Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 12.05.2020, RV/7300008/2020

Verantwortlichkeit eines Verbandes für die Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ihres Geschäftsführers; Wahrnehmung der Verteidigung des Verbandes nach Eintritt des Konkurses über dessen Vermögen; Milderungsgründe beim Verband

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7300008/2020-RS1
Gemäß § 2 Abs. 2 IO wird durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt, dessen freier Verfügung entzogen. Dazu zählt jedoch nicht eine Geldbuße als Strafsanktion. Ein Insolvenzverwalter tritt in einem Konkursverfahren nur insoweit als gesetzlicher Vertreter an die Stelle des Gemeinschuldners, als Aktiv- oder Passivbestandteile des Insolvenzverfahrens betroffen sind. Die Vertretung der insolventen GmbH in ihrem Finanzstrafverfahren obliegt weiterhin dem Geschäftsführer als Liquidator, der berechtigt ist, sich im Finanzstrafverfahren des Verbandes eines Verteidigers für diese zu bedienen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 3 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen 1) J.L. (Bf.1) und 2) die Y1.GmbH (Bf. 2), beide vertreten durch RA Dr. Gerd Konezny, 1090 Wien, Währingerstr. 16, Tür 20, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und der Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Organ der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer SN und 002, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, der Amtsbeauftragten HR Mag. U sowie der Schriftführerin B zu Recht erkannt:

Der Beschwerde des Bf. 1 wird insoweit stattgegeben, dass die Ersatzfreiheitsstrafe nach § 20 Abs. 1 FinStrG auf 60 Tage herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG betragen die Kosten des behördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens € 500,00.

Der Beschwerde der Bf. 2 wird insoweit stattgegeben, dass die Geldbuße auf € 19.000,00 reduziert wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG betragen die Kosten des behördlichen und des verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens € 500,00.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde der Bf. 1 schuldig gesprochen, er habe als Geschäftsführer der Bf. 2 und somit für die Wahrnehmung der
abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Y.GmbH Verantwortlicher vorsätzlich
1.) selbstzuberechnende Abgaben, nämlich
Lohnsteuer für 11/2017 in Höhe von € 323,34
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 11/2017 in Höhe von € 92,-
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 11/2017 in Höhe von € 8,98
Lohnsteuer für 01/2018 in Höhe von € 322,30
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 01/2018 in Höhe von € 100,76
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 01/2018 in Höhe von € 10,33
Lohnsteuer für 07/2018 in Höhe von € 1.284,59
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 07/2018 in Höhe von € 794,31
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 07/2018 in Höhe von € 81,47
Lohnsteuer für 08/2018 in Höhe von € 401,73
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 08/2018 in Höhe von € 608,99
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 08/2018 in Höhe von € 62,44
Lohnsteuer für 11/2018 in Höhe von € 1.915,53
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 11/2018 in Höhe von € 1.323,46
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 11/2018 in Höhe von € 135,74
Lohnsteuer für 01/2019 in Höhe von € 1.295,12
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 01/2019 in Höhe von € 683,33
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 01/2019 in Höhe von € 66,58 nicht spätestens am 5. Tage nach jeweils eingetretener Fälligkeit entrichtet oder abgeführt

sowie

2.) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar:
Umsatzsteuer 11/2017 in Höhe von € 2.865,37
Umsatzsteuer 12/2017 in Höhe von € 324,14
Umsatzsteuer 02/2018 in Höhe von € 1.514,83
Umsatzsteuer 04/2018 in Höhe von € 6.179,10
Umsatzsteuer 05/2018 in Höhe von € 5.913,65
Umsatzsteuer 06/2018 in Höhe von € 126,90
Umsatzsteuer 07/2018 in Höhe von € 15.839,42
Umsatzsteuer 08/2018 in Höhe von € 3.071,43
Umsatzsteuer 09/2018 in Höhe von € 12.108,59
Umsatzsteuer 10/2018 in Höhe von € 11.461,23
Umsatzsteuer 11/2018 in Höhe von € 14.426,01
Umsatzsteuer 12/2018 in Höhe von € 11.017,81
Umsatzsteuer 01/2019 in Höhe von € 9.863,67.

L habe hiedurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und
das Finanzvergehen gem. § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen und werde hiefür nach §§ 49 Abs. 2, 33 Abs 5 FinStrG auf eine Geldstrafe in der Höhe von € 24.000,--, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 90 Tagen trete, erkannt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG sei er außerdem schuldig, einen Betrag von € 500,- als
Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens zu ersetzen.

II. Der Verband Y.GmbH sei gem. § 3 (2) VbVG iVm § 28a FinStrG dafür
verantwortlich, dass durch einen Entscheidungsträger im Sinne des § 2 (1) VbVG iVm §
28a FinStrG, nämlich durch Herrn L, sowohl unter Verletzung den Verband
treffender Verpflichtungen, als auch zu Gunsten des Verbandes nachstehende
Finanzvergehen begangen worden seien, indem L als Geschäftsführer und somit für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Y.GmbH Verantwortlicher vorsätzlich

1.) selbstzuberechnende Abgaben, nämlich
Lohnsteuer für 01/2018 in Höhe von € 322,30
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 01/2018 in Höhe von € 100,76
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 01/2018 in Höhe von € 10,33
Lohnsteuer für 07/2018 in Höhe von € 1.284,59
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 07/2018 in Höhe von € 794,31
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 07/2018 in Höhe von € 81,47
Lohnsteuer für 08/2018 in Höhe von € 401,73
Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für FB für 08/2018 in Höhe von € 608,99
Zuschlag zu dem Dienstgeberbeitrag für 08/2018 in Höhe von € 62,44
nicht spätestens am 5. Tage nach jeweils eingetretener Fälligkeit entrichtet oder
abgeführt habe und
2.) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe, und zwar:
Umsatzsteuer 11/2017 in Höhe von € 2.865,37
Umsatzsteuer 12/2017 in Höhe von € 324,14
Umsatzsteuer 02/2018 in Höhe von € 1.514,83
Umsatzsteuer 04/2018 in Höhe von € 6.179,10
Umsatzsteuer 05/2018 in Höhe von € 5.913,65
Umsatzsteuer 06/2018 in Höhe von € 126,90
Umsatzsteuer 07/2018 in Höhe von € 15.839,42
Umsatzsteuer 08/2018 in Höhe von € 3.071,43
Umsatzsteuer 09/2018 in Höhe von € 12.108,59
Umsatzsteuer 10/2018 in Höhe von € 11.461,23
Umsatzsteuer 11/2018 in Höhe von € 14.426,01
Umsatzsteuer 12/2018 in Höhe von € 11.017,81
Umsatzsteuer 01/2019 in Höhe von € 9.863,67.

Über die Y.GmbH werde somit nach §§ 33 Abs 5, 49 Abs. 2 FinStrG i.V.m. § 28a Abs. 2 FinStrG eine Geldbuße in der Höhe von € 20.000,- verhängt.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG sei sie außerdem schuldig, einen Betrag von € 500,- als Beitrag zu den Kosten des Finanzstrafverfahrens zu ersetzen.

Zur Begründung führte der Spruchsenat aus:

"Aufgrund des Inhaltes der Straf- und Veranlagungsakten wird im Zusammenhalt mit der
Verantwortung des Erstbeschuldigten nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Der Erstbeschuldigte ist am GebDat. geboren und wohnhaft in Gasse. Er ist finanzstrafbehördlich unbescholten, verheiratet, sorgepflichtig für 2
Kinder, verdient monatlich € 2.500,- und besitzt kein Vermögen.

Der Erstbeschuldigte war seit Geschäftsführer der Zweitbeschuldigten Y.GmbH
mit Sitz in Gasse, die ebenfalls unbescholten ist. Im
Firmenbuch ist diese unter der Firmenbuchnummer FN eingetragen.

Entgegen der den Erstbeschuldigten diesbezüglich treffenden und ihm auch bekannten
Verpflichtung hat er vorsätzlich eine Verkürzung an Umsatzsteuer für den im Spruch unter Punkt I.) 2.) genannten Zeitraum in der ebenfalls dort genannten Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten. Zudem hat er entgegen der ihn
diesbezüglich ebenfalls treffenden und ihm auch bekannten Verpflichtung die im Spruch
unter Punkt I.) 1.) genannten selbstzuberechnende Abgaben, nämlich Lohnsteuer,
Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für FB und Zuschläge zu dem Dienstgeberbeitrag nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet, wobei er dabei die Verwirklichung des Sachverhaltes ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand.

Der Verband haftet für die Handlungen seines Entscheidungsträgers wie in Punkt II.) des
Spruches dargestellt.

Der Schaden wurde zu einem geringen Teil gutgemacht.

Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen sowie jene zum Vorleben ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des Erstbeschuldigten.

