Normenprüfung (VfGH) – Einzel - Beschluss, BFG vom 14.01.2020, RN/7100010/2019

Abzinsung von Jubiläumsgeldrückstellungen

Beachte

Beim VfGH anhängig zur Zl. G 11/2020. Mit Erk. v. abgewiesen, soweit sich die Anträge gegen die Wortfolgen "sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder" in § 9 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, idF BGBl. I Nr. 28/1999 und ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 71/2003 sowie § 14 Abs. 12 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 28/1999 richten, werden sie abgewiesen. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache Beschwerdeführerin, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom , betreffend Antrag auf Aufhebung des Feststellungsbescheides Gruppenmitglied 2016 gemäß § 299 BAO den Beschluss:

Das Bundesfinanzgericht stellt gemäß Art 140 Abs. 1 Z 1 lit a B-VG an den Verfassungsgerichtshof den

Antrag,

der Verfassungsgerichtshof möge

1. § 14 Abs. 6 Z 6 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit a des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003;

2. in eventu, die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003;

3. in eventu, die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge "oder Jubiläumsgelder" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003;

4. in eventu, die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007;

5. in eventu, § 14 Abs. 6 Z 6 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit a des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 dritter Satz desselben Bundesgesetzes in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007;

6. in eventu, die Wortfolge "sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder" in § 9 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 1 Z 1 des Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999 sowie die Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003 sowie § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 1 Z 2 a und b des Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999;

als verfassungswidrig aufheben.

Begründung

I. Ausgangslage

Beim Bundesfinanzgericht ist zur GZ RV/7105011/2019 eine Beschwerde gegen die bescheidmäßige Abweisung der belangten Behörde des Antrags auf Aufhebung des Feststellungsbescheides betreffend die Einkünftefeststellung der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied im Jahr 2016 anhängig, der folgender antragswesentlicher Sachverhalt zugrunde liegt:

In der UGB-Bilanz der Beschwerdeführerin waren zum Rückstellungen für Abfertigungen iHv EUR 415.713,87 sowie sonstige Rückstellungen iHv insgesamt EUR 531.458,06 ausgewiesen. Die sonstigen Rückstellungen setzten sich zusammen aus einer Rückstellung für Prämien sowie einer Rückstellung für Prüfungskosten, für Versicherungen und für sonstigen Betriebsaufwand. Ebenfalls enthalten waren Rückstellungen für nicht konsumierten Urlaub und Rückstellungen für Jubiläumsgelder.

In der Körperschaftsteuererklärung der Beschwerdeführerin für das Jahr 2016 erfolgte im Rahmen der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung eine Korrektur der Personalrückstellungen iSd §§ 9 und 14 EStG 1988 iHv -13.062,54, die sich wie folgt darstellte:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abfertigungsrückstellung (in EUR)
UGB-Bilanz
Steuerbilanz
415.713,87
191.544,92
395.941,96
186.317,29
Differenz
19.771,91
5.227,63
14.544,28
Jubiläumsgeldrückstellung (in EUR)
UGB-Bilanz
Steuerbilanz
208.239,70
96.527,65
197.003,54
86.859,68
Differenz
11.236,16
9.667,97
1.568,19
Rückstellung für nicht konsumierten Urlaub (in EUR)
UGB-Bilanz
Steuerbilanz
79.780,58
70.097,03
104.909,31
92.175,83
Differenz
-25.128,73
-22.078,80
-3.049,93
Korrektur in Körperschaftsteuererklärung: -13.062,54

Entsprechend den gesetzlichen Regelungen der §§ 9 und 14 EStG 1988 wurden die im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht beschwerdegegenständlichen Personalrückstellungen für Jubiläumsgelder gemäß § 14 Abs. 6 Z 6 EStG 1988 iVm § 14 Abs. 12 EStG 1988 mit 6 % abgezinst.

Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde das Einkommen der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied im Jahr 2016 mit EUR 1.486.637,14 fest, in dessen Ermittlung die beschwerdegegenständlichen Jubiläumsrückstellungen eingeflossen sind.

Infolge einer Außenprüfung für den Zeitraum 2012-2016 betreffend Umsatzsteuer, Kapitalertragsteuer, Körperschaftsteuer und Kammerumlage erfolgte mit Bescheid vom die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Einkünftefeststellung der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied im Jahr 2016. Mit Sachbescheid vom selben Tag stellte die belangte Behörde folglich das Einkommen der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied im Jahr 2016 mit EUR 1.496.369,75 fest.

Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Aufhebung des Feststellungsbescheides der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied für das Jahr 2016 gemäß § 299 BAO. Zur Unrichtigkeit des Spruches führte sie dabei begründend im Wesentlichen verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Abzinsung der streitgegenständlichen Jubiläumsgeldrückstellungen ins Treffen.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Feststellungsbescheides der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied für das Jahr 2016 ab.

In der dagegen am erhobenen Beschwerde wendete die Beschwerdeführerin zur Unrichtigkeit des Spruches des Feststellungsbescheides der Beschwerdeführerin als Gruppenmitglied für das Jahr 2016 verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedlichen Abzinsungsfaktoren der (langfristigen) Personalrückstellungen gemäß § 14 EStG 1988 und der langfristigen Rückstellungen gemäß § 9 EStG 1988 ein. Die Beschwerde wurde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 3 BAO dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

II. Rechtslage

§ 9 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl Nr 400/1988 idF BGBl I Nr 13/2014 (im Folgenden EStG 1988) lautet auszugsweise wie folgt:

"Rückstellungen

§ 9. (1) Rückstellungen können nur gebildet werden für

1. Anwartschaften auf Abfertigungen,

2. laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen,

3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten, wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen.

4. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

(2) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder sind nach § 14 zu bilden.

(3) [...]

(4) [...]

