Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 24.08.2020, RV/3100169/2017

Unwirksame Bescheidzustellung an den Vertretenen bei aufrechter Zustellungsvollmacht (allgemeine Vollmacht eines berufsmäßigen Parteienvertreters).

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0117. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Mag. Rochus L, Rechtsanwalt in B-Stadt, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Haftung- und Zahlung von Lohnsteuer sowie Festsetzung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2013 (Steuernummer xxxx) beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig

Begründung

I) Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf) betrieb in Innsbruck ein Nachtlokal, eine Tabeldance-Bar namens "N". Für das Finanzamt bestand aufgrund von Ermittlungen der begründete Verdacht, dass der Bf ua. Lohnabgaben hinsichtlich der Table-Tänzerinnen verkürzt hat. Im Jahr 2014 wurden daher beim Bf Außenprüfungen gemäß § 147 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG sowohl hinsichtlich der Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2013 (ABNr. 111) als auch eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) für den Zeitraum 08/2010 bis 12/2013 (ABNr. 222) eingeleitet.

Mit Schreiben vom gab RA Mag. Rochus L dem Finanzamt bekannt, dass er den Bf im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertrete und ersuchte um eine Fristerstreckung zur Stellungnahme zu einem Schreiben des Prüfers der lohnabhängigen Abgaben und zu einem gesonderten Schreiben des Prüfers betreffend Umsatz- und Einkommensteuer. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass sein Mandant auf das Schreiben selbstverständlich reagieren werde, vorher aber noch interne Abklärungen vorzunehmen seien.

Am fand sowohl die Schlussbesprechung über die Prüfung der lohnabhängigen Abgaben (GPLA) als auch zur Prüfung der Umsatz-und Einkommensteuer statt. RA Mag. Rochus L hat an beiden Schlussbesprechung als rechtsfreundlicher Vertreter des Bf teilgenommen und mit seiner Unterschrift die von den Prüfern getroffenen Feststellungen zur Kenntnis genommen.

Sowohl in der Niederschrift zur Schlussbesprechung als auch im Bericht vom über das Ergebnis der Außenprüfung gemäß § 150 BAO sind vom Prüfungsorgan nur folgende gleichlautende Feststellungen getroffen worden:

Aufgrund der Ermittlungsergebnisse kann unter Berücksichtigung des ausführlichen Parteiengehörs davon ausgegangen werden, dass die Tänzerinnen in einem wirtschaftlichen und organisatorischen Abhängigkeitsverhältnis zum Steuerpflichtigen standen. Somit kann eine Selbständigkeit im weitesten Sinne nicht unterstellt werden. Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Ausübung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu befolgen verpflichtet ist.
Aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen ergibt sich daher, dass die Tänzerinnen wie bereits oben angeführt unter dem Weisungsrecht des Steuerpflichtigen und organisatorisch in den Betrieb eingegliedert waren. Die tägliche Fixgage wurde durch den Steuerpflichtigen ausbezahlt, der Erlös von 40,00 € pro Tanz wurde entweder von der Tänzerin eingehoben und nach Abzug ihres Anteiles an den Steuerpflichtigen weitergereicht bzw. von ihm eingehoben und nach Abzug seines Anteiles an die Tänzerin weitergegeben. Freie Getränke und freie Unterkunft wurden den Tänzerinnen durch den Unternehmer beigestellt. Die Tänzerinnen führten keine Buchhaltung und keine Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben (vgl. hierzu auch RV/O458-G/09 sowie ARD 5912/2008 zum arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis ausländischer Table-Tänzerinnen iSd § 2 Abs. 2 AuslBG).
Unbestritten ist, dass der Steuerpflichtige die steuerliche Behandlung der Tänzerinnen gleich dem Vorbesitzer weiter ausübte, ohne entsprechende sachliche und rechtliche Überprüfungen und Abklärungen durchzuführen."