Im Zuge der Umsatzsteuersonderprüfung beginnend mit wurden die
Umsatzsteuervoranmeldungen für September 2018 bis inklusive Jänner 2019 zwischen dem und abgegeben. Bereits nach Prüfungsanmeldung () wurde die Umsatzsteuervoranmeldung für August 2018 am nachgereicht. Da die Umsatzsteuervoranmeldung für August 2018 vor Prüfungsbeginn abgegeben wurde, ist diese als Selbstanzeige gewertet worden und ein Abgabenerhöhungsbetrag von 5 % der Nachforderung vorgeschrieben worden. Mangels rechtzeitiger Bezahlung des Abgabenerhöhungsbetrages samt Nachforderung entfaltete die Selbstanzeige betreffend UVA 08/2018 keine Strafbefreiung und wurde der Abgabenerhöhungsbetrag gutgeschrieben.

Aus den Gebarungsdaten des Abgabenkontos ergibt sich weiters, dass für mehrere Monate Lohnabgaben nicht rechtzeitig gemeldet bzw. entrichtet wurden.

Der Erstbeschuldigte verantworteten sich vor dem Spruchsenat schuldig und führte aus,
dass es mit Beginn des Jahres 2018 aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten und
Zahlungsunwilligkeit von Kunden zu einem finanziellen temporären Engpass bei der
Zweitbeschuldigten gekommen sei. Zudem sei aufgrund der Probleme bei der Abwicklung
der Aufträge auch der Erstbeschuldigte mehr gefordert gewesen und habe sich
zusammengefasst wohl zu sehr darauf verlassen, dass der Steuerberater alles richtig
mache, wobei er sich bewußt sei, dass ihn das nicht exkulpiere. Darauf angesprochen
meinte der Beschuldigte, er habe die Voranmeldungen vom Steuerberater erhalten, diese
aber erst eingezahlt, wie das Geld am Konto gewesen sei, die Voranmeldungen wären aber bereits verspätet gewesen. Nach langer Suche nach einer weiteren für die Erledigung des Rechnungswesens zuständigen Arbeitskraft sei schließlich auch erst Mitte Jänner 2019 eine neue, kompetente Mitarbeiterin eingestellt worden.

Es sei ausgeführt, dass zum Tatbild der Steuerhinterziehung keineswegs eine endgültige
Verkürzung der Abgaben gehört; es genügt auch die vorübergehende Erlangung eines
Steuervorteils.

Verkürzt wird eine Steuereinnahmen nicht bloß dann, wenn sie überhaupt
nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er nach dem betreffenden Steuergesetz darauf
Anspruch gehabt hat. Auch der Umstand, dass der Erstbeschuldigte bereits seit einigen
Jahren als Unternehmer tätig ist, Lohnabgaben auch über mehrere Monate hinweg
zeitgerecht gemeldet/gezahlt, und - wenn auch eine nicht beachtliche - Selbstanzeige
eingebracht hat, dokumentiert, dass von der Kenntnis der bestehenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen auszugehen ist und lässt sich diesbezüglich auch der jeweilige Vorsatz (die Wissentlichkeit zur I.) 2.) und der bedingte Vorsatz zu I.) 1.)) ableiten.

Die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages ergibt sich aus den nachvollziehbaren
Ermittlungen des Finanzamtes, die als qualifizierte Vorprüfung dem Verfahren zugrunde zu legen sind und dessen Höhe während des gesamten Verfahrens nicht bestritten wurde. Er setzt sich aus den zu spät gemeldeten/bezahlten Lohnabgaben und der zu spät
gemeldeten/bezahlten Umsatzsteuervoranmeldung zusammen.

Rechtlich ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt:

Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich schuldig, wer
vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird und ist zumindest die Schuldform des Eventualvorsatzes erforderlich, der bei L beim festgestellten Sachverhalt vorlag.

Nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer unter
Verletzung der Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe von dem § 21 des
Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von
Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Somit ist die Schuldform der Wissentlichkeit (dolus principalis) hinsichtlich der Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlungen und des Eventualvorsatzes in Bezug auf die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen erforderlich.

Somit hat L aufgrund des festgestellten Sachverhaltes sowohl objektiv als auch
subjektiv die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und das
Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zu verantworten.

Die Rechtswohltat (beneficium) einer strafbefreienden Selbstanzeige konnte mangels der
den abgabenrechtlichen Vorschriften entsprechenden Entrichtung nicht zuerkannt werden.

Die Zweitbeschuldigte trifft gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 VbVG die Verantwortung für das
steuerunredliche Verhalten des Erstbeschuldigten im Rahmen des zu Punkt II.)
festgestellten Sachverhalts.

Bei der Strafbemessung wertete der Senat bei beiden Beschuldigten als mildernd die
bisherige Unbescholtenheit, die geringfügig erfolgte Schadensgutmachung, das Geständnis, die missliche wirtschaftliche Lage und die Selbstanzeige sowie beim Erstbeschuldigten die bestehenden Sorgepflichten und bei der Zweitbeschuldigten den Milderungsgrund nach § 5 Abs. 2 Z. 6 VbVG, als erschwerend bei beiden Beschuldigten keinen Umstand.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen erschien dem Senat die verhängte
Geldstrafe schuld- und tatangemessen und treffen diese Strafzumessungserwägungen auch für die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe zu. Ebenso verhält es sich mit der Geldbuße
betreffend die Zweitbeschuldigte.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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Am wurden die Beschwerden für den Bf. 1 und die Bf. 2 angemeldet.

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Am wurden für den Bf. 1 und die Bf. 2 Beschwerden eingebracht:

1. Beschwerdegegenstand

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , zu GZ SpS 248/19-111, zugestellt am , wurde über Herrn L wegen der Finanzvergehen nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG und nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG eine Geldstrafe iHv EUR 24.000,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 90 Tagen und über den Verband Y.GmbH wegen des Finanzvergehens nach §§ 33 Abs. 5, 49 Abs. 2 FinStrG iVm 28a Abs. 2 FinStrG eine Geldbuße iHv EUR 20.000,00 verhängt.

Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin erheben gegen dieses Erkenntnis binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.

2. Anfechtungserklärung

Das Erkenntnis wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten.

3. Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 150 FinStrG ist die Erhebung der Beschwerde gegen das Erkenntnis, zugestellt am , zulässig. Durch das Erkenntnis sind die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Unterlassung der Verhängung einer Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe verletzt.

4. Rechtzeitigkeit der Beschwerde

Das Erkenntnis wurde dem Vertreter der Beschwerdeführer am zugestellt. Die Beschwerde ist daher fristgerecht erhoben.

5. Sachverhalt

5.1. Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde mit Errichtungserklärung vom gegründet und ist in der Bauwirtschaft tätig. Der Unternehmensgegenstand der Erstbeschwerdeführerin umfasst die Erbringung von Bauleistungen, insbesondere zur Sanierung von Gebäuden. Zur Ausführung der Leistungen greift die Y.GmbH teilweise auf die Leistungen von Subunternehmen zurück.

Der Erstbeschwerdeführerist der Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin.

Beweis: ZV L

5.2. Steuerliche Betreuung

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde bereits seit Gründung des Unternehmens laufend von einem Steuerberater beraten und betreut, Gegenstand der laufenden Beratung und Betreuung waren insbesondere:

• laufende Buchhaltung;

• Rechnungs- und Belegprüfung;

• Erstellung sowie Abgabe sämtlicher Abgabenerklärungen, insbesondere Umsatzsteuervoranmeldungen;

• die Erstellungdes Jahresabschlusses sowie der Jahresabgabenerklärungen.

Der weitreichende Umfang des Aufgaben- und Betreuungsgebietes des Steuerberaters war eine bewusste Entscheidung von Herrn L als Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführerin. Wegen der Komplexität der Materie, insbesondere der umsatzsteuerlichen Sonder- und Abgrenzungsfragen im Bauwesen (zB "Wechsel der Umsatzsteuerpflicht, "Reverse Charge"), die die üblichen Grundkenntnisse übersteigen, sollte von Anfang an die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften sichergestellt werden. Herr L war bis zur Aufnahme seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Y.GmbH nicht in dem Tätigkeitsbereich der Y.GmbH tätig und verfügte er daher nicht über dieses Spezialwissen, weswegen dafür eine ausgewiesene Steuerberatungsgesellschaft beauftragt wurde. Grundgedanke war es, zur Wahrung sämtlicher abgabenrechtlichen Pflichten einen Steuerberater einzuschalten.

Beweis: ZV L

Der Steuerberater wurde sowohl anlässlich der Übernahme des Mandates als auch in weiterer Folge laufend über sämtliche Leistungen der Beschwerdeführer informiert und wurden dem Steuerberater sämtliche Belege übermittelt sowie alle erforderlichen Informationen erteilt.

