzeiträumen (die gesamten Bücher sind umfangreich). Der Eigenverbrauch (von dem im Übrigen auch ein Gutteil der sogenannten Provisionen stammt) erreicht rd. ein Drittel der gesamten Einkäufe. Er wird zeitnah, schriftlich und detailliert erfaßt.
6.) FRAGE: inwieweit ist das Verhältnis Wareneinkauf/Warenverkauf plausibel?
a. ANTWORT: Es ist plausibel, Begründung siehe unten:
b. Der Warenverkauf erfolgt höchstens zu jenen Preisen, die als Listenpreise des Lieferanten aufscheinen. Der dem Händler gewährte Rabatt von maximal 40 % wird aber in vielen Fällen an die Kunden teilweise weitergegeben. Die Vertriebsstruktur von ***Name1*** steht jeder Person offen, durch reine Registrierung erhält jeder potentielle Käufer die 40 % Rabatt. Als Kunden werden also nur jene Personen gewonnen, die entweder verschwindend wenig beziehen oder zu bequem sind, sich als Vertriebspartner registrieren zu lassen. Daher ist es üblich, bis zu 30 % als Rabatt weiterzugeben, dies entweder als Direktrabatt, oder in Form von mengenmässigen Zugaben. Eine durchschnittliche Spanne von 10-15 % ist realistisch und entspricht auch den in den Erklärungen enthaltenen Spannen. (2008 bis 2011 zwischen 11 und 30 %)
Mit Bescheiden vom wurden die Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2011 wiederaufgenommen.
In der Begründung zu den einzelnen Wiederaufnahmebescheiden führte das Finanzamt aus:
Anlässlich einer nachträglichen Prüfung Ihrer Erklärungsangaben sind die in der Begründung zum beiliegenden Einkommensteuerbescheid angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO erforderlich machen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das öffentliche Interesse an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit und die steuerlichen Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden.
Im Übrigen wird auf die Feststellungen im neuen Sachbescheid verwiesen.
Anzumerken ist, dass keine "beiliegenden" Einkommensteuerbescheide ergingen.
Mit Bescheiden vom wurde die Umsatzsteuer neu festgesetzt, und zwar
für das Jahr 2008 mit 1.518,50 Euro
für das Jahr 2009 mit 1.311,44 Euro
für das Jahr 2010 mit 1.495,85 Euro
für das Jahr 2011 mit 1.773,10 Euro
Ebenfalls mit Bescheid vom wurde die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 erstmals festgesetzt mit 1.823,04 Euro.
In der Begründung des neuen Umsatzsteuerbescheides 2008 führte das Finanzamt aus:
Die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer war gemäß § 11(12) UStG 1994 vorzuschreiben, weil Sie Kleinunternehmer sind und nicht zur Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes optiert haben.
Laut Werkvertrag (Meldung gemäß EStG § 109a für 2008) beträgt die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer EUR 1.518,40.-.
Eine Rechnungsberichtigung (Berichtigung der Meldung gemäß EStG § 109a) wurde noch nicht veranlasst, daher liegt weiterhin eine Rechnung i.S.d. § 11(12) bzw. (14) vor, die Umsatzsteuer ist daher gemäß § 11(12) UStG in der Erklärung unter der KZ 056 zu erfassen.
Gemäß § 16 UStG - Änderung der Bemessungsgrundlage- gilt für Berichtigungen folgendes: Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so haben
1. Der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten
Betrag, und
2. der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, diesen zu berichtigen.
Eine solche Berichtigung wirkt erst in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die berichtigte Rechnung dem Leistungsempfänger zugegangen ist (ex nunc).
Die Begründung der (neuen) Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 war ident bis auf den Verweis auf die § 109a ESt-Meldung für das entsprechende Jahr.
Mit Beschwerde vom bekämpfte die Beschwerdeführerin die Bescheide über die Wiederaufnahme der Umsatzsteuer für die Jahre 2008 bis 2011 sowie die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2012.
