Verfassungsmäßigkeit der Parkometerabgabeverordnung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7500149/2020-RS1 | Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gem. Art. 7 B-VG, wenn die Parkometerabgabepflicht an das Vorliegen maßgeblicher Minutenzeiten knüpft. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinR. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, MA 67, als Abgabenstrafbehörde vom , MA67/000/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , im Beisein der Schriftführerin S., zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien bestätigt.
Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,- zu leisten. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) sind gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und dem Beitrag zu den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt somit 82,00 Euro, binnen zwei Wochen nach Zustellung des Straferkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Dem Beschwerdeführer (Bf.) wurde vom Magistrat der Stadt Wien unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am um 09:38 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1200 Wien, Dresdner Straße 89, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein unrichtig entwertet gewesen sei. Demnach habe er die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
In dem fristgerecht erhobenen Einspruch (E-Mail vom ) ließ der Bf. die ihm angelastete Verwaltungsübertretung unbestritten.
Der Bf. rügt eine Diskriminierung der Behörde von "Parksündern" durch Intoleranz im Vergleich zu Geschwindigkeitssündern. In der Stadt werde dem Schnellfahrer eine Toleranzgrenze von 10 % (+ 5 Kilometer pro Stunde) gewährt. Auf der Autobahn würden 3 % von der Geschwindigkeit als Toleranz abgezogen. Er habe die Parkzeit um zwei Minuten unabsichtlich verlängert. Bei 15 Minuten würden 2 Minuten 0,3 % Überschreitung im Vergleich zur Stadt 10 % und auf der Autobahn 3 % bedeuten. Das widerspräche dem Gleichheitsprinzip Art. 3 II und III GG Staatsgrundgesetz 1987.
Mit Straferkenntnis vom wurde dem Bf. angelastet, er habe das verfahrensgegenständliche Fahrzeug am um 09:38 Uhr in der bereits näher bezeichneten gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, da der gebührenfreie Parkschein mit der Nr. 783571W unrichtig entwertet gewesen sei, da er die Entwertung 09:40 Uhr getragen habe. Demnach sei die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt worden.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, des Einspruchsvorbringens und der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen (§ 25 Abs. 1 StVO 1960, § 1 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, §§ 1, 2 und 5 Abs. 1 und 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung) führte die belangte Behörde aus, dass für höchstens 15 Minuten dauernde Abstellungen ein kostenloser Fünfzehn-Minuten-Parkschein richtig zu entwerten (zu aktivieren) sei.
Das Vorbringen des Bf., es wären nur zwei Minuten gewesen, könne nicht strafbefreiend wirken, denn der hinterlegte Parkschein sei zur Tatzeit noch nicht gültig gewesen.
Auf den Einwand des Bf. bezüglich der Strafbemessung bei Geschwindigkeitsübertretungen könne nicht eingegangen werden, weil kein sachlicher Zusammenhang bestehe, zumal diese Delikte nicht in die Zuständigkeit des Magistrats der Stadt Wien fallen würden.
Nach näheren Ausführungen zum Fahrlässigkeitsbegriff und nach Zitierung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG führte die belangte Behörde aus, dass die Anwendung dieser Bestimmung nicht in Betracht komme. Bei Verwendung eines Gratisparkscheines sei dem Bf. zumutbar gewesen, die richtige Uhrzeit einzutragen, zB durch Nachschau am Handy. Die Verschuldensfrage sei zu bejahen, weil kein Schuldausschließungsgrund vorliege. Somit seien im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen hervorgekommen, welche zu dessen Einstellung führen hätten können. Das im Spruch näher ausgeführte und dem Bf. zur Last gelegte Delikt sei auf Grund der Aktenlage als erwiesen anzusehen.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung nach dem Wiener Parkometergesetz, Zugrundelegung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse).
Der Bf. erhob gegen das Straferkenntnis binnen der Rechtsmittelfrist Beschwerde (E-Mail vom ) und brachte vor, dass die Behörde in ihrem Erkenntnis seinen Hinweis auf das Staatsgrundgesetz 1867 Art. 3 II und II GG (Gleichheitsprinzip) weder beachtet noch berücksichtigt habe. Er beantrage, dass eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werde.
Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt dem dazugehörigen Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
In seiner E-Mail vom brachte der Bf. noch vor, dass noch mögliche Unterschiede der Zeitangabe auf den Uhren bestünden. Ein Zeitvergleich sei ja nicht möglich.