(5) Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 sind mit dem Teilwert anzusetzen. Der Teilwert ist mit einem Zinssatz von 3,5% abzuzinsen, sofern die Laufzeit der Rückstellung am Bilanzstichtag mehr als zwölf Monate beträgt."

§ 14 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl Nr 400/1988 idF BGBl I Nr 24/2007 (im Folgenden EStG 1988) lautet auszugsweise wie folgt:

"Vorsorge für Abfertigungen, Pensionen und Jubiläumsgelder

§ 14. (1) [...]

(2) [...]

(3) [...]

(4) [...]

(5) [...]

(6) Steuerpflichtige, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 oder § 5 ermitteln, können Pensionsrückstellungen bilden für:

- Direkte Leistungszusagen in Rentenform im Sinne des Betriebspensionsgesetzes.

- Schriftliche und rechtsverbindliche Pensionszusagen in Rentenform, die keine über § 8 und § 9 des Betriebspensionsgesetzes hinausgehende Widerrufs-, Aussetzungs- und Einschränkungsklauseln enthalten.

Für die Bildung gilt folgendes:

1. Die Pensionsrückstellung ist nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik zu bilden.

2. Die Pensionsrückstellung ist erstmals im Wirtschaftsjahr der Pensionszusage zu bilden, wobei Veränderungen der Pensionszusage wie neue Zusagen zu behandeln sind. Als neue Zusagen gelten auch Änderungen der Pensionsbemessungsgrundlage und Indexanpassungen von Pensionszusagen.

3. Der Rückstellung ist im jeweiligen Wirtschaftsjahr soviel zuzuführen, als bei Verteilung des Gesamtaufwandes auf die Zeit zwischen Pensionszusage und dem vorgesehenen Zeitpunkt der Beendigung der aktiven Arbeits- oder Werkleistung auf das einzelne Wirtschaftsjahr entfällt.

4. [...]

5. [...]

6. Der Bildung der Pensionsrückstellung ist ein Rechnungszinsfuß von 6 % zugrunde zu legen.

(7) Für die Pensionsrückstellung besteht folgendes Deckungserfordernis:

[...]

(8) Abs. 6 und Abs. 7 gilt auch für Rückstellungen, die für Zusagen von Kostenersätzen für Pensionsverpflichtungen eines Dritten gebildet werden.

(9) Wird eine Pension zugesagt, für die von einem früheren Arbeitgeber (Vertragspartner) des Leistungsberechtigten Vergütungen gewährt werden, ist bei der Bildung der Pensionsrückstellung von der Höhe dieser Vergütungen, höchstens jedoch von dem nach Abs. 6 ermittelten Ausmaß auszugehen.

(10) [...]

(11) [...]

(12) Für die Bildung von Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anläßlich eines Dienstjubiläums gilt folgendes: Die Bildung einer Rückstellung ist nur bei kollektivvertraglicher Vereinbarung, bei Betriebsvereinbarung oder bei anderen schriftlichen, rechtsverbindlichen und unwiderruflichen Zusagen zulässig. Die Rückstellung ist unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 6 Z 1 bis 3, des Abs. 6 Z 6 sowie der Abs. 8 und 9 zu bilden; eine Bildung nach den Regeln der Finanzmathematik ist zulässig.

(13) [...]"

III. Bedenken des Bundesfinanzgerichtes

1. Zulässigkeit

Das Bundesfinanzgericht kann nach § 62 Abs. 2 VfGG einen Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen stellen, wenn das Gesetz vom Bundesfinanzgericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden oder wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist.

Die beim Bundesfinanzgericht anhängige Beschwerdesache betraf die Feststellung des Einkommens der beschwerdeführenden GmbH für das Jahr 2016.

Die Beschwerdeführerin unterlag im Streitzeitraum gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Nach § 7 Abs. 1 KStG 1988 war der Körperschaftsteuer für das Jahr 2016 jenes Einkommen zu Grunde zu legen, das die Beschwerdeführerin innerhalb diesen Jahres bezogen hat. Das Einkommen ermittelte sich dabei nach den Vorschriften des Einkommen- und Körperschaftsteuergesetzes. Da die Beschwerdeführerin nach § 189 UGB aufgrund ihrer Rechtsform rechnungslegungspflichtig war, bezog sie iSd Einkünftetransformation des § 7 Abs. 3 KStG 1988 gewerbliche Einkünfte gemäß § 23 EStG 1988 und ermittelte folglich ihren Gewinn nach § 5 EStG 1988.

Nach dem in § 5 EStG 1988 normierten Maßgeblichkeitsprinzip waren für die steuerliche Gewinnermittlung der Beschwerdeführerin die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend, sofern dem keine abweichenden, zwingenden steuerrechtlichen Vorschriften entgegenstanden. Derartige abweichende Regelungen sieht das Einkommensteuergesetz für die Bildung von Rückstellungen vor, weswegen in der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2016 von der Beschwerdeführerin dahingehend eine Korrektur im Rahmen der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung durchgeführt wurde.

Gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1988 können steuerrechtlich Rückstellungen nur eingeschränkt für (1) Anwartschaften auf Abfertigungen, (2) laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen, (3) sonstige ungewisse Verbindlichkeiten, wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen und (4) drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet werden. Die Grundnorm des § 9 EStG 1988 verweist in Abs. 2 für die Bildung von Rückstellungen iSd Abs. 1 Z 1 (Abfertigungsrückstellungen) und 2 (Pensionsrückstellungen) sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder hinsichtlich ihrer Bildung auf die Spezialnorm des § 14 EStG 1988. Da die Grundnorm des § 9 EStG 1988 die Zulässigkeit der steuerlichen Rückstellungsbildung absteckt ("Rückstellungen können nur gebildet werden für"), steht diese in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Spezialnorm des § 14 EStG 1988.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011, 20.154/2017). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit - sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen - beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; ; , G 640/2015 ua).