In der Begründung führte die Beschwerdeführerin aus, ihr Geschäftsgegenstand sei der Vertrieb von Produkten zweier Lieferanten, weitaus überwiegend jene der Firma ***Name1***.
Die Firma ***Name1*** liefere an sie Produkte zu einem Listenpreis, zB Euro 100 + 20 % USt. Der Gesamtpreis werde der Beschwerdeführerin in Rechnung gestellt, das Eigentum an der Ware gehe auf sie über. Es handle sich dabei um eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 11 UStG. Aufgrund der Kleinunternehmerregelung finde jedoch beim Rechnungsempfänger kein Vorsteuerabzug statt. Anschließend (einmal monatlich) stelle ***Name1*** für die gelieferte Ware eine Rabattgutschrift aus. Dadurch reduziere sich der Preis der Ware um 40%, die Gutschrift mache im Beispiel Euro 40.- + 20% USt aus.
Diese Rabattierung sei bereits im Vorhinein vereinbart und nicht von Leistungen der Berufungswerberin abhängig. Es handle sich hierbei (ungeachtet der marketingorientierten freien Bezeichnung als Provision) um eine Rabattierung.
Die Rabattierung werde bei allen Produkten vorgenommen, unabhängig davon, ob es sich um weiterveräußerte oder selbst konsumierte Produkte handle. Genauso wie bei einer Lieferung an einen Endverbraucher die Korrektur der Rechnung aufgrund eines gewährten Rabattes keine Steuerpflicht beim Verbraucher auslöse, könne die Korrektur des Preises einer Lieferung auch beim Kleinunternehmer keine Steuerpflicht nach § 11 (12) oder (14) UStG. Auslösen. Die monatliche Fakturierung und Rechnungskorrektur löse somit jedenfalls keine Umsatzsteuerpflicht aus.
Fehlerhafterweise werde die Summe der Jahresgutschriften von ***Name1*** als Provision bezeichnet und im Rahmen der Meldung nach §109a EStG gemeldet. Der bescheiderlassenden Behörde sei im Zeitraum der Überprüfung auch ein Schreiben des Ausstellers der Meldung nach § 109a EStG Übermittelt worden, in welchem die Übermittlung als fehlerhaft bezeichnet würde (Kopie siehe Anlage).
Die Meldung nach § 109a EStG stelle jedoch keinesfalls eine Rechnung oder Gutschrift im Sinne des Umsatzsteuergesetzes dar (kein Leistungsinhalt, kein Datum, kein Leistungszeitraum, keinerlei Rechnungsmerkmale und auch keine Zustellung an den Vertragspartner, sondern an das Finanzamt). Ungeachtet der Frage, ob durch Verfahrensanweisungen seitens der Finanzverwaltung eine Berichtigung der Meldungen gefordert würde, sei die Vorschreibung von Umsatzsteuer gegen die Beschwerdeführerin rechtswidrig.
Als Provision werde eine Gutschrift (oder Rechnung) nur dann bezeichnet, wenn sie nicht zu einer dem Provisionsempfänger gelieferten Ware gewährt werde, sondern für vermittelte Umsätze, die vom Lieferanten an dritte Abnehmer geliefert und fakturiert werde.
Letzteres liege hier nicht vor.
Die Beschwerdeführerin beantragte sämtliche angefochtene Bescheide aufzuheben und hinsichtlich der Bescheide, Umsatzsteuer 2008 bis 2011 den jeweiligen rechtskräftigen Vorbescheid wieder in Wirkung erwachsen zu lassen, des Weiteren den Bescheid über Umsatzsteuer 2012 mit dem bei Erklärungseinreichung beantragten Bescheidergebnis (Kleinunternehmer Zahllast Null) neu zu erlassen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde von gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2008, 2009, 2010 und 2011, alle vom , als unbegründet ab.