In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht wurde das Kontrollorgan der MA 67 der Landespolizeidirektion Wien als Zeuge vernommen. Zum Beweisthema, dass Abstellen des mehrspurigen Kfz am um 09:38 in 1200 Wien, Dresdner Straße 89, gibt der Zeuge ua. an, dass er das betreffende Kfz um 09:38 an der oben angeführten Adresse beanstandet hat und einen Parkschein mit 09:40 vorgefunden hatte. Zu etwaigen Ungenauigkeiten betreffend der beanstandeten Uhrzeit durch die Richterin befragt, gibt der Zeuge an, dass die Uhrzeit am PDA vorgegeben ist, welches mit einem Server verbunden ist. Die Anzeige der Uhrzeit wird automatisch ausgedruckt und ist somit unveränderbar und vom PDA-Gerät vorgegeben. Die Zeitaufzeichnung sei demnach genau. Er habe den Beschwerdeführer beim Kfz nicht angetroffen.
Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht niederschriftlich zu Protokoll gegeben, dass er den Parkschein mit 09:40 ausgefüllt hatte, es zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht 09:40 war. Der Beschwerdeführer konnte nicht angeben, um wieviel Uhr er den Parkschein ausgefüllt hatte. Er habe das Kontrollorgan nicht wahrgenommen und es war ihm klar, dass die gebührenfreie Zeit nur 15 Minuten beträgt. Er bestreite nicht das Abstellen seines Fahrzeuges zum angezeigten Zeitpunkt. Zu seinen Vermögensverhältnissen befragt, gibt der Beschwerdeführer an, dass er monatlich EUR 2.000,- Pension bezieht. Er rüge lediglich die Diskriminierung von Parkvergehen zu den Geschwindigkeitsübertretungen und das bereits vorgebrachte Fehlen einer Toleranzgrenze.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug war am um 09:38 Uhr in der zum Beanstandungszeitpunkt gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1200 Wien, Dresdner Straße 89, abgestellt. Die Abstellung des Fahrzeuges durch den Bf. an der angeführten Örtlichkeit blieb unbestritten. Unbestritten blieb ebenso, dass zum Beanstandungszeitpunkt durch das Kontrollorgan im Fahrzeug der 15-Minuten-Gratisparkschein mit der Nr. 783571WF mit der Entwertung Stunde "09" und Minute "40" eingelegt war. Der Parkschein wies damit einen späteren Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges aus als nach den Feststellungen des Meldungslegers das Fahrzeug tatsächlich abgestellt wurde. Die Abstellzeit des Fahrzeuges stimmte somit nicht mit der auf dem Gratisparkschein angegebenen Abstellzeit überein, womit zum Beanstandungszeitpunkt kein gültiger Parkschein vorlag. Der Bf. befand sich zum Beanstandungszeitpunkt weder im noch unmittelbar beim Fahrzeug.
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den Verwaltungsakten, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen des Kontrollorgans, dessen Anzeigedaten und den zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen drei Fotos und der Niederschrift über die am abgehaltene mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht.
Anhand der vom Kontrollorgan zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos steht fest, dass im verfahrensgegenständlichen Fahrzeug zum Beanstandungszeitpunkt 09:38 Uhr der 15-Minuten-Gratisparkschein Nr. 78371WF mit den Entwertungen Stunde "9" und Minute "40" hinterlegt war. Dass die vom Meldungsleger vorgenommene Beanstandung um 09:38 Uhr erfolgte, ist durch die den Kontrollorganen für ihre Aufgabe zur Verfügung stehenden Personal Digital Assistant (PDA) erfassten Anzeigedaten erwiesen.
Das PDA-Gerät bezieht die Daten von der Fa. Atos. Die Fa. Atos leitet die Serverzeit von drei Zeitservern ab. Die Liste der externen Zeitserver ändert sich je nach Verfügbarkeit permanent. Diese sind aber redundant und leiten ihrerseits die Zeit von Funk- oder Atomuhren ab. Dadurch kann eine Genauigkeit von maximalen 10 Millisekunden Abweichung erreicht werden.
