Bestandvertragsgebühr: Kündigungsverzicht und bestimmte Vertragsdauer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter MMag. Gerald Erwin Ehgartner in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, vertreten durch SILA Wirtschaftstreuhand Gesellschaft m.b.H., Faberstraße 20-22, 5020 Salzburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2019, Erfassungsnummer ***, zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde die Bestandvertragsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG für den am abgeschlossenen Mietvertrag zwischen der Beschwerdeführerin (***BF***) als Vermieterin und der ***X-GmbH*** als Mieterin mit EUR 75.441,06 festgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die am bei der belangten Behörde eingelangte Anmeldung über die Selbstberechnung unrichtig sei (die Beschwerdeführerin legte dabei der Bemessung der 1%-igen Bestandvertragsgebühr den 3-fachen Jahreswert iHv EUR 1.077.729,48 zugrunde und gelangte derart zu einer Gebühr iHv EUR 10.777,29) und schrieb eine Nachforderung iHv EUR 64.663,77 vor.
Die belangte Behörde ging dabei von einer bestimmten Vertragsdauer von 20 Jahren und danach von einem Fortbestand des Vertrages auf unbestimmte Dauer aus und begründete dies damit, dass der Vertrag zwar auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden sei, jedoch die Mieterin für die Dauer von 20 Jahren auf die Kündigung des Mietvertrags verzichtete und auf Seiten der Vermieterin nur eingeschränkte Kündigungsmöglichkeiten, welche nicht in ihrer Verantwortung lägen, bestünden. Aus diesem Grund sei für diesen Zeitraum (20 Jahre) die Gebühr nach Maßgabe der bestimmten Dauer zu berechnen (im beschwerdegegenständlichen Fall also mit dem maximal anzuwendenden 18-fachen Jahreswert). Darüber hinaus gelte der Vertrag weiterhin als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, weshalb für den nachfolgenden Zeitraum die Gebühr vom 3-fachen des Jahreswertes zu berechnen sei.
Demgemäß legte die belangte Behörde der Gebührenbemessung den 21-fachen Jahreswert - insgesamt sohin EUR 7.544.106,36 - zugrunde.
Mit Beschwerde vom wurde der Gebührenbescheid von der Beschwerdeführerin angefochten. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass es sich beim gegenständlichen Mietvertrag um einen auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Bestandvertrag handle, wobei die Mieterin unwiderruflich für einen Zeitraum von 20 Jahren auf die Kündigung des Vertrages verzichtet habe. Die Vermieterin sei berechtigt, den Vertrag aus den im Punkt 4.3. des Vertrages angeführten Kündigungsgründen (diese würden sämtliche Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG enthalten, die einen Bezug auf gewerbliche Bestandflächen haben) aufzulösen. Zudem seien weitere wichtige Gründe angeführt worden, die über jene des § 30 Abs 2 MRG hinausgehen würden (die Vornahme baulicher Veränderungen ohne Zustimmung der Vermieterin, der Verstoß der Mieterin gegen behördliche Auflagen oder gesetzliche Bestimmungen das Bestandsobjekt betreffend und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Mieterin).
Die gegenständliche Gebührenberechnung stehe im Widerspruch zur ständigen Judikatur des VwGH. Im Mietvertrag seien die für gewerbliche Mietverträge maßgebenden Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG und zusätzliche weitere Gründe vereinbart worden. Die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG stelle keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten dar, weshalb in einem solchen Fall ein Vertrag auf unbestimmte Dauer anzunehmen sei.
Weiter führte die Beschwerdeführerin aus, dass die belangte Behörde durch eine fragwürdige Auslegungskonstruktion mit Wahrscheinlichkeitsabschätzung den Mietvertrag so ausgelegt hätte, als wären zwei Rechtsgeschäfte (ein Mietvertrag auf bestimmte Dauer von 20 Jahren und danach ein weiterer Mietvertrag auf unbestimmte Dauer) abgeschlossen worden und hat die Gebührenhöhe mit dem 21-fachen Jahreswert bestimmt. Der Bestandvertrag sei jedoch entweder als ein solcher auf unbestimmte oder als ein solcher auf bestimmte Dauer zu deuten. Beim Abschluss eines Bestandvertrages handle es sich um nur ein Rechtsgeschäft - ein Mietvertrag auf unbestimmte Dauer -, das grundsätzlich nur einmal zu vergebühren sei.
