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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.08.2020, RV/7102334/2020

§ 34 Abs. 8 EStG (Pauschbetrag): Keine Berücksichtigung der Wegstrecken von und zu einer Verordnungsgemeinde (BGBl. II 605/1993 idF BGBl II 2015/45). Kein AVAB wegen Überschreitens des Grenzbetrags von 6.000,00 Euro.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Bf.Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom , Steuernummer xxx, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im Streitjahr 2016 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Zuge der am eingebrachten Einkommensteuererklärung 2016 machte die Bf. u. a. unter Punkt 5.1 der Erklärung den Alleinverdienerabsetzbetrag geltend.
In der Beilage L1ab-2016 beantragte die Bf. unter der Rubrik "Außergewöhnliche Belastung ab Behinderungsgrad von 25 % oder bei Pflegegeldbezug" unter Angabe eines 80%-igen Grades der Behinderung des Partners den Freibetrag für Behinderung und in der Kz 417 (unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel) einen Betrag iHv 1.314,90 Euro.
In den beiden Beilage L 1k-2016 für die Tochter und den Sohn gab die Bf. jeweils unter Punkt 5.4 "Pauschale für auswärtige Berufsausbildung des Kindes wird beantragt" unter "Anzahl der Monate" sieben Monate an. Ergänzend wurde jeweils der handschriftliche Vermerk "(7 x 110.-) Fahrtzeit länger als 1 Std." beigefügt.

Die belangte Behörde erließ am den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und anerkannte den Alleinverdienerabsetzbetrag und die Kosten für die auswärtige Berufsausbildung nicht an. Die Krankheitskosten wurden als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt berücksichtigt. Zur Begründung wurde ausgeführt:
"Da die Einkünfte Ihrer Ehegattin im Jahr 2016 den Betrag von 6.000,00 Euro jährlich überstiegen, konnten die beantragten Krankheitskosten nur mit Selbstbehalt berücksichtigt werden.
Den Alleinverdienerabsetzbetrag haben wir nicht berücksichtigt.
Der Grund: Die steuerpflichtigen Einkünfte und ein allfälliges Wochengeld Ihrer Partnerin bzw. Ihres Partners sind höher als 6.000,00 Euro.
Wir berücksichtigen die beantragten Kosten für die auswärtige Berufsausbildung nicht als außergewöhnliche Belastung.
Der Grund: Ausbildungsstätten, die nicht mehr als 80 km vom Wohnort entfernt sind, gehören zum Einzugsbereich des Wohnortes, wenn die tägliche Hin- und Rückfahrt zum oder vom Studienort zumutbar ist.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt.
Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 3.909,81 Euro.
"

Die Bf. erhob mit Schreiben vom Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016. Bezüglich der nicht berücksichtigten außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt (auswärtige Berufsausbildung von Kindern) verwies die Bf. auf das Steuerbuch 2017 (für das Veranlagungsjahr 2016). Auf Seite 84 sei die Verordnung zum Studienförderungsgesetz angeführt: "Ist der Ausbildungsort weniger als 80 km entfernt und die Fahrzeit beträgt mehr als 1 Stunde, ist ein Pauschalbetrag von 110,00 Euro pro Monat zu berücksichtigen." Weiters sei der Alleinverdienerabsatzbetrag nicht berücksichtigt worden. Das Einkommen ihres Partners habe im Jahr 2016 3.342,84 Euro (siehe Einkommensteuerbescheid 2016 St.Nr. 38383/9719) betragen, weshalb die 1.341,90 Euro an außergewöhnlichen Belastungen ihres Partners daher ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen seien.