Das vom Bf. in der E-Mail vom erstattete Vorbringen, wonach noch mögliche Fehler/Unterschiede der Zeitangabe auf den Uhren bestünden und ein Zeitvergleich nicht möglich sei, war aus diesem Grund nicht geeignet, die von der Behörde getroffenen Feststellungen in Frage zu stellen, da die Uhrzeitangabe mit einer hohen Genauigkeit durch die angeführten technischen Mittel ermittelt wird. Das Bundesfinanzgericht geht somit gem. § 45 Abs. 2 AVG von der Richtigkeit der vorliegenden Anzeigedaten aus.
Rechtslage:
Gemäß § 5 WAOR entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben das Bundesfinanzgericht.
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen
Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der
ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der
Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe
der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das
eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.
Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung
der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für
das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer
Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem
Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
§ 2. (1) Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung (2. Abschnitt, Parkscheine) lautet:
Der Parkschein nach Anlage I für eine Abstellzeit von fünfzehn Minuten ist in violetter Farbe, der Parkschein nach Anlage II für eine Abstellzeit von einer halben Stunde ist in roter, der für eine Abstellzeit von einer Stunde in blauer, der für eine Abstellzeit von eineinhalb Stunden in grüner und der für eine Abstellzeit von zwei Stunden in gelber Farbe aufzulegen.
(2) Für die Parkscheine nach Anlage II und III ist ein Entgelt zu entrichten. Dieses wird durch die Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), festgesetzt.
§ 3. (1) Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist.
(2) Die Entwertung der Parkscheine nach Anlage II hat durch deutlich sichtbares und haltbares Ankreuzen des Beginnes der Abstellzeit (Monat, Tag, Stunde, Minute) und Eintragen des Jahres zu erfolgen, wobei angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können. Bei Verwendung mehrerer Parkscheine sind auf jedem Parkschein die gleichen, der Ankunftszeit entsprechenden Daten zu bezeichnen.
(3) Die Entwertung des Parkscheines nach Anlage I hat durch deutlich sichtbares und haltbares Eintragen der Stunde und Minute zu erfolgen. Bei einstelligen Stunden- oder Minutenangaben ist eine Null vorzusetzen.
(4) Die Entwertung der Parkscheine nach Anlage III hat durch deutlich sichtbares und haltbares Eintragen von Tag, Monat und Jahr zu erfolgen, wobei bei einstelligen Tages- oder Monatsangaben eine Null vorzusetzen ist. Der Beginn der Abstellzeit (Stunde, Minute) ist deutlich sichtbar und haltbar anzukreuzen, wobei angefangene Viertelstunden unberücksichtigt gelassen werden können. Bei Verwendung mehrerer Parkscheine sind auf jedem Parkschein die gleichen, der Ankunftszeit entsprechenden Daten zu bezeichnen.
Rechtliche Beurteilung:
Aus den vorangeführten Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung ergibt sich, dass Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, dafür zu sorgen haben, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet ist.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe erst mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines entrichtet. Dieser Bestimmung ist somit zu entnehmen, dass nur ein ordnungsgemäßes Ausfüllen des Parkscheines zur Entrichtung der Abgabe führt. Unter "ordnungsgemäß" kann nur die Entwertung durch die Anführung der "richtigen" Abstellzeit verstanden werden. Wurde der Parkschein - bezogen auf die Abstellzeit - falsch ausgefüllt, liegt insoweit eine Abgabenverkürzung vor (vgl. , zur Angabe einer falschen Uhrzeit auf dem Parkschein (wie im Fall des Bf.), , zur Angabe des falschen Tages auch , ).
Ein Verkehrsteilnehmer, der diesem Gebot nicht entspricht, hat damit die Möglichkeit vertan, sein Fahrzeug bis zu fünfzehn Minuten ohne Entrichtung von Parkgebühren abzustellen, weil auf Grund der Bestimmungen der Kontrolleinrichtungenverordnung für die Fahrzeuglenker die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren und damit die Vermeidung eines Verkürzungsdeliktes unmittelbar an das Ausfüllen eines Parkscheines geknüpft ist.
Nach der Judikatur des VwGH kann vom Lenker eines mehrspurigen Fahrzeuges, der sein Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, erwartet werden, dass er die genaue Uhrzeit verlässlich feststellt (vgl. , vgl. auch das Erkenntnis vom , 96/17/0354, zur Toleranzzeit).