Vom Steuerberater wurden dann in weiterer Folge ab der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Zweitbeschwerdeführerin auf Basis der getroffenen Vereinbarung die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Kalenderjahre 2017 und 2018 erstellt und eingereicht. Auch die Selbstanzeige wurde vom Steuerberater und nicht von Herrn L erstellt, zumal es Herrn L an den dazu erforderlichen Kenntnissen mangelt, weil er selbst noch nie eine Selbstanzeige erstellt hat.

Der Erstbeschwerdeführer stellte dem Steuerberater sämtliche Unterlagen und Informationen, wie vom Steuerberater ersucht, vollständig und richtig zur Verfügung und vertraute auf die Kompetenz dieser Kanzlei und auf die Richtigkeit der vom Steuerberater erstellten Erklärungen. Herr L war immer darauf bedacht, dass der Steuerberater über sämtliche Informationen und Belege verfügte und ging er davon aus, dass sodann sämtlichen abgabenrechtlichen Verpflichtungen entsprochen wird. Dass Umsatzsteuererklärungen erst verspätet abgegeben wurden, war ihm nicht bewusst, sondern erfuhr Herr L erst im Zuge der Aufarbeitung des Sachverhaltes aufgrund des Strafverfahrens. Seitens des Finanzamtes erfolgten auch keine Erinnerungen, auf deren Basis der Erstbeschuldigte hätte erfahren können, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen erst verspätet abgegeben wurden.

Beweis: ZV L

5.3. Geschäftserfolg und Liquidität der Zweitbeschwerdeführerin

Die Y.GmbH hatte zwar eine gute Auftragslage und konnte die Aufträge auch mangelfrei ausführen, doch kamen die Auftragnehmer ungeachtet der mangelfreien Ausführung der Leistungen ihren Zahlungsverpflichtungen nicht fristgerecht nach. Dies hatte zur Folge, dass die Y.GmbH aufgrund dieser Zahlungsschwierig- oder -unwilligkeiten von Kunden seit Beginn des Jahres 2018 phasenweise mit temporären finanziellen Engpässen konfrontiert war.

Obwohl Herr L operativ mehr gefordert war, als ursprünglich angenommen, ging er stets davon aus, dass sämtliche abgabenrechtlich erforderlichen Erklärungen vom Steuerberater eingehalten oder eingemahnt werden.

5.4. Verbesserung des Rechnungswesens

Es soll nicht geleugnet werden, dass aufgrund der Belastung von Herrn L versehentlich das Belegwesen fallweise nicht rechtzeitig erstellt und dem Steuerberater zur Verfügung gestellt wurde.

Um diese Ausnahmefälle zu vermeiden, begab sich L auf die Suche nach einer geeigneten Mitarbeiterin/einem geeigneten Mitarbeiter, die/der bei der Erledigung der Rechnungswesenaufgaben Unterstützung leisten sollte. Nach langer Suche (es ist nicht einfach Mitarbeiter(innen) für das Rechnungswesen im Bauwesen zu finden) wurde per eine (akademisch ausgebildete) Mitarbeiterin, Frau P, eingestellt. Frau P arbeitete sich in diese Aufgabe ein und konnte die Unterlagen zur Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen beischaffen. Herr L ging stets davon aus, dass sämtliche Aufgaben vom Steuerberater vollständig und rechtzeitig durchgeführt wurden und wollte durch die Beschäftigung dieser Fachkraft zusätzlich sicherstellen, dass sämtliche abgabenrechtlichen Vorschriften eingehalten werden.

6. Feststellungen und Begründung des Erkenntnisses

Der Senat traf in der Begründung die Feststellung, dass "Entgegen der den Erstbeschuldigten diesbezüglich treffenden und ihm auch bekannten Verpflichtung hat er vorsätzlich eine Verkürzung an Umsatzsteuer für den im Spruch unter Punkt I.) 2.) genannten Zeitraum in der ebenfalls dort genannten Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich gehalten, sondern für gewiss gehalten. Zudem hat er entgegen der ihn diesbezüglich ebenfalls treffenden und ihm auch bekannten Verpflichtung die im Spruch unter Punkt I.) l.) genannten selbstzuberechnende Abgaben, nämlich Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für FB und Zuschläge zu dem Dienstgeberbeitrag nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet, wobei er dabei die Verwirklichung des Sachverhaltes ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand.

Der Senat gelangte zu dieser Feststellung auf Basis folgender - auf das Wesentliche zusammengefasster - Beweiswürdigung: Der Erstbeschuldigte hätte sich vor dem Spruchsenat für schuldig verantwortet, er hätte sich auf den Steuerberater verlassen, "wobei er sich bewusst sei, dass ihn das nicht exkulpiere", Der Erstbeschuldigte hätte darauf angesprochen gemeint, "die Voranmeldungen wären aber bereits verspätet gewesen" (Erkenntnis, Seite 6).

Der Spruchsenat führte iZm der Beweiswürdigung aus: ,Auch der Umstand, dass der Erstbeschuldigte bereits seit einigen Jahren als Unternehmer tätig ist, Lohnabgaben auch über mehrere Monate hinweg zeitgerecht gemeldet/gezahlt hat, und wenn auch eine nicht beachtliche - Selbstanzeige eingebracht hat, dokumentiert, dass von der Kenntnis der bestehenden abgabenrechtlichen Verpflichtung auszugehen ist und lässt sich diesbezüglich auch der jeweilige Vorsatz (die Wissentlichkeit zur I.) 2.) und der bedingte Vorsatz zu I.) 1.)) ableiten."

7. Beschwerdegründe

Der angefochtene Bescheid geht von einer vorsätzlichen Tatbegehung sowie von der Wissentlichkeit iSd § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG aus. Der Spruchsenat wäre bei richtiger Anwendung dieser Bestimmung sowie bei richtiger Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen dieses Tatbestandes nicht vorliegen, weswegen eine Strafbarkeit des Erstbeschuldigten nach §§ 33 Abs 5 FinStrG und der Zweitbeschuldigten gem. §§ 33 Abs 5 iVm 28a Abs 2 FinStrG ausscheidet.

Der angefochtene Bescheid ist dahingehend rechtswidrig, als er

  • inhaltlich rechtswidrig ist und überdies

  • unter Verletzung von Verfahrensvorschriften erging, deren Berücksichtigung zu einer anderen Entscheidung geführt hätte,

8. Begründung

8.1. Fehlen von "Wissentlichkeit" und Eventualvorsatz

§ 33 Abs 2 lit a FinStrG setzt voraus, dass der Abgabenpflichtige unter Verletzung von Verpflichtungen zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen eine Verkürzung der Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Dieser Tatbestand lässt daher nicht einen Eventualvorsatz genügen, sondern verlangt über diesen hinaus die Wissentlichkeit beim Abgabepflichtigen.

Wissentlich handelt, wer den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält (Der durch das BFG zu verwendende elektronische Akt kennt keine Fußnoten, daher werden die im Schriftsatz angeführten Fußnoten in der Folge in Klammern wiedergegeben. § 5 Abs. 3 FinStrG).

Auf Wissentlichkeit kann geschlossen werden, wenn die tatsächlichen Umstände die gemeldeten um die Hälfte übersteigen (, Seiler/Seiler, FinStrG, § 33 Tz 58), Scheinrechnungen gelegt werden (Seiler/Seiler, FinStrG, § 33 Tz 58; Köck et al (Hrsg) FinStrG-Kommentar § 33 Tz 60) oder die Zahllast rechtzeitig ermittelt, jedoch aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten die geschuldeten Beträge nicht geleistet wurden (Seiler/Seiler, FinStrG, § 33 Tz 59). Dies ist etwa der Fall, wenn der Abgabenpflichtige die Tat deshalb begeht, weil ihm die liquiden Mittel zur Entrichtung der Selbstbemessungsabgaben fehlen (Köck (Hrsg) FinStrG-Kommentar § 33 Tz 64; ).

Selbst wenn der Abgabenpflichtige keine oder unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgibt und die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht entrichtet, verwirklicht dieses Verhalten nur dann den Tatbestand der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs 2 lit a FinStrG, wenn der Abgabepflichtige in Bezug auf die Verwirklichung einer Umsatzsteuerverkürzung wider besseres Wissen gehandelt hat.

Handelte er mit bedingtem Vorsatz, ist allenfalls der Tatbestand des § 49 Abs 1 lit a oder lit b FinStrG verwirklicht. Handelte er hingegen bloß (grob) fahrlässig, ist er weder nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG noch nach § 49 Abs. 1 FinStrG strafbar (Köck et al (Hrsg) FinStrG-Kommentar § 33 Tz 61). Die Wissentlichkeit muss sich nur auf das Bewirken der Verkürzung richten. Für die Pflichtverletzung genügt nach nunmehr ständiger Rsp bedingter Vorsatz (Statt vieler und mwN Köck et al (Hrsg) FinStrG-Kommentar § 33 Tz 64).