In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beispielhaft betreffend die jeweilige Rabattgutschrift ein Beleg beigebracht worden sei. Dieser Beleg sei mit Provisionsabrechnung tituliert und weise eine offensichtlich fortlaufende Nummer (***Nr***) aus. Es seien darauf Name und Anschrift der beiden Geschäftspartner enthalten sowie deren UID-Nummern. Die Provisionsabrechnung enthalte auch ein Ausstellungsdatum, den Zeitraum über den sich die sonstige Leistung erstrecke (hier Abrechnungsmonat: Dezember 2011) und auch die Art und den Umfang der sonstigen Leistung, nämlich der Verkauf (eigentlich damit gemeint die Vermittlung) von Produkten im Namen der Firma ***Name1*** (also für diese Firma, somit der Verkauf von im Angebot dieser Firma befindlichen Waren) im Ausmaße von (hier) 2.279,15 €.
Der Umfang sei aber nicht nur durch das vorgenannte Ausmaß bestimmt, sondern lasse sich auch eindeutig aus dem Wortlaut der Provisionsabrechnung bestimmen - nämlich der Verkauf (eigentlich die Vermittlung) der im jeweiligen Monat (hier Dezember 2011) im Namen der Firma ***Name1*** verkauften Produkte.
In gegenständlicher Causa sei von Gutschriften auszugehen. Auf die Bezeichnung der Abrechnung als Gutschrift komme es bis zum Inkrafttreten des AbgÄG 2012 (BGBI I 112/2012 vom ) für Umsätze ab nicht an.
Die Gutschriften seien seitens der Firma ***Name1*** unbestrittener Weise an die Beschwerdeführerin zugeleitet worden. Der jeweiligen Gutschrift sei nie widersprochen worden. Auf Grund der jahrelangen, monatlich erfolgenden und immer wieder gleichartigen Vorgangsweise sei eindeutig davon auszugehen, dass zwischen leistendem und leistungsempfangendem Unternehmer ein Einverständnis über eine derartige Abrechnung geherrscht habe.
Tatsächlich seien aber, wie sich nunmehr aus den Ausführungen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergeben habe, keine sonstige Leistung, wie in der jeweiligen Provisionsabrechnung genannt, erbracht worden. Es entstünde daher aufgrund dieses Faktums jeweils die Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung im Sinne des § 11 Abs. 14 UStG.
Da durch § 6 Abs. 1 Z 27 UStG nur tatsächliche Umsätze unter die unechte Steuerbefreiung für Kleinunternehmer fallen würden, könne es auch durch den Fall des § 11 Abs. 14 UStG zu einer Steuerschuldentstehung bei einem Kleinunternehmer kommen.
Das Vorliegen von Abrechnungen (in Gutschriftsform) ohne Erbringung einer korrespondierenden Leistung, neu hervorgekommen im Rahmen des behördlichen Ermittlungsverfahrens, stelle eine neue Tatsache dar. Im Hinblick auf das Erfordernis der Rechtsrichtigkeit und die Höhe des diesbezüglichen Steuerbetrages sei ein Ermessen zu Ungunsten der Abgabenpflichtigen zu üben gewesen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde von gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012, alle vom , als unbegründet ab. Die Begründung entsprach jener der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der Wiederaufnahmebescheide.
Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht.
In ihrer Begründung führte die Beschwerdeführerin aus, es sei unstrittig, dass ***Name1*** der Beschwerdeführerin gegenüber mit Rechnungen und Gutschriften abgerechnet habe.
Strittig sei die Frage, ob durch Erstellung der Gutschriften der Tatbestand von Rechnungen im Sinne des § 11 (14) UStG verwirklicht worden sei oder ob von nachträglichen Rabatten zu den Lieferungen mit den Wirkungen von Rechnungsberichtigungen auszugehen sei.
Zu Recht von der Behörde nicht bezweifelter Sachverhalt sei, dass die zugrundeliegende Vereinbarung zwischen ***Name1*** und der Beschwerdeführerin darin bestanden habe und noch bestehe, dass Lieferungen über Produkte der Firma ***Name1*** von ***Name1*** an die
Beschwerdeführerin getätigt worden seien und über diese Lieferungen zum Listenpreis ohne Rabatt Rechnung gelegt worden wären. Die Beschwerdeführerin habe diese Produkte ebenfalls zum Listenpreis an Kunden veräußert oder selbst für den Eigenbedarf verwendet.
