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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2019, RV/6300015/2018

Hinterziehung von Lohnabgaben durch den Geschäftsführer einer GmbH, welcher die Arbeitnehmer bosnischer Herkunft bei Betrugsfirmen einer Wiener Bande zum Schein gegen Entgelt anmelden ließ, um seiner eigenen GmbH die Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträge zu ersparen; Strafbemessung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/6300015/2018-RS1
Gemäß § 160 Abs. 3 FinStrG kann das Bundesfinanzgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Parteien des Verfahrens darauf ausdrücklich bis zum Beginn der Verhandlung verzichtet haben. Es ist dies eine Ermessensentscheidung, bei welcher unter anderem das Parteieninteresse mit dem Verfolgungsinteresse abzugleichen ist: Je wichtiger die persönliche Befragung des Beschuldigten zur Aufklärung des strafrelevanten Sachverhaltes ist, je bedeutender der deliktische Störwert der vorgeworfenen Finanzvergehen ist, je dringlicher die erforderliche Prävention, wozu es zur Beweisführung der Einvernahme des Beschuldigten bedürfte, aber auch umso geringeres Wissen hinsichtlich der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten aus den Akten abzuleiten ist, je dürftiger die persönlichen Einlassungen des Beschuldigten zum Tatgeschehen gewesen sind, umso eher ist trotz eines Verzichtes der Parteien auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, verbunden mit einem Verzicht des Beschuldigten auf persönliches unmittelbares Gehör vor dem Bundesfinanzgericht, dennoch eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Unterbleibt eine mündliche Verhandlung, wären die Möglichkeiten der Verfahrensparteien, entscheidungsrelevante tatsächliche oder rechtliche Umstände, welche im bisherigen verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren noch nicht zur Sprache gekommen sind, zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern, erschwert.
RV/6300015/2018-RS2
1. Gemäß § 74 Abs. 1 FinStrG sind Ablehnungen von Mitgliedern eines Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes (Vorsitzender, Berichterstatter, fachkundige Laienrichter) beim Senatsvorsitzenden binnen drei Tagen nach Zustellung einer Vorladung zur mündlichen Verhandlung geltend zu machen, wobei grundsätzlich der Finanzstrafsenat über die Ablehnung entscheidet. Lediglich dann, wenn der Senatsvorsitzende oder wenigstens zwei Senatsmitglieder abgelehnt werden, entscheidet der Präsident des Bundesfinanzgerichtes. Dieses Procedere bezieht sich auf behauptete Lebenssachverhalte, aus welchen eine Befangenheit abzuleiten wäre, bis zum Zeitpunkt des Zugehens der Vorladung. 2. Klar geregelt ist gemäß § 74 Abs. 3 FinStrG idF BGBl I 2010/104 ebenfalls die Vorgangsweise, wenn erst nach Ablauf der Frist von drei Tagen ab Zustellung der Vorladung zum ersten Termin einer mündlichen Verhandlung angeblich Umstände hervorkommen, welche die behauptete Befangenheit eines Senatsmitgliedes begründen können: In diesem Fall ist die Ablehnung unverzüglich (soll heißen: sofort) nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes, spätestens jedoch bis zum Ablauf der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung, geltend zu machen, wobei der Senat entscheidet. Aus Gründen einer Verfahrenseffizienz soll nicht durch taktische Ablehnungsanträge die Durchführung mündlicher Verhandlungen verzögert oder unterbrochen werden können, weil jeweils zwischenzeitig eine Entscheidung des Präsidenten einzuholen wäre (vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage, 874 der Beilagen XXIV. GP , S. 13). Ab einem bestimmten Zeitpunkt soll die Entscheidung für Ablehnungsanträge daher auf den Senat selbst übertragen sein. 3. Ein angebliches Hervorkommen von Umständen, welche die Befangenheit eines Senatsmitgliedes auslösen könnten, im Zeitraum zwischen Zustellung der Vorladung und dem Ablauf einer dreitägigen Frist ist solcherart zwar nicht ausdrücklich erfasst. Entsprechend dem Konzept des § 74 FinStrG darf die Frist zur Einreichung derartiger Ablehnungsanträge nicht später enden als die Frist späterer Ablehnungsanträge. Daraus folgt, dass etwa ein Ablehnungsantrag, welcher sich auf ein Ereignis gründen will, das sich am dritten Tag nach Zustellung des Ladungsbescheides zugetragen habe, ebenfalls unverzüglich, also allenfalls spätestens am Tag darauf, zu stellen ist. Später einlangende Ablehnungsanträge fallen nicht in die Zuständigkeit des Präsidenten des Bundesfinanzgerichtes, weil andernfalls erst recht wieder mit dem Fortgang der mündlichen Verhandlung bis zur Entscheidung des Präsidenten, den verspäteten Antrag zurückzuweisen, zugewartet werden müsste.
RV/6300015/2018-RS3
Die nach Einführung des EStG 1988 in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG vorerst unverändert beibehaltene Wortfolge "Einkommensteuergesetz 1972" ist im Sinne des § 256 FinStrG nach Rechtsprechung und Lehre als "§ 76 EStG 1988" zu verstehen, zumal eine fehlgehende wortwörtliche Interpretation eine völlige Inhaltsleere der Strafbestimmung bedeutet hätte.
RV/6300015/2018-RS4
Will der Amtsbeauftragte im Rechtmittelverfahren eine Ausweitung des im Schuldspruch gegenüber dem Beschuldigten verwendeten Grundtatbestandes eines Finanzvergehens durch zusätzliche Qualifikationen wie gewerbsmäßige Begehung, fortgesetztes Delikt oder bandenmäßige Begehung herbeiführen, hat er dies, wenn nicht die Finanzstrafbehörde die diese Qualifikationen stützenden Lebenssachverhalte bereits ausreichend festgestellt hätte, innerhalb der Rechtsmittelfrist in der Beschwerde oder zumindest in einem ergänzenden Schriftsatz vorzubringen, andernfalls dies kein Verfahrensgegenstand vor dem Bundesfinanzgericht sein kann. Diesem ist es - trotz eines fehlenden Verböserungsverbotes im Falle einer Schuldbeschwerde des Amtsbeauftragten - nämlich verwehrt, den Verfahrensgegenstand auszutauschen oder entsprechend zu ergänzen.
RV/6300015/2018-RS5
1. Die Begrifflichkeit "von … entsprechenden Lohnkonten" in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG in der Fassung vor dem BGBl I 2010/104 wurde und wird nach ständiger Rechtsprechung und Lehre dermaßen verstanden, dass - auch ohne Anführung entsprechender Ordnungsvorschriften - natürlich jene Lohnkonten verstanden wurden, welche nach geltendem Steuerrecht zu führen waren, und nicht fiktive andere Konten, für welche es gar keine normative Anordnung gegeben hätte. Die hier zu führenden Lohnkonten waren also diejenigen, deren erforderlicher Inhalt in der diesbezüglichen Verordnung vorgeschrieben worden war. 2. Insoweit hatte der in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG mit der FinStrG-Novelle 2010, BGBl I 2010/104 mit Wirkung ab dem , vorgenommene Einschub "sowie dazu ergangener Verordnungen" lediglich "klarstellenden" Charakter, ohne eine inhaltliche Veränderung des Tatbestandes zu bewirken (vgl. Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG I5, Rz 66 zu § 33 mit weiteren Zitaten).