Das Bundesfinanzgericht hat nach den obigen Ausführungen im Beschwerdefall beide Normen in Zusammenschau anzuwenden, sodass sowohl die Grundnorm des § 9 EStG 1988 als auch die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 präjudiziell sind.

Sowohl § 9 EStG 1988 als auch § 14 EStG 1988 sehen Regelungen zur Abzinsung langfristiger Rückstellungen vor. Für die Bildung der beschwerdegegenständlichen Jubiläumsgeldrückstellungen sieht die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 Besonderheiten vor. Die Beschwerdeführerin hatte aufgrund der Spezialregelung der Bildung der beschwerdegegenständlichen Jubiläumsgeldrückstellung nach § 14 Abs. 6 Z 6 iVm § 14 Abs. 12 EStG 1988 einen Rechnungszinsfuß von 6 % zugrunde zu legen, wohingegen langfristige Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach § 9 Abs. 5 EStG 1988 mit einem Zinssatz von 3,5 % abzuzinsen gewesen wären.

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 14 Abs. 6 Z 6 EStG 1988 und § 14 Abs. 12 EStG 1988 änderte der Gesetzgeber zuletzt mit dem Budgetbegleitgesetz 2007, BGBl I Nr 24/2007. Nach den Übergangsvorschriften des § 124b Z 137 dritter Satz EStG 1988 waren diese Fassungen erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem begonnen haben.

§ 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 wurde zuletzt mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I Nr 71/2003 geändert. Gemäß § 124b Z 78 EStG 1988 war die Bestimmung erstmals auf Veranlagungen für das Kalenderjahr 2004 anzuwenden. § 9 Abs. 2 EStG 1988 wurde zuletzt mit dem Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999 geändert und trat mit in Kraft. Mit Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I Nr 13/2014 fasste der Gesetzgeber die Bestimmung des § 9 Abs 5 EStG 1988 neu und sah gemäß § 124b Z 251 lit a und b EStG 1988 die erstmalige Anwendbarkeit dieser Fassung für Wirtschaftsjahre vor, die nach dem enden.

Da die genannten Bestimmungen nach den jeweils angeführten gesetzlichen Änderungen unverändert blieben, waren sie für die Feststellung des Einkommens der Beschwerdeführerin für das Jahr 2016 einschlägig und vom Bundesfinanzgericht im Beschwerdefall unmittelbar anzuwenden. Die vom Bundesfinanzgericht angefochtenen Normen sind daher präjudiziell. Die Aufhebung der beantragten Stellen des Gesetzes hätte auf die beim Bundesfinanzgericht anhängige Rechtssache die Auswirkung, dass steuerlich der Bildung der Rückstellungen für Jubiläumsgelder kein Rechnungszinsfuß von 6 % zugrunde zu legen wäre.

2. Ungleichbehandlung langfristiger Rückstellungen (Art 7 B-VG; Art 2 StGG)

A. Allgemeines

Die Bildung von Rückstellungen ist der Unternehmensbilanz wesensimmanent und ergibt sich aus den unternehmensrechtlichen Grundsätzen des Vollständigkeitsgebotes (§ 196 Abs. 1 UGB), des Imparitätsprinzipes (§ 201 Abs. 2 Z 4 UGB) und des Periodenprinzipes (§ 201 Abs. 2 Z 5 UGB) (vgl Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG12, § 9 Tz 4/1). Nach dem Imparitätsprinzip müssen Verluste bereits dann ausgewiesen werden, wenn sie zu erwarten sind und nicht erst wie Gewinne, im Zeitpunkt ihrer Realisation. Dies ist Ausfluss des im Unternehmensrecht vorherrschenden Gläubigerschutzes und des Vorsichtsprinzipes.

Der Gläubigerschutz und das Vorsichtsprinzip sind jedoch keine Maßstäbe der steuerlichen Bilanzierung, die die tatsächlichen Verhältnisse entsprechend dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit erfassen möchte (vgl Kirchmayr/Bodis/Hammerl in Doralt/Ruppe I12, Rz 200). Der Gedanke der Rückstellungsbildung aus Gründen der vorsichtigen Bilanzierung ist dem Steuerrecht daher grundsätzlich fremd, weshalb bis zum Steuerreformgesetz 1993, BGBl Nr 818/1993, ausdrückliche Regelungen zu den Rückstellungen im Einkommensteuergesetz - mit Ausnahme der Vorsorge für Abfertigungen und Pensionsverpflichtungen nach § 14 EStG 1988 - fehlten. Diese fanden lediglich im Wege der Maßgeblichkeit nach § 5 EStG 1988 Eingang in die steuerliche Bilanzierung. Eine Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen besteht daher nur im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988, wohingegen für die steuerliche Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ein Wahlrecht besteht. Im Rahmen der vereinfachten Einnahmen-Ausgabenrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 ist die Bildung von Rückstellungen nicht zulässig.

B. Rückstellungen iSd § 9 EStG 1988

Mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl Nr 818/1993, wurde ausdrücklich ein steuerlicher Rückstellungsbegriff geschaffen, der - am Leistungsfähigkeitsprinzip orientiert - gewisse Abweichungen vom Unternehmensrecht vorsieht (EBRV 324 BlgNR, 18. GP 130). Dabei stand die Objektivierung des steuerlich maßgeblichen Rückstellungsbegriffs im Vordergrund.

Zulässig war nunmehr die Bildung jener in § 9 EStG 1988, BGBl Nr 818/1993 angeführten Rückstellungen für "verbindlichkeitsnahe" Passivpositionen:

1. Anwartschaften auf Abfertigungen,

2. laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen,

3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten,

4. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.

