Großmutterzuschuss - Leistung iS des § 2 Z 4 KVG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LeitnerLeitner GmbH, Am Heumarkt 7, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend ***1***, zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insofern abgeändert, als die Gesellschaftsteuer für den Zuschuss der ***7*** mit 1 % der Bemessungsgrundlage nämlich € 488.100,00 und sohin mit dem Abgabenbetrag in Höhe von € 4.881,00 festgesetzt wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Gesellschaftssteuererklärung
Mit Gesellschaftssteuererklärung vom wurde der unmittelbare Gesellschafterzuschuss durch die ***2*** gemäß § 2 Z 4 KVG in Höhe von EUR 47.800,00 dem Finanzamt bekannt gegeben. Aufgrund der in der Beilage ebenfalls aufgelisteten Großmutterzuschüsse der "***7***" in Höhe von zweimal EUR 75.000,00 ersuchte das Finanzamt mit Vorhalt vom um Aufklärung bzw. um Vorlage des Kooperationsvertrages.
Kooperationsvertrag
Der mit Schreiben vom übermittelte Kooperationsvertrag, abgeschlossen zwischen ***4***, ***7*** ***8*** GmbH (in der Folge auch "***7***" oder "***7*** ***8***"), ***2*** (in der Folge auch "***2***"), ***6*** (in der Folge auch "***6***") sowie ***5*** (in der Folge auch "***5***" und "***5***") führte in nachfolgend zitierten Punkten aus:
"1.1. zur Umsetzung ihrer in der Präambel beschriebenen Zielsetzung haben die Kooperationspartner mit beiliegendem GmbH- Gesellschaftsvertrag die ***Bf1*** gegründet. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt EUR 35.000.-; hiervon entfällt auf die ***9******8*** eine Stammeinlage von EUR 17.850,-, auf die ***7******8*** eine Stammeinlage von EUR 11.900,- und auf die ***2*** eine Stammeinlage von EUR 5.250,-."
"Pkt. 7.3.
Zusätzlich zu dem in Punkt 7.2. genannten Stammkapital werden die Kooperationspartner in den ersten 3 Geschäftsjahren der BF in mehreren Tranchen anteilig Zuschussleistungen in der Höhe von max. insgesamt € 1.435.588 gemäß Beilage ./2 gewähren.
Die ***6*** erbringt anteilige Zuschussleistungen in Höhe von 25% der jeweils von der ***Bf1*** an die ***6*** erteilten und von der ***6*** angenommenen Forschungs- und Entwicklungsaufträgen in Form eines Barzuschusses bis zu einer Obergrenze von insgesamt € 732.150,--. […]
Die ***7******8*** erbring anteilige Zuschussleistungen in Höhe von insgesamt € 488.100.- in Form von Barzuschüssen.
Die ***2*** erbringt anteilige Zuschussleistungen durch Bereitstellung von Sach- und Personalaufleistungen in Höhe von insgesamt € 215.388,-- davon € 144.558,--bis zum
7.4.
In der Startphase des Projektes bis gewähren die Kooperationspartner im Sinne des Punkt 7.3. an die Gesellschaft Zuschüsse wie folgt:
Der ***7*** verpflichtet sich zur Gründung der BF einen Zuschuss in Höhe von € 75.000,-- sowie bis zum einen Zuschuss in Höhe von € 75.000,-- an die BF zu leisten.
Danach leistet der ***7*** quartalsmäßig, d.h. bis 31.03., bis 30.06., bis 31.09. und bis jeweils einen Barzuschuss in Höhe von € 50.000,--
Die ***6*** verpflichtet sich, an die BF Zuschüsse von jeweils 25% der an die ***6*** erteilten und von der ***6*** angenommenen Forschungs- und Entwicklungsaufträge zu leisten. Die Zahlungsverpflichtung der ***6*** tritt jedoch erst dann ein, sobald es zu einer Zahlung aufgrund des Forschungsauftrages kommt und dieser Betrag auf dem Konto der ***6*** gutgeschrieben wird.
Darüber hinaus verpflichtet sich die ***6***, bis zum bei entstandenen Verlust der BF eine Zuschuss von maximal € 525.000,-- zu leisten, soweit nicht bereits Zuschüsse gemäß Punkt 7.3. lit. a) gewährt wurden."
"7.6.
Festgehalten wird, dass die Erbringung der Zuschussleistungen gemäß Pkt. 7.3. mit schuldbefreiender Wirkung für den jeweiligen Kooperationspartner auch von einem mit diesem verbundenen Unternehmen geleistet werden können. Unter den Kooperationspartnern besteht Übereinstimmung, dass für die Zuführung der in Punkt 7.3. genannten Zuschussleistungen handelsrechtlich und steuerrechtlich optimale Konstruktionen gewählt werden."
In der Beilage ./2 erfolgt ein tabellarische Auflistung der Summen der durch die jeweiligen Gesellschafter zu leistenden Zuschüsse.
Dabei wird in der ersten Tabelle unter "Finanzierung BF" die "***7*** Hold" mit Zuschüssen in Höhe von € 488.100,00 aufgeführt, in der zweiten Tabelle unter "M" ein "Gesellschafterzuschuss durch die ***7*** bei Projektbeauftragung" in Höhe von € 488.100.00 (wobei sich diese Summe aus Zahlungen in Höhe von 2x € 75.000 , 6x € 50.000 sowie 1x € 38.100 zusammensetzt.
