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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.05.2020, RV/7101102/2018

1. Stattgabe wegen Nichtgewährung einer anteiligen positiven Vorsteuerberichtigung anlässlich der Vermietung eines Amtshauses an die Gemeinde; 2. Überführung des früher teilweise unternehmerisch genutzten Gebäudes vom nichtunternehmerischen in den unternehmerischen Bereich.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101102/2018-RS1
Europäische Gerichtshof hat klargestellt, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ein Recht auf Berichtigung der auf eine als Investitionsgut erworbene Immobilie entrichteten Vorsteuer in Anspruch nehmen kann, wenn der Gegenstand beim Erwerb sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden konnte (). Daher ist ein ausgegliedertes Gebäude aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 im Jahr des entsprechenden Herstellungs- und Großreparaturaufwands zur Gänze dem Unternehmensbereich zuzuordnen. Das Gebäude gehört zu 100% zum Unternehmensvermögen und eine Vorsteuerberichtigung zulässig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Umsatzsteuer 2009 Steuernummer *** zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
    Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
    Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist die Komplementärin ***Bf1*** in einer GmbH & Co. KG. Die Kommanditgesellschaft ist gewerblich im Realitäten-, Wohnungs- und Siedlungswesen sowie in der Vermögensverwaltung tätig. Der Kommanditist ist die Gemeinde A-Dorf (=Gemeinde).
Per hat die Gemeinde unter Anwendung des Art. 34 Budgetbegleitgesetz 2001 idgF Immobilien und Liegenschaften sowie deren Verwaltung in die Bf. ausgegliedert. Ab dem ist von der Bf. das A-Haus umsatzsteuerpflichtig an die Gemeinde in Bestand (zurück)gegeben worden.
Aufgrund der außerordentlichen Revision der GmbH & Co. KG gegen das Erkenntnis des Zl. RV/7102261/2011, betreffend u.a. Umsatzsteuer für das Jahr 2009, mit dem die Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 als unbegründet abgewiesen wurde, erging das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2016/13/0052-6, mit dem das angefochtene Erkenntnis im Umfang der Anfechtung (Umsatzsteuer für das Jahr 2009) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde.
Angefochten ist der aufgrund des Berichts gemäß § 150 BAO vom (=PB) betreff u.a. Umsatzsteuer für das Jahre 2008 samt Nachschau für den Zeitraum des Jahres 2009 ergangene Umsatzsteuerbescheid 2009. Der Prüfung ist die Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2008 vorausgegangen, mit der die anteilige Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 für die im Vorsteuerberichtigungszeitraum durchgeführten Herstellungen und Großreparaturen iHv rund 3.000.000 € entsprechend der damaligen hoheitlichen Nutzung des A-Hauses geltend gemacht worden ist.
Strittig ist die Versagung der Anerkennung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 12 Abs. 10 UStG 1994 für eine Vorsteuerberichtigung hinsichtlich der Aufwendungen für den hoheitlichen (und somit nichtunternehmerischen) Bereich und die Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuerberichtigung in Höhe von 36.403,22 €.
Wie aus dem VwGH-Erkenntnis ersichtlich, erwarb die revisionswerbende Partei zum Jahreswechsel 2007/2008 von ihrer Kommanditistin, einer Gemeinde, deren A-Haus und vermietete es ab an sie. Im Hinblick auf Sanierungsarbeiten an dem Gebäude ab dem Jahr 2000 und auf die nunmehr ausschließlich unternehmerische Nutzung des Gebäudes durch die revisionswerbende Partei machte sie u.a. für das Streitjahr 2009 eine anteilige Vorsteuerberichtigung geltend, wobei dem Finanzamt eine detaillierte Berechnung des Anteils der unternehmerischen Nutzung in den Jahren vor 2008 (Werte zwischen 24% und 42%) übermittelt und die Berichtigung für den dem Anteil der hoheitlichen Nutzung entsprechenden Teil der entrichteten Umsatzsteuer begehrt wurde. Streitpunkt des sich daran anschließenden Verfahrens war die Frage der (positiven) Vorsteuerberichtigung bei Ausgliederung und Rückvermietung eines von einer Körperschaft öffentlichen Rechts gemischt genutzten Gebäudes.
