Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 1 BAO - Hervorkommen neuer Tatsachen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch RA Dr. Steiner, Dr. Weber, Mag. Hegenbart, Mag. Steiner GesnbR, Kaiser Franz Ring 13, 2500 Baden, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2012 gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) vom abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) Bf. erklärte für das Jahr 2012 ua. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 8.296,90.
Weiters erklärte der Bf. Einkünfte aus Grundstücksveräußerung (ab ) in Höhe von € 29.853,90, die gem. § 30 Abs. 4 EStG 1988 als Altvermögen (14% des Veräußerungserlöses; § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988) berechnet wurden.
Für das Jahr 2012 fand eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Kammerumlage statt, der Bericht datiert vom .
Folgende - im gegenständlichen Verfahren strittige - steuerliche Feststellungen wurden getroffen:
"Tz. 2 Grundstücksveräußerung 2012
Im Zuge der Bp. wurde festgestellt, dass es sich bei dem veräußerten Grundstück um ein Betriebsgrundstück aus der Landwirtschaft handelt.
Der Abgpfl. ist Hälfteeigentümer des Grundstücks mit der GSt-Nr. xxx aus der EZ xx, KG X. Das gegenständliche Grundstück wurde per an die XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH verkauft. Lt. Auskunft der Marktgemeinde X ist eine Umwidmung in Bauland-, Industriegebiet erfolgt und deshalb wurde ein höherer m²-Preis für die Liegenschaft bezahlt. Wenn eine zeitnahe Umwidmung durchgeführt wird und die Preisbildung bereits auf diesen Umstand abzielt, so ist bei Grundstücken, die vor dem angeschafft wurden, die Bemessungsgrundlage für die Immo-ESt wie folgt zu ermitteln (im Zuge der Schlussbesprechung wurde durch den Steuerberater der Antrag gestellt, den Immobilienverkaufserlös lt. Tarif zu besteuern):
Steuerliche Feststellungen
Grundstücksveräußerung 2012
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Veräußerungspreis | 426.484,28 |
abzügl. 40 % AK pauschal | 170.593,74 |
Bemessungsgrundlage ImmoESt | 255.890,57 |
davon 1/2 Anteil Bf. | 127.945,29 |
Landwirtschaft:
Zeitraum 2012
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Vor Bp | 0,00 |
Nach Bp | 127.945,29 |
Differenz | 127.945,29 |
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Vor Bp | 8.296,90 |
Tz. 2 Grundstücksveräußerung 2012 | 127.945,29 |
Nach Bp | 136.242,19 |
Die in der Niederschrift angeführten Prüfungsfeststellungen wurden ausführlich besprochen. Ein Exemplar der Niederschrift (unterschrieben) wurde vom Bf. übernommen. Die Schlussbesprechung hat am stattgefunden.
Am erging der Einkommensteuerbescheid 2012, mit dem auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung der Immobilienerlös als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 136.242,19 Euro veranlagt wurde.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Der Rechtsvertreter des Bf. stellte mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2012 gemäß § 303 Bundesabgabenordnung (BAO).
Begründend wurde ausgeführt, dass es vorliegendenfalls um die Feststellung der Besteuerung des Veräußerungsgewinnes aus einer Grundstücksveräußerung im Jahre 2012 gehe. Richtigerweise sei von folgenden Fakten auszugehen gewesen:
Der Antragsteller sei aufgrund des Schenkungs- und Übergabsvertrages vom grundbücherliche Eigentümerin des Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ xx Grundbuch zzz X, Eisenstadt, mit dem Grundstück Nr. xxx landw. (Feld/Wiese) im Gesamtausmaß von 37.319 m2 gewesen.
Dieses Grundstück sei bis zum Zeitpunkt der Veräußerung immer landwirtschaftlich genutzt worden und gehörte zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Antragstellers.
Mit Kaufvertrag vom habe der Antragsteller seinen Hälfteanteil gemeinsam mit dem Hälfteanteil seiner Ehegattin an diesem Grundstück an die XX Projekt- und Entwicklungs GmbH mit dem Sitz in X um einen Kaufpreis von € 426.484,28 verkauft, dies habe einen Kaufpreis von € 11,428/m2 ergeben.
Zu diesem Zeitpunkt sei das Grundstück als Grünland gewidmet gewesen und sei auch landwirtschaftlich - wie schon erwähnt - genutzt worden. Bei dem Preis des Grundstückes handle es sich um einen Preis für Grünlandgrundstücke und nicht für Industriebauland. Zu diesem Zeitpunkt sei auch gar nicht sicher und absehbar gewesen, ob es jemals zu einer Umwidmung dieses Grundstückes kommen würde.
Aus diesem Grund sei, sowohl vom vertragserrichtenden Notar Mag. Heinz Manninger in Eisenstadt, wie auch vom Steuerberater des Antragstellers, Dr. Schnabl & Partner OG, nachdem Altvermögen vorgelegen sei (seinerzeitiger Erwerb vor dem ) und weder Umwidmungspläne vorgelegen seien oder ein konkretes Umwidmungsverfahren anhängig gewesen sei, der Rechtsstandpunkt vertreten worden, dass seitens der Verkäufer diese Grundstücksveräußerung mit dem Regelsteuersatz von 3,5 % im Sinne der Bestimmungen des § 30 Einkommensteuergesetz zu versteuern sei.