Auch hegt die Beschwerdeführerin verfassungsrechtliche Bedenken, da eine systemwidrige und unsachliche gebührenrechtliche Differenzierung zwischen Mietverträgen mit Kündigungsverzicht nach ABGB und jenen nach MRG vorliege. Zudem liege in verfassungsrechtlicher Hinsicht eine unsachliche Differenzierung zwischen Wohnungsmietverträgen und Gewerbemietverträgen und somit ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B-VG) vor, da seit der Novelle des GebG 1957, BGBl I 147/2017 die Gebührenpflicht für Verträge über die Miete von Wohnräumen beseitigt worden sei. Es sei kein sachlicher Grund zu sehen, weshalb neue Wohnungsmieter anders behandelt werden sollen, als neue gewerbliche Mieter.
Auch das Äquivalenzprinzip werde verletzt, da ein wesentliches Merkmal für eine Gebühr sei, dass diese für einen Gegenleistung (tatsächliche Inanspruchnahme einer Leistung) festgesetzt werden könne; bei Abschlüssen von Mietverträgen erfolge jedoch keine staatliche Gegenleistung.
Ebenso werde das Eigentumsrecht wegen überschießender Rechtsfolgen verletzt, da die Mietvertragsgebühr kein adäquates Mittel und der vom Staat damit verfolgte Zweck (Gebühreneinnahme ohne Gegenleistung) illegitim sei. Dies führe zu einer überschießenden Rechtsfolge, nämlich zu einer Bezahlung einer Gebühr ohne verfassungskonforme Rechtsgrundlage.
Ferner sei die Bestimmung des § 33 TP 5 GebG verfassungswidrig und daher dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung und Aufhebung vorzulegen.
Von Seiten der belangten Behörde wurde mit eine abweisende Beschwerdevorentscheidung erlassen. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH das Unterscheidungsmerkmal zwischen Bestandsverträgen mit bestimmter und solchen mit unbestimmter Dauer darin liege, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als einen auf bestimmte Zeit abgeschlossen, nach dem letzten Satz des § 33 TP 5 Abs 3 GebG nicht im Wege stehe.
Den Vertragsparteien stehe es iSd Vertragsautonomie frei, den Inhalt des MRG oder Teile davon zum Vertragsinhalt zu machen. Maßgeblich für die Annahme einer unbestimmten Vertragsdauer sei unter anderem, dass keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten vorliege, was laut Rechtsprechung des VwGH etwa bei Vereinbarung aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG gegeben sei.
Im gegenständlichen Fall seien nur teilweise die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG sowie die Vornahme baulicher Veränderungen ohne Zustimmung der Vermieterin, der Verstoß der Mieterin gegen Bestimmungen des Vertrages, behördliche Auflagen oder gesetzliche Bestimmungen das Bestandobjekt betreffend und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Mieterin als Kündigungsgründe fixiert worden.
Die vereinbarten Kündigungsgründe würden allesamt ein Fehlverhalten der Bestandnehmerin voraussetzen, weshalb die der Bestandgeberin zur Verfügung stehenden Kündigungsrechte nicht derart umfassend seien, dass von einem auf Abschluss eines unbefristeten Bestandverhältnisses gerichteten Vertragswillen auszugehen sei.
Mit brachte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
1. Feststellungen und Beweiswürdigung
Mit gegenständlichem Bestandvertrag, abgeschlossen am , werden von der Beschwerdeführerin als Vermieterin Räumlichkeiten zum Betrieb eines Hotels an die ***X-GmbH*** als Mieterin vermietet. Das Mietverhältnis begann am .
Der zugrundeliegende, gebührenrechtlich relevante monatliche Gesamtmietzins beträgt EUR 29.936,93 (inklusive Akontobetrag für Betriebskosten, Heizkosten sowie USt). Die Bestandsmiete ergibt sich aus dem vorliegenden Mietvertrag.
Kündigungsverzicht durch die Mieterin
Unter Punkt 4.1. des Mietvertrages findet sich eine unbestimmte Vertragsdauer sowie ein unwiderruflicher Kündigungsverzicht der Mieterin für den Zeitraum von 20 Jahren ab Übergabe des Bestandobjekts (auch im Verhältnis zu einem Investor als Rechtsnachfolger) vereinbart.
