Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.08.2020, RV/2100783/2020

Verlustrealisierung bei Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen - Zuflussprinzip

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, vertreten durch ***stV***, ***Adresse stV***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) machte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2018 einen Verlustausgleich im Hinblick auf von ihm getätigte private Grundstücksveräußerungen geltend. Nach Abzug eines Veräußerungsverlustes in Höhe von 13.341,00 Euro verblieben positive Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen in Höhe von 14.716,91 Euro. Zudem wurde der Antrag auf Regelbesteuerung gemäß § 30a Abs 2 EStG 1988 gestellt.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2018 fest. Dem vom Bf geltend gemachten Verlustausgleich wurde die Anerkennung versagt. Begründend wurde ausgeführt, die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen seien nach Maßgabe des Zufließens zu erfassen. Der Kaufvertrag betreffend die mit Verlust veräußerte Liegenschaft sei zwar am abgeschlossen worden. Der Veräußerungserlös sei jedoch erst Ende Jänner 2019 zugeflossen, weshalb die Einkünfte erst im Jahr 2019 zu erfassen seien. Entsprechend der vom Bf in der Einkommensteuererklärung ausgeübten Regelbesteuerungsoption bezog die belangte Behörde Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen in Höhe von 28.057,91 Euro (ohne Abzug des Veräußerungsverlustes in Höhe von 13.341,00 Euro) in das nach dem allgemeinen Tarif zu versteuernde Einkommen ein.

Mit Schreiben des steuerlichen Vertreters des Bf vom wurde dagegen Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bf habe im Jahr 2018 eine Grundstückstransaktion mit Gewinn und eine solche mit Verlust getätigt. Die Frage der Zuordnung eines Veräußerungsvorganges zu einem Veranlagungszeitraum sei von der Frage der Fälligkeit der Immobilienertragsteuer zu trennen. Der Zufluss des Veräußerungserlöses sei gemäß § 30b Abs 1 EStG 1988 nur für die Fälligkeit der Immobilienertragsteuer relevant. Dass die Frage der Zuordnung einer Grundstückstransaktion zu einem Veranlagungszeitraum von der Frage der Fälligkeit der Immobilienertragsteuer zu trennen sei, gehe aus folgenden Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes und des Verwaltungsgerichtshofes hervor:

  • : "Für die zeitliche Zuordnung des Veräußerungsvorgangs ist im Kontext des § 30 EStG 1988 - wie bisher für die Frage der Erfüllung der Spekulationsfrist - das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft - insbesondere Kaufverträge - maßgeblich (vgl. , 0050)."

  • : "Nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung (vgl. z.B. hg. Erkenntnis vom , Zl. 2372/64, Slg. N.F. Nr. 3382/F, sowie Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 30 EStG 1972 Tz 9, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, Seite 670 f) sind unter Anschaffung und Veräußerung im hier maßgeblichen Sinn die schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte zu verstehen, auf Grund derer die Leistung und Gegenleistung erfließen."

Vor diesem Hintergrund sei das schuldrechtliche "Verfügungsgeschäft" (Anm des Bundesfinanzgerichtes: gemeint ist offenbar das schuldrechtliche "Verpflichtungsgeschäft") für die Zuordnung zu einem Veranlagungszeitraum relevant. Dieses sei im vorliegenden Fall unzweifelhaft am abgeschlossen worden (Kaufvertrag). Auch die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes sei laut Pkt 5a) des Kaufvertrages am vollzogen worden.

Darüber hinaus wurde der in der Einkommensteuererklärung gestellte Antrag auf Regelbesteuerung (§ 30a Abs 2 EStG 1988) widerrufen und die Veranlagungsoption (§ 30b Abs 3 EStG 1988) ausgeübt.

In ihrer abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte die belangte Behörde aus, die Liegenschaft EZ ***XX*** KG ***Ort*** sei samt dem sich darauf befindlichen Haus mit Kaufvertrag vom veräußert worden. Es handle sich dabei um eine private Grundstücksveräußerung. Die Erfassung der Einkünfte habe daher, wie bei sämtlichen außerbetrieblichen Einkunftsarten, nach dem Zuflussprinzip zu erfolgen. Bei Abwicklung der Liegenschaftstransaktion durch einen Treuhänder sei der Zufluss in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem die Auszahlung an den Verkäufer möglich sei. Der Kaufpreis sei am am Treuhandkonto des Notars eingelangt und am an den Bf ausbezahlt worden. Die Einkünfte seien nach Maßgabe des Zufließens im Jahr 2019 zu erfassen. Der aus der gegenständlichen Grundstücksveräußerung resultierende Verlust sei daher in zeitlicher Hinsicht dem Jahr 2019 zuzuordnen. Dem vom Bf vorgetragenen Argument, das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft sei maßgeblich, könne nicht gefolgt werden. Der Kaufvertragsabschluss wirke zwar begründend für das Vorliegen eines steuerlichen Tatbestandes, die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen entstünden jedoch erst mit dem Zufluss.