Diese Rechtsansicht sei zu diesem Zeitpunkt die einzig richtige gewesen, da man weder von den Veräußerern noch von deren rechtlicher und steuerlicher Vertretung hellseherische Fähigkeiten abverlangen habe können, auch natürlich nicht von der Finanzbehörde, dass dieses Grundstück in weiterer Folge, nämlich erst zwei Jahre später, umgewidmet werden würde.
Nach den Bestimmungen des burgenländischen Raumordnungsgesetzes sei der örtliche Raumordnungsplan bei der jeweiligen Gemeinde, in diesem Fall bei der Markgemeinde X, öffentlich einsehbar gewesen und es habe sich zum Zeitpunkt der Abwicklung des Kaufvertrages ergeben, dass eine Grünlandwidmung vorliege und keine Baulandwidmung und auch kein Umwidmungsverfahren anhängig sei.
Aus diesem Grund sei daher der Regelsteuersatz von 3,5 % zur Anwendung gebracht und die diesbezügliche Steuererklärung in diesem Sinne abgegeben worden.
In weiterer Folge sei anlässlich einer Nachschau bzw. Außenprüfung im März 2015 durch das Finanzamt Baden-Mödling ex post festgestellt worden, dass eine Umwidmung des Kaufobjektes in Bauland-Industriegebiet erfolgt sei. Diese Feststellung sei lediglich aufgrund einer telefonischen Auskunft getroffen worden; es sei seitens der Finanzbehörde aber weder in den öffentlich aufliegenden Raumordnungs- und Flächenwidmungsplan Einsicht genommen worden, noch sei eine schriftliche Bestätigung durch die für die Umwidmung zuständigen Behörden (Marktgemeinde X und Amt der Burgenländischen Landesregierung) eingeholt worden.
Weiters habe man sich, ohne dies in irgendeiner Form näher zu begründen, auf den Standpunkt gestellt, dass eine "zeitnahe Umwidmung" durchgeführt worden sei und es sei in weiterer Folge eine "ImmoESt" mit 15 % des Verkaufserlöses festgesetzt worden.
Aufgrund dieser telefonischen Auskunft sei die Finanzbehörde offenbar davon ausgegangen, dass die Umwidmung schon im Jahre 2012 erfolgt sei, bzw. zu diesem Zeitpunkt ein "Umwidmungsverfahren" anhängig gewesen sei, weshalb man von einer "zeitnahen Umwidmung" ausgegangen sei.
Tatsächlich habe sich nunmehr herausgestellt - wie sich aus dem beiliegenden Schreiben der Marktgemeinde X vom ergebe - dass ein Umwidmungsverfahren erst im Jahre 2014 eingeleitet worden sei und dieses mit Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung vom , GZ. LAD/RO.3337-10001-16-2014 abgeschlossen worden sei.
Dies bedeute, dass die telefonische Auskunft, die von der Finanzbehörde im Jahre 2015 eingeholt worden sei, ganz offensichtlich unrichtig gewesen sei, da im Mai 2012 und auch im Jahre 2013 weder ein Umwidmungsverfahren anhängig gewesen sei, noch geschweige denn eine Umwidmung schon erfolgt sei, sondern wie gesagt erst per festgestanden habe.
Die Finanzbehörde sei daher bei ihren Feststellungen zur Frage einer "zeitnahen Umwidmung" von unrichtig gelösten Vorfragen und falschen Fakten ausgegangen, da sie diesbezüglich nicht mit der für ein ordnungsgemäßes rechtsstaatliches Verfahren notwendigen Diligenz und vorgeschriebener umfassender Überprüfungsverpflichtung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes vorgegangen sei, sondern sich mit einer lapidaren telefonischen Auskunft irgendeines Mitarbeiters bei der Marktgemeinde X zufrieden gegeben habe.
Mit Schreiben vom sei zu guter Letzt der Antragsteller vom Finanzamt Baden Mödling verdächtigt worden, eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinstrG wegen des Verkaufes dieses Grundstückes begangen zu haben. Aufgrund dieses Schreibens habe er in weiterer Folge Nachforschungen angestellt und sei aufgrund der Recherchen bei der Marktgemeinde X wie auch beim Amt der Burgenländischen Landesregierung zu der Erkenntnis gekommen, dass zum Zeitpunkt des Verkaufes seines Miteigentumsanteiles im Mai 2012 in keiner Weise irgendein Umwidmungsverfahren anhängig gewesen sei, zu diesem Zeitpunkt auch niemals festgestanden sei, dass umgewidmet werden würde, zumal für die Umwidmung der Flächenwidmung ein mehrheitlicher Gemeinderatsbeschluss, also eines Kollektivorganes, erforderlich sei und darüber hinaus die Bewilligung der Raumordnungsbehörde als Aufsichtsbehörde, nach Anhörung des Raumordnungsbeirates, also der Burgenländischen Landesregierung, vorliegen müsse.
Zum Zeitpunkt des Verkaufes der Miteigentumsanteile im Mai 2012 habe daher niemand, also weder die Verkäufer, die hinkünftigen Käufer, der vertragserrichtende Notar, der Steuerberater der Verkäufer, der Bürgermeister der Marktgemeinde X, die Mitglieder des Gemeinderates der Marktgemeinde X, die zuständigen Beamten der Raumordnungsbehörde beim Amt der Burgenländischen Landesregierung, noch irgendeine Finanzbehörde wissen oder mit Bestimmtheit feststellen können, dass es zu einer Umwidmung des gegenständlichen Kaufobjektes kommen würde.
