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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 06.08.2020, RV/6100324/2020

Einbringung einer Beschwerde durch einen Steuerberater ohne entsprechenden Hinweis auf eine Vertretung oder Bevollmächtigung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/6100324/2020-RS1
wie RV/6101073/2015-RS1
Soll eine Beschwerde nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter erhoben werden, so muss dies entsprechend erklärt werden. Wird im Betreff einer Beschwerde der Name und die Steuernummer jener Person angegeben, an die der angefochtene Bescheid ergangen ist, stellt dies allein weder eine Berufung auf eine Bevollmächtigung dar noch lässt dies zwingend darauf schließen, dass für diese Person eingeschritten wird.
RV/6100324/2020-RS2
wie RV/6101073/2015-RS2
Versäumt es eine Person, in der Beschwerde darauf hinzuweisen, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, so gilt die Beschwerde als im eigenen Namen erhoben. Ist der Einschreiter zur Einbringung der Beschwerde nicht legitimiert, so liegt ein Zurückweisungsgrund vor. Mit Mängelbehebungsauftrag ist nicht vorzugehen, wenn die Beschwerde nicht mangelhaft, sondern nicht zulässig ist.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** hinsichtlich des Antrages von ***X***, ***X-Adr***, vertreten durch ***Y***, ***Y-Adr***, auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen des Finanzamtes Salzburg-Land vom durch das Verwaltungsgericht beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.

Begründung

Das Finanzamt Salzburg-Land hat mit Bescheid vom unter Bezugnahme auf ein am eingebrachtes Ansuchen um Zahlungserleichterungen - unter Abweisung des Mehrbegehrens - eine Stundung des Abgabenrückstandes in Höhe von € 102.521,98 bis bewilligt. Adressiert ist der Bescheid an ***X*** zu Handen ***Y*** (nachstehend mit "Y" bezeichnet).

Mit Schreiben vom hat die Y gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und beantragt, das Stundungsansuchen zu bewilligen.

Als Betreff ist angeführt:

"***X***
St.Nr.
***X StNr1***
Beschwerde gegen den Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom "

Gezeichnet ist das Schreiben mit "Freundliche Grüße, Dr. ***RB*** (mit Unterschrift)".

Am ist ein als "Beschwerdevorentscheidung" bezeichneter Bescheid an ***X*** zu Handen Y ergangen, mit welchem das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet abweist.

Mit Schreiben vom hat die Y gemäß § 77 Abs 11 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 (WTBG 2017 ) unter Berufung auf die erteilte Vollmacht im Namen und Auftrag ihres Mandanten den Antrag gemäß § 264 BAO gestellt, die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Bewilligung einer Zahlungserleichterung vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Über den Vorlageantrag wurde erwogen:

Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist gemäß § 246 Abs 1 BAO jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Die Bescheidbeschwerde hat gemäß § 250 Abs 1 BAO zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

Gemäß § 83 Abs 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.
Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich gemäß Abs 2 nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs 2 von Amts wegen zu veranlassen.

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat, bestehen für bestimmte Berufsgruppen wie zB Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder.

§ 77 Abs 11 WTBG 2017 lautet:

"Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis."

§ 260 Abs 1 BAO lautet:

"Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde."

Gemäß § 264 Abs 1 erster Satz BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist gemäß Abs 2 befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

Für Vorlageanträge ist § 260 Abs 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung) gemäß § 264 Abs 4 lit e) BAO sinngemäß anzuwenden.

Die Zurückweisung nicht zulässiger Vorlageanträge obliegt gemäß Abs 5 dem Verwaltungsgericht.

Die Prüfung, ob eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, hat sich am äußeren Tatbestand zu orientieren (vgl 03/0641/80; , 82/10/0087; , 81/10/0077).

Die Bescheidbeschwerde vom wurde von der Y eingebracht. Anders als im Vorlageantrag vom ist in dieser Eingabe weder eine Berufung auf eine der Y erteilte Bevollmächtigung noch auf § 77 Abs 11 WTBG 2017 enthalten. Auch ein Vermerk wie zB "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen", der ausreichend wäre, um den urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung zu ersetzen (), fehlt. Die Worte "Namens und Auftrags meiner Mandantschaft", die ebenfalls als wirksame Berufung auf die Bevollmächtigung genügen würden (), finden sich in der vorliegenden Bescheidbeschwerde nicht.

Selbst eine Wendung wie "vertreten durch ...", die ohnedies nicht zwingend auf eine erteilte Bevollmächtigung schließen lassen würde (; , 5 Ob 1020/93; , 5 Ob 1022/96), ist in der Eingabe nicht enthalten.