Diese gesetzlichen Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Selbst wenn eine zu späte Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen auf eine zu späte Übermittlung von Belegen durch den Erstbeschwerdeführer an den Steuerberater bedingt sein sollte, so passierte dies versehentlich.

Sollte daher die Verspätung der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung auf ein Verhalten des Erstbeschuldigten zurückzuführen sein, so erfolgte dies aufgrund der Arbeitsbelastung des Abgabepflichtigen lediglich versehentlich und nicht vorsätzlich, geschweige denn wissentlich.

Ungeachtet des eingestandenen Liquiditätsengpasses erfolgte die verspätete Abgabe der Umsatzsteuererklärungen sohin weder mit Absicht, noch hätte sich der Erstbeschwerdeführer damit abgefunden, dass es dadurch zur Verkürzung von Abgaben kommt. Es liegen daher kein Eventualvorsatz hinsichtlich der Pflichtverletzung und keine Wissentlichkeit hinsichtlich der Abgabenverkürzung vor.

Diese Wissentlichkeit scheidet im gegebenen Fall auch schon deswegen aus, weil der Erstbeschwerdeführer im Fälligkeitszeitpunkt der Umsatzsteuervorauszahlungen keine Kenntnis von der Höhe der Zahllast hatte (UFSL v , FSRV/0048-L/03; Hat ein Beschuldigter die Entrichtung der Vorauszahlungen zwar wissentlich wegen Geldmangel unterlassen, kannte er aber die Verpflichtung, im Falle der Nichtentrichtung eine Voranmeldung einzureichen, nicht, ist der subjektive Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht erfüllt.), zumal die Ermittlung dieser Größe nicht durch ihn selber, sondern durch den Steuerberater erfolgen sollte; der Erstbeschwerdeführer wusste nicht einmal, ob in diesen Umsatzsteuervoranmeldungszeiträumen mit einer Zahllast oder mit einem Guthaben zu rechnen war. Der Erstbeschwerdeführer beauftragte von Anfang an zur Einhaltung der steuerrechtlichen Verpflichtungen einen Steuerberater. Dieser war nicht nur für die laufende Prüfung der Belege, sondern auch mit der Vorbereitung und Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen zuständig. Bei diesem Steuerberaterhandelte sich um eine ausgewiesene Kanzlei und konnte sich der Erstbeschuldigte daher zu Recht darauf verlassen, dass sämtliche steuerlichen Verpflichtungen eingehalten werden oder er im Falle einer drohenden Verletzung rechtzeitig vom Steuerberater gewarnt wird. Auch aus diesem Grund kann vom Vorliegen einer Wissentlichkeit nicht ausgegangen werden (Vgl. dazu auch -W/10).

8.2. Fehlen einer Begründung und unrichtige Beweiswürdigung

8.2.1. Fehlen einer Begründung

Die Feststellungen des Spruchsenates müssen hinsichtlich der Annahme des Vorsatzes nach hA (Seiler/Seiler, FinStrG § 33 Tz 57) auf Basis der Begründungnachvollziehbar sein. Dabei ist vor allem in Rechnung zu stellen, dass eine Abgabenhinterziehung nicht schon bei einer objektiven Abgabenverkürzung vorliegt, sondern den Vorsatz als Schuldform erfordert, und eine Abgabenhinterziehung somit erst als erwiesen gelten kann, wenn - in nachprüfbarer Weise - auch der Vorsatz feststeht (). Eine bloße Verwendung der verba legalia ist dafür nicht ausreichend (Seiler/Seiler, FinStrG § 33 Tz 57; ).

Der Spruchsenat hat unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens - unter in gleicher Weise vorzunehmender Berücksichtigung der den Beschuldigten entlastenden und belastenden Umständen - nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Liegen widersprechende Beweisergebnisse vor, muss dazu in der Begründung im Einzelnen Stellung genommen und schlüssig dargelegt werden, was den Spruchsenat veranlasst hat, dem einen mehr Vertrauen entgegenzubringen als dem anderen. Es bedarf daher ausdrücklicher Feststellungen, welche Umstände und Vorgänge zu den festgestellten Abgabenverkürzungen geführt haben (, Brandl/Leitner, Leitner et al (Hrsg) Handbuch Finanzstrafrecht Tz 1660).

Wenn sich die getroffenen Feststellungen als mangelhaft oder unvollständig erweisen oder das Erkenntnis keine nachvollziehbare sowie vollständige (hinreichend begründete) Beweiswürdigung enthält, ist das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Es genügt zwar nach ständiger Rechtsprechung für die Annahme der Wissentlichkeit, wenn der Abgabenpflichtige die Abgabenverkürzung nur dem Grund nach für gewiss hält und das Ausmaß erst in der Folge von den Abgabenbehörden im Schätzungswege ermittelt wird (; , 89/15/0144; Brandl/Leitner et al (Hrsg) Handbuch Finanzstrafrecht Tz 1659). Dennoch kann bei Selbstbemessungsabgaben eine Wissentlichkeit nur dann angenommen werde, wenn der Vorsatz aufgrund der notwendigen Selbstberechnung die Höhe der Verkürzung jedenfalls annähernd umfasst (Plückhahn, SWK 2006, § 427; Brandl/Leitner, Leitner et al (Hrsg) Handbuch Finanzstrafrecht Tz 1660). Auch dazu bedarf es ausreichender Feststellungen sowie Begründungen.

Vorauszuschicken ist, dass unrichtig ist und es daher für eine Begründung nicht genügt, wenn der Spruchsenat behauptet, der Erstbeschuldigte hätte sich fürschuldig bekanntDiese Feststellung findet jedenfalls in dieser Form im Akteninhalt keine Grundlage.Richtig ist, dass der Erstbeschuldigte eingestanden hat, dass Abgaben teilweise verspätet geleistet wurden. Der Erstbeschuldigte hatte aber nicht eingestanden oder behauptet, dass er im tatbestandlich relevanten Zeitpunkt sich bewusst war, dass die Abgabenerklärungen nicht rechtzeitig eingereicht wurden und es zu einer (wissentlichen) Abgabenverkürzung kommt. Dass im tatbestandrechtlichen Zeitraum die Umsatzsteuervoranmeldungen nicht rechtzeitig eingereicht wurden, erfuhr der Erstbeschuldigte erst im Zeitpunkt der Aufarbeitung des Sachverhaltes aufgrund des eingeleiteten Strafverfahrens. Weiters gab er ausdrücklich an (Protokoll vom , Seite 2), dass er sich auf den Steuerberater verlassen hat und - wie er selbst angab - er sich der Konsequenzen aber nicht so ganz im Klaren [war]"

Der Spruchsenat begründet seine Feststellungen mit dem Hinweis auf eine langjährige Unternehmereigenschaft des Erstbeschuldigten, die zeitgerechte Meldung von Lohnabgaben sowie mit der Abgabe einer Selbstanzeige, weswegen "sich diesbezüglich auch der jeweilige Vorsatz (die Wissentlichkeit zu l.) 2.) und der bedingte Vorsatz zu 1.) 1.)) ableiten [lässt]."

Die Feststellung eines Vorsatzes und einer Wissentlichkeit ist auf Basis dieser allgemeinen Aussagen nicht nachvollziehbar. Der Spruchsenat fasst nach dem Einleitungssatz "Aufgrund des Inhaltes der Straf- und Veranlagungsakten wird im Zusammenhalt mit der Verantwortung des Erstbeschuldigten nachstehender Sachverhalt als erwiesen festgestellt" auf einer halben Seite (Seite 5 des Erkenntnisses) im Wesentlichen mit eigenen Worten lediglich den Straftatbestand zusammen.

Weitere Ausführungen zum Sachverhalt trifft der Spruchsenat nicht.

Auch dem daran anschließenden Abschnitt "Beweiswürdigung" lässt sich nicht nachvollziehbar entnehmen, welcher Sachverhalt vom Spruchsenat angenommen wird, sodass überzeugend auf das Vorliegen eines Vorsatzes, insbesondere einer Wissentlichkeit, geschlossen werden kann. Auch der Hinweis auf Unternehmertätigkeit genügt für die Nachvollziehbarkeit nicht. Zwar kann im Einzelteil eine langjährige Unternehmertätigkeit unter besonderen Umständen die Annahme der Wissentlichkeit rechtfertigen (so etwa ), diese Sichtweise ist aber nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig (siehe dazu : Das betreffende Unternehmen existierte bereits mehrere Jahre und wurden dafür bereits über Jahre hinweg Umsatzsteuererklärungen abgegeben, es lag ein Geständnis im Ermittlungsverfahren vor, das erst in der Hauptverhandlung widerrufen wurde.).