Aus diesem Grund könne daher auch im Falle einer späteren Umwidmung, wie sie nunmehr feststehe, von keinem "engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung" gesprochen werden, da
- der Abstand von 2 Jahren sicher "keinen engen zeitlichen Zusammenhang" darstelle;
- "kein wirtschaftlicher Zusammenhang" bestehe, da keine parzellierten Grundstücke verkauft worden seien, sondern ein Grundstück aus dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Verkäufer im Ganzen und
- auch der vereinbarte Kaufpreis keinesfalls einen Industriebaulandpreis darstelle, der in Wirklichkeit ein Vielfaches des gegenständlich vereinbarten Kaufpreises ausgemacht hätte.
Die Verkäufer hätten sich anlässlich der Betriebsprüfung auf die ordnungsgemäß durchgeführten Recherchen der Betriebsprüferin verlassen und seien daher der irrtümlichen Meinung gewesen, dass schon im Jahre 2012 die spätere Umwidmung zwar nicht ausgeschlossen aber festgestanden sei, wie dies die Betriebsprüferin so dargelegt habe.
Zusammengefasst ergebe sich sohin, dass die Voraussetzungen für die Einleitung eines Wiederaufnahmeverfahrens vorliegen würden, da die Frist von 3 Monaten ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes noch nicht verstrichen gewesen sei, da der Antragsteller erst nach dem aufgrund des Finanzstrafverfahrens entsprechende Recherchen angestellt und die erforderlichen amtlichen Urkunden beigeschafft habe, was an und für sich Sache der Betriebsprüferin gewesen wäre.
Ein grobes Verschulden der antragstellenden Partei liege nicht vor, da der Neuerungstatbestand erst jetzt aufgrund der angeführten Recherchen evident geworden sei und sich der Antragsteller zu Recht darauf verlassen habe können, dass die Finanzbehörde im Rahmen der Betriebsprüfung ordnungsgemäß ermittelt habe und durfte und habe sich in diesem Sinne auch darauf verlassen dürfen und können.
Aus diesem Grund ergebe sich aber auch, dass die Wiederaufnahme auch von Amts wegen durch die Finanzbehörde verfügt werden müsse, da jedenfalls ein Verschulden der Behörde vorliege, die sich unzulässigerweise auf telefonische Auskünfte hinsichtlich des Zeitpunktes des Umwidmungsverfahrens durch einen Mitarbeiter der Marktgemeinde X verlassen habe.
Es werde daher beantragt,
1. die Bewilligung der Wiederaufnahme durch einen gesonderten Bescheid nach Ergänzung des Beweis- und Ermittlungsverfahrens, insbesondere Klärung des Umstandes, ab wann eine rechtswirksame Umwidmung der Flächenwidmung hinsichtlich des kaufgegenständlichen Grundstückes festgestanden sei und
2. nach Durchführung des Wiederaufnahmeverfahrens die Erlassung eines neuen Sachbescheides, der die aufgetretenen Neuerungstatbestände berücksichtige und aufgrund welchem der Veräußerungserlös anstelle von 15 % lediglich mit 3,5 % - so wie ursprünglich auch richtigerweise auch abgabenrechtlich deklariert - versteuert werde.
Das Finanzamt wies den Antrag gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) vom betreffend Einkommensteuer 2012, mit folgender Begründung ab:
"Der Einkommensteuer-Jahresbescheid 2012 erging am nach Durchführung einer Betriebsprüfung beim Antragsteller. Darin wurde Immobilienertragsteuer aufgrund eines Verkaufes am vorgeschrieben. Die Berechnung erfolgte gem. § 30 Abs. 4 Z 1 EStG, da die Abgabenbehörde davon ausging, dass Altvermögen vorliegt und eine Umwidmung auf Bauland stattgefunden hat. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel erhoben. Am brachte der Antragsteller einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO ein und begründete dies zusammengefasst wie folgt:
Das Grundstück sei zu einem Kaufpreis von ca. € 11,43 pro m2 veräußert worden, dies entspräche dem Preis für Grünland. Es sei zum Zeitpunkt des Verkaufes nicht sicher oder absehbar gewesen, dass eine Umwidmung erfolgen würde. Es sei im Rahmen der Betriebsprüfung keine Einsicht in Raumordnungs- oder Flächenwidmungspläne genommen worden, die Abgabenbehörde sei vielmehr nur von einer lapidaren telefonischen Auskunft irgendeines Mitarbeiters der Gemeinde X ausgegangen. Es habe sich in Folge herausgestellt, dass das Umwidmungsverfahren erst im Jahr 2014 eingeleitet und abgeschlossen wurde, somit im Zeitpunkt des Verkaufes kein Umwidmungsverfahren anhängig war. In weiterer Folge wurde der Antragsteller mit Schreiben vom eines Finanzstrafverfahrens verdächtigt und erst bedingt durch dieses Schreiben habe er Nachforschungen betreffend die Umwidmung angestellt. Es liege somit ein Neuerungstatbestand vor und die Wiederaufnahme des Verfahrens wäre zu bewilligen.
Wiederaufnahme des Verfahrens:
Gem. § 303 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag der Partei wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die neue Tatsache sei im konkreten Fall die Kenntnis der tatsächlich erst im Jahr 2014 erfolgten Umwidmung. Dabei handelt es sich jedoch um keine neu hervorgekommene Tatsache mit Relevanz für die steuerliche Beurteilung des Sachverhaltes. Strittig ist im konkreten Fall ob eine in einem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Umwidmung mit der Veräußerung im Jahr 2012 vorlag. Die Kenntnis, dass die Umwidmung tatsächlich erst 2014 durchgeführt wurde, ändert nichts an der Beurteilung des Zusammenhanges und vermag nicht zu der von § 303 geforderten Änderung des Bescheidspruches führen. Das Faktum der Umwidmung und die zeitliche Durchführung war bereits im Erstbescheid Thema und hätte somit das Vorbringen seitens des Antragstellers bereits im Prüfungsverfahren bzw. innerhalb der Beschwerdefrist erfolgen können. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme liegen daher nicht vor.