Den Widerruf des Antrages auf Regelbesteuerung und die Ausübung der Veranlagungsoption ließ die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung unberücksichtigt.

In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag vom wurde auf das bisherige Vorbringen verwiesen und darüber hinaus betont, dass am nicht nur der Abschluss des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts, sondern auch die Übergabe des Vertragsgegenstandes - und somit der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums - erfolgt sei. Zudem wurde auf den in der Beschwerde erfolgten Widerruf des Antrages auf Regelbesteuerung sowie die ebenfalls in der Beschwerde ausgeübte Veranlagungsoption verwiesen.

In der Folge legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt: "Strittig ist im ggstl. Fall, wann der Verlust, der aus dem Kaufvertrag vom erzielt wurde, bei Ausübung der Veranlagungsoption steuerlich zu erfassen ist. Es handelt sich dabei, wie aus der Fotodokumentation und dem Maklerexposè + Fotos ersichtlich, um eine private Grundstücksveräußerung. Der Kaufpreis ist, wie aus dem Schreiben des Notars ersichtlich, am zugeflossen. Nach Ansicht des Finanzamtes Oststeiermark und auch des bundesweiten Fachbereiches Einkommensteuer fällt der maßgebliche Zuflusszeitpunkt in das Jahr 2019. Nach § 30b Abs. 1 EStG 1988 wäre die Immobilienertragsteuer spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat des Zuflusses zweitfolgenden Kalendermonats zu leisten (hier ). Zu diesem Zeitpunkt () gelten aber auch negative Einkünfte als "zugeflossen". Somit kann dieser Verlust nicht im Jahr 2018 durch Ausübung der Veranlagungsoption nach § 30b Abs. 3 EStG 1988 mit dem Gewinn aus der zweiten Grundstücksveräußerung verrechnet werden, sondern er kann erst im Jahr 2019 mit positiven Einkünften ausgeglichen werden."

In der am vor dem Bundesfinanzgericht abgehaltenen mündlichen Verhandlung hielten der Vertreter der belangten Behörde und der steuerliche Vertreter des Bf übereinstimmend fest, dass die Höhe des Veräußerungsgewinnes aus dem Kaufvertrag vom (28.057,91 Euro) und die Höhe des Veräußerungsverlustes aus dem Kaufvertrag vom (13.341,00 Euro) sowie der Zeitpunkt des Zuflusses der Veräußerungserlöse aus diesen privaten Veräußerungsvorgängen (Kaufvertrag vom : Zufluss 2018; Kaufvertrag vom : Zufluss 2019) unstrittig sind. In rechtlicher Hinsicht hielten sowohl der Vertreter der belangten Behörde als auch der steuerliche Vertreter des Bf an ihren bisherigen Standpunkten fest.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Mit schriftlichem Kaufvertrag vom wurden die beiden folgenden Grundstücksveräußerungen aus dem Privatvermögen heraus getätigt:

  • Veräußerungsvorgang 1: Der Bf und dessen Ehegattin veräußerten die bis dahin je zur Hälfte in ihrem Eigentum gestandene Liegenschaft EZ ***YY*** KG ***Ort***, welche sie im Jahr 2009 käuflich erworben hatten, an Herrn ***A***. Der Veräußerungserlös belief sich auf 11.000,00 Euro, wovon die Hälfte auf den Bf entfiel.

  • Veräußerungsvorgang 2: Der Bf veräußerte einen Teil der bis dahin in seinem Alleineigentum gestandenen Liegenschaft EZ ***ZZ*** KG ***Ort*** (Gst-Nrn ***Nrn***; die übrigen Gst-Nrn ***Nrn*** waren nicht Gegenstand des Kaufvertrages), welche er im Jahr 2009 käuflich erworben hatte, um 43.967,00 Euro an Herrn ***A***.