Entscheidungstext

weitere GZ. RV/6300016/2018

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Salzburg 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch die Richter Dr. Richard Tannert als Vorsitzenden und Dr. Peter Binder als Berichterstatter und die fachkundigen Laienrichter Dr. Rupert Mayr und Dr. Johannes Barth als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen A, geb. xxxa, Geschäftsführer, whft. XXA, vertreten durch Mag. Werner Obermüller, Steuerberater, Maderspergerstraße 22a, 4020 Linz, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerden des Beschuldigten vom und des Amtsbeauftragten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates II beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Organ des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer (StrNr.) 091/2010/00398-001, in der Sitzung am nach in Abwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers, jedoch in Anwesenheit des Amtsbeauftragten Hofrat Dr. Josef Inwinkl sowie im Beisein der Schriftführerin Sabine Hasenöhrl durchgeführter mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde des Beschuldigten wird teilweise Folge gegeben und das in seinem Kostenausspruch unverändert bleibende Erkenntnis des Spruchsenates dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat wie folgt:

1. A ist schuldig, er hat in den Jahren 2010 und 2011 im Amtsbereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Geschäftsführer der B-GmbH, FNb, sohin als Wahrnehmender deren steuerlichen Interessen, vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten betreffend die Lohnzahlungszeiträume Jänner bis Dezember 2009 eine Verkürzung an Lohnsteuer in Höhe von insgesamt € 23.395,74 (pro Monat jeweils € 1.949,65) und an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in Höhe von insgesamt € 6.995,72 (pro Monat jeweils € 582,98) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG begangen, weshalb über ihn gemäß § 33 Abs. 5 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von

€ 10.000,00
(in Worten: Euro zehntausend)

und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von

einem Monat

verhängt werden.