Die Abzinsung von (langfristigen) Rückstellungen war nach § 9 EStG 1988 idF Steuerreformgesetz 1993 noch nicht vorgesehen. Mit Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl I Nr 142/2000, wurde stattdessen ein pauschaler Rückstellungsansatz iHv 80 % des Teilwertes für Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen vorgesehen, wenn die Laufzeit am Bilanzstichtag mehr als zwölf Monate betrug (langfristige Rückstellung). Nach den Gesetzesmaterialien sollte durch diese Neuregelung der Vorteil aus der verzinslichen Anlage der Steuerersparnis abgeschöpft werden. Der pauschale Ansatz anstelle einer Abzinsung mit einem bestimmten Rechnungszinsfuß wurde dabei aus Vereinfachungsgründen vorgesehen (vgl EBRV 311 BlgNr 21. GP, 167). Ausgenommen von dieser Pauschalregelung waren die den Sonderregelungen des § 14 EStG 1988 unterliegenden Abfertigungs-, Pensions- und Jubiläumsgeldrückstellungen.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014, BGBl I Nr 13/2014, ging der Gesetzgeber von dem pauschal gewählten Ansatz ab und sah auch für langfristige Rückstellungen nach § 9 Abs. 5 EStG 1988 einen Abzinsungsfaktor für Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen vor. Nunmehr waren Rückstellungen mit dem Teilwert anzusetzen (unverzinster Erfüllungsbetrag) und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Laufzeit abzuzinsen. Der Zinsfuß wurde dabei im Gegensatz zu den Personalrückstellungen nach § 14 EStG 1988 nicht mit 6 %, sondern mit 3,5 % normiert (vgl weiterführend Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 9 Rz 20). Der Gesetzgeber sah sich vor allem vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Laufzeiten von Rückstellungen zum Abgang von dem pauschalen Ansatz veranlasst, um die Gleichbehandlung zu gewährleisten. Veranschaulicht wird dies in den Gesetzesmaterialien durch die beispielhafte Gegenüberstellung von Prozesskostenrückstellungen mit "sehr kurzer Laufzeit" von zwei Jahren und Altlastensanierungsrückstellungen mit "sehr langer" Laufzeit von 20 Jahren. Drohverlust- und Verbindlichkeitsrückstellungen nach § 9 EStG 1988 waren nunmehr mit ihrem über die Laufzeit mit 3,5 % abgezinsten Teilwert anzusetzen. In Anlehnung an das deutsche Einkommensteuergesetz, das die Abzinsung langfristiger Rückstellungen mit 5,5 % vorsieht, hat sich der österreichische Gesetzgeber aus Vereinfachungsgründen für einen Fixzinssatz iHv 3,5 % entschieden (vgl EBRV 24 BlgNr, 25. GP 3). Da nach § 9 Abs. 5 EStG 1988 abzuzinsen ist, wenn die Restlaufzeit der Rückstellung mehr als zwölf Monate beträgt, ist eine genauere Bestimmung des Erfüllungszeitpunktes notwendig um eine finanzmathematische bzw versicherungsmathematische Abzinsung vornehmen zu können (vgl Moser, Langfristige Rückstellungen nach § 9 Abs 5 EStG idF AbgÄG 2014 - viele Detailfragen bedürfen der Interpretation, taxlex 2014, 381).

§ 9 EStG 1988 erlaubt grundsätzlich auch die Bildung von Ansammlungsrückstellungen. Darunter sind Rückstellungen zu verstehen, die sukzessive, über Jahre hinweg gleichbleibend aufgebaut werden und deren wirtschaftliche Verursachung der Verpflichtung über mehrere Jahre verteilt ist (vgl bspw sowie weiterführend Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 9 Rz 18 und 41). Eine Spezialnorm für Ansammlungsrückstellungen dem Grunde nach besteht demnach nicht; § 14 EStG 1988 normiert sieht nur spezielle Regelungen für bestimmte Personalrückstellungen wie die beschwerdegegenständlichen Jubiläumsgeldrückstellungen vor. Die Abzinsung von (nicht gesondert in § 14 EStG 1988 normierten) Ansammlungsrückstellungen erfolgt dabei nach den Grundsätzen des § 9 EStG 1988 (vgl Mayr, Abzinsung von Rückstellungen und Verbindlichkeiten, RdW 2014/182, 152).

C. Rückstellungen iSd § 14 EStG 1988

Die Bildung von Rückstellungen für die Vorsorge von Abfertigungen und Pensionen war bereits im Einkommensteuergesetz 1972 vorgesehen. Schon damals war für die mit dem 2. Abgabenänderungsgesetz 1977, BGBl Nr 645/1977 ausdrücklich normierten Pensionsrückstellungen eine Abzinsung vorgesehen. § 14 Abs. 7 EStG 1972 idF BGBl Nr 645/1977 erlaubte die Bildung der Pensionsrückstellung iHv 80 % der Pensionszusage (Abs. 6), der ein Rechnungszinsfuß von 8 % zugrunde zu legen war. Dies galt nach Abs. 8 leg cit nur dann nicht, wenn dem Arbeitgeber die Aufgaben der gesetzlichen Sozialversicherung übertragen wurden. Mit dieser Einschränkung ist der Gesetzgeber von der bis dahin bestehenden Verwaltungsanweisung und Rechtsprechung, die die Rückstellungsbildung für Pensionszusagen schon vor der gesetzlichen Regelung zuließ, abgewichen (vgl EBRV 626 BlgNR, 14. GP 13). Grund hiefür war ein vielfach unangemessen hohes Ausmaß dieser Bilanzposten, das zur drastischen Reduktion steuerlicher Gewinne führte (vgl EBRV 626 BlgNR, 14. GP 12).