Dieser - im hier in Betracht kommenden Umfang durch das Wiener Parkometergesetz gedeckten - Bestimmung ist somit zu entnehmen, daß nur ein ordnungsgemäßes Ausfüllen des Parkscheines zur Entrichtung der Abgabe führt. Unter "ordnungsgemäß" kann aber im Hinblick auf die oben erwähnte Bestimmung des § 2 Abs. 2 der zitierten Verordnung nur die Entwertung durch die Anführung der "richtigen" Abstellzeit verstanden werden. Dies bedeutet, daß die Abgabe erst mit "richtiger" Ausfüllung des Parkscheines entrichtet ist. Wurde - wie im Beschwerdefall irrtümlich - der Parkschein falsch (bezogen auf die Abstellzeit) ausgefüllt, so liegt insoweit eine Abgabenverkürzung vor" (, ).
Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bf. durch das unrichtige Ausfüllen des 15-Minuten-Gratisparkscheines den Bestimmungen der Kontrolleinrichtungenverordnung nicht entsprochen und somit den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
Zum Vorbringen des Bf. in seinem Einspruch, dass die Behörde "Parksünder" durch Intoleranz im Vergleich zu Geschwindigkeitssündern diskriminiere, da es bei Schnellfahrern gewisse Toleranzgrenzen gäbe und diese Vorgangsweise dem Gleichheitsprinzip ("naturrechtlicher Grundsatz, alle Menschen gleich zu behandeln") widerspreche, wird Folgendes festgestellt:
Im österreichischen Verfassungsrecht ist der Gleichheitssatz in Art. 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) und Art. 2 des Staatsgrundgesetz 1867 als Staatsbürgerrecht verankert. Er verpflichtet den Staat grob gesprochen "gleiches gleich, ungleiches ungleich" zu behandeln. Dies bedeutet für den einfachen Gesetzgeber das Verbot einer sachlich nicht gerechtfertigten Bevorzugung oder Benachteiligung von bestimmten Personen(gruppen). Die Verwaltung und die Gerichte haben die Rechtsnormen sachlich und ohne Willkür zu vollziehen.
Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 sind mit Übertretungen nach dem Wiener Parkometergesetz 2006 nicht vergleichbar. Eine Messtoleranz, wie es bei der Messung eines vorbeifahrenden Kfz notwendig ist, da hier regelmäßig Ungenauigkeiten auftreten, ist für das genaue Feststellen einer Uhrzeit im Abstellzeitpunkt nicht notwendig. Somit ist sachlich eine Differenzierung gerechtfertigt und das Fehlen einer Toleranzgrenze in Minuten verfassungsmäßig. Überdies würden etwaige Ungenauigkeiten durch die Festsetzung der Strafhöhe berücksichtigt, wobei sich der Strafbetrag iHv. EUR 60,- im unteren Bereich der verordneten Maximalstrafhöhe iHv. EUR 365,- befindet.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass bei der Erhebung Ungenauigkeiten auftreten können. Im konkreten Fall liegt jedoch keine Ungenauigkeit in der Zeitmessung vor. Jedoch vermag eine potentielle Ungenauigkeit bei der Bemessung einer Abgabe keine Verfassungswidrigkeit hervorrufen.
Der Verfassungsgerichtshof spricht aus, dass Verfahren verwehrt sind, die zu zufallsabhängigen und willkürlichen Ergebnissen führen (VfSlG 18.093/2007). Das ist jedoch im konkreten Fall aufgrund der genau bezeichneten 15 Minuten-Grenze nicht der Fall. Im Gegenteil, der Beschwerdeführer und somit Normunterworfene weiß aufgrund der anzuwendenden Normen genau ab welchem Zeitpunkt die Kostenpflicht in der Wiener Kurzparkzone beginnt - nämlich mit Ablauf der besagten 15 Minuten.
Der Gleichheitsgrundsatz setzt dem Normengeber insofern nur inhaltliche Schranken, als er verbietet sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Innerhalb dieser Schranken ist es dem Normengeber nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignete Art zu verfolgen. In Kurzparkzonen soll insbesondere für Zonenfremde eben nicht generell das Halten und Parken ermöglicht werden, sondern nur für eine gewisse, eng begrenzte Zeitspanne. Ob eine Regelung zweckmäßig ist oder von Normunterworfenen als nicht befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden (vgl. ). In den Beschlüssen vom des VfGH (B 1985/06-11, B 2008/06-9, B 1220/07-6 wird vom VfGH ausgeführt, dass die Einführung der Kurzparkzone aus ortsbedingten Gründen im Interesse der Wohnbevölkerung erforderlich war (). Die ParkometerVO sei Teil eines im Interesse der Wohnbevölkerung gelegenes "verkehrspolitisches Maßnahmenbündel". "Ortsbedingte Gründe (auch im Interesse der Wohnbevölkerung)" oder die "Erleichterung der Verkehrslage" können es eben auch erforderlich machen, auf allen Straßen eines größeren, für die Verkehrsteilnehmer sinnvoll abgegrenzten Gebietes das Parken zeitlich zu beschränken.