Kündigungsrechte durch die Beschwerdeführerin als Vermieterin
Der Beschwerdeführerin wurde vertraglich das Recht eingeräumt, das Bestandverhältnis aus den in Punkt 4.3. aufgezählten wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung ohne Einhaltung einer Frist aufzulösen.
Bei den unter Punkt 4.3. des Mietvertrages demonstrativ aufgezählten Kündigungsgründen handelt es sich (vereinfacht) um folgende:
Verletzung der finanziellen Verpflichtungen innerhalb von 2 Wochen nach Fälligkeit trotz eingeschriebener, schriftlicher Mahnung
Erheblich nachteiliger Gebrauch des Mietgegenstandes trotz schriftlicher Mahnung
Vornahme baulicher Veränderungen durch die Mieterin ohne Zustimmung der Vermieterin und kein Rückbau trotz Mahnung
Verstoß in erheblicher Weise gegen Bestimmungen des Mietvertrages trotz Mahnung
Nichteinhaltung behördlicher Auflagen oder gesetzlicher Bestimmungen trotz Mahnung, soweit sich diese auf das Bestandobjekt oder dessen Nutzung beziehen
Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Mieterin (bzw keine Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens)
Von Seiten des Bundesfinanzgerichts wird diesbezüglich in Erwägung gezogen, dass es sich bei den Kündigungsgründen der Verletzung der finanziellen Verpflichtungen, des erheblich nachteiligen Gebrauchs des Mietgegenstandes, der Vornahme baulicher Veränderungen durch die Mieterin, des Verstoßes gegen Bestimmungen des Mietvertrages und der Nichteinhaltung behördlicher Auflagen oder gesetzlicher Bestimmungen um Umstände der Verletzung von Vertragspflichten trotz Mahnung oder Fristsetzung handelt. Diese Gründe setzen ein grobes Fehlverhalten des anderen Vertragspartners, konkret der Mieterin, voraus und können derart von der Beschwerdeführerin nicht nach Belieben ausgeübt werden. Die Beschwerdeführerin als Vermieterin kann diese Kündigungsgründe nicht bloß aufgrund eigener freier Entscheidung ins Treffen führen.
In Bedacht zu ziehen ist darüber hinaus der Umstand, dass die Beschwerdeführerin als Vermieterin im Fall der Verletzung von Vertragspflichten ohnehin nur dann zur Kündigung berechtigt ist, wenn nach erfolgter Mahnung oder Setzung einer angemessenen Frist der Kündigungsgrund von der Mieterin nicht vollständig beseitigt wird. Der Umstand, dass eine diesbezüglich mögliche Kündigung jedenfalls von einem groben Fehlverhalten der Mieterin abhängt, findet dadurch noch eine weitere Bekräftigung. Handelt die Mieterin vertragskonform bzw beseitigt sie nach Aufforderung durch die Beschwerdeführerin einen vorliegenden Kündigungsgrund, so kommt der Beschwerdeführerin keine Möglichkeit zu, das Mietverhältnis durch diese Gründe aufzukündigen.
Der vertraglich vereinbarte Kündigungsgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Mieterin betrifft nicht unmittelbar (nur) das gegenständliche Mietverhältnis, sondern (insbesondere) das Verhalten gegenüber Dritten. Es geht dabei somit nicht unbedingt um ein im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis stehendes Verhalten bzw handelt es sich dabei teils überhaupt um einen nicht in der Disposition der Mieterin liegenden Umstand. Zwar kann in der allgemeinen wirtschaftlichen Praxis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit durchaus der Fall eintreten, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird; die Realisierung einer dadurch vorzeitig eintretenden Vertragsauflösung ist jedoch bei Gesamtbetrachtung und Gewichtung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe als eher unwahrscheinlich zu qualifizieren und führt für sich allein noch nicht zu der Annahme, dass ein derart ausgeprägtes Maß an Ungewissheit hinsichtlich der Vertragsdauer vorliegt, um den Vertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen zu qualifizieren.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass eine vorzeitige Kündigung des Mietvertrages durch die Beschwerdeführerin bloß äußerst eingeschränkt möglich ist, da sämtliche, dem Vertragswortlaut nach vorliegenden Kündigungsgründe faktisch dem Einfluss der Beschwerdeführerin entzogen sind.