Die zugrundeliegende Vereinbarung sehe vor, dass einmal monatlich eine Gutschrift über die Differenz zwischen Listenpreis und dem für die Beschwerdeführerin vorgesehenen rabattierten Einkaufspreis erstellt und der Beschwerdeführerin zugeleitet werde.
In keinem Fall fänden Vermittlungen von Umsätzen an dritte Personen statt, niemals würden Gutschriften an die Beschwerdeführerin erteilt, die Umsätze gegenüber dritten Personen bonifizieren oder provisionieren würden.
Es sei daher darauf hinzuweisen, dass bewusst niemals die Bezeichnung "Provision für Vermittlungen" auf den Gutschriften aufscheine: die belangte Behörde deute hier eigenmächtig den Text ("eigentlich Vermittlung") um.
Die Gutschriften würden mit "Provision für Verkauf, Eigenumsatz" als Bezeichnung versehen. Es sei daher niemals in der Gutschrift eine sonstige Leistung als Vertrags- oder Rechnungsinhalt definiert worden. Es sei nicht abwegig, die Bezeichnung als "Provision" zu verwenden. um dadurch den "Vorteil durch hohe Eigenkonsumation und Weiterverkauf, also Mengenrabatt" zu spezifizieren.
Somit wäre klar erkennbar, dass die Gutschriften ausschließlich Rabattierungen zu gelieferten Waren in dafür gelegten Rechnungen waren und niemals Gutschriften über (nicht erbrachte) Leistungen gelegt worden seien.
Teleologisch sei die Norm des § 11 Abs 14 UStG dafür geschaffen worden, Umsatzsteuermissbrauch entgegenzuwirken und vorsätzlich ausgestellte Scheinrechnungen mit nachteiligen steuerlichen Folgen und einer "Strafwirkung" zu versehen. Im vorliegenden Fall sei über einen klar vereinbarten, legalen, ordnungsgemäßen Rechtsvorgang abgerechnet und dieser auf beiden Selten verbucht worden. Keine Seite habe dadurch dem Sinn des Gesetzes widersprechende Vorteile erzielt. Durch sofortige Rabattierung auf der ursprünglichen Rechnung hätte der gleiche Erfolg in unmissverständlicher Weise erfolgen können. Grund für die andere Vorgangsweise sei lediglich gewesen, der Beschwerdeführerin die einfachere Fakturierung an ihre Kunden zu ermöglichen und nicht eine komplexe Aufschlagskalkulation notwendig zu machen.
Mit Vorlagebericht vom erfolgte die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Da die Gutschriften sämtliche erforderliche Rechnungsmerkmale enthalten würden und diesen trotz langjähriger Übung nicht widersprochen worden sei, liege nach Ansicht der belangte Behörde ein Einverständnis über die gewählte Vorgangsweise vor, obwohl beiden Seiten bewußt gewesen sei, dass dieser als "Provisionsabrechnung" bezeichneten Gutschrift keine Leistung zugrundelag. Die Steuer werde daher kraft Rechnungslegung geschuldet. Die Bezeichnung Provision beinhalte vom Begriff her gesehen ein Entgelt für eine Vermittlung [ Als Provision bezeichne man die Vergütung für die Vermittlung eines Geschäfts, welches zwischen - meist zwei - Geschäftspartnern (zum Beispiel Käufer und Verkäufer; Mieter und Vermieter) geschlossen werde, durch einen Dritten (Vermittler, Makler, Agentur, Handelsvertreter, Vertriebspartner). Dieser Dritte erhalte eine Provision, oft eine Umsatzprovision (= Anteil an der Summe, welche der Käufer dem Verkäufer bezahlt). Die Auszahlung der Provision könne bei Abschluss des Vertrages oder später erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt sei der vermittelte Vertrag zwischen den beiden Vertragspartnern noch nicht erfüllt. Erst wenn der Vertrag erfüllt wäre, sei die Provision komplett verdient. - sh. dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Provision - Abschnitt Gegenwart].Er werde beantragt, der vorgelegten Beschwerde nicht Folge zu leisten. |
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Strittig sind monatliche Gutschriften der ***Name1*** ***Name2*** GmbH an die Beschwerdeführerin, die als "Provisionsabrechnungen" bezeichnet waren.