Mit dem Einkommensteuergesetz 1988, BGBl Nr 400/1988, wurden die Regelungen für die Rückstellungsbildung des Sozialkapitals angepasst, wobei die Abzinsung für Pensionsrückstellungen dem Grunde nach beibehalten wurde, jedoch von 8 % auf 6 % reduziert wurde. Die Einschränkung der Bildung auf 80 % der Pensionszusage wurde aufgegeben, wobei nunmehr die zugesagte Pension 80 % des letzten laufenden Aktivbezugs nicht übersteigen durfte. Wie bereits im Einkommensteuergesetz 1972 galten die Einschränkungen nicht, sofern dem Arbeitgeber die Aufgaben der gesetzlichen Pensionsversicherung übertragen wurden (vgl § 14 Abs. 8 EStG 1988 idF BGBl Nr 400/1988; nunmehr § 14 Abs. 10 EStG 1988 idF BGBl I Nr 24/2007).

Jubiläumsgeldrückstellung

Die Bildung von Rückstellungen für Jubiläumsgelder war nach § 9 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl Nr 818/1993 ausgeschlossen. Diese Regelung wurde vom Verfassungsgerichtshof jedoch mit Erkenntnis vom , G 403/97, aufgehoben. Mit Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999, verankerte der Gesetzgeber die Besteuerung von Jubiläumsgeldrückstellungen in Anlehnung an die Pensionsrückstellungen in § 14 EStG 1988. Dementsprechend wurde ebenfalls ein Abzinsungsfaktor iHv 6 % vorgesehen (vgl auch EBRV 1471 BlgNr, 20. GP 19), der auch in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung in dieser Höhe zur Anwendung kam.

Rückstellungen für Jubiläumsgelder sind zwar grundsätzlich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu bilden (vgl § 14 Abs. 6 Z 1 EStG 1988), allerdings ist die Berechnung nach finanzmathematischen Grundsätzen zulässig (vgl § 14 Abs. 12 letzter Satz EStG 1988). Bei der finanzmathematischen Methode wird der zum Jubiläumsstichtag zu zahlende Betrag lediglich abgezinst. Die Versicherungsmathematik berücksichtigt zusätzlich zum Zinsfaktor die Wahrscheinlichkeit, dass das Jubiläumsgeld nicht ausbezahlt werden muss, weil der Arbeitnehmer wegen Invalidität oder Todesfall nicht mehr aktiv ist (vgl Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2019, § 14 Rz 77). In beiden Fällen ist die Wahrscheinlichkeit eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb (Fluktuationsabschlag aufgrund Kündigung bzw Entlassung) zu berücksichtigen (vgl Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG12, § 14 Tz 70). Sowohl bei der versicherungsmathematischen als auch bei der vereinfachten finanzmathematischen Berechnungsmethode ist ein Rechnungszinssatz von 6 % zu Grunde zu legen.

C. Bedenken des Bundesfinanzgerichtes an der unterschiedlichen Höhe der Zinssätze für die Bildung langfristiger Rückstellungen

Das Bundesfinanzgericht hegt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen in der anhängigen Beschwerdesache verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der unterschiedlichen Abzinsungsfaktoren von 3,5 % für die Bildung von langfristigen Rückstellungen nach § 9 Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl I Nr 13/2014 und 6 % für die Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen nach § 14 Abs 12 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 24/2007 iVm § 14 Abs. 6 Z 6 EStG 1988 idF BGBl I Nr 24/2007.

Der verfassungsgesetzliche Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich und Ungleiches gleich zu behandeln, wobei er ihm nicht verwehrt, sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber muss an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen, weshalb Ungleichbehandlungen stets einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen (zB VfSIg 13.477/1993). Der Gleichheitssatz enthält ein "Verbot sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen" und ein allgemeines und umfassendes Sachlichkeitsgebot, dem jegliches Staatshandeln zu entsprechen hat (vgl Berka, Verfassungsrecht, Rz 1640 und 1644).

In ständiger Rechtsprechung anerkennt der Verfassungsgerichtshof einen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, innerhalb dessen es dem Gesetzgeber freisteht, seine politischen Ziele auf die ihm geeignete Art zu verfolgen. Der Gesetzgeber ist dabei bei der Wahl der Mittel weitgehend frei, er darf jedoch keine zur Zielerreichung völlig ungeeigneten Mittel oder Mittel vorsehen, die zwar an sich geeignet wären, die aber zu einer sachlich nicht begründeten Ungleichbehandlung führen. Die vom Gesetzgeber eingesetzten Mittel müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein, sodass die damit verbundenen Ungleichbehandlungen gerechtfertigt werden können (vgl VfSIg 11775). Der Gleichheitssatz ist daher verletzt, wenn es für eine Ungleichbehandlung keinen rechtfertigenden Grund gibt (vgl Berka, Art 7 B-VG, in Kneihs/Lienbacher, Rill-Schäffer Kommentar Bundesverfassungsrecht, Rz 44).

Das Einkommensteuergesetz 1988 sieht für langfristige Rückstellungen iSd § 9 EStG 1988 einen Abzinsungsfaktor iHv 3,5 % und für schon dem Grunde nach ebenfalls langfristige Personalrückstellungen einen Abzinsungsfaktor iHv 6 % vor. Den der Beschwerde des Anlassfalles zugrunde liegenden Jubiläumsgeldrückstellungen ist die langfristige Bildung wesensimmanent, weil die Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums erfolgt.