Der aus diesen beiden Veräußerungsvorgängen auf den Bf entfallende Veräußerungserlös belief sich auf insgesamt 49.467,00 Euro (5.500,00 Euro aus Veräußerungsvorgang 1 und 43.967,00 Euro aus Veräußerungsvorgang 2), die seinerzeitigen Anschaffungskosten betrugen - anteilig - 20.409,09 Euro (2.123,45 Euro aus Veräußerungsvorgang 1 und 18.285,64 Euro aus Veräußerungsvorgang 2). Die Kosten für die Mitteilung/Selbstberechnung (§ 30c EStG 1988) machten 1.000,00 Euro aus.

Der sich aus diesen beiden gewinnbringenden Veräußerungsvorgängen ergebende, auf den Bf entfallende Gewinn in Höhe von insgesamt 28.057,91 Euro wurde von der vom Bf beauftragten Notarin im Jahr 2018 an das Finanzamt gemeldet. Die hierauf entfallende Immobilienertragsteuer in Höhe von 8.417,00 Euro wurde im Jahr 2018 entrichtet.

Mit schriftlichem Kaufvertrag vom veräußerten der Bf und dessen Ehegattin die bis dahin je zur Hälfte in ihrem Eigentum gestandene Liegenschaft EZ ***XX*** KG ***Ort*** mit dem sich darauf befindlichen Wohnhaus an Frau ***B***.

Im Kaufvertrag wurde ua folgendes vereinbart:

"(…)

3. Kaufpreiszahlung

a) Die Käuferin verpflichtet sich, den Pauschalkaufpreis von € 155.000,00 binnen vier Wochen nach Rechtswirksamkeit dieses Vertrages abzugs-, spesen- und bis zur Fälligkeit auch zinsenfrei auf das Notartreuhandkonto des Vertragsverfassers (…) zu überweisen.

(…)

5. Besitzübergabe / Verrechnungsstichtag

a) Die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes mit Nutzen und Lasten, Gefahr und Zufall in den tatsächlichen Besitz der Käuferin gilt mit Unterfertigung dieses Kaufvertrages als vollzogen.

b) Die Verkäufer verpflichten sich, den Vertragsgegenstand von allen nicht mitverkauften Fahrnissen geräumt, jedoch einschließlich sämtlicher zum Vertragsgegenstand gehörenden Schlüssel, der Original-Polizze hinsichtlich der liegenschaftsbezogenen Versicherung sowie eventuell vorhandener Baupläne, Bescheide, Rechnungen und Betriebsanleitungen spätestens am heutigen Tag, , 24:00 Uhr, an die Käuferin zu übergeben.

(…)"

Die Übergabe der Liegenschaft an die Käuferin erfolgte am .

Der von der Käuferin bezahlte Kaufpreis in Höhe von 155.000,00 Euro, wovon ein Betrag von 7.000,00 Euro auf das mitveräußerte Inventar entfiel, langte am am Treuhandkonto des mit der Liegenschaftstransaktion befassten Notars ein. Am erfolgte die Auszahlung an den Bf und dessen Ehegattin. Der Bf und dessen Ehegattin hatten diese Liegenschaft im Jahr 2012 käuflich erworben, die Anschaffungskosten hatten sich auf 174.682,00 Euro belaufen.

Unter Ausklammerung des auf das mitveräußerte Inventar entfallenden Teiles des Veräußerungserlöses resultierte aus diesem Veräußerungsvorgang ein Verlust in Höhe von 26.682,00 Euro, wovon auf den Bf die Hälfte entfiel (13.341,00 Euro).

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und unstrittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Maßgeblichkeit des Zufluss-Abflussprinzips

Gemäß § 30 Abs 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören.

Im Falle von "Neuvermögen" ist gemäß § 30 Abs 3 EStG 1988 als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den gegebenenfalls zu adaptierenden Anschaffungskosten anzusetzen.