2. Das gegen A wegen des weiteren Verdachtes, er habe auch betreffend die Lohnzahlungszeiträume der Jahre 2007 und 2008 als Geschäftsführer der B-GmbH, FNb, Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG zu verantworten, unter der StrNr. 091/2010/00398-001 anhängige Finanzstrafverfahren wird gemäß § 136 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 3 lit. c letzte Alt. FinStrG wegen eingetretener Verjährung der Strafbarkeit eingestellt.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde des Beschuldigten als unbegründet abgewiesen.

III. Die Beschwerde des Amtsbeauftragten wird als unbegründet abgewiesen.

IV. Gegen diese Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Mit Erkenntnis des Spruchsenates II als Organ des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde vom , StrNr. 091/2010/00398-001, ist A in nichtöffentlicher Sitzung schuldig gesprochen worden, weil er im Amtsbereich des genannten Finanzamtes als Geschäftsführer der B-GmbH, FNb,[in den Jahren 2007 bis 2010] vorsätzlich betreffend die [Lohnzahlungszeiträume der] Jahre 2007 bis 2009 unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen eine Verkürzung an Lohnabgaben, nämlich von Lohnsteuer in Höhe von € 71.169,16 (2007: € 22.406,72 + 2008: € 25.366,70 + 2009: € 23.395,74) und von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in Höhe von € 25.489,06 (2007: € 8.814,26 + 2008: € 9.670,08 + 2009: € 6.995,72), sohin in Höhe von insgesamt € 96.658,22, bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG begangen habe, weshalb über ihn gemäß § 33 Abs. 5 [iVm § 21 Abs. 1 und 2] FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 50.000,00 und [gemäß § 20 FinStrG] für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Wochen verhängt wurden.

Überdies wurde dem Beschuldigten auch der Ersatz pauschaler Verfahrenskosten nach § 185 [Abs. 1 lit. a] FinStrG und der Kosten eines allfälligen Strafvollzuges auferlegt (Finanzstrafakt Bl. 380 ff).

Seiner Entscheidung legte der Spruchsenat folgende Feststellungen zugrunde:

Der Beschuldigte wurde am xxxa in BBX, Bosnien und Herzegowina, geboren; er ist österreichischer Staatsangehöriger und war vom bis Geschäftsführer und Alleingesellschafter der B-GmbH gewesen.

Das derzeitige [zum Zeitpunkt der Entscheidung des Spruchsenates am ] monatliche Nettoeinkommen des Beschuldigten stehe ebenso wenig fest wie der Umstand, ob der Beschuldigte über Sorgepflichten "verfüge".

Die B-GmbH war im September 2006 gegründet worden. Ihr Geschäftsgegenstand war der Betrieb eines technischen Büros für Haustechnik sowie die Gas-, Sanitär-, Lüftungs-, Heizungs- und Klimatechnik gewesen.

Am xxxx 2012 wurde über das Unternehmen der Konkurs eröffnet und dieses letztlich am vom Amts wegen aus dem Firmenbuch gelöscht.

Im Zuge einer GPLA-Prüfung in den Jahren 2010 und 2011 sei festgestellt worden (siehe GPLA-Bericht vom , ABNrxb), dass der Beschuldigte ursprünglich 10 bis 15 Arbeitnehmer bei der GmbH beschäftigt hatte. In der Folge habe er allerdings [als Geschäftsführer] fast das gesamte Personal (bis auf die Lehrlinge und einen Gesellen) der GmbH abgemeldet. Aus Abfragen des Prüfers bei der Sozialversicherung (Gebietskrankenkasse) habe sich ergeben, dass diese Arbeitnehmer der Gesellschaft im Block jeweils 4 bis 5 Monate in diversen anderen Unternehmen gemeldet waren. In den Buchhaltungsunterlagen der GmbH waren allerdings trotz der Abmeldung der Arbeitnehmer zum Teil Lohnauszahlungen in bar oder mittels Banküberweisungen an diese Personen zu finden gewesen.