§ 14 Abs. 12 EStG 1988 verweist zwar für die Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen sinngemäß auf Regelungen zur Bildung von Pensionsrückstellungen, jedoch unterscheiden sie sich von diesen wesentlich. Jubiläumsgelder werden im Wege der Einmalzahlung als "Treueprämie" an Arbeitnehmer gewährt, wohingegen Pensionszahlungen regelmäßig laufend nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ableben eines Arbeitnehmers zu leisten sind. In diesem Fall tritt der Vorsorgegedanke in den Vordergrund. Pensions- und Jubiläumsgeldrückstellungen verfolgen daher sowohl unterschiedliche Zielsetzungen als auch Ausgestaltungen. So sieht das Gesetz sowohl unternehmemsrechtlich (§ 211 UGB) als auch steuerrechtlich (§ 14 Abs. 12 EStG 1988) für Jubiläumsgeldrückstellungen eine vereinfachte finanzmathematische Ermittlung des Rückstellungsbetrages vor. Dahingegen ist der Rückstellungsbetrag für Pensionen sowohl unternehmensrechtlich (§ 211 UGB) als auch steuerrechtlich (§ 14 Abs. 6 Z 1 EStG 1988) zwingend nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln. Unternehmensrechtlich ist die Bildung von Rückstellungen für Jubiläumsgelder im Regelfall im Wege des vereinfachten Verfahrens nach finanzmathematischen Grundsätzen vorzunehmen, "weil die Auswirkung biometrischer Faktoren im Gegensatz zur Auswirkung bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen gering ist" (vgl AFRAC-Stellungnahme 27 Personalrückstellungen UBG Erläuterungen zu Rz 66 und 83). Folglich unterscheiden sich Pensions- und Jubiläumsgeldrückstellungen nicht nur hinsichtlich der Zielsetzung sondern im Regelfall auch in der Ermittlung ihrer Bemessungsgrundlage.

Der Verfassungsgerichtshof führte in seinem Prüfungsbeschluss zu dem zur GZ G 403/97 protokollierten Verfahren aus, dass hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Rückstellungen für Jubiläumsgelder keine sachliche Rechtfertigung für das Abweichen von den Grundsätzen des § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 vorhanden sein dürften.

Jubiläumsgelder werden Dienstnehmern anlässlich einer gewissen Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit gewährt und sind als Belohnungen für langjährige Tätigkeiten anzusehen. Jubiläumsgelder stellen folglich die Entlohnung für die in Vorperioden erbrachten Arbeitsleistungen dar. Ihre wirtschaftliche Verursachung liegt somit in Zeiträumen vor dem Bilanzstichtag (vgl , , 89/13/0007 sowie auch BFH , BStBl II 845). Dienstjubiläumsgelder, die auf einer rechtsverbindlichen Zusage beruhen, unterscheiden sich daher in nichts von sonstigen ungewissen Verbindlichkeiten gemäß § 9 Abs 1 Z 3 EStG 1988. Nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 403/97 haben sich diese Bedenken als zutreffend erwiesen (VfSlg 15040/1997).

Jubiläumsgeldrückstellungen nach § 14 EStG 1988 werden nach dem Ansammlungsverfahren gebildet. Die Bildung von Ansammlungsrückstellungen wird jedoch entsprechend der obigen Ausführungen auch für langfristige Rückstellungen iSd § 9 EStG 1988 als zulässig erachtet. Insoweit liegt keine Unterscheidung vor. Zwar regelt die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 ihrem Wesen nach langfristige Rückstellungen für Sozialkapital (Abfertigungen, Pensionen, Jubiläumsgeld), jedoch führen selbst die Gesetzesmaterialen zum Abgabenänderungsgesetz 2014 aus, dass langfristige Rückstellungen iSd § 9 Abs. 5 EStG 1988 ebenfalls einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten umfassen können (vgl EBRV 24 BlgNr 25. GP, 3). Gerade um eine steuerliche Gleichbehandlung trotz der unterschiedlichen Rückstellungdauer gewährleisten zu können, hat der Gesetzgeber mit dem Abgabenänderungsgesetz 2014 die Abzinsung langfristiger Rückstellungen eingeführt (vgl EBRV 24 BlgNr 25. GP, 3). Eine Unterscheidung von langfristigen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und jene für Jubiläumsgelder, kann somit dem Grunde nach nicht erkannt werden.

Unterschiede sieht das Gesetz hingegen hinsichtlich der Ermittlung des Rückstellungsbetrages vor. So sind Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten iSd § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 mit dem Teilwert anzusetzen; dieser entspricht dem unabgezinsten Erfüllungsbetrag (vgl Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 9 Rz 20). Dieser Betrag ist folglich mit 3,5 % abzuzinsen. Dahingegen sieht die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 die Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen grundsätzlich nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vor. Allerdings erklärt das Gesetz die Bildung nach finanzmathematischen Grundsätzen ausdrücklich für zulässig (vgl § 14 Abs. 12 EStG 1988); dh auch in diesem Fall ist der zum Jubiläumsstichtag zu zahlende (Erfüllungs-)Betrag lediglich abzuzinsen. Die Abzinsung erfolgt dabei mit dem Rechnungszinsfuß iHv 6 %.

Im Gegensatz zur Rechtslage in Deutschland (siehe Doralt, Pensionsrückstellungen und andere Rückstellungen: 6 % und 5,5 % Abzinsung verfassungswidrig?, FR 2018, 347) sieht das österreichische Einkommensteuergesetz ein Abweichen von 2,5-Prozentpunkten hinsichtlich der Behandlung von langfristigen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten von jenen für Jubiläumsgelder vor. Da der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom , G 403/97, bereits ausgesprochen hat, dass sich Jubiläumsgelder in nichts von sonstigen ungewissen Verbindlichkeiten unterscheiden, hegt das Bundesfinanzgericht Zweifel, ob eine derart beachtliche Unterscheidung hinsichtlich der Abzinsungssätze (3,5 % und 6 %) sachlich gerechtfertigt ist.

D. Aufhebungsumfang

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994, mwN 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aufgrund der oben dargelegten Bedenken stellt das Bundesfinanzgericht den Antrag:

1. § 14 Abs. 6 Z 6 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit a des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003, aufzuheben.