Bescheid des Finanzamtes vom
Mit Gesellschaftsteuerbescheid vom wurde die Gesellschaftsteuer betreffend des Gesellschafterzuschusses lt. Abgabenerklärung vom (***2*** ***2***) mit € 478,00 festgesetzt.
Vorhalt des Finanzamtes an die Bf und Ergänzungsbeantwortung
Mit Vorhalt vom wurde die Beschwerdeführerin um Ergänzung ersucht, da laut Kooperationsvertrag Zuschussleistungen von maximal € 1.435.588,00 gewährt werden.
Mit Schreiben vom wurden die Gesellschaftsteuerbescheide vom , sowie vorgelegt, mit welchen sämtliche Gesellschafterzuschüsse betreffend die ***2*** ***2*** in Höhe von insgesamt € 215.338,00 erledigt wurden.
Die verbleibenden Zuschüsse in Höhe von € 1.220.250,00 seien die Großmutterzuschüsse der ***6*** (€ 732.150,00) sowie der ***5*** (€ 488.100,00).
Gesellschaftsteuerbescheid vom
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Gesellschafsteuer betreffend der "Gesellschafterzuschüsse laut Kooperationsvertrag vom " mit € 12.202,50 festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, dass laut Kooperationsvertrag vom sich die Gesellschafter u.a. zur Leistung von Zuschüssen verpflichten. In Erfüllung dieser Verpflichtung erfolgte Zuschussleistungen seien in wirtschaftlicher Betrachtungsweise den direkten Gesellschaftern zuzurechnen und unterlägen somit der Gesellschaftsteuer.
Berufung vom
Mit Anbringen vom wurde fristgerecht Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes erhoben. Die Beschwerdeführerin führte zusammengefasst aus, dass es sich bei den Zuschussleistungen der ***6*** sowie des ***5*** um nicht gesellschaftsteuerpflichtige Großmutterzuschüsse handle. Hinsichtlich der Zuschüsse des ***5*** seien die Bestimmungen im Kooperationsvertrag nicht eindeutig. Punkt. 7.3. bezeichne die ***7*** ***8*** GmbH als Verpflichtete der anteiligen Zuschussleistungen. Punkt. 7.4. und Beilage ./2 nenne den ***5*** als Zuschussverpflichteten. Im Hinblick auf die widersprüchliche Vertragsgestaltung sei der tatsächliche Wille der Kooperationspartner und somit der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt des Kooperationsvertrages für die Beurteilung einer etwaigen Gesellschaftsteuerpflicht maßgeblich. Die Aufforderungsschreiben der ***Bf1*** zur Leistung der Zuschusszahlungen seien unmittelbar an den ***5*** ergangen und die Zahlungen auch direkt von diesem auf das Bankkonto der ***Bf1*** bewirkt worden. Die Zuschüsse seien ohne Einbindung der Zwischengesellschaft (***7*** ***8*** GmbH) geleistet worden und die Zuschussleistungen lägen zudem im unmittelbaren Interessse des ***5***.
Berufungsvorentscheidung
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung teilweise stattgegeben und die Gesellschaftsteuer mit € 4.881,00 festgesetzt. Als Begründung führte das Finanzamt aus:
"Ausgehend von den getroffenen Vereinbarungen im Kooperationsvertrag vom (inkl. Beilage 2) sind in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise der ***7******8*** GmbH Zuschüsse in Höhe von gesamt 488.100,- Euro zuzurechnen. Eine nicht eindeutige oder widersprüchliche Vertragsgestaltung liegt nicht vor, denn die ***7******8*** ist auch in der Beilage 2 genannt."
Vorlageantrag
Der fristgerechte Vorlageantrag vom richtete sich gegen die Qualifikation der vom ***5*** an die Beschwerdeführerin geleisteten Zuschüsse als gesellschaftsteuerpflichtig. Die Beschwerdeführerin begründete dies wie folgt:
"2 Einwand gegen die gesellschaftsteuerliche Würdigung der Zuschüsse des "***5***" durch die Abgabenbehörde 1. Instanz.
Gemäß § 2 Z 4 lit a KVG unterliegen freiwillige Zuschüsse eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer iHv 1%, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen. Mittelbar Beteiligte sind nicht als Gesellschafter iSd § 5 Abs. 2 KVG zu beurteilen (vgl. 5.1. der "Großmutterzuschuss"-Richtlinie zum KVG, 10 5004/1-IV/10/03 vom ). Maßgeblich für die Beurteilung der Gesellschaftsteuerpflicht eines sogenannten Großmutterzuschusses ist die wirtschaftliche und nicht die zivilrechtliche Ausgestaltung (vgl. ). Demnach liegt ein steuerfreier Großmutterzuschuss dann vor, wenn der Zuschuss im überwiegenden Interesse der Großmutter liegt, ohne Einbindung der Muttergesellschaft und nicht zum Zwecke der Erhöhung des Wertes der Anteile der Großmuttergesellschaft an ihrer unmittelbaren Tochtergesellschaft.
Die vertraglichen Bestimmungen des Kooperationsvertrages vom betreffend ie Zuschussleistungen iHv insgesamt EUR 488.100,00 durch die Kooperationspartner "***7******8***" bzw. "***5***" an unsere Mandantin sind widersprüchlich formuliert:
Punkt 7.3.b) sowie die Finanzierungsübersicht in Beilage ./2 bezeichnet die "***7******8***" als Verpflichtete der anteiligen Zuschussleistungen
Punkt 7.4. und die detaillierten M in Beilage ./2 nennen die "***5***" als Zuschussverpflichteten.