Der Beschuldigte habe sich diesbezüglich dahingehend verantwortet, dass er sein Personal an Wiener Firmen ausgelagert habe, um sie anschließend zurück zu leasen; dies sei aus Kostengründen geschehen. Schriftliche Vereinbarungen mit den Wiener Firmen habe es keine gegeben, es sei mittels Handschlag die Sache besiegelt worden. Die Löhne für die Arbeitnehmer seien in Wien oder in Salzburg den Geschäftsführern [der Leasingfirmen] in bar ausbezahlt worden; teilweise seien Kassabelege und Rechnungen vorhanden.

In der Folge ist der Beschuldigte anonym beim Finanzamt angezeigt worden. Der Anzeiger habe im Wesentlichen angegeben, dass er von 2004 bis 2009 bei der B-GmbH beschäftigt gewesen sei. Die Bezahlung sei entweder bar oder auf [sein Girokonto] erfolgt. Er sei immer wieder zwischendurch bei der Sozialversicherung abgemeldet worden, obwohl er durchgehend bei der GmbH gearbeitet habe. Ab 2007 sei er definitiv bei der B-GmbH beschäftigt gewesen, er habe aber immer Lohnzettel erhalten, auf denen immer wieder andere Unternehmen als Arbeitgeber ausgewiesen gewesen seien. Offenbar seien Mitarbeiter [Arbeitnehmer] der GmbH mit der E-Card anderer angestellter Mitarbeiter zu Baustellen geschickt worden; diese hätten dann die Daten sowie die Wohnadresse dieser Personen im Hinblick auf eine Kontrolle auswendig lernen müssen.

Ermittlungen bei den Wiener Finanzämtern [hinsichtlich der angeblichen Personalleasingfirmen, welche der B-GmbH Personal gestellt hätten] hätten daraufhin folgendes erbracht:

  • Bei der C-GmbH habe es sich um eine Scheinfirma gehandelt. Bei Kontrollen durch die KIAB sei festgestellt worden, dass keine Firmenschilder usw. vorhanden waren. Es konnte niemand angetroffen werden. Bei einer Wohnungsöffnung durch die Abgabensicherung beim Betriebsort und beim Geschäftsführer seien lediglich zwei leere Wohnungen vorgefunden worden.

  • Bei der D-GmbH habe es sich ebenfalls um eine Scheinfirma gehandelt.

  • Bei der E-GmbH habe es sich um eine Betrugsfirma gehandelt, wobei der Mantel einer GmbH von Salzburg über Oberösterreich nach Wien gewandert war. Den (angeblichen) Geschäftsführer habe es [als solchen] praktisch nicht gegeben, er wäre auch nie in Österreich gemeldet gewesen. Gegen eine selbständige Buchhalterin, die offensichtlich die Anmeldungen bei der Gebietskrankenkasse gemacht hatte, laufe ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien.

  • Auch bei der F-GmbH sei der (angebliche) Geschäftsführer tatsächlich nicht vorhanden; [die als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragene Person] wäre zwar etwa ein Jahr lang in Wien gemeldet gewesen, sei dann aber nach unbekannt verzogen.

Hinsichtlich all dieser Unternehmen wären keinerlei Abgaben an die Gebietskrankenkassen bezahlt worden.

Am habe der Beschuldigte nach Vorhalt des gegenständlichen Tatvorwurfs erklärt, dass er aufgrund eines anhängigen Strafverfahrens beim Landesgericht für Strafsachen Wien (StAxxx) wegen §§ 153d, 156 Strafgesetzbuch (StGB) [betrügerisches Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz bzw. betrügerische Krida] und § 33 Abs 2 lit b FinStrG keine weiteren Angaben zur gegenständlichen Sache machen möchte. In weiterer Folge wurde der Beschuldigte allerdings vom Vorwurf des Betrugs und der organisierten Schwarzarbeit gemäß § 153e Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom (17 Hv 62/15g) freigesprochen - dieses Verfahren habe die nicht bezahlten Sozialversicherungsbeiträge für 2006 bis 2009 betroffen.