Die belangte Behörde wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde ab. Nach Verweis auf § 33 Abs. 4 Z 1 Einkommensteuergesetz 1988 führte das Finanzamt aus, dass laut Aktenlage die Einkünfte des (Ehe-)Partners im Kalenderjahr 2016 8.358,49 Euro (Gesamtbetrag der Einkünfte laut Einkommensteuerbescheid 2016 vom ) betragen hätten. Der Alleinverdienerabsetzbetrag sei daher nicht zu berücksichtigen gewesen. Die außergewöhnlichen Belastungen des (Ehe-)Partners seien auf Grund der Höhe seiner Einkünfte (8.358,49 Euro) um den Selbstbehalt (§ 34 Abs. 4 EStG 1988) zu kürzen gewesen.
Bezüglich Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes verwies das Finanzamt, dass der Pauschbetrag des § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht allein auf Grund der Berufsausbildung des Kindes außerhalb des Wohnortes zustünde, es müssten durch die auswärtige Berufsausbildung auch Aufwendungen entstehen; diese seien allerdings nicht im Einzelnen nachzuweisen. Der Pauschbetrag stehe auch bei täglichem Pendeln ohne Aufwendungen für ein auswärtiges Quartier zu.
Nach Anführung der §§ 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 und der zu dieser Bestimmung ergangenen Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, fasste die belangte Behörde zusammen, dass Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen gelten würden, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels betrage.
Bei Berechnung der Fahrzeit seien Wartezeiten vor Beginn des Unterrichts bzw. nach Beendigung des Unterrichts nicht zu berücksichtigen. Dies gehe unter anderem aus § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 hervor, wonach für bestimmte Orte die Zumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückfahrt festgelegt werde. Es werde dabei auf individuelle Unterrichtszeiten nicht Rücksicht genommen. Sofern Orte nicht in den Verordnungen enthalten seien, könne daher nicht anders vorgegangen werden. Da die Verordnung des BMF zur Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 idgF, auf das Studienförderungsgesetz Bezug nehme, sei hinsichtlich der Zumutbarkeit auch die Rechtsprechung zu § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 anzuwenden. Die Zumutbarkeit sei jedenfalls dann gegeben, wenn die Fahrzeit von einer Stunde nicht überschritten werde. Für das günstigste Verkehrsmittel sei ausreichend, dass in jeder Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden existiere, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältige. Das müsse nicht das zweckmäßigste Verkehrsmittel sein. Auf die örtlichen Verkehrsverbindungen sei nicht Bedacht zu nehmen. Nicht einzurechnen seien daher Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort. Wartezeiten bei Umsteigevorgängen außerhalb des Heimat- oder Studienortes seien hingegen zu berücksichtigen.
Da die Entfernung Gemeinde X - Wien weniger als 80 km und die Fahrzeit laut ÖBB-Fahrplanauskunft nicht mehr als eine Stunde betragen würde (Haltestelle Gemeinde X Hauptstraße - Wien Hauptbahnhof bzw. Wien Hauptbahnhof - Haltestelle Gemeinde X Hauptstraße), hätten die Berufsausbildungskosten gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 für die Tochter und den Sohn der Bf. nicht gewährt werden können.

Im vorgelegten Akt der belangten Behörde befindet sich auch eine ÖBB-Fahrplanabfragen, welche für die Strecke Gemeinde X - Wien Hbf. Fahrzeiten zwischen 53 und 59 Minuten und für die Fahrt Wien Hbf. - Gemeinde X Fahrzeiten zwischen 52 Minuten und 1 Stunde 1 Minute auswiesen. Die Abfrage betraf den Zeitraum Abfahrt ab 06:00 Uhr bzw. ab 14:00 Uhr und bezog sich auf den .

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht. Beigefügt wurde ein Auszug aus dem Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) Fahrplan, aus welchen ersichtlich sei, dass zirka die Hälfte aller möglichen Fahrten über eine Stunde und der Rest grenzwertig seien. Abgesehen davon müsse man noch den Fußweg zur Einsteigestelle und die innerstädtischen Verkehrsmittel in Wien dazurechnen. Somit ergebe sich eine tägliche Fahrzeit von über 3,5 Stunden.
Nach dem beigelegten VOR Fahrplan betrugen die Fahrzeiten für die Strecke Gemeinde X - Wien Hbf. zwischen 59 und 1 Stunde 3 Minuten und die Fahrzeiten für die Strecke Wien Hbf. - Gemeinde X zwischen 55 Minuten und 1 Stunde 1 Minute. Die Abfrage betraf den Zeitraum Abfahrt 07:00 Uhr bis 09:00 Uhr bzw. 16:00 Uhr bis 19:00 Uhr und bezog sich auf den .

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. In der Stellungnahme entgegnete die belangte Behörde den Ausführungen der Bf. im Vorlageantrag, dass ein Verkehrsmittel in jede Richtung die Strecke Wohnort - Ausbildungsort in weniger als einer Stunde bewältige.