Im Hinblick auf die widersprüchliche Vertragsausgestaltung ist der tatsächliche Wille der Kooperationspartner und somit der tatsächliche wirtschaftliche Gehalt des Kooperationsvertrages für die Beurteilung einer etwaigen Gesellschaftsteuerpflicht maßgeblich (vgl. :
Die Aufforderungsschreiben der ***Bf1*** zur Leistung der Zuschusszahlungen sind unmittelbar an den "***5***" ergangen: "An die Geschäftsführer des ***5***" (siehe Kopie des Zuschussaufforderungsschreibens im Anhang).
Der "***5***" hat die Zuschusszahlungen direkt auf das Bankkonto der BF bewirkt: "Auftraggeber: ***5***" (siehe Kopie des Überweisungsbeleges).
Der "***5***" hat ua die Förderung forschungsorientierter Unternehmen bzw. Institutionen und somit des regionalen Technologiesektors zum Ziel, weshalb die Zuschussleistungen an das gemeinsame Kooperationsprojekt in seinem unmittelbaren Interesse liegen.
Die Zuschüsse wurden ohne Einbindung der Zwischengesellschaft ("***7******8***") geleistet (siehe Unterlagen im Anhang).
In wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist daher der "***5***" zu Erbringung der anteiligen Zuschussleistungen an die ***Bf1*** verpflichtet. Folglich sind die in 2009 bis 2011 geleisteten Zuschüsse iHv insgesamt EUR 488.100,00 als nicht gesellschaftsteuerpflichtige Großmutterzuschüsse zu qualifizieren."
Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde 2. Instanz
Mit Vorlagebericht vom - eine Ausfertigung davon erging an die Bf. - legte das Finanzamt die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor und führte unter "Streitpunkte" aus: "Sind die im Kooperationsvertrag vereinbarten Zuschüsse in wirtschaftlicher Betrachtungsweise den Gesellschaftern zuzurechnen und daher steuerpflichtige? Auch wenn das Finanzamt mit BVE einen Teil der Zuschüsse als nicht steuerpflichtig qualifiziert hat, ist diese Rechtsansicht nicht ganz eindeutig".
Vorhalt des
Mit Vorhalt vom teilte die Berichterstatterin des BFG den Verfahrensparteien mit, wie sich die Sach- und Rechtslage für sie zum damaligen Zeitpunkt darstellte und räumte der Bf. die Möglichkeit ein, noch vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, weitere Beweismittel zu nennen oder die bisherigen Anträge zu modifizieren.
Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt mit, keine weitere Stellungnahme abzugeben.
Mit Schreiben vom teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die in der Berufung vom sowie im Vorlagenantrag enthaltenen Anträge auf mündliche Verhandlung sowie Entscheidung durch den gesamten Senat zurückgenommen werden. Inhaltlich wurde keine weitere Stellungnahme abgegeben.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Hingewiesen wird darauf, dass ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates getreten ist. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
1. Sachverhalt
Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die ***Bf1*** (die beschwerdeführende Gesellschaft) gegründet. Unmittelbare Gesellschafter sind die ***6*** ***8*** GmbH (51%), die ***7*** ***8*** GmbH (34%) sowie die ***2*** (15%).
Alleingesellschafter der ***6*** ***8*** GmbH ist die ***6***, jener der ***7*** ***8*** GmbH der ***5***.
Mit Kooperationsvertrag vom wurde zwischen der ***6*** ***8*** GmbH, der ***7*** ***8*** GmbH, der ***2*** ***2***, der ***6*** und dem ***5*** wurde die Kooperation von forschungsorientierten Unternehmen bzw. Institutionen mit der ***6*** im Rahmen von Werk-, Forschungs- und Entwicklungsaufträgen vereinbart.
Punkt 7.3. des Kooperationsvertrages verpflichtet die ***6*** (EUR 732.150,00), die ***7*** ***8*** GmbH (EUR 488.100,00) und die ***2*** ***2*** (EUR 215.388,00) zu anteiligen Zuschussleistungen an die ***Bf1*** iHv insgesamt 1.435.588,00.
Punkt 7.4. des Kooperationsvertrages nennt als Zuschussverpflichteten für einen Betrag von in Summe EUR 488.100,00 den ***5*** ("***7***"), nicht die ***7*** ***8*** GmbH.
Punkt 7.6. des Kooperationsvertrages bestimmt, dass die Erbringung von Zuschussleistungen gemäß Pkt. 7.3. mit schuldbefreiender Wirkung für den jeweiligen Kooperationspartnern auch von einem mit diesem verbundenen Unternehmen geleistet werden können.
Beilage ./2 des Kooperationsvertrages nennt in der Tabelle "Finanzierung" die "***7*** Hold" als Zuschussgeber, in der Tabelle "M" wird die "***7***" als Gesellschafterzuschussverpflichteter angeführt.
Die Zuschüsse wurden durch die ***Bf1*** vom ***5*** schriftlich eingefordert. Aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bankbelege geht hervor, dass die jeweiligen Teilbeträge direkt vom ***5*** an die Bf. zur Überweisung kamen. Als Betreff fand sich beispielhaft "GM-Zuschuss 2011/ 2. Tranche" auf dem Überweisungsbeleg.