Dem Vorbringen einer teilweise unternehmerischen Nutzung des A-Hauses zur Zeit der Sanierungsarbeiten (in der Größenordnung der vorgelegten und nur in Details beanstandeten Berechnungen) trat das Finanzamt in dieser Auseinandersetzung nicht entgegen. Im Bericht vom über eine bei der Revisionswerberin durchgeführte Außenprüfung hielt die Prüferin fest, die Berichtigung sei "entsprechend der damaligen hoheitlichen Nutzung" begehrt worden. Sie führte dazu aus, nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH sei ein Vorsteuerabzug insoweit nicht möglich und eine "Zuordnung des hoheitlichen Bereiches" zum Unternehmen "daher" nicht zulässig gewesen. Bei der Überführung (hier allerdings:) "des Gegenstandes/Gebäudes" aus dem nichtunternehmerischen in den unternehmerischen Bereich habe es sich daher um eine Einlage gehandelt, was nicht als Änderung der Verhältnisse im Sinne des für die Berichtigung maßgeblichen § 12 Abs. 10 UStG 1994 anzusehen sei.
Unter Verweis auf diese Ausführungen ließ das Finanzamt die beantragte Berichtigung im Bescheid vom über die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 unberücksichtigt, wogegen die Bf. mit Schriftsatz vom Berufung erhob.
In einem in den vorgelegten Akten enthaltenen Bericht vom über eine Außenprüfung bei der Kommanditistin der Bf. hatte die Prüferin inzwischen festgehalten, die Gemeinde habe im Zuge dieser Prüfung erstmals den anteiligen "Vorsteuerabzug für den unternehmerisch genutzten Bereich des Amtsgebäudes" geltend gemacht, und dieser stehe ihr in näher dargestellter Höhe für die Prüfungsjahre 2006 bis 2008 auch zu.
In der Stellungnahme zur Berufung der Revisionswerberin legte das Finanzamt dar, es gehe "von einer bloß anteiligen Zuordnung des Amtsgebäudes zum Unternehmen aus", weil eine "Zuordnung des nicht unternehmerisch genutzten Anteiles" zum Unternehmen, anders als bei der "klassischen privaten Nutzung", nicht vorgesehen sei. Die Ausgliederung sei "hinsichtlich des nichtunternehmerischen Teils" daher eine Einlage gewesen. Das daran anschließende Vorbringen, die behauptete Aufteilung des Gebäudes in einen hoheitlichen und einen unternehmerischen Bereich sei nicht erfolgt, bezog sich nicht auf die tatsächliche Verwendung, sondern auf die vom Finanzamt behauptete gänzliche Zuordnung zum Hoheitsbereich, die damit begründet wurde, dass die Gemeinde bis zu der sie betreffenden Außenprüfung nie Vorsteuern für das A-Haus geltend gemacht habe. Die "Vorsteuer für den Unternehmensbereich des Amtsgebäudes" sei erst auf Grund des bei der Schlussbesprechung gestellten Antrages "festgesetzt und [...] in Abzug gebracht" worden. Zusammenfassend lasse sich "sagen, dass das berufungsgegenständliche Amtsgebäude nur hinsichtlich des tatsächlich unternehmerisch genutzten Teils dem Unternehmensbereich zuzuordnen ist".
In der mündlichen Verhandlung am hob der Vertreter des Finanzamts hervor, die Aufteilung in einen hoheitlichen und einen unternehmerischen Bereich habe "erst im Nachhinein" stattgefunden. Die Gemeinde habe davor nie Vorsteuern geltend gemacht, weshalb das Finanzamt davon ausgehe, "dass das A-Haus ursprünglich nicht betrieblich genutzt" worden sei. Den nachträglichen Antrag, "für die betrieblich genutzten Teile" Vorsteuern zu berücksichtigen, werte das Finanzamt als Mitteilung einer Zuordnung im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994.
Im Zuge des (erfolglos gebliebenen) Erörterungsgesprächs gemäß § 269 Abs. 3 BAO vom wurde vom steuerlichen Vertreter der Bf. auf die teilweise unternehmerische Nutzung des A-Hauses vor der Ausgliederung verwiesen und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - , Landkreis Potsdam-Mittelmark- zitiert. Der behördliche Vertreter bestätigte, zum damaligen Zeitpunkt persönlich wahrgenommen zu haben, dass Räumlichkeiten des A-Hauses teilweise von Bundesbehörden genutzt worden wären. Der anwesende Kammeramtsdirektor Dr. N.N. fügte den Angaben des Amtsvertreters u.a. hinzu, dass das A-Haus immer teilweise unternehmerisch genutzt worden wäre, und verwies auf die Berechnungen zum Vorsteuerschlüssel.