§ 30 Abs 7 EStG 1988 in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des JStG 2018 (BGBl I 62/2018) lautet wie folgt: "Führen private Grundstücksveräußerungen, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 30a Abs. 1 anwendbar ist, in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, ist dieser auf 60% zu kürzen und gleichmäßig auf das Jahr der Verlustentstehung und die folgenden vierzehn Jahre zu verteilen und ausschließlich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, soweit diese unter § 28 Abs. 1 Z 1 und 4 fallen, auszugleichen. Der Steuerpflichtige kann in der Steuererklärung beantragen, dass stattdessen dieser gekürzte Verlust im Verlustentstehungsjahr mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, soweit diese unter § 28 Abs. 1 Z 1 und 4 fallen, ausgeglichen wird. Diese Regelungen gelten auch im Falle der Ausübung der Regelbesteuerungsoption (§ 30a Abs. 2)."

Der Einkünftetatbestand des § 30 Abs 1 EStG 1988 knüpft an die Übertragung eines Grundstückes im Rahmen eines Veräußerungsgeschäftes an. Mit dem Begriff des "Veräußerungsgeschäftes" ist das zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft gemeint (siehe auch ErlRV zum 1. StabG 2012, 1680 BlgNR 24. GP, 7; Leitner/Urtz in Urtz et al, Immobiliensteuer2 21). Eine Veräußerung ist jedes entgeltliche Rechtsgeschäft und bedingt wechselseitig eine Anschaffung auf Seiten des Übernehmers des Grundstückes. Anschaffung und Veräußerung sind daher korrespondierende Begriffe. Der Veräußerung beim Veräußerer entspricht die Anschaffung beim Erwerber. Unter Anschaffung und Veräußerung iSd § 30 Abs 1 EStG 1988 sind schuldrechtliche Rechtsgeschäfte zu verstehen, die auf die entgeltliche Übertragung des (wirtschaftlichen) Eigentums an einem Grundstück abzielen und auf Grund derer vom Erwerber des Grundstückes eine Gegenleistung zu erbringen ist (vgl etwa Bodis/Hammerl in D/K/M/Z, EStG21 § 30 Tz 58 f, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VwGH).

Allerdings ist durch den Umstand des Abschlusses des obligatorischen Veräußerungsgeschäftes alleine der Steuertatbestand des § 30 EStG 1988 noch nicht vollständig erfüllt. Wie bei allen außerbetrieblichen Einkunftsarten ist der Steuertatbestand erst dann erfüllt, wenn es auch zum Zufluss des vereinbarten Veräußerungserlöses kommt und der Veräußerungsgewinn tatsächlich realisiert wird. Der bloße obligatorische Anspruch ist für eine Besteuerung somit nicht ausreichend (vgl Bodis/Hammerl in D/K/M/Z, EStG21 § 30 Tz 64).

Die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen iSd § 30 EStG 1988 sind, worauf auch in den Materialien zum 1. StabG 2012, BGBl I 22/2012, mit welchem das neue Grundstücksbesteuerungsregime eingeführt wurde, hingewiesen wird, nach Maßgabe des Zufließens (§ 19 Abs 1 EStG 1988) zu erfassen (vgl ErlRV zum 1. StabG 2012, 1680 BlgNR 24. GP, 7; siehe etwa auch Hammerl/Mayr, RdW 2012, 167; Bodis/Hammerl in D/K/M/Z, EStG21 § 30 Tz 213).

Im Erkenntnis vom , Ra 2013/13/0012, hat der Verwaltungsgerichtshof zu der im Hinblick auf die Einkünfteermittlungssystematik vergleichbaren Vorgängerregelung (Spekulationseinkünfte-Tatbestand) folgende Aussagen getätigt:

"11 Mit der Bestimmung des § 30 Abs. 4 EStG 1988 wurde vom Gesetzgeber eine gewisse Angleichung der Ermittlung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften an die Regelung im betrieblichen Bereich herbeigeführt. Das Abflussprinzip des § 19 Abs. 2 EStG 1988 wird durch diese Bestimmung insoweit durchbrochen, als alle Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen aus der Anschaffung des Spekulationsobjektes und seiner Erhaltung bis zur Veräußerung erwachsen, in einer Art Vermögensvergleich dem Veräußerungserlös gegenübergestellt und solcherart der Überschuss bzw. Verlust aus dem Spekulationsgeschäft ermittelt wird (vgl. , VwSlg 6838/F).