Inhaltliche Würdigung:
Unabhängig von den Voraussetzungen für die Wiederaufnahme ist das Vorbringen des Antragstellers auch inhaltlich unbegründet. Die Vorschrift des § 30 Abs 4 Z 1 EStG 1988 wurde mit dem 2. AbgÄG 2014 ab geändert. Der letzte Satz lautet nunmehr sinngemäß: Die Vorschriften betreffend die Umwidmung gelten auch für eine im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehenden Umwidmung, wenn diese innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung erfolgt ist. Diese Änderung erfolge, da sich die Formulierung bis - "in einem engen zeitlichen und wirtschaftlichem Zusammenhang" - aufgrund des unbestimmten Charakters nicht bewährte (siehe EB zum 2. AbgÄG 2014). Es ist somit davon auszugehen, dass, wenn nunmehr der Gesetzgeber sogar einen Zeitraum von 5 Jahren als Beobachtungszeitraum vorsieht, auch nach der alten Regelung ein Zeitraum von ca. 2 Jahren als "enger zeitlicher Zusammenhang" gelten kann.
Der wirtschaftliche Zusammenhang liegt ebenfalls vor. Es wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Abgabenbehörde erhoben, dass bereits in einer Gemeinderatssitzung im Dezember 2013 zumindest über die Umwidmung gesprochen wurde und diese geplant war. Diese Auskunft erhielt die Abgabenbehörde aufgrund telefonischer Nachfrage am beim Gemeindeamt vom Leiter des Gemeindeamtes, Ing. S., somit nicht von "irgendeinem Mitarbeiter". Es wurde über das Telefonat ein Aktenvermerk erstellt. In weiterer Folge wurde am ein schriftliches Auskunftsersuchen an die XX Projekt und EntwicklungsgesmH betreffend die Umwidmung und den gezahlten Kaufpreis gerichtet. Die Antwort erfolgte durch die Marktgemeinde X, in welcher diese mitteilte, dass die Liegenschaft noch nicht umgewidmet wurde, es erfolge jedoch derzeit ein Umwidmungsverfahren, da die XX Projekt- und EntwicklungsgmbH bzw. die Gemeinde eine Erweiterung des Industriegebietes beabsichtige. Der höhere m2-Preis sei deshalb bezahlt worden, da die Liegenschaft für die Erschließung eines Industriegebietes benötigt werden.
Der durchschnittliche Kaufpreis für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in der betroffenen Katastralgemeinde beträgt lt. amtlicher Kaufpreissammlung in den Jahren 2011 - 2013 zwischen € 1,09 und € 3,53 pro m2. Der bezahlte Kaufpreis von über € 11 entspricht daher nicht mehr dem Grünlandpreis und ist durch die bevorstehende Umwidmung, wie in der Beantwortung der Gemeinde ausgeführt, bedingt. Die Besteuerung gemäß § 30 Abs 4 Z 1 EStG 1988 mit pauschalen Anschaffungskosten von 40 % erfolgte somit zu Recht.
Der Antrag auf Wiederaufnahme war somit auch aus inhaltlichen Erwägungen abzuweisen."
Der Bf. erhob mit Schriftsatz vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom , mit dem der Antrag gemäß § 303 Abs. 1 BAO (Wiederaufnahme des Verfahrens) abgewiesen wurde, mit folgender Begründung Beschwerde:
Der Bf. führte gleichlautend wie im Antrag auf Wiederaufnahme gem. § 303 BAO aus und ergänzte wie folgt:
"Weitere zwischenzeitig durchgeführte Recherchen haben ergeben, dass entgegen der
Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid keinerlei "Umwidmungszusage" seitens der hierfür zuständigen Organe der Marktgemeinde X zum Zeitpunkt des Verkaufes vorgelegen sind, also weder vom Bürgermeister, dem Gemeindevorstand geschweige denn seitens des Gemeinderates, welches Kollegialorgan einzig und allein nach der burgenländischen Gemeindeordnung und den burgenländischen Raumordnungsgesetzen für eine Umwidmung zuständig ist.
Es liegt auch kein Gemeinderatsprotokoll vor aus einer Gemeinderatssitzung, die im Dezember 2013 stattgefunden hätte, aus welchem sich nur irgendwelche Anhaltspunkte oder Beschlüsse oder Zusagen für eine Umwidmung ergeben würden.
Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren durch die Abgabenbehörde ist daher nicht nur mangelhaft, sondern hat auch zu einem unrichtigen Ergebnis geführt, da eben anlässlich dieser Gemeinderatssitzung keine Umwidmungszusage abgegeben wurde.
Im Sinne eines vollständigen und fairen Ermittlungsverfahrens wäre es wohl zweckmäßig
gewesen, das diesbezügliche Gemeinderatsprotokoll, welches über den Verlauf dieser
Gemeinderatssitzung einzig und allein Auskunft gibt, anzufordern.
Eine bloß telefonische Auskunft bei einem Mitarbeiter des Gemeindeamtes und ein
diesbezüglicher Aktenvermerk über ein solches geführtes Telefongespräch reicht nicht, es hätte vielmehr das Gemeinderatsprotokoll angefordert werden müssen, damit der Rechtssicherheit, die für ein ordentliches Ermittlungsverfahren erforderlich ist, entsprochen und entsprechende Feststellungen getroffen hätten werden können.