Neben diesen Ausführungen ist dem Bericht nur eine Ergebnisübersicht über die Bemessungsgrundlagen und die sich daraus ergebende Lohnsteuer (L), Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für die Beschwerdejahre 2010 bis 2013 zu entnehmen. Insgesamt ergab sich für die Beschwerdejahre eine Nachforderung von Lohnsteuer (L), Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) von 34.995,32 €.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und zog den Bf als Arbeitgeber mit Bescheiden vom für die Jahre 2010 bis 2013 zur Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer heran; gleichzeitig wurden ihm der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für diese Jahre vorgeschrieben.
Zur Begründung wurde in den Bescheiden auf den Bericht vom verwiesen.

Diese Bescheide sind an den Bf adressiert und diesem auf seine Wohnadresse (ohne Zustellnachweis) zugestellt worden.

Mit Schreiben vom erhob RA Dr. Rochus L, unter Verweis auf die erteilte Vollmacht, als Vertreter des Bf gegen diese Bescheide Beschwerde. Diese richtet sich in erster Linie gegen die Umqualifizierung der Vertragsverhältnisse der Tabel-Tänzerinnen von einer selbständigen, unternehmerischen Tätigkeit in Dienstverhältnisse.

Am versandte das Finanzamt an den Bf (wiederum an seine Wohnanschrift) ein Ergänzungsersuchen.

In einer Eingabe vom nahm RA Dr. Rochus L als Vertreter des Bf, wiederum unter Bezug auf die erteilte Vollmacht, zum Ergänzungsersuchen Stellung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom änderte das Finanzamt die angefochtenen Bescheide insoweit ab, als es die Bemessungsgrundlagen der lohnabhängigen Abgaben und die sich daraus ergebende Nachforderung an Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag von 34.995,32 € auf 86.314,11 € erhöhte.

Mit Schreiben vom beantragte der Bf durch seinen Vertreter RA Dr. Rochus L gemäß § 264 BAO die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht

Auf eine Anfrage des Bundesfinanzgerichtes teilte der anwaltliche Vertreter des Bf mit Schreiben vom mit, dass die Vollmachtserteilung zur Vertretung des Bf mündlich bereits im November 2013 anlässlich eines Finanzstrafverfahrens erfolgt sei und diverse Bescheide des Finanzamtes regelmäßig an ihm als Vertreter des Bf übermittelt worden seien. Allerdings sei es unter Missachtung der Zustellvollmacht auch zu Zustellungen direkt an den Bf gekommen.
Zur Frage, wie er von den angefochtenen Bescheiden Kenntnis erlangt hat, führt er aus, der Bf habe ihm mit E-Mail vom , 21:41 Uhr davon in Kenntnis gesetzt, dass er "ganz viel Post vom Finanzamt bekommen" habe. Nach entsprechender Aufforderung habe der Bf ihm die Bescheide mit E-Mail vom , 23:27 Uhr übermittelt.
Am seien, so wie üblich, der gesamte E-Mail Eingang bearbeitet worden. Dabei seien auch die übermittelten Bescheide des Beschwerdeführers ausgedruckt und mit dem Eingangsstempel versehen worden.
Als Nachweis legte der anwaltliche Vertreter das vom Bf an den anwaltlichen Vertreter gerichtete E-Mail vom in dem der Bf mitteilte, dass er "ganz viel Post vom FA bekommen" habe, sowie das E-Mail vom vor, indem er die angefochtenen Bescheide als Anlage zum E-Mail an den anwaltlichen Vertreter übermittelte. Insgesamt umfasste die Anlage 43 Schriftstücke.
In einer weiteren Anfrage vom wurde der anwaltliche Vertreter ersucht, eine Auflistung sämtliche in der E-Mail vom mit der Bezeichnung "fa<Zahl>.bdf" angeführten 43 Anhänge beizubringen aus der hervorgeht, mit welcher Anhangsbenennung welcher Bescheid übermittelt worden ist.

Wie aus der vom steuerlichen Vertreters vom übermittelten Auflistung der Anhänge zu entnehmen ist, sind mit dem E-Mail vom neben den im gegenständlichen Verfahren ua. nicht relevanten Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden auch die hier strittigen Bescheide betreffend Haftung und Zahlung von Lohnsteuer, sowie Festsetzung von Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 bis 2013 übermittelt worden.