12 Durch § 30 Abs. 4 EStG 1988 wird das Zu- und Abflussprinzip jedoch nur ausgabenseitig - und selbst hier nicht in tatsächlicher, sondern nur in zeitlicher Hinsicht - modifiziert. Das Erzielen des Veräußerungserlöses orientiert sich nach Zuflusskriterien. Ein Überschuss fällt nur insoweit und erst dann an, als die zugeflossenen Einnahmen die Anschaffungskosten, Herstellungskosten und Instandsetzungskosten sowie die Werbungskosten übersteigen, was für den Zufluss in Form von Raten ebenso wie für den Zufluss in Form von Renten gilt (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 30 Tz 4). Umgekehrt wird ein allfälliger Fehlbetrag aus dem Spekulationsgeschäft erst in dem Jahr als Spekulationsverlust wirksam, in dem erstmals feststeht, dass die Einnahmen die Anschaffungs- und Werbungskosten nicht überschreiten werden (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung4, Rz 1002; ebenso Büsser in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 55. Lfg., 2013, § 19 EStG 1988 Tz 72; sowie Kirchmayr/Perl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 31 Tz 162, zur mit dem 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, eingeführten gleichlautenden Bestimmung des § 31 Abs. 2 EStG 1988)."

Der Verwaltungsgerichtshof bringt im oa Erkenntnis, das aufgrund der vergleichbaren Einkünfteermittlungssystematik auch für das mit dem 1. StabG 2012 neu geschaffene Grundstücksbesteuerungsregime relevant ist, unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich die Erzielung des Veräußerungserlöses nach Zuflusskriterien orientiert. Die (gegebenenfalls zu adaptierenden) Anschaffungskosten sind - abweichend vom tatsächlichen Abfluss - nach Art eines Vermögensvergleiches erst in dem Zeitpunkt vom Veräußerungserlös abzusetzen, in dem dieser erzielt wird (vgl dazu auch Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13 § 30 Tz 46). Ein Überschuss entsteht demnach in dem Zeitpunkt, in dem die zugeflossenen Einnahmen die Abzugsposten übersteigen. Ein Verlust entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Veräußerungserlös zur Gänze vereinnahmt worden ist, dieser jedoch die Abzugsposten nicht übersteigt (in diesem Sinne auch die Rechtsansicht des BMF, vgl EStR 2000 Rz 6656). Wenn der Verwaltungsgerichtshof im oa Erkenntnis ausführt, "ein allfälliger Fehlbetrag aus dem Spekulationsgeschäft [wird] erst in dem Jahr als Spekulationsverlust wirksam, in dem erstmals feststeht, dass die Einnahmen die Anschaffungs- und Werbungskosten nicht überschreiten werden", so sind damit ua jene Fälle angesprochen, in denen der vereinbarte Kaufpreis seitens des Käufers etwa infolge eingetretener Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) nicht bzw nicht vollständig entrichtet wird, dh die Kaufpreisforderung bzw ein Teil davon uneinbringlich wird (vgl auch den dem Erkenntnis des , zugrundeliegenden Sachverhalt).

Der steuerliche Vertreter des Bf vertritt den Standpunkt, dass für die Zuordnung eines Veräußerungsvorganges zu einem bestimmten Veranlagungszeitraum der Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes maßgeblich sei, und verweist dazu auf die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100078/2015, sowie des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/13/0049. Diese Hinweise vermögen der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil die diesen Erkenntnissen zugrundeliegenden Streitfragen gänzlich anders gelagert waren als im hier gegenständlichen Fall. Im Erkenntnis vom , RV/3100078/2015, hat sich das Bundesfinanzgericht mit der Frage befasst, ob auf eine im Jahr 2012 erfolgte Grundstücksveräußerung das mit dem 1. StabG 2012 neu geschaffene Grundstücksbesteuerungsregime zur Anwendung kommt, und dabei zutreffend auf den Zeitpunkt des Abschlusses des zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes (Kaufvertrag) abgestellt (vgl dazu etwa auch Bodis/Hammerl in D/K/M/Z, EStG21 § 30 Tz 78). Im Erkenntnis vom , 88/13/0049, das noch zum "alten" Spekulationseinkünfte-Tatbestand erging, hat der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Vorjudikatur und der herrschenden Lehre ausgeführt, dass unter Anschaffung und Veräußerung die schuldrechtlichen Rechtsgeschäfte zu verstehen seien, und für die Frage, ob ein Veräußerungsvorgang innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt, (grundsätzlich) auf den Zeitpunkt des förmlichen Abschlusses des Kaufvertrages abzustellen sei. Dieselbe Aussage findet sich im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/15/0177, auf welches der steuerliche Vertreter des Bf in der am vor dem Bundesfinanzgericht abgehaltenen mündlichen Verhandlung hingewiesen hat.