Eine Zwischenschaltung bzw. Weiterleitung durch die ***7*** ***8*** GmbH lag nicht vor.
Die Zuschüsse an die Bf. sind der ***7*** ***8*** GmbH als Leistende zuzurechnen.
Sowohl die Zuschüsse durch die ***2*** ***2*** als auch jene der ***6*** sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
2. Beweiswürdigung
Vom BFG wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom Finanzamt vorgelegten Teile des Gesellschaftsteueraktes ErfNr ***1*** und ergibt sich dadurch der oben dargestellte Verfahrensablauf und der - unstrittige - Urkundeninhalt. Sie stehen auch im Einklang mit dem Parteivorbringen, weshalb der Sachverhalt als erwiesen angenommen wird.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Rechtslage und Erwägungen
Entscheidung des BFG in der "Sache"
Gegenstand der Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt
Das Entstehen der Steuerschuld ist im Gesellschaftsteuerrecht nach der Generalklausel des § 4 Abs. 1 BAO zu beurteilen. Danach entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Die einmal entstandene Steuerpflicht soll durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden (sog. Stichtagsprinzip; vgl. ).
Wegen der Maßgeblichkeit des Stichtags der Entstehung der Steuerschuld ist keine "dynamischen Betrachtungsweise" über einen längeren Zeitraum vorzunehmen (vgl. ), sondern ist jeder Rechtsvorgang, der die in § 2 KVG genannten Tatbestandsmerkmale aufweist, gesondert der Gesellschaftsteuer zu unterziehen (vgl. ).
Für jeden, einen Tatbestand iSd KVG erfüllenden Rechtsvorgang, besteht eine Erklärungspflicht gegenüber dem Finanzamt nach § 10 KVG. Diese Erklärungspflicht entfällt nur dann, wenn eine Selbstberechnung der Gesellschaftsteuer nach § 10a KVG vorgenommen wird.
Gesellschaftsteuererklärungen wurden von der Bf. nur für die Leistungen der ***2*** ***2*** abgegeben, auf deren Basis in der Folge durch das Finanzamt die Gesellschaftsteuer festgesetzt wurde.
Hinsichtlich der Zuschüsse der ***7*** ***8*** GmbH erfolgten seitens der belangten Behörde Anfragen und wurden in der Folge der Kooperationsvertrag und weitere Unterlagen durch die Bf. übermittelt, aus welchen hervorging, dass sog. Großmutter-Zuschüsse iHv insgesamt 1.220.250,00 (davon € 488.100,00 durch die "***5***" (= ***5***) sowie € 732.150,00 durch die ***6***) geleistet worden waren.
Nach §279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO [Formalentscheidungen] immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht kann seine Entscheidung originär neu gestalten, das Ergebnis seiner Entscheidung kann von dem des erstinstanzlichen Bescheides abweichen (vgl. dazu ). Die Abänderungsbefugnis ist jedoch durch die Sache beschränkt; "Sache" ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. Ritz, BAO-Kommentar 5, § 279 BAO, Tz 38 f).
Das Verwaltungsgericht darf daher ein und dieselbe Abgabe (das ist die im bekämpften Bescheid vorgeschriebene Abgabe) in veränderter Höhe (auch von veränderten Grundlagen und anders beurteilten Sachverhalten ausgehend) festsetzen (vgl. ). Einen anderen Sachverhaltskomplex darf das Verwaltungsgericht dabei allerdings nicht annehmen (vgl. ). Ein Erkenntnis darf nicht eine Abgabe erstmals vorschreiben (Ritz, BAO 5, § 279 Tz 10 mit weiteren Judikaturnachweisen).
Bescheide müssen somit die "Sache", über die sie absprechen, ausreichend konkretisieren, weil damit für das Verwaltungsgericht der Rahmen der Änderungsbefugnis iSd § 279 Abs 1 BAO festgelegt wird.
Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruches, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. ua ).
§ 198 BAO normiert:
(1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anders vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabebescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.
Abgabenbescheide können auch im Wege von Sammelbescheiden erlassen werden.
Dabei sind aber die essentiellen Spruchbestandteile für sich gesondert anzuführen, da jede der kombiniert vorgenommenen Festsetzungen für sich anfechtbar ist (vgl. ; ).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus der Begründung der Bescheide des Finanzamtes, von welchem Sachverhalt das Finanzamt ausgegangen ist, wenn angeführt wird, dass die mitbeteiligte Privatstiftung (konkret bezeichnete) Privatschulden ihrer vier (namentlich genannten) Stifter getilgt habe, und zwar in den Jahren 2003 bis 2005 mit jeweils 25.000 EUR pro Stifter und Jahr und in der Bescheidbegründung weiters festgehalten ist, dass das Finanzamt diesen Vorgang als einkommensteuerlich relevante Zuwendung einer Privatstiftung (hier an die Stifter) ansehe und sich weiters aus den Bescheiden die Ansicht des Finanzamtes ergibt, dass diese Zuwendungen Kapitalertragsteuer von 25% auslösten, und welcher Betrag an Kapitalertragsteuer auf die einzelnen Vorteilsempfänger entfällt (vgl. ).
Nach der Judikatur des deutschen Bundesfinanzhofes ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Bezogen auf die Gesellschaftsteuer ist Sachverhalt, an den das Kapitalverkehrsteuergesetz steuerliche Folgen knüpft, jede einzelne Form der Eigenkapitalzuführung durch die Gesellschafter an die inländische Kapitalgesellschaft in tatsächlicher Hinsicht (BFH , I R 42/88, BStBl. 1991 II S. 387).