Durch die Streichung der Z 6 in § 14 Abs. 6 EStG 1988 würde sowohl für Pensionsrückstellungen als auch für Jubiläumsgeldrückstellungen die Verzinsung mit einem Rechnungszinsfuß iHv 6 % beseitigt werden. Dadurch würde der Verweis ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 EStG 1988 ins Leere laufen, weswegen dieser aufgehoben werden könnten. Dass eine Verzinsung jedoch zu erfolgen hat, ergibt sich aus den versicherungs- bzw finanzmathematischen Grundsätzen, die für die Bildung von Jubiläums- und Pensionsrückstellungen nach § 14 EStG 1988 maßgebend sind.

Die Aufhebung der Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 würde bewirken, dass Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten wie Jubiläumsgelder gebildet werden dürften. Die Zulässigkeit der Bildung von Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen ergibt sich bereits aus § 9 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988. Der Ausschluss der Bildung nach Z 3 leg cit ist bei verfassungskonformer Wortinterpretation entbehrlich; für Jubiläumsgeldrückstellungen uU sogar erforderlich, weil ihre Bildung derzeit dem Wortlaut nach nicht von § 9 Abs. 1 EStG 1988 zugelassen wird. § 9 Abs. 2 EStG 1988 würde weiterhin klar stellen, dass für Pensions-, Abfertigungs- und Jubiläumsgeldrückstellungen die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 hinsichtlich deren Bildung maßgebend sei. Demnach käme durch die Aufhebung der Wortfolge in § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 zwar § 9 Abs. 5 EStG 1988 für sämtliche sonstige ungewisse Verbindlichkeiten iSd § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dem Grunde nach zur Anwendung. § 9 Abs. 2 EStG 1988 würde jedoch weiterhin die Maßgeblichkeit der Spezialnorm des § 14 EStG 1988 für die Bildung von Pensions-, Abfertigungs- und Jubiläumsgeldrückstellungen sicher stellen. Zudem würde der Wortlaut des § 9 Abs. 5 EStG 1988 bei verfassungskonformer Interpretation die Verzinsung von Pensions- und Abfertigungsrückstellungen entsprechend dieser Regelung ausschließen. Die Vorrangwirkung der Spezialnorm des § 14 EStG 1988 würden zudem ausschließen, dass § 9 Abs. 5 EStG 1988 erster Satz für die Bildung langfristiger Jubiläumsgeldrückstellungen einschlägig werden würde. Stattdessen würde die verfassungskonforme Interpretation des § 9 Abs. 5 zweiter Satz EStG 1988 die Anwendung des Zinssatzes iHv 3,5 % auch auf die nach den Grundsätzen des § 14 EStG 1988 ermittelte Bemessungsgrundlage für Jubiläumsgelder als langfristige ungewisse Verbindlichkeiten erreichen. Sowohl Abfertigungs- als auch Pensionsrückstellungen würden jedoch aufgrund ihrer Besonderheiten nicht in die Verzinsung mit 3,5 % mit einbezogen werden.

2. in eventu, die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003, aufzuheben.

Durch die Aufhebung des Verweises (", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 EStG 1988) auf den für die Bildung von Pensionsrückstellungen maßgebenden Rechnungszinsfuß würden die Jubiläumsgeldrückstellungen von den hinsichtlich Bildung und Zielsetzung zu unterscheidenden Pensionsrückstellungen entkoppelt werden. Die Aufhebung der Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 würde bewirken, dass Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten wie Jubiläumsgelder gebildet werden dürften. Die Zulässigkeit der Bildung von Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen ergibt sich bereits aus § 9 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988. Der Ausschluss der Bildung nach Z 3 leg cit ist bei verfassungskonformer Wortinterpretation entbehrlich; für Jubiläumsgeldrückstellungen uU sogar erforderlich, weil ihre Bildung derzeit dem Wortlaut nach nicht von § 9 Abs. 1 EStG 1988 zugelassen wird. § 9 Abs. 2 EStG 1988 würde weiterhin klar stellen, dass für Pensions-, Abfertigungs- und Jubiläumsgeldrückstellungen die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 hinsichtlich deren Bildung maßgebend sei. Demnach käme durch die Aufhebung der Wortfolge in § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 zwar § 9 Abs. 5 EStG 1988 für sämtliche sonstige ungewisse Verbindlichkeiten iSd § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dem Grunde nach zur Anwendung. § 9 Abs. 2 EStG 1988 würde jedoch weiterhin die Maßgeblichkeit der Spezialnorm des § 14 EStG 1988 für die Bildung von Pensions-, Abfertigungs- und Jubiläumsgeldrückstellungen sicher stellen. Zudem würde der Wortlaut des § 9 Abs. 5 EStG 1988 bei verfassungskonformer Interpretation die Verzinsung von Pensions- und Abfertigungsrückstellungen entsprechend dieser Regelung ausschließen. Die Vorrangwirkung der Spezialnorm des § 14 EStG 1988 würden zudem ausschließen, dass § 9 Abs. 5 EStG 1988 erster Satz für die Bildung langfristiger Jubiläumsgeldrückstellungen einschlägig werden würde. Stattdessen würde die verfassungskonforme Interpretation des § 9 Abs. 5 zweiter Satz EStG 1988 die Anwendung des Zinssatzes iHv 3,5 % auch auf die nach den Grundsätzen des § 14 EStG 1988 ermittelte Bemessungsgrundlage für Jubiläumsgelder als langfristige ungewisse Verbindlichkeiten erreichen. Sowohl Abfertigungs- als auch Pensionsrückstellungen würden jedoch aufgrund ihrer Besonderheiten nicht in die Verzinsung mit 3,5 % mit einbezogen werden.

3. in eventu, die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge "oder Jubiläumsgelder" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003, aufzuheben.