Weiters wäre es im Zuge des Ermittlungsverfahrens erforderlich gewesen, festzustellen, welche Bandbreite an Kaufpreis für Grundstücke erzielt werden, die landwirtschaftlich genutzt werden und solche Grundstücke, die als Industriebauland gehandelt werden. Dabei hätte sich ergeben, dass für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ein Kaufpreis je nach Lage, Bonität und Ertrag eines solchen von € 2,-- bis € 12,-- erzielt wird, während Industriebaugründe mit einem Kaufpreis von € 40,-- bis € 50,--/m2 gehandelt und auch tatsächlich verkauft werden.
Der im gegenständlichen Fall erzielte Kaufpreis von € 11,-- liegt daher im oberen Grenzbereich für landwirtschaftliche Grundstücke und beträchtlich unter jenem für Industriebauland. Dieser Mischkaufpreis alleine ist noch kein Indiz für eine folgende Umwidmung, wenn alle übrigen Indikatoren nicht vorliegen, nämlich keine Umwidmungszusage, wie schon dargelegt wurde, weiters, wie aus der Kaufvertragsurkunde ersichtlich, ausdrücklich ein Grünlandpreis vereinbart wurde und nicht ein Baulandpreis und schließlich auch keine nachträgliche Verbesserung des Grünlandpreises in einen Baulandpreis für den Fall der Umwidmung festgelegt worden ist.
Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass überhaupt kein Anknüpfungspunkt auf einen engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang gegeben ist, wobei natürlich bedauerlicherweise der Gesetzgeber es unterlassen hat, diesen engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang durch entsprechende gesetzliche Fristen zu definieren. Aus diesem Grund kann natürlich aus dem Begriff des engen zeitlich und wirtschaftlichen Zusammenhang eine Frist von 2 oder 5 Jahren konstruiert werden, was aber nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr entscheidend ist, ob bei objektiver Betrachtungsweise für den Verkäufer, den Erwerber und auch für den Vertragserrichter ein solcher enger und wirtschaftlicher Zusammenhang einer unmittelbar nachfolgenden Umwidmung erkennbar war oder nicht.
Wäre sie für den Verkäufer erkennbar gewesen, so wäre ein viel höherer Verkaufspreis
gefordert und auch erzielt worden, da - wie gesagt - Industriebauland mit € 40,-- bis € 50,-- pro m2 abverkauft wird, während im vorliegenden Fall der Verkäufer einen an der Obergrenze angesiedelten Grünlandpreis erhalten hat, zumal auch zu diesem Zeitpunkt Grünland vorlag und daher nur auf dieser Preisbasis verkaufbar war.
Die Finanzbehörde I. Instanz hat in diesem Verfahren übersehen, all diese Umstände zu
überprüfen und sich mit diesen Argumenten auseinander zu setzen, sodass der angefochtene Bescheid nicht nur an einem mangelnden Ermittlungsverfahren leidet, sondern auch an einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung und Anwendung eines falschen Steuertatbestandes.
Die formalrechtlichen Voraussetzungen für den Wiederaufnahmeantrag liegen vor, da der
Neuerungstatbestand erst aufgrund der angeführten Recherchen, die aufgrund eines
Finanzstrafverfahrens, welches eingeleitet wurde, angestellt wurden und der Antragsteller sich zu Recht darauf verlassen konnte, dass die Finanzbehörde im Rahmen der Betriebsprüfung umfassend und ordnungsgemäß ermittelt und zu einer Feststellung des richtigen und tatsächlichen Sachverhaltes gelangt und darauf basierend die rechtlich unrichtige Beurteilung vornimmt. Ein grobes Verschulden des Wiederaufnahmewerbers liegt keinesfalls vor und ergibt sich daher, dass dem Wiederaufnahmeantrag im Sinne der gestellten Anträge Folge zu geben gewesen wäre.
Es ergehen daher nachstehende
A n t r ä g e :
1. Den angefochtenen Bescheid aufzuheben und
2. die beantragte Wiederaufnahme durch einen gesonderten Bescheid zu bewilligen und zwar insbesondere nach Ergänzung des Beweis- und Ermittlungsverfahrens und Klärung des Umstandes, ab wann eine rechtswirksame Umwidmung der Flächenwidmung hinsichtlich des kaufgegenständlichen Grundstückes festgestanden ist" und
3. nach Durchführung des Wiederaufnahmeverfahrens die Erlassung eines neuen
Sachbescheides, der die aufgetretenen Neuerungstatbestände berücksichtigt und
aufgrund welchem der Veräußerungserlös anstelle von 15% lediglich mit 3,5% - so wie
ursprünglich richtigerweise auch abgabenrechtlich deklariert - versteuert wird."
Das Finanzamt wies die Beschwerde vom gegen die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab
und führte aus, dass das Vorbringen in der Beschwerde zum größten Teil inhaltsgleich mit dem Antrag auf Wiederaufnahme vom sei. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom mit ausführlicher Begründung abgewiesen worden. Die Beschwerde enthalte kein für eine abweichende Beurteilung wesentliches neues Vorbringen. Dem ergänzenden Vorbringen betreffend mangelnde Ermittlung durch die Abgabenbehörde sei erneut die Begründung des Vorbescheides entgegenzuhalten, wo das Ermittlungsverfahren der Behörde dargestellt worden sei. Es sei eine mündliche Anfrage bei der Gemeinde X erfolgt, über welche ein Aktenvermerk erstellt worden sei und es sei ein schriftliches Auskunftsersuchen gestellt worden. In der Beantwortung dieses Ersuchens sei auf die bevorstehende Umwidmung verwiesen und auch ausgeführt worden, dass deshalb höhere Preise bezahlt worden seien.