Seitens des Bundesfinanzgericht wurde beim VOR-Kundenservice um Übermittlung des Jahresplanes 2016 für die VOR-Linien 200 und 120 ersucht. Aus dem vom VOR Kundenservice in Folge vorgelegten Jahresplan 2016 für die VOR-Linien 200 und 120 (laut VOR war 2016 die Linie 120 noch in der Linie 200 integriert) waren folgende beschwerderelevanten Verbindungen für die Strecken Gemeinde X Hauptstraße nach Wien Hbf bzw. Wien Hbf. nach Gemeinde X Hauptstraße ausgewiesen:

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Beschwerdegegenständlich sind die Nichtberücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages, der Abzug des Selbstbehaltes bei den Krankheitskosten des (Ehe-)Partners und die Nichtgewährung der Aufwendungen für eine Berufsausbildung für die beiden Kindes außerhalb des Wohnortes als außergewöhnliche Belastung.

  • Nichtberücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrag:

§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. I Nr. 118/2015 lautet:
"Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.
Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. Für Steuerpflichtige im Sinne des § 1 Abs. 4 EStG 1988 ist die unbeschränkte Steuerpflicht des Ehegatten oder eingetragenen Partners nicht erforderlich. Voraussetzung ist, dass der (Ehe-)Partner (§ 106 Abs. 3) Einkünfte von höchstens 6.000 Euro jährlich erzielt. Die nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, weiters nach § 3 Abs. 1 Z 10, 11 und 32 und auf Grund zwischenstaatlicher oder anderer völkerrechtlicher Vereinbarungen steuerfreien Einkünfte sind in diese Grenzen mit einzubeziehen. Andere steuerfreie Einkünfte sind nicht zu berücksichtigen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag steht nur einem der (Ehe-)Partner zu. Erfüllen beide (Ehe-)Partner die Voraussetzungen im Sinne der vorstehenden Sätze, hat jener
(Ehe-)Partner Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag, der die höheren Einkünfte im Sinne der Z 1 erzielt. Haben beide (Ehe-)Partner keine oder gleich hohe Einkünfte im Sinne der Z 1, steht der Absetzbetrag dem haushaltsführenden (Ehe-)Partner zu."

Hinichtlich der Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages ist strittig, ob der Ehegatte der Bf. Einkünfte von höchstens 6.000,00 Euro iSd § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 erzielte.
Die Bf. gibt in Ihrer Beschwerde an, das "Einkommen ihres Partners habe im Jahr 2016 3.342,84 Euro" betragen.
Aus dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid ergibt sich, dass Einkünfte und Einkommen zwei unterschiedliche Größen sind. Sowohl der Gesamtbetrag der Einkünfte als auch das Einkommen (beide im Bescheid fett gedruckt) werden separat ausgewiesen.

In einer Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft mit mindestens einem Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 beträgt die Einkunftsgrenze für den (Ehe-)Partner 6.000,00 Euro. Maßgebend für die Ermittlung des Grenzbetrags von 6.000,00 Euro ist der Gesamtbetrag der Einkünfte iSd § 2 Abs. 2 EStG 1988, also der Gewinn bei betrieblichen Einkünften und der Überschuss bei außerbetrieblichen Einkünften (§ 2 Abs. 4 EStG 1988), zuzüglich bestimmter steuerfreier Einkünfte sowie sonderbesteuerter Einkünfte (vgl. Jahreskommentar/Kanduth-Kristen, EStG, 2020, § 33 Rz 57).
Die Summe der vom Steuerpflichtigen innerhalb des Wirtschaftsjahres (Kalenderjahres) erzielten positiven und negativen Einkünfte führt zum Gesamtbetrag der Einkünfte.

Der im Beschwerdefall von der Bf. vorgelegte rechtskräftige Einkommensteuerbescheid 2016 des (Ehe)Partners entfaltet dabei zwar keine zwingende Bindungswirkung für die Überprüfung dieses Grenzbetrages (vgl. ), liegen aber - wie hier - keine gegenteiligen Hinweise oder Einwendungen der Abgabenbehörde vor, kann von dessen Richtigkeit ausgegangen werden.

Wie aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid 2016 des Gatten der Bf. ersichtlich, betrug der Gesamtbetrag der Einkünfte 8.358,49 Euro und lag dieser daher über dem Grenzbetrag von 6.000,00 Euro. Da auch bereits geringfügige Überschreitungen des Grenzbetrages zum Verlust des Alleinverdienerabsetzbetrages führen (siehe ), kann dieser der Bf. für den Streitzeitraum nicht gewährt werden und war die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen.