Der Begründung des Spruchsenates im Erkenntnis lässt sich nicht entnehmen, welchen Sachverhalt der Spruchsenat im konkreten Fall feststellt, der die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass der Erstbeschuldigte wusste, dass es zu einer Abgabenverkürzung kommt und - jedenfalls - ungefähre Kenntnis von der Höhe der Abgabenverkürzung hatte.

8.2.2. Unrichtige Beweiswürdigung

Ein Verfahrensfehler liegt auch dann vor, wenn die Beweiswürdigung unrichtig ist (). Richtig ist die Beweiswürdigung, wenn die vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen (, , 1997/08/558; , 998/09/288, , 1995/09/246). Die Behörde hat daher bei der Beweiswürdigung aufgrund der aufgenommenen Beweise auszusprechen, welcher dieser Beweise aus welchen Gründen ihm eine solche Überzeugung vermittelt hat, dass aufgrund dieses Beweises eine rechtserhebliche Tatsache festgestellt werden kann ().

Die Behörde ist daher verpflichtet, die im Rahmen der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen darzulegen (). Der bloße Hinweis auf den Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist nicht ausreichend (). Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nämlich nicht, dass die Behörde willkürlich vorgehen darf, sondern nur, dass sie bei ihrer Beweiswürdigung nicht an Beweisregeln gebunden ist (; , Ra 2017/18/0260). Alle Beweismittel sind grundsätzlich gleichwertig und haben die gleiche abstrakte Beweiskraft. Dafür, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht, hat allein der "innere Wahrheitsgehalt" der Ergebnisse des Beweisverfahrens ausschlaggebend zu sein. Jedenfalls ist die Behörde aber verpflichtet, alle in Betracht kommenden Umstände vollständig zu berücksichtigen (, , 2015/18/0100). Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH hat das Verwaltungsgericht neben der Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Maßnahmen auch die Pflicht, auf das Parteivorbringen,soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Das Verwaltungsgericht darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (, , 2016/18/0055). "Freie Beweiswürdigung" darf erst nach einer vollständigen Beweiserhebung erfolgen; eine vorgreifende (antizipierende) Beweiswürdigung, die darin besteht, dass der Wert eines Beweises abstrakt (im Vorhinein) beurteilt wird, ist unzulässig ().

Die Beweiswürdigung ist im konkreten Fall jedenfalls schon deswegen unrichtig, wenn der Spruchsenat undifferenziert auf eine langjährige Unternehmereigenschaft des Erstbeschuldigten verweist. Eine allgemeine Lebenserfahrung, wonach Unternehmer dann, wenn sie entgegen der Vorperioden keine Umsatzerklärungen abgeben, wissentlich Abgaben verkürzen, gibt es nicht, geschweige denn ist diese Lebenserfahrung und die Relevanz derselben für den gegenständlichen Sachverhalt im Erkenntnis nicht angesprochen geschweige nachvollziehbar ausgeführt. Es entspricht auch nicht den üblichen Denkgesetzen und der allgemeinen Logik, dass just bei jenen Abgabenpflichtigen, die sich stets an die Gesetze gehalten haben, angenommen wird, dass diese nun wissentlich diesen Pflichten nicht mehr nachkommen und keine Erklärungen mehr abgeben. Angemerkt wird weiters, dass auch eine Bezugnahme auf eine "Unternehmereigenschaft" nicht genügt, zumal zur Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung nicht Kenntnisse jedweder Unternehmertätigkeit genügen, sondern - gerade im Bauwesen und der damit verbundenen steuerlichen Sonderfragen - Kenntnisse der betreffenden Branche des Unternehmens erforderlich sind, über diese besonderen Kenntnisse verfügte der Erstbeschwerdeführer nicht.

Die Bezugnahme des Spruchsenates auf die Selbstanzeige legt offen, dass die Beweiswürdigung nicht nur unlogisch ist, sondern darüber hinaus mit einer Widersprüchlichkeit behaftet ist: Zum einen schließt der Spruchsenat aus dem Umstand einer Selbstanzeige beim Erstbeschuldigten auf ein besonderes Wissen, übersieht dabei aber, dass diese Selbstanzeige aufgrund eines Fehlers gescheitert ist, weil die Abgaben nicht rechtzeitig geleistet wurden. Wer über dieses nach Auffassung des Spruchsenates durch die Erstellung einer Selbstanzeige implizierte Wissen verfügt, weiß auch, dass die Selbstanzeige nur dann erfolgreich ist, wenn die Abgaben rechtzeitig geleistet werden. Der aktenkundige Fehler bei der Durchführung der Selbstanzeige schließt die Annahme eines Sonderwissens auf Basis dieser Selbstanzeige geradezu aus, was der Spruchsenat verkennt.

Ungeachtet dieses Widerspruches bleibt im Erkenntnis unberücksichtigt, dass die Selbstanzeige nicht vom Erstbeschuldigten, sondern vom Steuerberater ausgeführt wurde. Sollte die Selbstanzeige Grund für die Annahme von Wissen sein, dann liegt dies daher beim Steuerberater vor und nicht beim Erstbeschuldigten. Auch eine Lebenserfahrung, dass der Abgabenpflichtige über das Wissen des Steuerberaters verfügt, gibt es nicht, andernfalls würde sich der Abgabenpflichtige nicht eines Steuerberaters bedienen. Jede abweichende undifferenzierte und daher verallgemeinernde Annahme widerspricht den allgemeinen Denkgesetzen der Logik; Wer gibt Geld für einen Steuerberater aus, wenn er es selbst kann und tut?

Die Beweiswürdigung ist ungeachtet der Widersprüchlichkeit und der Verletzung der Grundsätze der Logik auch deswegen mit einem Mangel behaftet, als sie das Vorbringen des Abgabepflichtigen völlig unberücksichtigt lässt. Der Erstbeschuldigte brachte unter anderem vor, dass die Buchführung und die Erstellung sowie die Abgabe der Erklärungen von einem Steuerberater vorgenommen wurden und er sich auf diesen verließ, weil er diesen mit sämtlichen Unterlagen und Informationen ausstattete, die zur Erstellung und Einreichung der Erklärungen erforderlich sind. Wenn es zur Verspätung der Abgabe der Erklärungen dadurch kam, weil der Erstbeschuldigte die Belege nicht rechtzeitig zur Verfügung stellte, dann schließt dies aber jede Wissentlichkeit aus; Wenn die Belege nicht vorliegen und daher nicht einmal ansatzweise Kenntnisse über die Höhe einer etwaigen Abgabenzahlung vorliegen, so kann man diese dem Grunde nach auch nicht "wissen" und scheidet daher auch eine Wissentlichkeit aus. Der Spruchsenat bedient sich daher durch Bezugnahme auf Umstände wie Unternehmereigenschaft oder Selbstanzeige einer unzulässigen, weil vorgreifenden, Beweiswürdigung.

Hätte der Spruchsenat eine richtige Beweiswürdigung vorgenommen, indem nicht verallgemeinernd auf die Unternehmereigenschaft und eine misslungene Selbstanzeige vorgreifend abgestellt wird, sondern das Parteivorbringen berücksichtigt, hätte der Spruchsenat die Bestimmung des § 33 Abs 2 lit a FinStrG nicht angewandt und wäre folglich zu einer anderen Entscheidung gelangt, weswegen die geltend gemachten Verfahrensmängel auch wesentlich sind.

9. Anträge

Die Beschwerdeführer stellen daher an das Bundesfinanzgericht nachfolgende

Anträge:

a)Das Bundesfinanzgericht möge gem. § 160 FinStrG eine mündliche Verhandlung durchführen.

b) Das Bundesfinanzgericht möge der Beschwerde stattgeben und das angefochtene Erkenntnis aufheben.

****

Mit Schreiben der Vorsitzenden vom an den Vertreter des belangten Verbandes wurde dieser ersucht, seine Vertretungsbefugnis zu belegen, dies mit dem Vorhalt, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses durch den Spruchsenat bereits das Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet gewesen und der Masseverwalter Vertreter der Y.GmbH sei.

Mit Fax vom wurde eine Bevollmächtigung des einschreitenden Rechtsanwaltes durch den Masseverwalter vom vorgelegt.

****

In der mündlichen Verhandlung vom wurde wie folgt erhoben und festgestellt:

"Die Parteien stimmen der Verhandlung unter den bestehenden Schutzmöglichkeiten (Plexiglaselemente, Raum in Veranstaltungssaalgröße, Handdesinfektionsmittel) zu.

Der Berichterstatter trägt den Sachverhalt und die Ergebnisse des Untersuchungsverfahrens vor.

Vorsitzende (V): Sie hatten bei der Spruchsenatsverhandlung die Vollmacht des Gf. auch für den Verband?