Es liege nach Ansicht der Abgabenbehörde kein Grund für eine Wiederaufnahme vor. Unabhängig davon wäre die Beschwerde auch inhaltlich unbegründet im Sinne der obigen Ausführungen in Zusammenhalt mit der Begründung des Bescheides vom über die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages.
Da kein ausdrücklicher Verzicht auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vorliege, habe diese Beschwerdevorentscheidung zwingend gemäß § 262 BAO zu ergehen gehabt.
Der Bf. stellte - ohne weitere Ausführungen - den Antrag die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt fest:
Der Bf. war auf Grund des Schenkungs- und Übergabevertrages vom grundbücherlicher Eigentümer des Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ xx Grundbuch zzz X, BG, Eisenstadt, mit dem Grundstück Nr. xxx landw. (Feld/Wiese) im Gesamtausmaß von 37.319 m2.
Mit Kaufvertrag vom verkauften der Bf. und seine Gattin ihren jeweiligen Hälfteanteil an die XX Projekt- und Entwicklungs GmbH um einen Kaufpreis von € 426.484,28 somit einen m2 Preis von 11,428 Euro.
Das Grundstück war zum Zeitpunkt der Veräußerung als Grünland gewidmet und wurde landwirtschaftlich genutzt.
Laut Firmenbuchauszug hatte die XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH ihren Sitz in der politischen Gemeinde X, und ihr Geschäftszweig war die "Errichtung eines Bauhofes". Die Geschäftsanschrift war Rathausplatz 1, A X.
Der alleinige Gesellschafter der XX Projekt- und EntwicklungsgmbH war die Marktgemeinde X.
Der Bf. erklärte seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2012 in Höhe von € 8.296,90.
Weiters erklärte der Bf. pauschal ermittelte Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung des oa. Grundstückes in Höhe von € 29.853,90; (30 Abs. 4 EStG Altvermögen) (14% des Veräußerungserlöses; § 30 Abs. 4 Z 2).
Für das Jahr 2012 fand eine Außenprüfung gemäß § 147 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Kammerumlage statt, der Bericht datiert vom .
Auf Grund einer schriftlichen Anfrage der Betriebsprüfung vom an die XX Projekt - und EntwicklungsgesmbH zu dem Ankauf des landwirtschaftlichen Grundstückes führte die Marktgemeinde X, A X, Rathausplatz 1 mit Schreiben vom aus:
"Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom möchten wir Ihnen mitteilen, dass die gegenständliche Liegenschaft nicht umgewidmet wurde. Derzeit erfolgt ein Umwidmungsverfahren in Bau- Industriegebiet, da die XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH bzw. die Gemeinde eine Erweiterung des Industriegebietes beabsichtigt.
Der höhere m2-Preis wurde deshalb bezahlt, da die Liegenschaft für die Erschließung eines Industriegebietes benötigt wird."
Die Burgenländische Landesregierung als Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung des Raumplanungsbeirates die Änderung des Flächenwidmungsplanes mit Bescheid vom in ein Bauland-Industriegebiet genehmigt.
"Gemäß § 19 Abs. 4 in Verbindung mit § 18 Abs. 9 des Bgld. Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969, i.d.g.F., wird die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde X vom , mit der der Digitales Flächenwidmungsplan geändert wird (5. Änderung), genehmigt."
Laut Kaufpreissammlung für die Jahre 2010 -2013 waren Verkaufspreise der Grundstücke in der KG zzz durchschnittlich zwischen 1 Euro und 3,5 Euro pro m2 bezahlt worden.
Das gegenständliche Grundstück KG zzz, Gst.Nr. xxx, im Gesamtausmaß von 37.319 m2 hat der Bf., der Hälfteeigentümer, um einen Verkaufspreis von 11,42 pro m2 an die XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH, deren Alleingesellschafter die Gemeinde X war, verkauft.
Die für das Jahr 2012 erfolgte Betriebsprüfung berechnete die Bemessungsgrundlage für die ImmoESt betreffend die Grundstückveräußerung, in dem der oa. Veräußerungspreis von € 426.484,28 abzüglich 40% AK in Höhe von € 170.393,74 pauschal abgezogen wurde, in Höhe von € 255.890,57 davon der 1/2 Anteil des Bf. .
Begründend zu der Berechnung der Grundstückveräußerung 2012 wurde in Tz 2 des Betriebsprüfungsberichtes - wie auch bereits eingangs - ausgeführt, dass eine zeitnahe Umwidmung von Grünland in Bauland der Berechnung zu Grunde gelegt wurde.
Der Bf. hat den Ausführungen der Betriebsprüfung im Bericht vom , Tz 2, Grundstücksveräußerung 2012, dass nach Auskunft der Marktgemeinde X eine Umwidmung in Bauland- Industriegebiet erfolgt ist und deshalb bereits 2012 ein höherer m2-Preis für die Liegenschaft bezahlt wurde, nichts entgegengebracht.
Eine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurde vom Bf. nicht eingebracht.
Am stellte der Bf. dann den Antrag gem. § 303 BAO auf die Bewilligung der Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2012 durch einen gesonderten Bescheid nach Ergänzung des Beweis- und Ermittlungsverfahrens und insbesondere nach Klärung des Umstandes, ab wann eine rechtswirksame Umwidmung der Flächenwidmung hinsichtlich des kaufgegenständlichen Grundstückes festgestanden sei.
Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde vom Finanzamt mit dem im gegenständlichen Verfahren strittigen Bescheid abgewiesen.
Der festgestellte Sachverhalt ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:
Gesetzliche Bestimmungen und rechtliche Würdigung:
Wiederaufnahme des Verfahrens
(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs 1), auf die der Antrag gestützt wird.
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.
Zu "den neuen Tatsachen" führt Ritz , BAO6, § 303 Tz.21ff wie folgt aus:
Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (zB ; , 95/14/0094); also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis (als vom Bescheid zum Ausdruck gebracht) geführt hätten, etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften (zB ; , 95/14/0094; , 2006/13/0107; , 2010/15/0064).
Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (z.B. ; , 2006/15/0006; , 2009/15/0135; ,2011/15/0157).
Die Wiederaufnahme auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen; sie dient aber nicht dazu, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen (). Wiederaufnahmegründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmegründe (zB ; ) (Ritz, BAO6, § 303 Tz 30).
Zu prüfen ist daher, ob nach dem im gegenständlichen Beschwerdefall zur Anwendung kommenden Tatbestand Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind.
Gemäß § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, bei der die Abgabenbehörde offenkundig sind und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.
Gemäß Abs. 2 hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabeverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt ( zB ; , 2006/15/0301; , 20011/16/0011; , 2009/17/0132).
(Ritz, BAO6, § 167 Tz 7f)
§ 30 Abs 4 EStG 1988 idF BGBl. I 22/2012 (1. Stabilitätsgesetz 2012 ab ) lautet:
"Soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:
1. Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40 % des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung.
2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86 % des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten."
(Gem. 2. AbgÄG 2014, BGBl I 2014/105 gilt dies auch ab für einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehenden Umwidmung, wenn diese innerhalb von 5 Jahren nach der Veräußerung erfolgt ist, sowie für eine Kaufpreiserhöhung auf Grund späterer Umwidmung.)
Unstrittig im gegenständlichen Fall ist, dass der Bf. das Grundstück EZ xx KG zzz X Grundstück Nr. xxx im Jahr 2012 mit dem Kaufvertrag vom um den Kaufpreis von 426.484,28 Euro, somit 11,428 m2 an die XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH verkauft hat und dass zu diesem Zeitpunkt das Grundstück als Grünland gewidmet gewesen ist und auch landwirtschaftlich genutzt wurde.
Laut Wiederaufnahmeantrag des Bf. habe es sich daher bei dem Kaufpreis um einen Preis für ein Grünlandgrundstück und nicht für ein Industriebauland gehandelt.
Im Firmenbuch war der Geschäftszweig des Käufers, der XX Projekt- und EntwicklungsgmbH, als "Errichtung eines Bauhofes" vermerkt.
Der alleinige Gesellschafter der XX Projekt- und EntwicklungsgmbH war die Marktgemeinde X.
Der Bf. hat im Zuge der Betriebsprüfung den Ausführungen der Betriebsprüfung im Bericht vom , Tz 2 Grundstücksveräußerung 2012, dass nach Auskunft der Marktgemeinde X eine Umwidmung in Bauland- Industriegebiet erfolgt ist und deshalb ein höherer m2-Preis für die Liegenschaft bezahlt hat, nicht widersprochen.
In der schriftlicher Auskunft vom hat die Marktgemeinde X dem Finanzamt mitgeteilt, dass derzeit ein Umwidmungsverfahren in Bauland und Industriegebiet erfolge, da die XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH bzw. die Gemeinde eine Erweiterung des Industriegebiet beabsichtige.
Der höhere m2-Preis sei laut Auskunft deshalb bezahlt worden, da die Liegenschaft für die Erschließung eines Industriegebietes benötigt werde.
Die Marktgemeinde X hat dann mit Schreiben vom die vom Gemeinderat am beschlossene 5. Änderung des digitalen Flächenwidmungsplan gemäß § 18 Abs. 5 des Burgenländischen Raumplanungsgesetz der Landesregierung zur Genehmigung vorgelegt.
Die Burgenländische Landesregierung als Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung des Raumplanungsbeirates die Änderung des Flächenwidmungsplane mit Bescheid vom genehmigt.
Laut Ausführungen in der Beschwerde hätten sich der Verkäufer, der Bf., anlässlich der Betriebsprüfung auf die ordnungsgemäß durchgeführten Recherchen der Betriebsprüferin verlassen und sei daher der irrtümlichen Meinung gewesen, dass schon im Jahre 2012 die spätere Umwidmung zwar nicht abgeschlossen gewesen aber festgestanden sei.
Aber auch wenn diese spätere Umwidmung festgestanden habe, könne nicht von einem engen zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung gesprochen werden.
Der Bf erblickt in der nunmehrigen Kenntnis der tatsächlich erst im Jahr 2014 erfolgten Umwidmung daher eine neu hervorgekommene Tatsache.
Vom Bundesfinanzgericht ist diesen Ausführungen entgegenzuhalten, dass laut der Kaufpreissammlung betreffend die KG zzz in den Jahren 2010 bis 2013 für Grünland ein m2 -Preise für Grundstücksveräußerungen von durchschnittlich 1-3,5 Euro erzielt wurde.
Der Käufer des streitgegenständlichen Grundstückes, die XX Projekt- und EntwicklungsgmbH, hat für das Grundstück des Bf. jedoch 11,428/ m2 bezahlt.