In weiterer Folge wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 Abs. 1 Z. 1 BAO) sowie einer Entscheidung durch den Senat (§ 272 Abs. 2 Z. 1 BAO) zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist die Komplementärin ***Bf1*** in einer GmbH & Co. KG. Die Kommanditgesellschaft ist gewerblich im Realitäten-, Wohnungs- und Siedlungswesen sowie in der Vermögensverwaltung tätig. Der Kommanditist ist die Gemeinde A-Dorf (=Gemeinde). Per hat die Gemeinde unter Anwendung des Art. 34 Budgetbegleitgesetz 2001idgF Immobilien und Liegenschaften sowie deren Verwaltung in die Bf. ausgegliedert. Ab dem ist von der Bf. das A-Haus umsatzsteuerpflichtig an die Gemeinde in Bestand (zurück)gegeben worden.
Im Hinblick auf Sanierungsarbeiten an dem Gebäude ab dem Jahr 2000 und auf die nunmehr ausschließlich unternehmerische Nutzung des Gebäudes durch die Bf. machte sie u.a. für das Streitjahr 2009 eine anteilige Vorsteuerberichtigung geltend, wobei dem Finanzamt eine detaillierte Berechnung des Anteils der unternehmerischen Nutzung in den Jahren vor 2008 (Werte zwischen 24% und 42%) übermittelt und die Berichtigung für den dem Anteil der hoheitlichen Nutzung entsprechenden Teil der entrichteten Umsatzsteuer begehrt wurde. Die teilweise unternehmerische Nutzung des A-Hauses zur Zeit der Sanierungsarbeiten (in der Größenordnung der vorgelegten und nur in Details beanstandeten Berechnungen) ist unstrittig.
Die Bf. hat das A-Haus zur Erbringung steuerpflichtiger Umsätze genutzt. Das Vorliegen eines Mietverhältnisses zwischen der Bf. als Bestandgeberin und der Gemeinde als Bestandnehmerin ab steht außer Streit. Die nunmehr umsatzsteuerpflichtige Vermietung des A-Hauses stellt eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs.10 UStG 1994 dar, folglich dessen die anteilige Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 für die im Vorsteuerberichtigungszeitraum durchgeführten Herstellungen und Großreparaturen für jenen Anteil, der ursprünglich hoheitlich genutzt worden war, in der Umsatzsteuererklärung 2009 geltend gemacht worden ist. Die Voraussetzung, dass das Gebäude im Jahr der entsprechenden Großreparatur/Herstellung zur Gänze dem unternehmerischen Bereich zurechenbar gewesen ist, ist somit erfüllt.
Angesichts der Tatsache, dass bei den Leistungen der Vorsteuerabzug im Ausmaß der Nutzung zur Erbringung umsatzsteuerpflichtiger Leistungen im Sinn der Rechtsprechung des , "VNLTO" vorgenommen wurde, ist im Beschwerdefall nunmehr lediglich strittig, ob die Gebäude zu 100% zum Unternehmen gehört und so eine Berichtigung gem. § 12 Abs 10 UStG 1994 zulässig ist.

Zu Spruchpunkt I. Stattgabe der Beschwerde

Unternehmerbegriff im umsatzsteuerrechtlichen Sinn: Nach der auf Artikel 4 Abs.1 und 2 der 6.EG-Richtlinie beruhenden Bestimmung des § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z. 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets Wasserwerke, Schlachthöfe, Anstalten zur Müllbeseitigung und zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.
Vorsteuer (§ 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994): Die Bestimmung des Vorsteuerabzugs gemäß § 12 UStG 1994 beruht auf Artikel 17 bis 20 der 6.EG-Richtlinie. Nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Wie aus § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 ersichtlich, a) gelten Lieferungen und sonstige Leistungen als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen und wenn sie zu mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen; b) kann der Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen nur insoweit als für das Unternehmen ausgeführt behandeln, als sie tatsächlich unternehmerischen Zwecken dienen, sofern sie mindestens 10% unternehmerischen Zwecken dienen. Diese Zuordnung hat der Unternehmer bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes dem Finanzamt schriftlich mitzuteilen.