Es ist somit von einer grundsätzlich vorliegenden Unwahrscheinlichkeit der Auflösung des gegenständlichen Mietvertrages innerhalb des Zeitraums des vereinbarten Kündigungsverzichtes von 20 Jahren auszugehen.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1 Zu Spruchpunkt I. (Beschwerdeabweisung)
Gemäß § 33 TP 5 Abs 1 Z 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG ) unterliegen Bestandverträge im Allgemeinen einer Gebühr nach dem Wert in Höhe von einem Prozent. Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen gemäß § 33 TP 5 Abs 2 GebG auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.
Nach § 33 TP 5 Abs 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.
Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Sofern die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, kann gemäß § 201 Abs 1 der Bundesabgabenordnung (BAO ) nach Maßgabe des Abs 2 und muss nach Maßgabe des Abs 3 eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Zum vereinbarten Kündigungsverzicht
Im gegenständlichen Fall haben die Vertragsparteien der Bezeichnung nach ein unbefristetes Mietverhältnis vereinbart. Entsprechend obiger Feststellungen verzichtet die Mieterin jedoch vertraglich für einen Zeitraum von 20 Jahren ab dem Übergabestichtag auf die ordentliche Kündigung des Vertrages. Die Beschwerdeführerin als Vermieterin kann entsprechend der in den obigen Feststellungen dargestellten vertraglichen Vereinbarung den Vertrag (bloß) aus den unter Punkt 4.3. angeführten Kündigungsgründen mit sofortiger Wirkung aufkündigen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage, ob gebührenrechtlich ein Vertrag auf bestimmte oder unbestimmte Dauer vorliegt, nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages, sondern der gesamte Vertragsinhalt maßgebend (vgl etwa ). Letztendlich ist entscheidend, ob die Vertragsparteien nach dem erklärten Vertragswillen für eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen, bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, steht der Beurteilung des Vertrages auf bestimmte Zeit abgeschlossen nicht im Wege (vgl ).
Ein seinem Wortlaut nach auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist somit gebührenrechtlich als ein auf bestimmte Dauer abgeschlossener Vertrag anzusehen, wenn sich aus seinem Inhalt ergibt, dass das Vertragsverhältnis für einen gewissen Zeitraum entweder von keinem der Vertragspartner einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (vgl ; , 98/16/0176).
Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne, im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden zu beantworten ist (vgl ; , 91/15/0040).
Beschwerdegegenständlich sind dem Vertragswortlaut nach sechs im Vertrag angeführte Kündigungsgründe vereinbart worden, die unter anderem jene Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG enthalten, die einen Bezug auf gewerbliche Bestandflächen aufweisen. Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann derart eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser Gründe zum Ergebnis führen, dass von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen ist (vgl ; , Ra 2019/16/0182).
Die meisten der gegenständlich vereinbarten Kündigungsgründe setzen entsprechend der obigen Feststellungen ein grobes Fehlverhalten der Mieterin voraus (Verletzung der finanziellen Verpflichtungen, erheblich nachteiliger Gebrauch, bauliche Veränderungen, Verstoß gegen Bestimmungen des Mietvertrages, Nichteinhaltung behördlicher Auflagen oder gesetzlicher Bestimmungen). In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass diese Kündigungsgründe jeglichem Einfluss der Beschwerdeführerin als Vermieterin entzogen sind. Sie können von der Beschwerdeführerin nicht aufgrund eigener freier Entscheidung ins Treffen geführt werden. Handelt die Mieterin vertragskonform bzw beseitigt sie nach Aufforderung der Beschwerdeführerin einen vorliegenden Kündigungsgrund, so steht die Kündigungsmöglichkeit nicht zu. Mangels Möglichkeit einer Vertragsauflösung aufgrund freier Entscheidung, können somit auch diese Gründe gegenständlich nicht weiter in Betracht gezogen werden (vgl ).
Hingegen kann faktisch bloß einer der nach Punkt 4.3. des Bestandvertrages vereinbarten Gründe (die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Mieterin), die kein Fehlverhalten der Mieterin voraussetzen (zumindest kein Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Bestandverhältnis), entsprechend der obigen Feststellungen beim gegenständlichen Bestandverhältnis zur Anwendung gelangen. Bei Gesamtbetrachtung und Gewichtung der Umstände besteht jedoch eine bloß sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass es aufgrund dieses Kündigungsgrundes zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses kommt.