II) Sachverhalt
RA Mag. Rochus L ist seit 2013 aufgrund einer vom Bf mündlich erteilten Vollmacht anwaltlich tätig und ist als solcher gegenüber dem Finanzamt als Vertreter des Bf aufgetreten. Im gegenständlichen Verfahren ist der RA Mag. Rochus L nachweislich mit Schreiben vom unter Hinweis auf die rechtsfreundliche Vertretung des Bf gegenüber dem Finanzamt für seinen Mandanten eingeschritten. Eine Einschränkung dieser Vollmacht ist gegenüber dem Finanzamt nicht erfolgt. RA Mag Rochus L hat auch an den am durchgeführten Schlussbesprechungen zur Prüfung der hier strittigen Lohnabgaben und zur Prüfung der hier nicht gegenständlichen Prüfung der Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2010-2013 als anwaltlicher Vertreter des Bf teilgenommen und das Ergebnis der Prüfungen mit seiner Unterschrift zur Kenntnis genommen.

Das Finanzamt adressierte die einen Tag nach der Schlussbesprechung erlassenen hier strittigen Bescheide an den Bf. Diese wurden dem Bf ohne Zustellnachweis an seiner (damaligen) Wohnanschrift in Adresse zugestellt.

Der anwaltlichen Vertreter des Bf hat von den hier strittigen Bescheiden Kenntnis erlangt indem ihm der Bf als Anlagen zum E-Mail vom Kopien der Bescheide in Form von PDF-Dateien übermittelte. In der Kanzlei des Anwaltes sind die Bescheidkopien am ausgedruckt und mit dem Eingangsstempel versehen worden. Die Originalbescheide sind beim Bf verblieben.

Die Feststellungen hinsichtlich der anwaltlichen Vertretung des Bf ergeben sich aus den Eingaben des RA beim Finanzamt, den Schlussbesprechungsprotokollen des Finanzamtes und den glaubwürdigen Angaben des RA Mag. Rochus L. Die Feststellungen zur Bescheidadressierung und Zustellung der angefochtenen Bescheide ergibt sich aus dem unstrittigen Akteninhalt. Die Feststellung von der Kenntnisnahme des anwaltlichen Vertreters vom Inhalt der angefochtenen Bescheide ergibt sich aus den Angaben des anwaltlichen Vertreters in der Anfragebeantwortung vom und den dazu vorgelegten E-Mails und der Auflistung der mittels E-Mail übermittelten Bescheide.

Rechtslage und Erwägungen:

Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen - abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen - durch Zustellung.

Zustellungen sind gemäß § 98 Abs. 1 BAO - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 des Zustellgesetzes (ZustG) die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 ZustG können, soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Gemäß § 8 Abs. 1 Rechtsanwaltsordnung erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

Für einen berufsmäßigen Parteienvertreter genügt es somit, wenn sich der Vertreter auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (Ritz, a.a.O., § 9 ZustG, Tz 21 mit Hinweis auf ).

Eine allgemeine, einem berufsmäßigen Parteienvertreter erteilte Vollmacht umfasst, soweit sich daraus nichts Gegenteiliges ableiten lässt, auch eine Zustellungsbevollmächtigung (ständige Rechtsprechung, ua. ; ; § 9 Rz 6; Ritz, BAO6, § 9 ZustG, Tz 20).

Die Berufung auf die einem Rechtsanwalt erteilte (allgemeine) Vollmacht schließt auch eine Zustellvollmacht ein (vgl. ua. ).

Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. Ritz, BAO6, § 9 ZustG, Tz 19).