Verteidiger (Vert.).: Ja.

Vertreter über Befragen durch V: Bei der Verhandlung des Spruchsenates hatte ich sowohl die Vollmacht des GF der Y.GmbH, als auch eine Vollmacht des Masseverwalters.

Vorsitzende erklärt die Rechtslage.

Vertreter: Daher hatte ich von Beiden eine Vollmacht.

Vertreter verweist auf den Beschwerdeschriftsatz und ergänzt, dass sich das Insolvenzverfahren erfreulich entwickle. Es werde voraussichtlich eine durchaus gute Quote herauskommen und somit werden auch Abgabenschuldigkeiten noch teilweise abgedeckt.

V: Was haben Sie gemacht, bevor Sie diese Firma gegründet haben?

Bf.: Ich bin Wirtschaftsinformatiker und bei der österreichischen Post AG beschäftigt. Mit 1. Juni sind dies 13 Jahre in meinem Hauptberuf. Ich war vor Gründung der Y.GmbH nicht selbständig tätig.

Vorhalt V: Wirtschaftsinformatik beinhaltet auch das Wort "Wirtschaft". Kannten Sie vor Aufnahme der Tätigkeit der Y.GmbH die Fälligkeitstage für Selbstberechnungsabgaben (USt, Lohnabgaben), 15. des nächstfolgenden, des zweitfolgenden Monats?

Bf.: Ja, ich wusste, dass die Abgaben zu bezahlen sind und wann, konnte sie aber nicht selbst berechnen.

Bf.: Ich habe zur Berechnung der Abgaben Mag. J bestellt. Ich habe ihn gegoogelt und er wurde mir auch als zuverlässiger Steuerberater empfohlen.

Ich habe die Gesellschaft gegründet und hatte sofort einen großen wirtschaftlichen Erfolg, das heißt, dass ich sehr mit der praktischen Tätigkeit befasst war. Dazu hatte ich auch für die Bauausführung einen gewerberechtlichen Geschäftsführer.

Es ist jedoch neben meinem Hauptberuf einfach nicht ausgegangen, dass ich auch den buchhalterischen Belangen in der Gesellschaft zeitgerecht nachkommen konnte. Wie ich bereits beim Spruchsenat gesagt habe, ist das mein Fehler gewesen, dass die Unterlagen nicht zeitgerecht beim Steuerberater zur Erstellung der Voranmeldungen gelandet sind. Es ist mir erst Ende Jänner 2019 gelungen jemanden zu bekommen, der in der Firma diese Belange wahrnimmt. Sobald diese neue, mit steuerlichen Belangen vertraute, Mitarbeiterin die Grundaufzeichnungen gemacht hat, wurden die Voranmeldungen fristgerecht eingereicht.

V: Dieses Unternehmen war circa 1 1/2 Jahre bis zur Konkurseröffnung tätig. Nach der Kontolage hat sich von Anfang an ein Rückstand aufgebaut, der dann in Folge der Konkurseröffnung zu einer Aussetzung der Einbringung von circa € 160.000,00 geführt hat. Es wäre auch die Möglichkeit gewesen, bei verspäteter Meldung die Abgaben in einem nachzubezahlen. Dies hätte als Selbstanzeige zu einer Strafaufhebung führen können. Warum wurden die Abgaben bei jeweiliger Nachmeldung nicht entrichtet? Am Firmenkonto waren Sie allein zeichnungsberechtig?

Bf.: Am Firmenkonto war nur ich zeichnungsberechtigt. Ich habe auch laufend die Entscheidungen getroffen, was bezahlt werden kann und was nicht. Wir haben zunächst Aufträge von Privatpersonen übernommen, dann kamen aber auch vier Unternehmensaufträge dazu (Schlussrechnungen einmal € 80.000,00, einmal € 55.000,00 einmal € 35.000,00 und € 15.000,00).

Ich hatte sieben Personen angestellt, deren Gehälter ich bezahlen musste und es war auch Material für die Baustellen zu beschaffen, daher war bei Nachmeldung der Selbstberechnungsabgaben das Geld zu deren Bezahlung nicht vorhanden.

Dass eine Selbstanzeige erstattet werde, war die Idee des steuerlichen Vertreters bei Prüfungsbeginn. Aber auch damals hatte ich nicht die Geldmittel, um die Abgabe entsprechend der Vorgaben des § 29 Abs. 6 FinStrG zu entrichten.

Ich hatte auch sogar Ratingauskünfte zu meinen Auftraggebern. Trotz positiven Ratings hat man mich mit ausstehenden Zahlungen seitens der Auftraggeber vertröstet und hängen gelassen. Eine Firma ist dann auch in Konkurs gegangen. Ich war unerwartet damit konfrontiert, dass unsere Leistungen nicht vereinbarungsgemäß bezahlt wurden. Einen Titel hat der Masseverwalter gewonnen (€ 35.000,00). Die weitere Rechtssache mit € 80.000,00 wurde bereits eingeklagt.

Das Konkursverfahren entwickelt sich derartig positiv, dass ich davon ausgehe, aus der GmbH nicht mit einem Schuldenberg übrig zu bleiben. Wenn diese Verfahren mit dem Versuch die offenen Geldbeträge von den Auftraggebern zu bekommen abgeschlossen sind, werde ich mit meiner Frau überlegen, ob die Gesellschaft weitergeführt wird oder nicht. Mein Grundgedanke bei Gründung der Gesellschaft ging in die Richtung, dass ich für meine Familie zusätzliche Geldmittel für die Anschaffung eines Hauses erwirtschaften wollte, da es mir in meinem Hauptberuf nicht möglich ist so hohe Geldmittel ansparen zu können.

Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Verlesen wird der wesentliche Inhalt der Straf- und Steuerakten.

Schluss des Beweisverfahrens.

Die Amtsbeauftragte beantragt die Abweisung der gegenständlichen Beschwerden unter Hinweis auf den Vorlagebericht, Schadensgutmachung derzeit 7,7 %.

Der Verteidiger verweist auf die Beschwerde und ergänzt, dass er selbst Umsatzsteuer auch vorgetragen und unterrichtet habe und ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis bestehe, was sich ihm auch bei Wirtschaftsstudenten zeige. Dazu kommt der Umstand, dass Umsatzsteuer in der Baubranche ein komplexeres Thema ist, als beispielsweise im Handel. Zur Möglichkeit mittels Selbstanzeige strafaufhebende Wirkung zu erzielen, wird vorgebracht, dass an Selbstanzeigen mitunter auch Steuerberatungskanzleien scheitern und dazu eben auch verschiedentliche Formvorschriften wie sonstiger Vorgaben einzuhalten seien. Es werde nochmals darauf verwiesen, dass dieses Konkursverfahren sich als aussichtsreich darstelle, dass sich eine Quote von 30 - 50 % ergeben könnte. Eine genaue Schätzung sei momentan noch nicht möglich.

Der Bf. ist jedenfalls gedanklich nicht von einem endgültigen Abgabenausfall ausgegangen. Es wird daher die Einstellung, in eventu eine milde Bestrafung beantragt. Dies für den Beschuldigten wie für den belangten Verband."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird; im Übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der in finanzstrafrechtlicher Hinsicht noch nicht in Erscheinung getretene Beschuldigte war ab handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bf.2 und fungiert auch als deren Gesellschafter.

Im Firmenbuch ist sie unter der Firmenbuchnummer FN eingetragen. Am wurde das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und mit Beschluss des Handelsgerichtes vom ein Konkursverfahren.

Zum objektiven Tatbestand ist festzustellen:

Umsatzsteuer:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.

Für die Monate 9 und 10/2017 wurden am geringfügige Gutschriften geltend gemacht.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Fälligkeit
Einreichung
Betrag
Bezahlung
11/2017
2.865,37
nein
12/2017
2.500,00
ja
12/2017
-2.175,86
2/2018
1.514,83
nein
4/2018
6.179,10
nein
5/2018
5.913,65
nein
6/2018
126,90
nein
7/2018
15.839,42
nein
8/2018
3.071,43
nein
9/2018
12.108,59
nein
10/2018
11.461,23
nein
11/2018
14.426,01
nein
12/2018
11.017,81
nein
1/2019
9.863,67
nein

Für die Monate 2/2018 bis 1/2019 wurde eine Umsatzsteuernachschau durchgeführt, die am angemeldet wurde und deren Ergebnisse im Bericht vom enthalten sind.

Diese Prüfung hat zu keiner weiteren Abgabennachforderung geführt, somit wurden die verspätet gemeldeten Beträge als richtig anerkannt. Eine als solche bezeichnete Selbstanzeige wurde nicht erstattet, es wurde lediglich die Nachreichung der Voranmeldung für 8/2018 durch den Prüfer als konkludente Selbstanzeige interpretiert und eine Abgabenerhöhung festgesetzt. Eine strafaufhebende Wirkung hat diese Nachmeldung nicht bewirkt, da die Entrichtung entsprechend den Vorgaben des § 29 Abs. 2 FinStrG nicht gegeben ist.