Es ergibt sich somit, dass aufgrund der gegebenen Unwahrscheinlichkeit der frühzeitigen Auflösung des Mietvertrages, entsprechend der zitierten VwGH-Rechtsprechung, gebührenrechtlich von einem auf bestimmte Dauer abgeschlossenen Vertragsverhältnis auszugehen ist.
Aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts durch die Mieterin von 20 Jahren und der Eingeschränktheit der Kündigungsmöglichkeit bzw der Unwahrscheinlichkeit der Ausübung der Kündigungsgründe liegt gegenständlich dem Vertragsinhalt nach zunächst ein auf 20 Jahre befristeter Mietvertrag vor, der danach in einen Vertrag mit unbestimmter Dauer übergeht.
Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall durch eine fragwürdige Auslegungskonstruktion mit Wahrscheinlichkeitsabschätzung den Mietvertrag so ausgelegt hätte, als wären zwei Rechtsgeschäfte (ein Mietvertrag auf bestimmte Dauer von 20 Jahren und danach ein weiterer Mietvertrag auf unbestimmte Dauer) abgeschlossen worden, kann entgegengehalten werden, dass im Rahmen des Vertrages eben zwei unterschiedliche Komponenten der Vertragsdauer vorliegen: zunächst eine Begrenzung auf bestimmte Zeit (20 Jahre) und danach eine unbestimmte Vertragsdauer; selbstverständlich liegen jedoch nicht zwei gesonderte Verträge mit gesonderten Willensentschlüssen vor.
Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung sind derartige Verträge einer nach der bestimmten und auch der unbestimmten Vertragsdauer berechneten Bemessungsgrundlage zu unterwerfen (vgl etwa ). Gegenständliche Bemessungsgrundlage ist somit der 21-fache Jahreswert der wiederkehrenden Leistungen (18 Jahre für die bestimmte Dauer und 3 Jahre für die unbestimmte Dauer). Die Gebühr beträgt gemäß § 33 TP 5 Abs 1 ein Prozent der Bemessungsgrundlage, somit, wie von der belangten Behörde korrekt ermittelt, EUR 75.441,06 (Berechnung: 29.936,93 x 12 x 21 / 100).
Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin
Von Seiten der Beschwerdeführerin erfolgt weiter der Einwand, dass eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Mietverträgen nach dem ABGB im Vergleich zu jenen des MRG sowie eine unsachliche Differenzierung im GebG zwischen Wohnungsmietverträgen und Gewerbemietverträgen vorliegen würden. Zudem seien das Äquivalenzprinzip sowie das Eigentumsrecht verletzt und die Norm des § 33 TP 5 GebG sei verfassungswidrig.
Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes wird diesem Vorbringen zunächst mit einem Verweis darauf entgegnet, dass sich der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach mit der gegenständlichen Norm des § 33 TP 5 GebG befasst hat:
So wurde der Gerichtshof bereits gegen die benachteiligende Vergebührung von Geschäftsraummieten gegenüber von Wohnraummieten iSv BGBl I 1999/28 angerufen (zu ). In der vom UFS erstatteten Gegenschrift wurde dazu die Ansicht geäußert, dass im Gebührengesetz keine strukturelle Grundlinie verletzt werde, da auch das Mietrechtsgesetz und das Umsatzsteuergesetz zwischen Wohnungs- und Geschäftsraummiete differenziere. Der VfGH lehnte die Behandlung der Beschwerde in der Folge ab (). In der Sukzessivbeschwerde, bei der an den VwGH die Anregung herangetragen wurde, eine Gesetzesprüfung beim VfGH zu beantragen, äußerte auch der VwGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken und lehnte die Beantragung einer Normenkontrolle ab ().
Weiter lehnte der Verfassungsgerichtshof auch die Behandlung der gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/1100501/2016 und RV/1100502/2016, erhobenen Beschwerden, mit der die Ungleichbehandlung zwischen befristeter und unbefristeter Geschäftsraummiete beanstandet wurde, mit Beschluss vom , E 1739/2017 und E 1740/2017, ab. Der VfGH verwies auf seine ständige Rechtsprechung (VfSlg 7239/1973 und 10.714/1985) und führte aus, dass die behauptete Rechtsverletzung vor dem Hintergrund seiner Rechtsprechung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Auszuführen ist, dass die zitierten Ablehnungsbeschlüsse zwar keine "Sachentscheidungen" darstellen, jedoch können sie als ein starkes Indiz für die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit gewertet werden (vgl in diesem Sinne Pfau, Das Bundesfinanzgericht als Antragsteller im Normenprüfungsverfahren, ÖStZ 2014/566, 347). Nochmals darauf hinzuweisen ist, dass auch der Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegte und derart, trotz Anregung, die Beantragung einer Normenkontrolle ablehnte.
Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes kann dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Norm des § 33 TP 5 GebG sei verfassungswidrig, daher nicht gefolgt werden. Einerseits ist diesbezüglich darauf zu verweisen, dass durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auslegung der gegenständlichen Bestimmung eindeutig geklärt ist. Was andererseits die Anknüpfung an die Errichtung einer Urkunde betrifft, ist auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu verweisen. Im Übrigen hat sich der VwGH damit bereits eingehend auseinandergesetzt und festgestellt, dass die Errichtung einer Urkunde eben die vom Gesetz vorgesehene Bedingung darstellt, bei deren Eintritt das Rechtsgeschäft zu einem gebührenpflichtigen wird (vgl ).
Auch die weiteren von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken, es liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Mietverträgen nach dem ABGB im Vergleich zu jenen des MRG sowie eine unsachliche Differenzierung im GebG zwischen Wohnungsmietverträgen und Gewerbemietverträgen vor, oder es sei das Äquivalenzprinzip und das Eigentumsrecht verletzt, können von Seiten des Bundesfinanzgerichts nicht geteilt werden.
Was die Frage der Differenzierung zwischen (gebührenpflichtiger) Geschäftsraummiete und (befreiter) Wohnraummiete betrifft, ist ebenso auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zu verweisen (siehe in diesem Sinne auch Twardosz, Befreiung der Wohnraummiete, SWK 32/2017, 1329): Vom Gesetzgeber wurde mit der Befreiung das Ziel verfolgt, die oftmals finanziell angespannten Wohnungsmieter zu entlasten. Es handelt sich um eine politisch motivierte Steuergesetzgebung, wobei darauf hinzuweisen ist, dass derartige Gesetze beim Verfassungsgerichtshof in letzter Zeit kaum auf Bedenken gestoßen sind, sondern der Gerichtshof offenbar von einem diesbezüglichen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum ausgeht (vgl etwa die Zulässigkeit des Abzugsverbots für Gehälter über EUR 500.000 bzw die Zulässigkeit des rückwirkenden Verbots des Zinsenabzugs für fremdfinanzierte Beteiligungserwerbe im Konzernverbund). Zu verweisen ist weiter darauf, dass sich auch schon vor der Gesetzesänderung 2017, mit der die Befreiung für Wohnraum-Bestandverträge eingeführt wurde, zwei Begünstigungen in § 33 TP 5 GebG nur auf Wohnungsmietverträge bezogen: Die Obergrenze des dreifachen Jahreswertes seit BGBl I 1999/28 und die kurzfristige Miete von Wohnräumen (3 Monate).
Nach Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht liegen somit keine verfassungsrechtlichen Bedenken vor; von der Stellung eines Normenprüfungsantrages wird daher abgesehen. Die Beschwerdeführerin wird auf die Möglichkeit der Erhebung einer entsprechenden Erkenntnisbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof verwiesen.
Die Beschwerdeführerin wird schließlich noch auf die Möglichkeit der Erhebung eines Antrages auf Nachsicht im Sinne von § 236 BAO verwiesen, wenn sie die Auffassung vertritt, dass die Einhebung nach Lage des Falles unbillig wäre.
2.2 Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall war die Revision nicht zuzulassen, weil durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt ist, dass die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen, bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als auf bestimmte Zeit abgeschlossenen, nicht entgegen steht. Im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelangte das Bundesfinanzgericht aufgrund der Gewichtung und Unwahrscheinlichkeit der Realisierung der vereinbarten Kündigungsgründe zum Ergebnis, dass ein Vertrag von bestimmter Dauer vorliegt, der danach in einen Vertrag von unbestimmter Dauer übergeht (vgl , , Ra 2019/16/0182).
Darauf hinzuweisen ist, dass die vorgenommene Auslegung des vorliegenden Mietvertrages keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (vgl ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | § 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 2 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30 Abs. 2 MRG, Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7106397.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at