Unter dieser Überschrift fand sich folgender Text: "Für die von Ihnen im Namen der Firma ***Name1*** verkauften Produkte errechnet sich Ihre Provision aufgrund folgenden Umsatzes".
Darunter wurde unter als "***Name1*** Eigenumsatz" ein bestimmter Betrag ausgewiesen, darauf ein "Satz" von "40%" angewendet, was eine "Provision" ergab.
Anschließend wurde darauf der Normalsteuersatz angewendet:
In diesen Gutschriften wurden folgende Provisionen und Umsatzsteuerbeträge ausgewiesen:
Jahr Provision Umsatzsteuer in Euro
2008 7.592,49 1.518,50
2009 6.557,18 1.311,44
2010 7.479,23 1.495,85
2011 8.865,48 1.773,10
2012 9.115,22 1.823,04
Die ***Name1*** ***Name2*** GmbH erstattete für die Jahre 2008 bis 2012 betreffend die Beschwerdeführerin über diese Zahlungen Meldungen gemäß § 109a EStG, in den die Art der erbrachten Leistungen durch als Privatgeschäftsvermittlung bezeichnet wurde:
Den in den verfahrensgegenständlichen Gutschriften und den angeführten § 109a EStG-Meldungen angeführten "Provisionen" liegen keine von der Beschwerdeführerin an die ***Name1*** ***Name2*** GmbH erbrachten Leistungen zu Grunde.
Die Beschwerdeführerin gab für die Jahre 2008 bis 2011 Umsatzsteuererklärungen ab, die erklärungsgemäß - unter Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung - veranlagt wurden.
In der Folge wurden bei der Beschwerdeführerin ein Vorhalteverfahren und eine Umsatzsteuernachschau für den Zeitraum 1/2008 bis 12/2011 durchgeführt. Im Zuge dieser Nachschau erfolgte eine Unterlagenübermittlung der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde. Im Zuge dieser Unterlagenübermittlung im Jahr 2013 wurden ua auch Musterrechnungen vorgelegt.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten sowie im elektronischen Steuerakt der Beschwerdeführerin eingesehenen Unterlagen, nämlich den Erstbescheiden zur Umsatzsteuer 2008 bis 2011 vom , , , , den Bescheiden über die Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 2008 bis 2011 und den Umsatzsteuerbescheiden 2008 bis 2012 vom , die Beschwerde vom , die Beschwerdevorentscheidung vom , den Vorlageantrag vom , den Vorlagebricht vom , den § 109a EStG-Meldungen der ***Name1*** ***Name2*** GmbH, der Zurückziehung ihrer ursprünglichen § 109a EStG-Meldungen durch die ***Name1*** ***Name2*** GmbH, der Stellungnahme und Unterlagenübermittlung der Beschwerdeführerin zur Umsatzsteuernachschau 01/2008 bis 12/2011 vom , der Provisionsabrechnung ***Nr*** vom , der Eingangsrechnung 11120963 vom , dem Schreiben der ***Name1*** ***Name2*** GmbH.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Wiederaufnahme
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Ziel der Wiederaufnahme des Verfahrens ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis (zB B 2/96; ).
§ 303 ist eine Verfahrensbestimmung. Sie gilt daher ab Inkrafttreten auch für die Wiederaufnahme vor ihrem Inkrafttreten mit Bescheid abgeschlossener Verfahren (Ritz BAO6, § 303, Rz 13)
Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das "Neuhervorkommen" von Tatsachen und Beweismitteln" iSd § 303 Abs. 4 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (zB ).
Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (zB ); also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (zB ; ; ; , ).
Neu hervorkommen können als Beweismittel (§ 166 BAO) etwa Urkunden (§ 168 BAO) und
Aufzeichnungen (zB solche gem § 124 BAO). Privaturkunden sind alle nicht öffentlichen Urkunden, also zB Rechnungen (Ritz BAO6, § 168, Rz 5).
Die Abgabenbehörde hat im angefochtenen Bescheid auf § 303 Abs. 4 BAO und auf das neu Hervorkommen von Tatsachen und Beweismittel verwiesen. Die Ausführungen in der Begründung lassen den Schluss zu, dass das Finanzamt die Wiederaufnahme auf den Neuerungstatbestand (Abs. 1 lit. b leg. cit.) gestützt hat.
Im Beschwerdefall haben die im Zuge der Nachschau neu hervorgekommen Tatsachen und Beweise, insbesondere die vorgelegten Musterrechnungen und die Erläuterungen der Beschwerdeführerin zur Leistungsbeziehung, zu einer Änderung des Spruches der Umsatzsteuerbescheide 2008 bis 2011 geführt. Insbesondere ermöglichte erst die Vorlage der Musterrechnungen eine Beurteilung der Frage, ob es eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung hinsichtlich der Gutschriften entstanden ist.
Hinsichtlich der Ermessensübung hat die belangte Behörde richtiger Weise der Rechtsrichtigkeit, die dem Zweck der Herstellung eines rechtmäßigen Ergebnisses dient, den Vorrang gegeben. Anhaltspunkte, die für einen Vorrang der Rechtsbeständigkeit sprechen würden, sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Auswirkungen sind auch nicht bloß geringfügig, da es sich jeweils um Beträge in der Höhe von jeweils deutlich über 1.000 Euro handelt.
Die Wiederaufnahme der Umsatzsteuer 2008 bis 2011 wurde somit zu Recht durchgeführt, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Umsatzsteuer
Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt oder nicht Unternehmer ist, schuldet gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994 diesen Betrag. Siehe auch Art 203 RL 2006/112/EG, wonach die Mehrwertsteuer wird von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist.
§ 11 Abs. 14 UStG erfasst ua die Legung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis durch Unternehmer, obwohl eine Leistung bzw die in der Rechnung angegebene Leistung nicht ausgeführt wird (Ruppe/Achatz UStG5, § 11 Rz 140 mHa ; ; ).
Dies gilt in gleicher Weise im Falle des Ausweises von in Gutschriften iSd § 11 Abs. 7 UStG 1994. Eine Steuerschuld nach § 11 Abs. 14 UStG 1994 trifft nämlich auch den Empfänger einer Gutschrift, wenn er dem gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag nicht widerspricht (vgl. mHa Ruppe/Achatz, UStG4, § 11 Tz 149, Kollmann/Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 11 Rz 202, sowie Mayr/Ungericht, UStG4, § 11 Anm 25 und 28, mwN).
Der Zweck der Regelung des § 11 Abs. 14 UStG 1994 liegt darin, einem unberechtigten Vorsteuerabzug - eine Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug - vorzubeugen (vgl. mwN).
Im Gegenständlichen Fall liegen Rechnungen iSd § 11 Abs. 1 UStG 1994 vor.
Die Rechnungslegung mit Steuerausweis bildet unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 12 oder 14 UStG 1994 einen eigenen Steuertatbestand. Der Ausweis von Umsatzsteuer, die nicht auf Grund eines Umsatzes geschuldet wird, in einer Rechnung lässt eine Steuerschuld auf Grund der Rechnung entstehen ().