Lediglich hinsichtlich des Monats 12/2017 liegt eine Diskrepanz zwischen den Annahmen der Behörde und der Kontolage vor.

In Worten nochmals ausgedrückt wurde zunächst eine Zahllast von € 2.500,00 gemeldet und entrichtet und in der Folge eine Gutschrift von € 2.175,86 nachgemeldet. Die von der Behörde angesetzte Zahllast von € 324,14 ist auf der Aufstellung der Umsatzsteuervoranmeldungsdaten in der Datenbank ersichtlich, jedoch nicht am Abgabenkonto des Bf. Auf dem Abgabenkonto scheint mit Buchungstag unrichtig eine weitere Gutschrift in dieser Höhe auf.

Die für die genannten Monate angefallenen Zahllasten wurden somit nicht entsprechend den Vorgaben des § 21 UStG bei Fälligkeit gemeldet und entrichtet, damit ist der objektive Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (Abgabenhinterziehung) sowie auch der objektive Tatbestand nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG (Finanzordnungswidrigkeit) erfüllt.

Lohnabhängige Abgaben:

Gemäß § 79 Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der Fassung BGBL 1993/818 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl 1998/818 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988, sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, welcher von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Fälligkeit
Einreichung
Betrag
Bezahlung
L 11/2017
323,34
ja
DB 11/2017
92,00
ja
DZ 11/2017
8,98
ja
L 1/2018
322,30
nein
DB 1 /2018
100,76
nein
DZ 1/2018
10,33
nein
L 7/2018
1.284,59
nein
DB 7/2018
794,31
nein
DZ 7/2018
81,47
nein
L 8/2018
401.73
nein
DB 8/2018
608,89
nein
DZ 8/2018
62,44
nein
L 11/2018
1.915,53
ja
DB 11/2018
1.323,46
ja
DZ 11/2018
135,74
ja
L 1/2019
1.295,12
ja
DB 1/2019
683,33
ja
DZ 1/2019
66,58
ja

Die Prüfung an Hand der Kontoauszüge hat ergeben, dass für einige Monat zwar verspätet Meldungen erstattet, jedoch die nachgemeldeten Beträge in einem entrichtet wurden, daher liegt hinsichtlich der Monate 11/2017, 11/2018 und 1/2019 für die Bf. 2 eine konkludente Selbstanzeige vor.

Demnach ist für diese dem Bf. 1 als ihrem Gf. angelasteten Finanzordnungswidrigkeiten keine Verbandsverantwortlichkeit der Bf. 2 gegeben. Für den Bf. 1 liegt mangels Täternennung nach § 29 Abs. 5 FinStrG keine wirksame Selbstanzeige, sondern nur Schadensgutmachung als Milderungsgrund vor.

Zur subjektiven Tatseite und den gesetzlichen Anforderungen daran:

Für die Erfüllung einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist Wissentlichkeit hinsichtlich der Verletzung der Zahlungsverpflichtung bei Fälligkeit der Selbstberechnungsabgabe gefordert. Im Regelfall obliegt einem handelsrechtlichen Geschäftsführer die Einteilung der Geldmittel der von ihm vertretenen Gesellschaft und hat er Zahlungsverpflichtungen wahrzunehmen. Ist er in Kenntnis der gesetzlichen Fälligkeitstermine und unterlässt dennoch Zahlungen, geschieht dies wissentlich hinsichtlich der bewirkten Verkürzung, wobei eine Verkürzung schon dann besteht, wenn die geschuldeten Beträge nicht zu den gesetzlich vorgesehenen Terminen zukommen.

Weiters ist zur Erfüllung der Vorgaben für diese Form der Abgabenhinterziehung gefordert, dass der für abgabenrechtliche Belange verantwortliche Geschäftsführer es ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, dass zum gesetzlichen Termin auch eine Meldungslegung der Höhe der geschuldeten Beträge unterbleibt.

Der Bf. 1 hat in der mündlichen Verhandlung vor dem BFG ausgesagt, dass er Wirtschaftsinformatiker ist und nur er am Firmenkonto zeichnungsberechtigt war. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bf. 2 war er somit verpflichtet deren steuerliche Belange wahrzunehmen und er wusste, dass er bei jeweiliger Fälligkeit keine entsprechende Überweisung an das Abgabenkonto vorgenommen hat (= wissentliche Verkürzung durch Unterlassung der Einzahlung am Fälligkeitstag).

Da er jedoch auch die Unterlagen zur Berechnung der Zahllasten bis zu deren Fälligkeit nicht rechtzeitig vollständig seinem steuerlichen Vertreter übermittelt hat, konnte er auch nicht davon ausgehen, dass dieser für ihn wenigstens fristgerecht Meldungen der geschuldeten Beträge vornehmen werde können. Er hat es somit auch ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass eine Meldung zum Fälligkeitstag ebenfalls unterbleibt. Daher ist in den im Schulspruch genannten Monaten der Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.

Hinsichtlich einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist in subjektiver Hinsicht gefordert, dass der für abgabenrechtliche Belange zuständige handelsrechtliche Geschäftsführer in Kenntnis der Fälligkeitstermine eine Zahlungsverpflichtung verletzt und es zumindest ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet, dass der Abgabenbehörde die geschuldeten Beträge nicht binnen 5 Tagen ab jeweiliger Fälligkeit zukommen.

Der Bf. hatte 7 Angestellte, deren Löhne und Gehälter er bezahlt, aber wiederum die darauf entfallenden lohnabhängigen Abgaben bei deren Fälligkeit weder bekannt gegeben noch bis spätestens 5 Tage nach Fälligkeit entrichtet hat. Er hat es somit ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass er eine Zahlungsverpflichtung verletzt.

Der Tatbestand nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ist demnach in objektiver und subjektiver Hinsicht erwiesen.

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren zu erkennen.

Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

Als mildernd wertete der Spruchsenat die bisherige Unbescholtenheit, die geringfügig erfolgte Schadensgutmachung, das Geständnis, die missliche wirtschaftliche Lage und die gescheiterte Selbstanzeige sowie beim Erstbeschuldigten die bestehenden Sorgepflichten für 2 Kinder und bei der Zweitbeschuldigten den Milderungsgrund nach § 5 Abs. 2 Z. 6 VbVG, als erschwerend bei beiden Beschuldigten keinen Umstand.

Bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von € 104.223,15 und einer Strafdrohung von € 194.179,80 wurde beim Bf. 1 eine Geldstrafe im Ausmaß von 12,35 % der Strafdrohung festgesetzt.

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters.

Gemäß § 23 Abs. 2 FinStrG sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, wobei im Übrigen die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches gelten.

Gemäß § 23 Abs. 3 FinStrG sind bei der Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG gilt: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

Dass ein Tatgeständnis vorliege, hat der Spruchsenat nach den Ausführungen in der Beschwerdeschrift zwar unrichtig angenommen, aber der Bf.1 hat sich durchgehend offen verantwortet und glaubwürdig die Anfragen beantwortet und das Tatgeschehen dargestellt.

Zudem ist es nicht zutreffend, dass kein Erschwerungsgrund vorliegt. Erschwerend ist der mehrmalige Tatentschluss, es liegen 13 Vergehen/Taten zur Umsatzsteuer im Voranmeldungsstadium vor und 6 Taten zu lohnabhängigen Abgaben.

Der Senat hat demnach die wegen des Überwiegens der Milderungsgründe sehr niedrig bemessene Geldstrafe als schuldangemessen angesehen. Eine Reduktion war aus spezialpräventiven (Abhalten des Bf. von weiteren Taten) und generalpräventiven (Abschreckung potentieller Nachahmungstäter) Überlegungen nicht möglich.

Die durch den Spruchsenat ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe beruht jedoch ganz offensichtlich auf einem Fehler, da sie nicht im Einklang mit dessen ständiger Rechtsprechung steht. Es war daher die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu bestimmende Ersatzfreiheitsstrafe auf ein der Rechtsprechung entsprechendes Ausmaß herabzusetzen.

Zur Bf. 2:

Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG iVm § 3 Abs. 1 und 2 (VbVG) ist eine juristische Person als belangter Verband (§ 1 Abs. 2 VbVG) für Straftaten (die gegenständlichen Abgabenverkürzungen nach § 34 FinStrG) von Entscheidungsträgern (wie der Bf.1) verantwortlich, wenn 1. die Taten zu ihren Gunsten begangen worden sind (hier: die Nichtentrichtung von Selbstberechnungsabgaben bei deren Fälligkeit, sie entlastete teils vorübergehend bzw. teils endgültig das Abgabenkonto der Bf.2) oder 2. durch die Taten Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen und der Entscheidungsträger als solcher die Taten rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (Die Nichtentrichtung erfolgte rechtswidrig und schuldhaft).