Wenn seitens des steuerlichen Vertreters des Bf auf die drei oa Erkenntnisse, denen sich das Bundesfinanzgericht vollumfänglich anschließt, verwiesen wird, so wird übersehen, dass im hier gegenständlichen Fall - anders als in den drei oa Erkenntnissen - die Frage des Zeitpunktes der Verlustrealisierung (Verlustentstehung) im Mittelpunkt steht. Dies ergibt sich unmittelbar aus der Verlustausgleichsregelung des § 30 Abs 7 EStG 1988, die ausdrücklich auf die "Verlustentstehung" bzw das "Verlustentstehungsjahr" Bezug nimmt. Wie oben dargelegt, orientiert sich der Zeitpunkt der Verlustentstehung, gleich wie jener der Gewinnrealisierung, wie bei allen außerbetrieblichen Einkunftsarten nach Zuflusskriterien, und nicht nach dem Zeitpunkt des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes oder dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums.

Im vorliegenden Fall wurde die Liegenschaft EZ ***XX*** KG ***Ort*** mit Kaufvertrag vom mit Verlust veräußert. Der vereinbarte Veräußerungserlös ist im Jahr 2019 zugeflossen (Einlangen am Treuhandkonto des mit der Liegenschaftstransaktion befassten Notars am , Auszahlung an den Bf und dessen Ehegattin am ). Aufgrund des Zuflusses des Veräußerungserlöses erst im Jahr 2019 ist der Verlust aus diesem Veräußerungsgeschäft erst im Jahr 2019 entstanden und daher einem Verlustausgleich gemäß § 30 Abs 7 EStG 1988 im hier gegenständlichen Streitjahr 2018 nicht zugänglich.

Regelbesteuerungsoption / Veranlagungsoption

Gemäß § 30a Abs 2 EStG 1988 kann anstelle des besonderen Steuersatzes von 30% auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden (Regelbesteuerungsoption). Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a Abs 1 EStG 1988 unterliegen, angewendet werden.

Gemäß § 30b Abs 3 EStG 1988 sind die Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988, für die eine selbstberechnete Immobilienertragsteuer entrichtet wurde, auf Antrag mit dem besonderen Steuersatz gemäß § 30a EStG 1988 zu veranlagen (Veranlagungsoption). Dabei ist die Immobilienertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.

Der Bf hat in seiner Einkommensteuererklärung für das hier gegenständliche Streitjahr 2018 den Antrag auf Regelbesteuerung gemäß § 30a Abs 2 EStG 1988 gestellt, diesen jedoch in der Beschwerde widerrufen und stattdessen die Veranlagungsoption gemäß § 30b Abs 3 EStG 1988 ausgeübt. Die belangte Behörde hat dies in ihrer abweisenden Beschwerdevorentscheidung unberücksichtigt gelassen. In dem dagegen erhobenen Vorlageantrag wurden der Widerruf des Antrages auf Regelbesteuerung sowie die Ausübung der Veranlagungsoption bekräftigt.

Der Antrag auf Regelbesteuerung kann bis zur Rechtskraft des Bescheides gestellt oder widerrufen werden (vgl etwa Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13 § 30a Tz 6; Hammerl in D/K/M/Z, EStG18 § 30a Tz 14; siehe auch ). Auch die Veranlagungsoption kann bis zur Rechtskraft des Bescheides ausgeübt oder widerrufen werden (vgl etwa Kanduth-Kristen in Jakom, EStG13 § 30b Tz 9).

Der angefochtene Bescheid wird daher insofern abgeändert, als der aus dem Kaufvertrag vom resultierende, auf den Bf entfallende Teil des Grundstücksveräußerungsgewinnes in Höhe von 28.057,91 Euro nicht in das nach dem allgemeinen Tarif zu versteuernde Einkommen einbezogen, sondern - entsprechend der vom Bf ausgeübten Veranlagungsoption - in einer gesonderten Schedule mit 30% der Besteuerung unterworfen wird. Die von der Parteienvertreterin im Jahr 2018 selbstberechnete und entrichtete Immobilienertragsteuer in Höhe von 8.417,00 Euro wird angerechnet.

Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit der vorliegenden Entscheidung folgt das Bundesfinanzgericht der obig zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weswegen die Revision nicht zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100783.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at