  • Abzug des Selbstbehaltes bei den Krankheitskosten des (Ehe-)Partners:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, die außergewöhnlich und zwangsläufig erwachsen sein sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen müssen.
Hierbei ist grundsätzlich ein Selbstbehalt (§ 34 Abs. 4 EStG 1988) zu berücksichtigen, außer es liegen etwa Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung vor, wobei die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen müssen (§ 34 Abs. 6 EStG 1988).

§ 35 Abs. 1 und 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 lautet:
(1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners (§ 106 Abs. 3),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des
(Ehe-)Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
...
(3) Es wird jährlich gewährt
bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von ein Freibetrag von Euro
25% bis 34% ....................................................................... 75
35% bis 44% ....................................................................... 99
45% bis 54% ....................................................................... 243
55% bis 64% ....................................................................... 294
65% bis 74% ....................................................................... 363
75% bis 84% ....................................................................... 435
85% bis 94% ....................................................................... 507
ab 95% ............................................................................... 726.

Der Behindertenfreibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 steht dem Steuerpflichtigen für eine Behinderung des (Ehe-)Partners daher dann zu, wenn er Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag hat (§ 35 Abs. 1 zweiter Teilstrich EStG 1988).
Hat der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag steht der Behindertenfreibetrag nur zu, wenn der (Ehe)Partner Einkünfte von höchstens 6.000,00 Euro erzielt (§ 35 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988).
Wird wie im Beschwerdefall die für den Alleinverdienerabsetzbetrag maßgebende Grenze von 6.000,00 Euro überschritten [siehe unter Pkt. I], können die behinderungsbedingten Mehraufwendungen im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung nur als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt geltend gemacht werden (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/
Mayr/Zorn, EStG Kommentar20, § 35 Tz 2).

Da die Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung von außergewöhnlicher Belastungen ohne Selbstbehalt durch eine Behinderung des (Ehe-)Partners im Fall nicht gegeben sind, wurden von der belangten Behörde die geltend gemachten Aufwendungen korrekt um den Selbstbehalt gekürzt, weshalb die Beschwerde in diesem Punkt abzuweisen war.

  • Nichtgewährung der Aufwendungen für eine Berufsausbildung der Kinder außerhalb des Wohnortes als außergewöhnliche Belastung:

Die Bf. bringt vor, dass laut Steuerbuch 2017 (für das Veranlagungsjahr 2016) auf Seite 84 [korrekt: Seite 85] nach der Verordnung zum Studienförderungsgesetz der Pauschalbetrag zustehe, wenn der Ausbildungsort weniger als 80 km entfernt sei und die Fahrzeit mehr als eine Stunde betrage.

Der Familienwohnsitz der Familie der Bf. lag laut Angaben der Bf. und Abfrage im zentralem Melderegister im Beschwerdejahr 2016 in Gemeinde X.
Der Ausbildungsort der Tochter war laut Angaben der Bf. in Plz Wien, der Ausbildungsort des Sohns in Plz Wien, gelegen.
Die Entfernung zwischen Plz Gemeinde X und Plz Wien bzw. Plz Wien liegt jeweils unbestritten unter 80 km.

Zwischen Gemeinde X und Wien Hauptbahnhof standen im Streitjahr von Montag bis Samstag täglich mehrere Verbindungen mit einer Fahrtdauer von weniger als einer Stunde zur Verfügung, wie aus dem oben dargestellten VOR-Jahresfahrplan 2016 ersichtlich (Hinfahrt 58 Minuten, Rückfahrt 55 Minuten).

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 ist die Durchführungsverordnung betreffend eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. 624/1995, des Bundesministers für Finanzen ergangen (in der Folge "Berufsausbildungs-VO").
Nach § 1 Berufsausbildungs-VO liegen Ausbildungsstätten, die vom Wohnort mehr als 80 km entfernt sind, nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes.

Im vorliegenden Fall beträgt die Entfernung zwischen der Gemeinde X und der Stadt Wien weniger als 80 km.
Für diesen Fall ist § 2 Abs. 1 und 2 Berufsausbildungs-VO idF BGBl. II 37/2018 heranzuziehen:

"(1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden.
(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 50/2016, als nicht mehr zumutbar."

Der in § 2 Abs. 1 und 2 Berufsausbildungs-VO angesprochene § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992, der die Gewährung der Höchststudienbeihilfe an Studierende regelt, lautete in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung BGBl I 50/2016:

"(3) Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat die Bundesministerin oder der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar."