Wenn im Betreff der Name des Bescheidadressaten, dessen Steuernummer und "Beschwerde gegen den Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom " angegeben wird, so dient dies lediglich zur Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Bescheidbeschwerde richtet. Der Betreff allein lässt nicht darauf schließen, dass für die darin genannte Person eingeschritten wird, wenn sich dies aus dem Inhalt des Schreibens nicht ergibt (siehe ).

***X*** wird in der Eingabe zwar erwähnt, jedoch weder als Beschwerdeführer, noch als Einschreiter, Mandant oder Vollmachtgeber bezeichnet.

Weder die Unterfertigung noch die gewählte Formulierung "In offener Frist wird gegen den Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom Beschwerde erhoben ..." lassen darauf schließen, dass die Y im Namen von ***X*** auftritt.

Ein Bescheid ergeht an die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft), die (gemäß § 93 Abs 2) im Spruch des Bescheides genannt ist. Der Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom ist ohne Zweifel an ***X*** ergangen.

Dieser war gemäß § 246 Abs 1 BAO zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde befugt.

Dem Steuerberater ist gesetzlich die Befugnis eingeräumte, mit der Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis zu ersetzen. Die Berufung auf die erteilte Bevollmächtigung - allenfalls in Form der oben angeführten zulässigen Vermerke und Wendungen - ist jedoch ein Mindesterfordernis. Unterbleibt eine solche Berufung auf die Bevollmächtigung, ist für die Abgabenbehörde nicht erkennbar, dass der Steuerberater im Rahmen seiner Berufsbefugnisse in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter des Beschwerdeführers einschreiten will (vgl ; , RV/6100258/2018; , RV/2101083/2019).

Im vorliegenden Fall hat die Y die Bescheidbeschwerde nicht namens einer von ihr vertretenen Partei eingebracht. Für das Bundesfinanzgericht stellt sich somit nicht die Frage, wer als vertretene Partei anzusehen ist. Vielmehr gilt die Beschwerde der Y im vorliegenden Fall - wie ausführlich begründet - als im eigenen Namen eingebracht. Die vorliegende Beschwerde vom lässt ihrem Inhalt nach nicht darauf schließen, dass für die im Betreff genannten Person eingeschritten wird.

Grundsätzlich muss der, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen handeln will, dies eindeutig zum Ausdruck bringen.
Eine Person, die ein Rechtsmittel einreicht, ohne anzugeben, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, ist selbst Einschreiter (vgl ). Dies trifft gegenständlich auf die Y zu.

Beim Finanzamt ist die Y zwar als steuerlicher Vertreter und Zustellungsbevollmächtigter von ***X*** erfasst, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hätte die Bevollmächtigung aber im laufenden Verfahren geltend gemacht werden müssen (vgl Ritz, a.a.O., § 9 ZustG, Tz 19 und die dort angeführte VwGH-Judikatur). Dies deshalb, da sich eine Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren bezieht, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen oder sich auf eine erteilte Zustellungsvollmacht wirksam berufen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren (; ). Die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren ist mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig (; ).

Da die Y zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid vom nicht legitimiert ist, wäre die Beschwerde ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen (vgl ; , 90/15/0078; RV/0071-G/10).

Die Bescheidbeschwerde der Y ist allerdings bisher laut Aktenlage unerledigt und das Bundesfinanzgericht für die Entscheidung darüber nicht zuständig.

Der Umstand, dass ein (rechtswidriger) - als "Beschwerdevorentscheidung" bezeichneter - Bescheid der Abgabenbehörde an ***X*** ergangen ist, vermag an der rechtlichen Beurteilung durch das Bundesfinanzgericht nichts zu ändern.

Ein Mängelbehebungsverfahren oder eine Klarstellung kommen hinsichtlich der vorliegenden Beschwerde nicht in Betracht, weil kein Vollmachtsmangel, kein inhaltlicher Mangel und auch kein Formgebrechen, sondern eine unzulässige Eingabe vorliegt. Selbst wenn nachträglich nachgewiesen würde, dass die Y im Namen von ***X*** einschreiten hätte sollen, ändert dies nichts an dem Umstand, dass dies in der Beschwerde nicht entsprechend erklärt worden ist.

***X***, der aus den genannten Gründen nicht Beschwerdeführer ist, hat gegen den als "Beschwerdevorentscheidung" bezeichneten Bescheid durch seinen Vertreter den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt (Vorlageantrag gemäß § 264 BAO ); das Verwaltungsgericht kann jedoch nicht über eine Bescheidbeschwerde entscheiden, die es nicht gibt.

In sinngemäßer Anwendung von § 260 Abs 1 BAO ist der Vorlageantrag, den die Y im Namen und Auftrag von ***X*** am gestellt hat, daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung - nicht erfüllt.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 77 Abs. 11 WTBG 2017, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 137/2017
§ 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100324.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at