Vorsteuerberichtigung (§ 12 Abs. 10 UStG 1994): Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (§ 12 Abs. 3 UStG 1994), so ist § 12 Abs. 10 UStG 1994 zufolge für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen.
Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.
Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.
Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.
Nach § 12 Abs. 10a UStG 1994 tritt abweichend von § 12 Abs. 10 dritter und vierter Unterabsatz bei Grundstücken, die nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken dienen und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte, ein Zeitraum von neunzehn Kalenderjahren und ein Berichtigungsbetrag von einem Zwanzigstel der Vorsteuern.
Wie aus § 12 Abs. 10 UStG 1994 ersichtlich, setzt eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 u. a. voraus, dass eine Änderung der Verhältnisse vorliegt und dass diese im Unternehmensbereich eingetreten ist. Nach ihrem Wortlaut bezieht sich die Regelung des § 12 Abs. 10 UStG 1994 grundsätzlich auf die Änderung der Verhältnisse bei demselben Unternehmer, sodass ihre Anwendung nur auf die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge ausgedehnt werden kann (vgl. Kanduth- Kristen, in Berger, et. Al., USt, § 12 Rz.308; Ruppe, UStG, § 12 Tz.201).
Art. 34, § 1 Budgetbegleitgesetz: Nach Art.34, § 1, Abs. 1 Budgetbegleitgesetz (Steuerliche Sonderregelungen für die Ausgliederung von Aufgaben der Gebietskörperschaften) gelten die durch die Ausgliederung und Übertragung von Aufgaben der Gebietskörperschaften an juristische Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sowie an Personenvereinigungen (Personengemeinschaften), die unter beherrschendem Einfluss einer Gebietskörperschaft stehen, anfallenden Schriften, Rechtsvorgänge und Rechtsgeschäfte von der Gesellschaftsteuer, Grunderwerbsteuer und den Stempel- und Rechtsgebühren sowie den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren befreit. Derartige Vorgänge gelten nicht als steuerbare Umsätze. Ist die juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts im Rahmen der Aufgabenerfüllung als Unternehmer tätig, gelten für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse für diese Tätigkeit als Unternehmer weiter.
Nach Art. 34, § 1, Abs.2 Budgetbegleitgesetz sind Miet- und Pachtverträge, die zwischen der juristischen Person des privaten oder öffentlichen Rechts als Vermieterin und der übertragenden Gebietskörperschaft als Mieterin unmittelbar anlässlich der Ausgliederung bezüglich der übertragenden Objekte abgeschlossen werden, von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

  • Die Regelung des Art. 34 § 1 Abs. 1 letzter Satz Budgetbegleitgesetz 2001, wonach für Zwecke der Umsatzsteuer die Rechtsverhältnisse des Ausgliedernden für eine unternehmerische Tätigkeit weiter gelten, bewirkt auch im gegenständlichen Beschwerdefall eine derartige Ausdehnung der grundsätzlichen Berichtigungsmöglichkeit.
    Betreffend die Zuordnung zum Unternehmensbereich muss die Änderung der Verhältnisse im Unternehmensbereich eintreten.

Die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 für Körperschaften öffentlichen Rechts mit ihren gemischt genutzten Gebäuden ergibt sich aus dem Abänderungsantrag zu Art.30 der Regierungsvorlage (in der endgültigen Fassung Art.34) zum Budgetbegleitgesetz 2001, welcher lautet:
" Überdies soll klargestellt werden, dass die Weitergeltung der Rechtsverhältnisse des Rechtsvorgängers (Gebietskörperschaft) für den Rechtsnachfolger (privatrechtliche Körperschaft) nur im Rahmen dessen Unternehmerstellung wirkt. Damit ist sichergestellt, dass der bei hoheitlicher Aufgabenerfüllung durch eine Gebietskörperschaft - wegen mangelnder Unternehmertätigkeit - ausgeschlossene Vorsteuerabzug sodann bei einer unternehmerischen Tätigkeit der Nachfolgegesellschaft für diese möglich ist.
Der Eintritt in die Rechtsstellung der Gebietskörperschaft bewirkt insbesondere, dass der Rechtsnachfolger hinsichtlich der Vorsteuerberichtigung die Verhältnisse des Rechtsvorgängers fortsetzt."