Dem Gesetzgeber kann aus Sicht des Gleichheitsgrundsatzes kein Vorwurf gemacht werden, wenn er die Parkometerabgabepflicht an das Vorliegen maßgeblicher Minutenzeiten knüpft. Dem Gesetzgeber ging es darum für den Normunterworfenen in absoluten Zahlen leicht verständlich zu machen, ab welchen Überschreiten der Minutenzeiten (15 Minuten) ein gültiger Parkschein erforderlich ist (; B544/97).
Auf Grund dieser Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes hat das Bundesfinanzgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen Parkraumbewirtschaftung der Stadt Wien, soweit sie im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangen. Ob eine Regelung samt Strafandrohungen bei Nichtbeachtung von Normunterworfenen als nicht zweckmäßig empfunden werden, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitsgrundsatzes gemessen werden.
Unabdingbare Voraussetzung der Stellung eines Antrages durch das Bundesfinanzgericht auf Normenprüfung an den VfGH ist jedoch, dass das Bundesfinanzgericht selbst Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Normen hat. Dies trifft auf die vorliegenden Sachverhaltskonstellationen nicht zu.
Aus den oben genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur subjektiven Tatseite:
§ 5 Abs 1 VStG normiert, dass, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässigkeit ist die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt. Sie ist neben dem Vorsatz eine Art des Verschuldens. Im Gegensatz zum Vorsatz will jemand, der fahrlässig handelt, keinen "Erfolg" (z.B. den Eintritt eines Schadens) verursachen.
Je nach dem Grad der Sorglosigkeit wird grobe und leichte Fahrlässigkeit unterschieden. Leicht fahrlässig ist ein Verhalten, wenn auch einem sorgfältigen Menschen ein solcher Fehler gelegentlich passiert. In diesen Fällen ist ein Schadenseintritt meist nicht so leicht vorhersehbar.
Das Abstellen des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges zur näher bezeichneten Tatzeit mit einem unrichtig entwerteten Parkschein ist nach der Judikatur des VwGH als Fahrlässigkeit zu werten.
Der Akteninhalt und das Vorbringen des Bf. bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass dem Bf. die Eintragung der richtigen Uhrzeit bei Abstellen des Fahrzeuges in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone nicht möglich war.
Die Verschuldensfrage ist daher zu bejahen. Somit hat der Bf. auch den subjektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.
Strafbemessung:
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder
Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als
Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung
des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung
durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies
die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und
Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander
abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32
bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der
Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Neben den in § 19 VStG 1991 ausdrücklich genannten Kriterien kann ferner auf
Aspekte der Spezial- (zB ) und Generalprävention
() Bedacht genommen werden.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach
den vom Gesetzgeber in § 19 VStG 1991 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist
(, ), allerdings
muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe
vertretbar erscheinen (vgl. , Ra
2015/09/0008).
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass der Bf. das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone mit einem nicht ordnungsgemäß entwerteten Parkschein abgestellt hat.
Die ordnungsgemäße Entwertung von Gratisparkscheinen und gebührenpflichtigen Parkscheinen liegt im öffentlichen Interesse. Werden die hierfür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.
Der Bf. machte zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen bzw. zu allfälligen
Sorgepflichten keine Angaben. Die Behörde ging daher zu Recht von durchschnittlichen
Verhältnissen aus (vgl. , , ).
Milderungs- und Erschwernisgründe wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt.
Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde nach den Regeln
der Strafbemessung mit € 60,00 verhängte Geldstrafe und die für den Fall der
Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision des Beschwerdeführers an den
Verwaltungsgerichtshof (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig,
da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt
werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wird, eine
Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist.
Eine Revision durch die belangte Behörde ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig,
da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche
Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu
lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
nicht einheitlich beantwortet wird.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 § 52 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 § 54b Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991 Art. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Deutsch in BFGjournal 2020, 426 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500149.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at