Die Rechtsprechung, nach der die unaufgegliederte Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid zur Unbestimmtheit und Nichtigkeit eines Steuerbescheids führen kann, ist nicht anwendbar, wenn sich dem Steuerbescheid entnehmen lässt, dass das Finanzamt - wenn auch rechtsirrtümlich - bei der Steuerfestsetzung vom Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsvorgangs ausgegangen ist. In einem solchen Fall ist der Steuerbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt. In einem derartigen Steuerbescheid ist die Steuer nach Art und Betrag bezeichnet und der Steuerschuldner angegeben.
Die Rechtsprechung zur Nichtigkeit der unaufgegliederten Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid betrifft Fälle, in denen aus dem Steuerbescheid hervorgeht, dass das Finanzamt trotz Annahme mehrerer Steuerfälle die Steuer unaufgegliedert festgesetzt hat, und auf die gesonderte Ermittlung der Steuer für die einzelnen Steuerfälle nicht ausnahmsweise verzichtet werden kann (BFH , II R 54/07).
An der Auffassung, dass mehrere Gesellschaftsteuerfälle nicht unaufgegliedert zusammengefasst werden dürfen, hält der BFH mit Einschränkung fest. Eine genaue Aufgliederung ist dann nicht erforderlich, wenn zwischen den Beteiligten keinerlei Streit darüber besteht, welche Steuerfälle zusammengefasst worden sind. Sie wird z. B. dann entbehrlich sein, wenn der Steuerbescheid den gesamten unstreitigen Gründungsvorgang in vollem Umfang erfasst. In diesen Fällen kann durch die Aufzählung der einzelnen Gesellschafter und ihrer Leistungen keine zusätzliche Klarheit über die zusammengefassten Steuerfälle gewonnen werden (vgl. BFH , II R 56/81, BStBl. 1984 II S. 140).
Auch nach der Judikatur des Bundesfinanzgerichtes ist bei Fehlen der gesonderten Anführung der essentiellen Spruchbestandteile bei formularmäßiger Zusammenfassung mehrerer der Besteuerung unterliegenden Vorgänge, die entsprechende Richtigstellung des Spruches im Rahmen der Abänderungsbefugnis des § 279 Abs. 1 BAO zulässig, wenn kein Zweifel bestehen konnte, welche Vorgänge das Finanzamt im angefochtenen Bescheid erfasste (vgl. unter Hinweis auf ; BFH , II R 56/81).
Für den vorliegenden Fall folgt aus der zitierten Judikatur Folgendes:
Aus der Begründung des bekämpften Bescheides ergibt sich, dass das Finanzamt die Zuschussleistungen der Gesellschafter (Großmütter) als von der direkten Gesellschafterin erbrachte Leistungen im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise angesehen hat und als Grundlage dafür den Kooperationsvertrag heranzog.
Aus der Anführung des Betrages von € 1.220.250,00 in der Begründung ist ableitbar, dass das Finanzamt von einer Gesamtsumme der Gesellschafterleistungen der ***5*** sowie der ***6*** ausgegangen ist. Diese Summe setzt sich aus einer Zuschussleistung iHv € 488.100,00 der ***5*** sowie iHv. € 732.150,00 der ***6*** zusammen und ist aus einer Tabelle ersichtlich, welche dem Finanzamt durch die Bf. im Zuge der Übermittlung von Unterlagen aufgrund des Vorhaltes vom übermittelt wurde (Akt Seite 113).
Das Finanzamt ging von durch zwei unterschiedliche Gesellschaften getätigten Zuschüssen aus.
Aus den Schriftsätzen der Bf. im Rechtsmittelverfahren wird deutlich, dass für die Bf. klar erkennbar war, dass das Finanzamt die Zuschüsse der ***5*** sowie der ***6*** - als an die Bf. geleistete "Großmutterzuschüsse" - der Gesellschaftsteuer unterzogen hat.
Das Finanzamt hat in seiner Berufungsvorentscheidung den Bescheid vom dahingehend abgeändert, als es die Gesellschaftssteuer mit € 4.881,00 festgesetzt hat und in der Begründung dazu ausführt, dass der ***7*** ***8*** GmbH Zuschüsse iHv insgesamt € 488.100,00 zuzurechnen seien.
Dass damit nur die Zuschüsse der ***5*** gemeint sein konnten, ergibt sich einerseits rein rechnerisch und andererseits in Zusammenschau mit dem Kooperationsvertrag (Zuschüsse der ***6*** € 732.150,00 und jene der ***5*** € 488.100,00, in Summe sohin € 1.220.250,00).
Dies war auch für die Bf. erkennbar, was wiederum aus dem Vorlageantrag hervorgeht, in welchem ganz klar zum Ausdruck gebracht wird, dass die "Zuschussleistungen der ***2*** sowie der ***6*** nicht Gegenstand dieses Vorlageantrages" sind.
Dadurch ist eindeutig erkennbar, welche konkreten Vorgänge vom Finanzamt im Bescheid bzw. in der Berufungsvorentscheidung der Gesellschaftsteuer unterzogen wurden.