Diese Bestimmung bewirkt, dass eine Änderung der Verhältnisse gemäß § 12 Abs. 3 UStG 1994 und § 12 Abs. 10 bis 12 UStG 1994 beim Rechtsnachfolger so zu beurteilen ist, als wäre sie beim Rechtsvorgänger (das heißt bei der in diesem Bereich unternehmerisch tätigen Gebietskörperschaft) eingetreten (z.B. wird der beim Rechtsvorgänger begonnene Fristenlauf für den Berichtigungszeitraum gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 beim Rechtsnachfolger fortgesetzt). Ähnlich auch die Ausführungen in Rz 2073 UStR, die sogar beispielhaft ein gemischt genutztes Gebäude verwendet und sich dafür ausspricht, dass eine positive Vorsteuerberichtigung durchgeführt werden kann.
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist die in Rede stehende Immobilie bei der Gemeinde aufgrund der teilweise unternehmerischen Nutzung zur Gänze dem Unternehmensbereich zuzuordnen, weil mit dem Steuerreformgesetz 2000 (BGBl I Nr.106/ 1999) die Zuordnungsvorschrift in § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 geändert worden ist. Seit gelten daher Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit gemischt genutzten Gebäuden kraft gesetzlicher Fiktion als zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet (vgl. auch Kolacny, ÖStZ 2001/940,478f; vgl. zur legistischen Entwicklung auch Prechtl/ Aigner, Gemischt genutzte Gebäude, SWK-Sonderheft 2005, 63f.). Eine ausdrückliche Zuordnung durch den Steuerpflichtigen ist nicht mehr erforderlich gewesen.
Nach österreichischen Recht bringen die erläuternden Bemerkungen zum Steuerreformgesetz 2000 (1766 Blg XX.GP 65), wonach die Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen in den meisten Fällen günstiger ist, klar und eindeutig zum Ausdruck, dass mit der Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensbereich die Möglichkeit in späteren Veranlagungszeiträumen besteht, eine positive Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 zu beantragen. Angesichts der Regelung der negativen Vorsteuerberichtigung in Form der Verminderung des unternehmerischen Anteils im Umsatzsteuergesetz 1994 wird mit der Bestimmung des § 12 Abs. 10 UStG 1994 sohin dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung im Sinn des § 114 BAO und somit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz (vgl. Art. 2 StGG, Art. 7 Abs. 1 B-VG) entsprochen. Erst mit § 12 Abs. 10 UStG 1994 wird dem Steuerpflichtigen bei einem gemischt genutzten Gebäude durch gänzliche Zuordnung zum Unternehmensbereich auf vereinfachtem Weg ermöglicht, in späterer Folge die Vorsteuer bei Erhöhung des unternehmerischen Nutzungsanteils gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 zu berichtigen.
Nach europäischen Unionsrecht betrifft das , "VNLTO" [und die Mehrwertsteuersystemrichtlinie] die Aufteilung von gemischt genutzten Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen auf den wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Bereich eines Steuerpflichtigen. Von diesem Grundsatz der Aufteilung gemischt genutzter Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen sind jedoch Gebäude und Investitionsgüter ausgenommen, da für diese in Anbetracht der ständigen EuGH-Rechtsprechung (, Lennartz, Armbrecht, Bakcsi, , Seeling, , HE; , Charles-Tijmens) ein Zuordnungswahlrecht besteht. Folglich ist bei Gebäuden und Investitionsgüter auch bei anteiliger nichtwirtschaftlicher Nutzung die vollständige Zuordnung zum unternehmerischen Bereich möglich (vgl. Gurtner/Hofbauer-Steffel/ Kofler, taxlex-EC 2009/44, 148).
Nach Ruppe/Achatz, UStG 19945, § 12 Tz 139, ist bereits in Hinblick auf die Rechtsprechung zu VNLTO davon ausgehen, dass der anteilige Vorsteuerabzug die 100%ige Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen nicht berührt.
Die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, für die , Gmina Ryjewo, ins Treffen geführt wird, stellt klar, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ein Recht auf Berichtigung der auf eine als Investitionsgut erworbene Immobilie entrichteten Vorsteuer in Anspruch nehmen kann, wenn der Gegenstand beim Erwerb sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden konnte.
Dies gilt nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs selbst dann, wenn die Einrichtung des öffentlichen Rechts ihre Absicht, diesen Gegenstand einer besteuerten Tätigkeit zuzuordnen, nicht ausdrücklich bekundet, aber auch nicht ausgeschlossen hatte, dass er zu einem solchen Zweck verwendet werde.
Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , 2007/15/0192, mit Bezug u.a. auf die §§ 12 UStG 1994, 8 Abs.2 KStG 1988 und die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs 62003CJ0434 Charles und Charles-Tijmens VORAB; 62006CJ0437 Securenta VORAB; 62007CJ0515 VNLTO VORAB, darf Körperschaften öffentlichen Rechts der Vorsteuerabzug in Bezug auf Grundstücke (Gebäude) insoweit nicht gewährt werden, als diese Gegenstände dem nichtunternehmerischen, hoheitlichen Bereich dienen. Wie der EuGH in Rn 37 des Urteils vom , C-515/07, Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie (VNLTO), ausgeführt hat, ist der Abzug von Vorsteuer auf Aufwendungen eines Steuerpflichtigen nicht zulässig, soweit sie sich auf Tätigkeiten beziehen, die aufgrund ihres nichtwirtschaftlichen Charakters nicht in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG fallen. Für den Fall, dass ein Steuerpflichtiger zugleich steuerpflichtigen oder steuerfreien wirtschaftlichen Tätigkeiten und nichtwirtschaftlichen, nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Tätigkeiten nachgeht, ist der Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen den wirtschaftlichen (nicht
steuerbefreiten) Tätigkeiten des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.
Die Rechtsprechung des BFG folgt der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Das Erkenntnis des BFG vom beispielsweise , RV/5101020/2013, nimmt klar und eindeutig Bezug auf die Entscheidung , Gmina Ryjewo, in der der Europäische Gerichtshof nunmehr klargestellt hat, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts ein Recht auf Berichtigung der auf eine als Investitionsgut erworbene Immobilie entrichteten Vorsteuer in Anspruch nehmen kann, wenn der Gegenstand beim Erwerb sowohl für besteuerte als auch für nicht besteuerte Tätigkeiten verwendet werden konnte. Das BFG hat die Revision betreffend das Erkenntnis , zwar zugelassen, jedoch wurde offenbar keine erhoben.

Im gegenständlichen Beschwerdefall ist die teils unternehmerische Nutzung des A-Hauses zum streitrelevanten Zeitpunkt evident und ist dem Finanzamt bereits vor Erlassung des ursprünglichen Bescheides offengelegt worden. Die Herstellungsaufwendungen und Großreparaturen des A-Hauses, für welche die Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 von der Bf. geltend gemacht worden sind, sind ab dem Jahr 2000 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits auf Grund der gesetzlichen Fiktion eine Zuordnung des gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmensbereich erfolgt. Die Voraussetzung der Zuordnung des gemischt genutzten Gebäudes zum Unternehmensbereich sind somit erfüllt gewesen.
Unter Verweis auf und Ra 2016/13/0049 vertritt auch Zorn, VwGH: Zur USt-Befreiung bei Ausgliederungen nach Art 34 BudBG 2001 in RdW 2018, 261 zur österreichischen Rechtslage die Auffassung, dass in dem Fall, in dem eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die ein teilweise hoheitlich genutztes Gebäude auf eine Personengesellschaft ausgliedert, die das Gebäude zur Gänze für steuerpflichtige Umsätze verwendet, eine positive Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10 UStG 1994 in Betracht kommt.
Für den Beschwerdefall bedeutet das, dass das ausgegliederte A-Haus auf Grund der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 im Jahr des entsprechenden Herstellungs-und Großreparaturaufwands zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnet ist, das Gebäude zu 100% zum Unternehmensvermögen gehört und die Vorsteuerberichtigung im vorgenommenen Ausmaß zulässig ist. Die Berichtigung 2009 steht im von der Bf. vorgenommenen Ausmaß zu.
Rechnerisch ist im Vergleich zum angefochtenen Bescheid die Kürzung der Vorsteuerberichtigung in Höhe von 36.403,22 € rückgängig zu machen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der Frage, ob Körperschaften öffentlichen Rechts für zum Teil hoheitlich genutzte Gebäude eine Vorsteuerberichtigung vornehmen können, fehlt, ist die Revision zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
positive Vorsteuerberichtigung
Verweise
, Landkreis Potsdam-Mittelmark

, Gmina Ryjewo
Anmerkung
Die Entscheidung folgt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, (Landkreis Potsdam-Mittelmark) und (Gmina Ryjewo) sowie des Bundesfinanzgerichts (Revision zugelassen, jedoch nicht erhoben).
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101102.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at