Auch wenn im Einzelfall eine unmittelbare Gefährdung des Steueraufkommens nicht besteht, weil der Rechnungsempfänger (zB) als gemeinnütziger Verein zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt ist, macht dies nach innerstaatlichem Recht eine Rechnungsberichtigung der zu Unrecht in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nicht entbehrlich, um diese Steuer von der Abgabenbehörde erstattet zu bekommen, denn die Steuerschuld kraft Rechnungslegung nach § 11 Abs 14 UStG 1994 stellt nicht darauf ab, ob der Rechnungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, und bleibt auch bei irrtümlicher Rechnungslegung so lange aufrecht, solange der Aussteller die Rechnung nicht berichtigt hat (vgl. Mayr, Umsatzsteuer-Update Juli 2019, SWK 20-21/2019, 873 mHa ). Umso mehr greift also der Tatbestand der Steuerschuld kraft Rechnungslegung, wenn solche Rechnungen - oder wie im Beschwerdefall Gutschriften - gegenüber Unternehmern ausgestellt werden
Der Tatbestand des § 11 Abs. 14 UStG 1994 dient in erster Linie der Verhinderung von Missbräuchen und Schädigungen des Steuergläubigers (vgl. ).
Im gegenständlichen Fall weisen die Gutschriften folgenden Text auf:
"Für die von Ihnen im Namen der Firma ***Name1*** verkauften Produkte errechnet sich Ihre Provision aufgrund folgenden Umsatzes".
Wer im Namen einer anderen Person Produkte verkauft, der tätigt einen Vermittlungsumsatz.
Das Entgelt für einen Vermittlungsumsatz wird im allgemeinen Sprachgebrauch als "Provision" bezeichnet. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat also die belangte Behörde den Text der Gutschriften richtig beurteilt.
In der Folge lautet der Text der Gutschriften "***Name1*** Eigenumsatz" und es wird ein "Umsatz" als Basis, ein Prozentsatz davon als Entgelt sowie abermals der Begriff "Provision" verwendet.
Die Angabe des Begriffs "Eigenumsatz" ist dabei auch nicht geeignet an diesem Ergebnis - nämlich dem eindeutigen Erscheinungsbild einer Entgeltsabrechnung - etwas zu ändern. Ganz im Gegenteil weist gerade die Bezeichnung "***Name1*** Eigenumsatz" auf einen von ***Name1*** selbst getätigten Umsatz hin, der - wie es in der expliziten Leistungsbeschreibung der Gutschriften heißt, von der Beschwerdeführerin durch Verkauf "im Namen der Firma ***Name1***" praktisch ausgeführt, somit vermittelt wurde.
Bei objektiver Betrachtung des Inhalts der verfahrensgegenständlichen Gutschriften wird also in diesen über eine Vermittlungsleistung abgerechnet und dafür Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Dies ergibt sich umso mehr aus dem Umstand, dass auch die Firma ***Name1*** die verfahrensgegenständlichen Gutschriften als Abrechnungen über von der Beschwerdeführerin erbrachte Leistungen in den § 109a EStG-Meldungen behandelt, diese also offensichtlich als Provisionsabrechnungen verstanden hat.
Auch die Beschwerdeführerin selbst bezeichnet in ihrer Stellungnahme vom die Darstellung ("Provision") in den verfahrensgegenständlichen Gutschriften als "irreführend".
Genau diese Irreführung ist es aber, der die Tatbestände des § 11 Abs 12 und 14 EStG entgegenwirken sollen.
Aus der Gestaltung der Gutschriften ergibt sich für einen objektiven Betrachter der Eindruck der Abrechnung über die Provision für die Vermittlung von Waren.
In der Zeile mit dem Gesamtbetrag findet sich ein Wert mit der Bezeichnung "Provisionsbasis", aus welchem hervorgeht, dass diese direkten Einkäufe als Basis für die Provision herangezogen werden. Es gibt keine Geschäfte, die Basis für eine Provision darstellen.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, dass eine Meldung nach § 109a EStG jedoch keinesfalls eine Rechnung oder Gutschrift im Sinne des Umsatzsteuergesetzes darstelle (kein Leistungsinhalt, kein Datum, kein Leistungszeitraum, keinerlei Rechnungsmerkmale und auch keine Zustellung an den Vertragspartner, sondern an das Finanzamt), ist dem beizupflichten.