Auch für das Bundesfinanzgericht ist aus den im Bemessungsakt des Finanzamtes befindlichen Schriftsätzen samt den darin enthaltenen Unterlagen und Aufgliederungen nachvollziehbar, für welche einzelnen Steuerfälle das Finanzamt eine Abgabenfestsetzung vorgenommen hat.
Das Bundesfinanzgericht ist durchaus berechtigt, Ergänzungen des erstinstanzlichen Bescheides vorzunehmen, solange es nicht überhaupt den Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides auswechselt (vgl. ).
Nach dem Gesamtbild wurde im gegenständlichen Fall der Sachverhaltskomplex, über den das Finanzamt abgesprochen hat, durch die im Verfahren zu ErfNr. ***1*** in den Schriftsätzen vom und vom offengelegten Zuschüsse abgesteckt.
Alle dort aufgelisteten Zuschüsse sind auch bei Fehlen einer Aufgliederung bei der Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht.
Die Abänderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes umfasst auch die Aufgliederung der Abgabenfestsetzung für die einzelnen Steuerfälle.
Jedoch erfolgte hier seitens des Finanzamtes durch die BVE eine Aufhebung der Festsetzung der Gesellschaftsteuer für die Zuschüsse der ***6*** und wurde seitens der Bf. in ihren Schriftsätzen (Vorlageantrag) eine eindeutige Einschränkung der Beschwerde auf die "Zuschüsse der ***5***" vorgenommen, weshalb - infolge Rechtskraft der Aufhebung der Festsetzung der Gesellschaftsteuer für die Zuschüsse der ***6*** - als "Sache" des gegenständlichen Verfahrens nur mehr diese Zuschüsse ("Zuschüsse der ***5***") anzusehen sind.
Zur Frage der Gesellschaftsteuerpflicht der "Großmutterzuschüsse"
§ 2 Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) lautet:
Der Gesellschaftsteuer unterliegen
1. der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber;
2. Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse). Der Leistung eines Gesellschafters steht es gleich, wenn die Gesellschaft mit eigenen Mitteln die Verpflichtung des Gesellschafters abdeckt;
3. freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn das Entgelt in der Gewährung erhöhter Gesellschaftsrechte besteht (Beispiel: Zuzahlungen bei Umwandlung von Aktien in Vorzugsaktien);
4. folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:
a) Zuschüsse,
b) Verzicht auf Forderungen,
c) Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung,
d) Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung;
5. die Verlegung der Geschäftsleitung oder des satzungsmäßigen Sitzes einer ausländischen Kapitalgesellschaft in das Inland, wenn die Kapitalgesellschaft durch diese Verlegung zu einer inländischen wird. Dies gilt nicht, wenn die Kapitalgesellschaft ihre Geschäftsleitung oder ihren satzungsmäßigen Sitz vor der Verlegung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hatte;
6. die Zuführung von Anlage- oder Betriebskapital durch eine ausländische Kapitalgesellschaft an ihre inländische Niederlassung. Dies gilt nicht, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft ihre Geschäftsleitung oder ihren satzungsmäßigen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat.
Gemäß § 3 KVG wird die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass Leistungen (§ 2) nicht von den Gesellschaftern bewirkt werden, sondern von Personenvereinigungen oder Körperschaften, an denen die Gesellschafter als Mitglieder oder Gesellschafter beteiligt sind.
Dieser Ergänzungstatbestand knüpft an das Vorliegen einer Leistung iS des § 2 KVG an und wurde zur Verhinderung von Steuerumgehungen geschaffen. Damit sollen Leistungen iS des § 2 KVG erfasst werden, die nicht von den Gesellschaftern selbst bewirkt, sondern von Personenvereinigungen oder Körperschaften erbracht werden, an denen die Gesellschafter als Mitglieder oder Gesellschafter beteiligt sind (vgl. ).
Nach § 5 Abs. 1 KVG gelten als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften:
"1. Aktien und sonstige Anteile, ausgenommen die Anteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft oder einer Kommandit-Erwerbsgesellschaft,
2. Genussrechte,
3. Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren."
Nach § 5 Abs. 2 KVG gelten als Gesellschafter jene Personen, denen die in § 5 Abs. 1 leg. cit. genannten Gesellschaftsrechte zukommen.
Nach § 9 Abs. 1 KVG ist die Kapitalgesellschaft Steuerschuldner.
Als Gesellschafter iSd KVG kommt daher in Betracht, wer im Zeitpunkt der Leistung des Zuschusses an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist (vgl. die Erkenntnisse , und ).
Als freiwillig (iSd § 2 Z 3 und 4 KVG) sind vor allem Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt.
Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, dass der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (vgl. ).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei den einzelnen Fällen des § 2 KVG um einen einheitlichen Steuertatbestand und bewirkt eine unrichtige Subsumierung, die zu keiner betragsmäßigen Änderung führt, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides (vgl ).
Die an die Bf. geleisteten Zuschüsse sind daher dahingehend zu überprüfen, ob Tatbestände nach § 2 Z. 4 lit. a KVG verwirklicht wurden.
Bei der Auslegung des Tatbestandes des § 2 KVG sind auch die Bestimmungen der Richtlinie des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 69/335/EWG (in Folgenden kurz RL 69/335/EWG), neugefasst durch die Richtlinie des Rates vom betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital 2008/7/EG (kurz RL 2008/7/EG) zu beachten.
Nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der RL 69/335/EWG (entspricht Artikel 3 Buchstabe h der RL 2008/7/EG) kann die Erhöhung des Gesellschaftsvermögens einer Kapitalgesellschaft durch Leistungen eines Gesellschafters, die keine Erhöhung des Kapitals mit sich bringen, sondern ihren Gegenwert in einer Änderung der Gesellschaftsrechte finden oder geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, soweit sie am der Steuer zum Satz von 1 v. H. unterlagen, weiterhin der Gesellschaftsteuer unterworfen werden.
Lässt die staatliche Umsetzung mehrere Interpretationen zu, so ist jene zu wählen, die den Vorgaben der Richtlinie entspricht; gleichzeitig sind diejenigen Interpretationen zu verwerfen, die gegen die Richtlinie verstoßen würden (vgl. - W/05 unter Hinweis auf Ehrke-Rabel, Gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation und Anwendungsvorrang im Steuerrecht, ÖStZ 2009, S 189).
Urteilen des EuGH ist eine Wirkung erga-omnes beizumessen und ist daher das ("ESTAG") nicht bloß auf den Anwendungsfall beschränkt (vgl. ).
In der Entscheidung des (Rechtssache "Ing. Auer", RN 47) wurde ausgesprochen, dass durch die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes nicht Verhaltensweisen begünstigt werden dürfen, die durch die Errichtung künstlicher Konstruktionen mit dem alleinigen Ziel der Erlangung eines Steuervorteils gekennzeichnet sind. Damit wurde vom EuGH erstmals klargestellt, dass missbräuchliche Konstruktionen zur Umgehung einer Kapitalverkehrssteuerpflicht nicht beachtlich sind, sondern der dahinter stehende wahre Sachverhalt zu besteuern ist (vgl. sowie ).
Es steht jedermann frei, seine Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten und zu ordnen, dass der günstigste Effekt, nämlich der bestmögliche Erfolg bei geringster der gesetzlich vorgesehenen Abgabenbelastung erreicht wird. Die Grenzen dieser dem Abgabepflichtigen eingeräumten Gestaltungsfreiheit sind im Abgabenrecht grundsätzlich durch die Bestimmungen der §§ 21 bis 24 BAO gezogen. Im Bereich der in diesen Gesetzesbestimmungen im Einzelnen umschriebenen Tatbestände ist die Abgabenbehörde berechtigt und verpflichtet, bei der Erhebung der Abgaben von der Gestaltung der Vertragsparteien abzugehen ().
Die Feststellung, ob ein Vorgang in den Anwendungsbereich von Artikel 4 der Richtlinie 69/335/EWG fällt, ist anhand einer wirtschaftlichen und nicht einer formalen, allein auf die Herkunft der Einlagen abstellenden Betrachtungsweise zu treffen, indem untersucht wird, wem die Zahlung der Einlagen tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. dazu ua "ESTAG", RNr 37 und 38, und EuGH C-71/00, "Develop" RNr 25).
Auch vor der Entscheidung des EuGH wurde im Bereich der Gesellschaftsteuer bereits die wirtschaftliche Betrachtungsweise herangezogen. Es war bereits ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. 607-633/74, 531,532/74 und ), dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 Abs. 1 BAO zwar im Bereich des Kapitalverkehrsteuergesetzes in den Hintergrund tritt, weil das Gesetz an bestimmte Rechtsvorgänge anknüpft. Stets wurde aber dem aber angefügt, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise auch im Bereich der Verkehrsteuern immer dann gilt, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formalrechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gebietet etwa bei Treuhandverhältnissen der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine von der zivilrechtlichen Betrachtung abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise (vgl. ).
Auch wenn die Anteile an der begünstigen Kapitalgesellschaft von einer Beteiligungsholding gehalten werden, die Kapitalausstattung zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes aber aus dem Vermögen der die Beteiligungsholding beherrschenden Konzernmutter bestritten wird, gebietet es der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung von einer Gesellschafterleistung auszugehen.
Dieser Fall ist durchaus mit einer Treuhandkonstellation vergleichbar ist, in welcher ein Treuhänder zivilrechtlich über das Gesellschaftsrecht verfügt, die Kapitalausstattung aber durch freiwillige Leistungen, die den Wert der Gesellschaftsrechte erhöhen, unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers erfolgt (vgl. unter Hinweis auf sowie ).
Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes sind Leistungen, deren Zweck in der Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsanteile des Leistungsempfängers erfolgen, wenn diese Erhöhung vor allem im Interesse des Gesellschafters liegt, dem unmittelbaren Gesellschafter als Leistendem zuzurechnen (vgl. dazu RS C-494/2003, Senior Engineering Investments BV). Da ansonsten die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 69/335 beeinträchtigt wäre genügt es bei Gesellschaften, die zu einem Konzern gehören, nicht allein die formelle Herkunft einer Einlage festzustellen (vgl. dazu ESTAG, Randnummer 40).
In seinem Urteil vom , C-494/03, Senior Engineering Investments BV hat der EuGH zu einer freiwilligen Leistung einer Großmuttergesellschaft an ihre Enkelgesellschaft ohne Einbindung der Muttergesellschaft ua. Folgendes ausgeführt:
"39. Drittens stellt sich der fragliche Beitrag als "Leistung eines Gesellschafters" dar. Er wurde zwar nicht vom Gesellschafter der Senior GmbH (Senior BV), sondern von deren Muttergesellschaft (Senior Ltd) geleistet, also vom Gesellschafter des Gesellschafters.