Im gegebenen Fall steht außer Zweifel, dass der Bf dem anwaltlichen Vertreter eine allgemeine Vollmacht erteilt hat. Auch ist diese Vollmacht dem Finanzamt spätesten mit dem an das Finanzamt zu Handen des Prüfers H Z gerichteten Schriftsatz vom zur Kenntnis gebracht worden. Darin verweist der für den Bf einschreitende RA Mag. Rochus L unter Betreff auf die beim Bf durchgeführte Außenprüfung nach § 147 BAO und gibt bekannt, dass er den Bf im anhängigen Verfahren rechtsfreundlich vertretet. Mit dieser Bekanntgabe hat sich der anwaltliche Vertreter auf die ihm erteilte allgemeine Vollmacht berufen. Dem Finanzamt ist mit diesem Schreiben das bestehende Vollmachtverhältnis hinreichend zur Kenntnis gebracht worden. Die Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes ist vom Finanzamt auch nicht in Frage gestellt worden, zumal RA Mag. Rochus L in der weiteren Folge mehrmals gegenüber dem Finanzamt als anwaltlicher Vertreter des Bf eingeschritten ist (ua bei der Schlussbesprechung am ) und das Finanzamt - wie einem Zustellnachweis vom (unter Angabe der Steuernummer des Bf und der Arbeitsbogennummer 222) zu entnehmen ist - auch Schriftstücke für den Bf an den anwaltlichen Vertreter zugestellt hat.

Im gegenständlichen Fall schloss die allgemeine Vollmacht des anwaltlichen Vertreters auch eine Zustellvollmacht ein.

Gemäß § 9 Abs. 3 ZustG hat, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Eine Adressierung und Zustellung einer Erledigung an den Vollmachtgeber, obwohl eine aufrechte Zustellvollmacht besteht, hat die Wirkung, dass die Zustellung rechtsunwirksam ist (vgl. ).

Die streitgegenständlichen Bescheide vom wurden vom Finanzamt nicht an den zustellungsbevollmächtigten anwaltlichen Vertreter des Bf, sondern an den Bf adressiert und zugestellt. Die Bescheide sind demzufolge mit einem Zustellmangel behaftet.

Eine Sanierung nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG wäre grundsätzlich möglich (vgl. Ritz, BAO6, § 9 ZustG, Tz 24), eine solche ist im gegenständlichen Fall aber nicht erfolgt.

Eine Heilung eines Zustellmangels nach § 7 bzw. der Sondernorm nach § 9 Abs. 3 ZustG setzt voraus, dass das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks (im Original) kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht (vgl. mwN; Ritz, BAO6, § 7 ZustG Tz 7).

Im gegenständlichen Fall sind dem zustellungsbevollmächtigten anwaltlichen Vertreter die Originalbescheide nicht zugekommen, sondern er hat vom Inhalt der Bescheide nur dadurch Kenntnis erlangt, indem ihm der Bf die abgelichteten (eingescannten) Dokumente (Bescheide) per E-Mail übermittelte.

Auch der Umstand, dass der anwaltliche Vertreter Beschwerde gegen die strittigen Bescheide eingebracht hat, vermag die fehlende Zustellung nicht zu sanieren. Eine "Heilung durch Einlassung" kennt das Zustellgesetz nicht (vgl. mwN).

Die angefochtenen Bescheide konnten daher mangels rechtswirksamer Zustellung keine Rechtswirkung entfalten.

Nach § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Das Verwaltungsgericht hat die Bescheidbeschwerde zuerst auf ihre Zulässigkeit zu prüfen, widrigenfalls das Rechtsmittel mit Beschluss zurückzuweisen ist.

Mit Beschwerde anfechtbar sind nur Bescheide. Daher sind Bescheidbeschwerden gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (zB ). Entsprechend ist daher auch eine Bescheidbeschwerde gegen einen mangels Zustellung rechtlich nicht existent gewordenen Bescheid zurückzuweisen (siehe dazu Ritz, BAO6, § 260, Tz 8 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 iVm mit Abs. 5 BAO kann ungeachtet eines Antrages iSd § 274 Abs. 1 Z 1 BAO von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260).

Die gegenständliche Beschwerde vom war daher - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mangels Rechtswirksamkeit der Bescheide, wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mwN).

Im gegenständlichen Fall liegt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Die maßgebliche Rechtslage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. die zu lösenden Rechtsfragen sind bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100169.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at