Durch die Aufhebung des Verweises (", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 EStG 1988) auf den für die Bildung von Pensionsrückstellungen maßgebenden Rechnungszinsfuß würden die Jubiläumsgeldrückstellungen von den hinsichtlich Bildung und Zielsetzung zu unterscheidenden Pensionsrückstellungen entkoppelt werden. Die Aufhebung der Wortfolge "oder Jubiläumsgelder" § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 würde bewirken, dass § 9 Abs. 5 EStG 1988 für Jubiläumsgeldrückstellungen als sonstige ungewisse Verbindlichkeiten iSd § 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dem Grunde nach anwendbar werden würde. § 9 Abs. 2 EStG 1988 stellt jedoch weiterhin die Maßgeblichkeit der Spezialnorm des § 14 EStG 1988 für die Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen sicher. Die Vorrangwirkung der Spezialnorm des § 14 EStG 1988 würde ausschließen, dass § 9 Abs. 5 EStG 1988 erster Satz für die Bildung langfristiger Jubiläumsgeldrückstellungen einschlägig werden würde. Stattdessen würden die verfassungskonforme Interpretation des § 9 Abs. 5 zweiter Satz EStG 1988 die Anwendung des Zinssatzes iHv 3,5 % auch auf die nach den Grundsätzen des § 14 EStG 1988 ermittelte Bemessungsgrundlage für Jubiläumsgelder als langfristige ungewisse Verbindlichkeiten erreichen. Pensionsrückstellungen würden aufgrund ihrer Besonderheiten nicht in die Verzinsung mit 3,5 % mit einbezogen werden.

4. in eventu, die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007, aufzuheben.

Durch die Aufhebung des Verweises (", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 EStG 1988) auf den für die Bildung von Pensionsrückstellungen maßgebenden Rechnungszinsfuß würden die Jubiläumsgeldrückstellungen von den hinsichtlich Bildung und Zielsetzung zu unterscheidenden Pensionsrückstellungen entkoppelt werden, wodurch die Gleichbehandlung von Ungleichem beseitigt werden würde. Da Jubiläumsgeldrückstellungen sowohl nach versicherungsmathematischen als auch nach finanzmathematischen Grundsätzen ein Rechnungszinsfuß zu Grunde zu legen ist, könnte im Wege einer verfassungskonformen Interpretation zu einer analogen Anwendung des in § 9 Abs. 5 EStG 1988 für die Bildung von langfristigen Rückstellungen festgelegten Zinssatzes iHv 3,5 % gelangt werden, sofern der Gesetzgeber keine andere Regelung vorsehen würde.

5. in eventu, § 14 Abs. 6 Z 6 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 3 Z 9 lit a des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007 sowie die Wortfolge ", des Abs. 6 Z 6" in § 14 Abs. 12 dritter Satz desselben Bundesgesetzes in der Fassung des Art 3 Z 9 lit h des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl I Nr 24/2007, aufzuheben.

Die Streichung der Z 6 in § 14 Abs. 6 EStG 1988 würden sowohl für Pensionsrückstellungen als auch für Jubiläumsgeldrückstellungen die Verzinsung mit einem Rechnungszinsfuß iHv 6 % beseitigt werden. Dass eine Verzinsung jedoch zu erfolgen hat, ergibt sich aus den versicherungs- bzw finanzmathematischen Grundsätzen, die für die Bildung von Jubiläums- und Pensionsrückstellungen nach § 14 EStG 1988 maßgebend sind. Die Höhe des Rechnungszinsfußes wäre dabei im Wege einer verfassungskonformen Interpretation unter Berücksichtigung des Maßgeblichkeitsprinzipes zu ermitteln.

6. in eventu, die Wortfolge "sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder" in § 9 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 1 Z 1 des Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999 sowie die Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" in § 9 Abs. 1 Z 3 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 39 Z 6 des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I Nr 71/2003 sowie § 14 Abs. 12 des Bundesgesetzes vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988, BGBl Nr 400/1988) in der Fassung des Art 1 Z 2 a und b des Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999, aufzuheben.

Durch die Streichung der Wortfolge "sowie Rückstellungen für Jubiläumsgelder" in § 9 Abs. 2 EStG 1988 sowie des § 14 Abs. 12 würde die Generalnorm des § 9 EStG 1988 für die Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen ausschließlich maßgeblich werden. Die Streichung der Wortfolge ", wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen" würde sicherstellen, dass Jubiläumsgeldrückstellungen auch weiterhin nach Maßgabe des § 9 EStG 1988 gebildet werden können. Da sich Dienstjubiläumsgelder, die auf einer rechtsverbindlichen Zusage beruhen, in nichts von sonstigen ungewissen Verbindlichkeiten gemäß § 9 Abs 1 Z 3 EStG 1988 unterscheiden, erscheint die Gleichbehandlung nach den Grundsätzen des § 9 EStG 1988 gerechtfertigt bzw. sogar geboten.

Das Bundesfinanzgericht erlaubt sich abschließend darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung noch eine größere Anzahl an vergleichbaren Beschwerdefällen anhängig ist. Vor diesem Hintergrund regt das Bundesfinanzgericht an, die Anlassfallwirkung entsprechend zu erweitern.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 211 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 14 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 137 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 14 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 14 Abs. 6 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 14 Abs. 6 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 14 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 Abs. 2 Z 5 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 124b Z 78 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 14 Abs. 7 EStG 1972, Einkommensteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 440/1972
§ 14 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 251 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 2 StGG, Staatsgrundgesetz, RGBl. Nr. 142/1867
§ 196 Abs. 1 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 201 Abs. 2 Z 4 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 14 Abs. 8 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
Zitiert/besprochen in
Lang/Rebisant/Rzeszut in
Achatz in SWK 6/2021, 452
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RN.7100010.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at