Der Gerichtshof folgt jedoch hinsichtlich der Herkunft einer Kapitalzuführung nicht einem förmlichen Ansatz, sondern fragt nach der tatsächlichen Zurechnung (vgl. in diesem Sinne Urteile Weber Haus, Randnrn. 11 und 13, ESTAG, Randnrn. 37 bis 39 und 41, sowie Urteil vom in der Rechtssache C-71/00, Develop, Slg. 2002, I-8877, Randnrn. 25 bis 29). Da der fragliche Beitrag von der Großmuttergesellschaft (Senior Ltd) an die Enkelgesellschaft (Senior GmbH) gezahlt worden war, um den Wert der Gesellschaftsanteile an dieser zu erhöhen, und diese Erhöhung vor allem im Interesse des einzigen Gesellschafters Senior BV lag, ist festzustellen, dass der genannte Beitrag dieser zuzurechnen ist. Es handelt sich daher um eine "Leistung eines Gesellschafters" im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 69/335."
Der EuGH hat damit ausgesprochen, dass eine Erhöhung des Wertes von Gesellschaftsanteilen vor allem im Interesse der Gesellschafter liegt. Dass neben der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens und damit des Wertes der Geschäftsanteile ein zusätzliches Interesse der Gesellschafter gegeben sein müsste, um einen Großmutterzuschuss diesen als Leistende zuzurechnen, kann der obigen Aussage des EuGH, wie auch dem Urteil insgesamt, nicht entnommen werden (vgl. , Anmerkung: Die Behandlung der gegen diese Entscheidung eingebrachten Beschwerde wurde vom abgelehnt).
Laut Punkt 7.3. des Kooperationsvertrages hat die ***7*** ***8*** anteilige Zuschussleistungen in den ersten drei Geschäftsjahren der BF in Höhe von insgesamt € 488.100,00 in Form von Barzuschüssen zu erbringen. Laut Punkt 7.4 verpflichtet sich die ***7*** bei Gründung der BF Zuschüsse in Höhe von insgesamt € 488.100,00 in verschiedenen Tranchen zu erbringen. Insbesondere wird jedoch in Punkt 7.6. des Kooperationsvertrages festgehalten, dass die Erbringung der Zuschussleistungen gemäß Pkt. 7.3. mit schuldbefreiender Wirkung für den jeweiligen Kooperationspartner auch von einem mit diesem verbundenen Unternehmen geleistet werden können. Diese Textierung legt nahe, dass die Großmutterzuschüsse nur aus steuerlichen Gründen vorgesehen waren, insbesondere auch deshalb, da in dem Kooperationsvertrag ebenfalls ausgeführt wird, dass Übereinstimmung zwischen den Kooperationspartnern bestehe, dass für die Zuführung der in Punkt 7.3. genannten Zuschussleistungen handelsrechtlich und steuerrechtlich optimale Konstruktionen gewählt werden.
Die Argumentation der Bf., es sei im Kooperationsvertrag widersprüchlich formuliert durch welchen Kooperationspartner (***7*** ***8*** oder ***5***) die Zuschussleistungen erfolgen sollten, geht ins Leere, da sie einerseits Punkt 7.6. des Kooperationsvertrages nicht in Erwähnung bringt und andererseits eine wirtschaftliche Betrachtungsweise für die Beurteilung der Gesellschaftsteuerpflicht heranzuziehen ist.
Es konnte die belangte Behörde in Zusammenschau des Kooperationsvertrages mit den tatsächliche stattgefundenen Überweisungen der Zuschussbeträge von einer Leistungsverpflichtung der ***7*** ***8***, welche im Sinne des Pkt. 7.4., 7.6. und Beilage./2 des Kooperationsvertrages durch die ***5*** übernommen wurde, ausgehen.
Der zum Ausdruck gebrachten Ansicht der belangten Behörde in ihrem Bescheid bzw. ihrer Berufungsvorentscheidung, dass die von der "Großmutter" (***5***) getätigten Zuschüsse gemäß den getroffenen Vereinbarungen im Kooperationsvertrag sowie in Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der ***7*** ***8*** zuzurechnen sind, ist insbesondere auch wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zuzustimmen.
Das Bundesfinanzgericht ist daher zur Überzeugung gelangt, dass es sich bei den sog. "Großmutterzuschüssen" um freiwillige Leistungen der Gesellschafterin an eine Kapitalgesellschaft iSd § 2 Z 4 KVG handelt.
Aus dem Kooperationsvertrag und den getätigten Überweisungen ergibt sich eindeutig, dass mit der Leistung der ***5*** die Verpflichtung der Gesellschafterin der Bf., nämlich der ***7***, erfüllt werden sollte. Die Zuschüsse in Höhe von € 488.100,00 sind daher der ***7*** ***8*** GmbH als Leistender zuzurechnen.
Bei Leistungen iSd § 2 Z. 2 bis 4 KVG wird gemäß § 7 Z. 2 KVG die Steuer vom Wert der Leistung berechnet.
Der Beschwerde war daher teilweise Folge zu geben und der angefochtene Bescheid (wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung) abzuändern, sohin die Gesellschaftsteuer gemäß § 7 Abs.1 Z 2 KVG iVm § 2 Z 2 bis 4 KVG mit 1 % der Leistung iHv € 488.100,00, dh mit einem Abgabenbetrag iHv € 4.881,00 festzusetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und war daher die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 7 Z 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 2 Z 3 und 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 5 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100073.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at