Gemäß § 2 Abs. 1 VbVG ist Entscheidungsträger im Sinne dieses Gesetzes, wer 1. Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Prokurist ist oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt ist, den Verband nach außen zu vertreten, 2. Mitglied des Aufsichtsrates oder des Verwaltungsrates ist oder sonst Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausübt, oder 3. sonst maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Verbandes ausübt.

Gemäß § 56 Abs. 5 FinStrG gelten für Verfahren wegen Finanzvergehen gegen Verbände die Bestimmungen über das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind, mit folgender Maßgabe:

1. Der Verband hat in dem gegen ihn und auch in dem gegen den beschuldigten Entscheidungsträger oder Mitarbeiter geführten Verfahren die Rechte eines Beschuldigten (belangter Verband); auch die der Tat verdächtigen Entscheidungsträger und Mitarbeiter haben in beiden Verfahren die Rechtsstellung eines Beschuldigten.

2. Soweit sich die im ersten Satz dieses Absatzes genannten Verfahrensvorschriften auf Verdächtige, Beschuldigte oder Strafen beziehen, sind darunter der belangte Verband oder die Verbandsgeldbuße zu verstehen.

3. Die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde zur Durchführung des Finanzstrafverfahrens gegen den Beschuldigten begründet auch die Zuständigkeit für das Verfahren gegen den belangten Verband; die Verfahren sind in der Regel gemeinsam zu führen.

4. Die Finanzstrafbehörde kann von der Verfolgung eines Verbandes absehen, wenn in Abwägung der Schwere der Tat, des Gewichts der Pflichtverletzung oder des Sorgfaltsverstoßes, der Folgen der Tat und der zu erwartenden Höhe der Verbandsgeldbuße eine Verfolgung und Sanktionierung verzichtbar erscheint, es sei denn, dass die Verfolgung geboten ist, um der Begehung von Taten im Rahmen der Tätigkeit anderer Verbände entgegenzuwirken oder wegen eines sonstigen besonderen öffentlichen Interesses.

Die Frage, ob in Finanzstrafverfahren gegen einen Beschuldigten oder belangten Verband im Falle einer Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen dem Insolvenzverwalter eine Stellung als gesetzlicher Vertreter der insolventen Partei zukomme, wird von OGH wie VwGH verneint.

Gemäß § 2 Abs. 2 IO wird durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen.

Dazu zählen eben nicht die Geldstrafen, was auch für Geldbußen - die eine Strafsanktion darstellen - gilt.

In diesem Sinne , wonach ein Masseverwalter (Insolvenzverwalter) im Konkurs nur insoweit als gesetzlicher Vertreter an die Stelle des Gemeinschuldners tritt, als Aktiv- oder Passivbestandteile des Insolvenzverfahrens betroffen sind. Eine in einem Finanzstrafverfahren verhängte Vermögensstrafe oder Verbandsgeldbuße zählt nicht dazu, weshalb im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weder dem Insolvenzverwalter Bescheide der Finanzstrafbehörde an den belangten Verband rechtswirksam zugestellt werden können noch der Genannte etwa im Finanzstrafverfahren rechtsmittelbefugt wäre (-W/07).

Die Vertretung der insolventen GmbH in ihrem - durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens insoweit nicht berührten - Finanzstrafverfahren kommt dem Geschäftsführer als Liquidator (§ 89 Abs. 2 Satz 1 GmbHG), der durch die Konkurseröffnung als aufgelöst geltenden GmbH (§ 84 Abs. 1 Z 4 GmbHG) zu.

Zusätzlich ist der Beschuldigte bzw. belangte Verband natürlich auch während des aufrechten Insolvenzverfahrens berechtigt, sich im Finanzstrafverfahren eines Verteidigers zu bedienen (§ 77 bzw. iVm § 56 Abs 5 FinStrG).

Dessen Vollmacht erlischt jedoch nach Rechtsansicht des VwGH (, 2011/16/0197) unter Hinweis auf die Bestimmung des § 1024 ABGB durch eine nachträgliche Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschuldigten bzw. belangten Verbandes.

Dieses gesetzlich angeordnete Erlöschen wäre jedoch - iS der Rsp des OGH - eigentlich auf die die Insolvenzmasse schmälernden Vollmachten zu reduzieren (vgl zB Koziol-Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I14 Rz 666 FN 69) und daher nicht auf Prozessvollmachten eines Verteidigers in einem Finanzstrafverfahren anzuwenden. Folgt man jedoch dem VwGH, wäre aber bis zu einem neuerlichen Einschreiten des Verteidigers unter Hinweis auf eine erteilte Vollmacht vorerst die Zustellung mittels eines entsprechenden Vermerkes nach § 13 Abs. 1 ZustG direkt an den Beschuldigten bzw den belangten Verband vorzunehmen.

Der einschreitende Vertreter der Bf. 2 hat diese auch bereits vor der Finanzstrafbehörde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom vertreten, allerdings ohne auf den Umstand hinzuweisen, dass über das Vermögen der Gesellschaft bereits ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet wurde.

Es stand aber dem Bf.1 als Liquidator zu, eine Vertretung des Verbandes durch einen Parteienvertreter zu veranlassen, daher wurde das Erkenntnis des Spruchsenates ordnungsgemäß zugestellt und das Beschwerdeverfahren auch gesetzeskonform gestartet, weswegen inhaltlich zur Verbandsverantwortlichkeit auszuführen ist, dass der Bf. 1 als handelsrechtlicher Geschäftsführer ein Entscheidungsträger im Sinne des § 3 Abs. 2 VbVG war. Er hat rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, daher war nach § 3 Abs. 2, zweiter Satz über den Verband eine Geldbuße zu verhängen.

Die Bf. 2 war daher als belangter Verband für die vom Bf.1 als Entscheidungsträger begangenen Finanzvergehen zur Verantwortung zu ziehen.

Zur Strafbemessung beim belangten Verband ist im gegenständlichen Fall auszuführen:

Hinsichtlich der Ausmessung der über die Bf. 2 zu verhängenden Geldbuße sind gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG die Bestimmungen des § 5 VbVG sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 5 Abs. 1 VbVG sind bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Höhe der angedrohten Geldbuße bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Abs. 2: Die Geldbuße ist umso höher zu bemessen;

1. je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, für die der Verband verantwortlich ist.

2. je höher der aus der Straftat vom Verband erlangte Vorteil ist;

3. je mehr gesetzwidriges von Mitarbeitern geduldet oder begünstigt wurde.

Abs. 3: Die Geldbuße ist insbesondere geringer zu bemessen, wenn

1. der Verband schon vor der Tat Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Taten getroffen oder Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten angehalten hat;

2. der Verband lediglich für Straftaten von Mitarbeitern verantwortlich ist (§ 3 Abs. 3);

3. er nach der Tat erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;

4. er die Folgen der Tat gutgemacht hat;

5. er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat;

6. die Tat bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen hat.

Der Spruchsenat ging bei der Bemessung der Verbandsgeldbuße nicht von den gesetzlich genannten Milderungsgründen aus, wertete aber den Umstand mildernd, dass die Taten bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen haben (Der Bf. ist auch Gesellschafter der Bf. 2) und der Verband die Folgen der Tat teilweise gutgemacht hat § 5 Abs. 3 Z 4 und 6 VbVG.

Bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von € 98.379,07 betrug die Strafdrohung für die Geldbuße € 191.257,76 und die ausgesprochene Geldbuße demnach 10,45 % der Strafdrohung.

Nach § 5 Abs. 2, Z 1 VbVG ist erschwerend zu berücksichtigen, dass 16 Taten begangen wurde und ein Vorteil im Zeitgewinn bei einer verspäteten Zahlung liegt.

Mildernd ist weiters zu berücksichtigen, dass nach den Taten erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen wurde § 5 Abs. 2, Z 3 VbVG und er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat (Bestellung von Frau P) § 5 Abs. 3 Z 5 VbVG.

Der Senat hat somit unter Berücksichtigung der weiteren Milderungsgründe und des Umstandes, dass aus dem Konkursverfahren noch ein weiterer Anteil an Schadensgutmachung von 30 bis 50 % erwartet wird, die Geldbuße auf die Höhe einer Mindestgeldstrafe nach § 23 Abs. 4 FinStrG reduziert.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das BAWAG-P.S.K.-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre beim Finanzamt einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verteidigung eines belangten Verbandes
belangter Verband
Masseverwalter
Verweise





-W/07
-L/03
-W/10










ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7300008.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at