Zu § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 ist auszuführen:
Wie aus dem Gesetzestext ersichtlich, ist eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel keineswegs mehr zumutbar.
Diese Regelung stellt nur auf die Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort ab. Nicht einzurechnen sind daher nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (vgl. ; ; ; ).
Das günstigste öffentliche Verkehrsmittel zwischen dem Studienort und dem Wohnort ist die schnellstmögliche Verbindung zwischen den Orten (vgl. etwa ). Die Erreichbarkeit der Abfahrstelle innerhalb der Gemeinde spielt keine Rolle ().

Auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992 wurde u. a. die Verordnung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. II 605/1993 idF BGBl II 45/2015, erlassen.
§ 1 der Verordnung BGBl. II 605/1993 idF BGBl II 45/2015 führt Gemeinden an, von denen die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort Wien zeitlich noch zumutbar ist. Die Gemeinde Gemeinde X ist in dieser Aufzählung angeführt.

Zwar wird durch die Nennung der Gemeinde in § 1 dieser Verordnung die Vermutung, dass die Ausbildungsstätte als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen ist, aufgestellt, allerdings kann gem. § 22 der Verordnung vom Steuerpflichtigen - nach den Grundsätzen des Studienförderungsgesetzes 1992 () - der Nachweis geführt werden, dass die tägliche Fahrzeit vom und zum Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/
Knechtl/Wanke, EStG § 34, [], § 34 Anm. 70).

Aus dem von der Bf. selbst im Zuge der Einreichung des Vorlageantrags beigefügten Fahrplan (für das Jahr 2020) und den, dem BFG übermittelten, VOR-Fahrplänen für das Jahr 2016 ist ersichtlich, dass die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort Wien von der Gemeinde Gemeinde X unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel unter einer Stunde beträgt und wird dies im Übrigen von der Bf. im Vorlageantrag vom nicht bestritten. Jedoch rügt die Bf., dass die Hälfte der möglichen Fahrten über eine Stunde liegen würden - "...lege ich den VOR Fahrplan bei.Daraus ersichtlich ist zirka die Hälfte aller möglichen Fahrten über eine Stunde und der Rest ist grenzwertig" - und zudem die Fußwege und die innerstädtischen Verkehrsmittel in Wien hinzuzurechnen seien.
Da auf die schnellstmögliche Verbindung zwischen dem Studienort und dem Wohnort abzustellen ist, und diese - wenn auch nur im geringen Umfang - im Beschwerdejahr unter einer Stunde gelegen ist, ist die Wegzeit damit noch zumutbar iSd § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz und die von der Tochter und dem Sohn der Bf. besuchte Ausbildungsstätte ist gemäß § 2 Abs. 2 Berufsausbildung-VO dem Einzugsbereich des Wohnortes der Familie der Bf. zuzurechnen.

Soweit die Bf. die Ansicht vertritt, dass die Wegstrecke innerhalb Wiens Berücksichtigung finden müsse, ist ihr aufgrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht zu folgen.

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall:
Indem Gemeinde X in der Verordnung BGBl. II 605/1993 idF BGBl II 2015/45 genannt wird, ist von der Zumutbarkeit der täglichen Hin- und Rückfahrt zu und vom Ausbildungsort Wien auszugehen.
Die Bf. konnte auch nicht den Nachweis führen, dass ungeachtet der Nennung der Gemeinde im Beschwerdezeitraum eine Erreichbarkeit - nach den Grundsätzen des Studienförderungsgesetzes 1992 - nur mit einer Fahrzeit von über einer Stunde möglich ist, weil zwischen Gemeinde X und dem Hauptbahnhof der Stadt Wien und retour täglich mehrere Verbindungen mit einer Fahrtdauer von weniger als einer Stunde zur Verfügung standen und Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort nicht einzurechnen sind.

Der Bf. steht deshalb der für ihre Tochter und ihren Sohn geltend gemachte Pauschalbetrag nach § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht zu.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag bei Überschreiten des Grenzbetrages von 6.000,00 Euro nicht zusteht bzw. bei Überschreiten des Grenzbetrags außergewöhnliche Belastungen nur mit Selbstbehalt zu berücksichtigen sind, ergibt sich zwingend aus dem Gesetz und liegt bei dieser eindeutigen Rechtslage keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Zu § 34 Abs. 8 EStG 1988 und den angeführten Verordnungen liegt eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; ) vor. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von im Streitfall ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab, die im Wege der freien Beweiswürdigung beurteilt wurden. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.

Wien, am

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ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7102334.2020

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