Die Geschäftstätigkeit (laut Firmenbuch) der XX Projekt- und EntwicklungsgmbH, nämlich die Errichtung eines Bauhofes, lässt weiters darauf schließen, dass das gegenständliche Unternehmen ein Grundstück erwerben wollte, auf welchem ein Bau- bzw. Industriegebiet entwickelt werden sollte.
Das Grundstück wurde zwar - wie im Antrag auf Wiederaufnahme angeführt - zum Zeitpunkt des Kaufvertrages landwirtschaftlich genutzt und war als Grünland gewidmet, doch ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar, warum der Käufer, die XX Projekt- und EntwicklungsgmbH, deren Geschäftszweig laut Firmenbuch die Errichtung eines Bauhofes war, so viel mehr bezahlt hat, als in dem Zeitraum 2010 bis 2013 für andere Grundstück der gleichen KG zzz durchschnittlich bezahlt wurde.
Dass diese GmbH als Käufer und Unternehmer der oa. Branche einen Kaufpreis der im Vergleich zu den anderen Grundstücken weit höher lag, bezahlt hat, ohne von der geplanten Umwidmung zu wissen, entspricht nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens.
Auch dass laut Firmenbuch der 100%ige Eigentümer der Projektgesellschaft die Gemeinde X war, die laut Bescheid des Landesamtes - Raumordnung und Wohnbauförderung den Antrag betreffend die Flächenumwidmung eingebracht hat, spricht für das Wissen um die Umwidmungspläne.
Der höhere Grundstückspreis ist nach Ansicht des Bundesfinanzgericht von der wirtschaftlichen Tätigkeit und der Nähe des Käufers zu der Gemeinde, die den Antrag auf Umwidmung eingebracht hat, ableitbar.
Nach Auskunft der Gemeinde war zwar zu der Zeit des Verkaufes des Grundstückes der Grund noch nicht umgewidmet gewesen, allerdings war bereits die EntwicklungsGmbH mit Plänen der Erweiterung eines Industriegebietes an die Gemeinde herangetreten.
Diese Feststellungen sind dem Bf. im Zuge der Betriebsprüfungsverfahren vorgehalten worden, ein Widerspruch des Bf. erfolgte nicht.
Die Ausführungen, der Bf. habe sich auf die Recherchen der Betriebsprüfung verlassen, wird entgegengehalten, dass der Bf. der Verkäufer des Grundstückes war und den Kaufpreis des Grundstückes mit der XX Projekt- und EntwicklungsgesmbH als Käufer 2012 ausgehandelt hat, was auch der Vorgangsweise im allgemeinen Wirtschaftsleben entspricht.
Das Bundesfinanzgericht kann weiter auf Grund der festgestellten Tatsachen, dass der Käufer eine Errichtungsgesellschaft für einen Bauhof war, deren Alleineigentümer die Gemeinde war, den Ausführungen des Bf., dass diesem erst 3 Jahre später auf Grund von Recherchen der Betriebsprüfung bekannt wurde, dass es zu einer nicht zu voraussehbaren Umwidmung gekommen ist und er einen viel höheren Preis erzielen hätte können, nichts abgewinnen.
Dass der Verkäufer, wenn er von der Umwidmung gewusst hätte, einen höheren Verkaufspreis gefordert hätte, ist eine spekulative Annahme.
Ein höherer möglicher Verkaufspreis - wie im Antrag ausgeführt - sei Verhandlungssache von den beiden Parteien gewesen.
Auch, dass der Käufer, eine Gesellschaft deren Betriebszweck, die Errichtung eines Bauhofes war, im Vergleich zu den anderen Grundstücken einen sehr hohen Grundstückspreis bezahlt hat, erscheint - wie bereits vorstehend ausgeführt - dem Bundesfinanzgericht nicht schlüssig.
Warum die die XX Projekt - und EntwicklungsgembH der Marktgemeinde X dem Bf. den hohe Preis für das Grünland bezahlt hat, wird auch vom Bf. nicht erläutert.
Den Ausführungen in der Beschwerde, dass keine schriftliche Bestätigung von den für die Umwidmung zuständigen Behörden (Marktgemeinde X und Amt der Burgenländischen Landesregierung) eingeholt worden sei, wird - wie bereits ausgeführt - die schriftliche Auskunft der Marktgemeinde X vom entgegengehalten, in der dem Finanzamt mitgeteilt wurde, dass der höhere m2-Preis deshalb bezahlt worden sei, da die Liegenschaft für die Erschließung eines Industriegebietes benötigt wurde.
Diese schriftliche Auskunft der Marktgemeinde X lässt ganz eindeutig auf die angestrebte Umwidmung schließen und begründet damit auch den höhere m2-Preis.
Das Bundesfinanzgericht kommt daher zu dem Schluss, dass der höhere Preis im Zusammenhang mit einer geplanten Umwidmung bezahlt worden ist.
Das Wiederaufnahmeverfahren hat nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei im Verwaltungsverfahren zu sanieren, sondern es soll die Möglichkeit bieten, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen (Fischerlehner, Abgabenverfahren² (2016), § 303 Anm 6).
Der Bf. hat gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 kein Rechtsmittel eingebracht. Ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem hohen Verkaufspreis und der späteren Umwidmung war nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes bereits im Zeitpunkt des Verkaufes gegeben.
Der Antrag auf Wiederaufnahme war abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht orientiert sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der einheitlichen Judikatur, darüber hinaus hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachfragen ab.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher unzulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 167 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100546.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at