Allerdings ergibt sich die Steuerschuld gemäß § 11 Abs. 14 UStG im Beschwerdefall aus den verfahrensgegenständlichen Gutschriften, bei denen ist sich um Gutschriften iSd § 11 Abs 7 UStG 1994 handelt.
Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom darauf verweist, dass sich auf Eingangsrechnungen der Hinweis "Provisionsbasis" findet, ändert dies nichts, da sich auf den Gutschriften selbst keinerlei Hinweise auf andere Dokumente, wie zB diese Eingangsrechnungen, finden. Eine Klarstellung bringt diese Rechnung nicht, ganz im Gegenteil schreibt die Beschwerdeführerin selbst: "In der Zeile mit dem Gesamtbetrag findet sich ein Wert mit der Bezeichnung "Provisionsbasis", aus welchem hervorgeht, dass diese direkten Einkäufe als Basis für die Provision herangezogen werden. Es gibt keine Geschäfte, die Basis für eine Provision darstellen." Und - daran ist nochmals zu erinnern - die ***Name1*** ***Name2*** GmbH selbst die Gutschriften als Abrechnungen über Privatgeschäftsvermittlungen verstanden und entsprechend gemäß § 109a EStG auch gemeldet hat.
Gerade solche Gefährdungen des Mehrwertsteuersystems durch Ausstellung von Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis soll aber die Bestimmung des § 11 Abs. 14 UStG ausschließen.
Soweit die Beschwerdeführerin damit argumentiert, dass eine Steuerschuld iSd § 11 Abs 14 UStG ausscheide, weil die abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht wurden, verkennt sie den Regelungsgehalt und Zweck der genannten Norm.
Würde man - mit der Beschwerdeführerin - davon ausgehen, dass § 11 Abs 14 UStG nicht anwendbar sei, wenn zwar Leistungen unrichtiger Weise mit Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt, tatsächlich aber gar keine Leistungen erbracht wurden, verlöre die Bestimmung ihren gesamten Anwendungsbereich und wäre inhaltsleer.
Voraussetzung der Steuerschuld gemäß § 11 Abs 14 UStG ist - hinsichtlich des Leistungstatbestands - gerade die Diskrepanz zwischen der Rechnung bzw Gutschrift und dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt. Diese Diskrepanz ist es, die zur Gefährdung des Steueraufkommens führt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag ist eben gerade nicht "klar erkennbar, dass die Gutschriften ausschließlich Rabattierungen zu gelieferten Waren in dafür gelegten Rechnungen waren und niemals Gutschriften über (nicht erbrachte) Leistungen gelegt worden seien", sondern es ergibt sich objektiv betrachtet vielmehr der gegenteilige Eindruck einer Abrechnung über eine von der Beschwerdeführerin erbrachten Leistung für die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt - also offen ausgewiesen - wird.
Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht nicht missbräuchlich gehandelt zu haben, dann ist dem insoweit zuzustimmen, als sich aus dem Sachverhalt keine Anzeichen für ein missbräuchliches Handeln der Beschwerdeführerin ergeben. Eine Änderung der rechtlichen Beurteilung kann sich daraus aber nicht ergeben. § 11 Abs 14 UStG setzt nämlich kein "missbräuchliches" Verhalten zur Erlangung von ungerechtfertigten Steuervorteilen voraus, sondern erfasst auch Fälle irrtümlicher aber dennoch unberechtigter Rechnungslegung. Dies steht auch im Einklang mit dem Unionsrecht, das in Art 203 MwSt-RL vorsieht, dass die Mehrwertsteuer von jeder Person geschuldet wird, die diese Steuer in einer Rechnung ausweist.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall wurde die Entscheidung auf der Grundlage der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes getroffen, sodass keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, vorliegt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 11 Abs. 7 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 Art. 203 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 11 Abs. 14 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102154.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at