Am habe der Beschuldigte eine Stellungnahme dahin abgegeben, wonach es richtig sei, dass er Alleingesellschafter und -geschäftsführer der B-GmbH gewesen sei. Richtig sei auch, dass sein Unternehmen zwischen 10 und 15 Personen bei der Sozialversicherung gemeldet gehabt habe. Diese Personen seien dann von ihm abgemeldet und im Rahmen des § 3 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz an die oben genannten Firmen überlassen worden. Dabei habe es sich um die nachfolgenden Firmen gehandelt: D-GmbH, C-GmbH, G-GmbH, E-GmbH, F-GmbH und die H-GmbH. Anschließend seien die Personen von ihm in seinem Unternehmen als Beschäftigter zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben eingesetzt worden. Er habe nicht gewusst, dass die oben genannten Firmen Scheinfirmen gewesen seien, weil er bei seinen Besuchen in Wien von den Verantwortlichen dieser Firmen jedes Mal herzlich und freundschaftlich empfangen worden sei. Bedenken habe sein Steuerberater erst im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung geäußert. Er habe sodann in Wien die Firmenadressen kontrolliert und sei ihm dabei der Schwindel aufgefallen. Seine Mitarbeiterin habe regelmäßig kontrolliert, ob die Leasingkräfte bei der Wiener Gebietskrankenkasse versichert gewesen seien. Das sei der Fall gewesen.

Bei dieser Verantwortung handle es sich um reine Schutzbehauptungen.

Tatsächlich wäre ein gewisser I faktischer Geschäftsführer der genannten Scheinfirmen gewesen; der Genannte sei als solcher unter anderem wegen Betruges verurteilt worden. Der Beschuldigte habe I [seit langem] gekannt. Die geschäftliche Vorgehensweise zwischen I und seinen Kunden, insbesondere auch dem Beschuldigten, habe dahin funktioniert, dass der Kunde an eine der Scheinfirmen den Bruttobetrag an Lohn und Lohnabgaben für die Arbeitnehmer bezahlte, wovon üblicherweise ein 10%iges Honorar für I abgezogen wurde. Beim Beschuldigten als langjährigem Kunden waren es bloß 5% Provision. Weiters habe I die Kosten für die Dienstnehmeranmeldungen und [teilweise] die Nettolöhne abzogen, der Restbetrag jedoch wurde an den Kunden (die B-GmbH bzw. den Beschuldigten) wieder rücküberwiesen.

Die Scheinfirmen führten in der Folge keine Lohnabgaben an die für sie zuständigen Finanzämter ab und entrichteten auch keine Sozialversicherungsbeiträge an die jeweilige Gebietskrankenkasse. Ebenso wenig war die Auszahlung der Löhne durch die Scheinfirmen garantiert, weil die Löhne der für die GmbH tätigen "geleasten" Arbeiter von der B-GmbH auch selbst ausbezahlt wurden. Dies wäre auch dem Beschuldigten bekannt gewesen.

Durch das Verhalten des Beschuldigten, der dies auch wusste, wären die aus dem Spruch ersichtlichen Abgaben verkürzt worden, der Beschuldigte habe den Schaden bislang nicht wieder gut gemacht.

Bei der Strafbemessung wertete der Spruchsenat als mildernd keinen Umstand, als erschwerend einen langen Tatzeitraum.

B. Gegen dieses Straferkenntnis des Spruchsenates hat der Beschuldigte innerhalb offener Frist mit Schriftsatz vom durch seinen Verteidiger Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erhoben, wobei beantragt wurde, das Finanzstrafverfahren zur Gänze, jedenfalls aber für 2007, einzustellen. Weiters sei nach zusätzlicher Reduktion des strafbestimmenden Wertbetrages die Geldstrafe schuldangemessen zu reduzieren.

Es falle auf - und das werde ausdrücklich als Rechtswidrigkeit gerügt -, dass im Spruch der Hinweis auf "... die dazu ergangenen Verordnungen" deswegen unrichtig sei, weil bis nur die "Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten" pönalisiert worden sei. Ab wären vom Verkürzungsvorwurf auch "die Verordnungen" erfasst gewesen; eine Erhöhung des strafbestimmenden Wertbetrages sei dadurch aber nicht eingetreten.

Weiters sei aufgefallen, dass der strafbestimmende Wertbetrag nur um 25 % reduziert worden sei. Diese Reduktion sei mit nachträglicher Zustimmung des Beschuldigten erfolgt. Sie sei aber zu gering ausgefallen. Eine weitere Reduktion um zumindest 15 % werde beantragt.

Überdies sei vom Spruchsenat - ident auch im Vorlagebericht des Amtsbeauftragten - übersehen worden, dass nicht nur für das Jahr 2007 Verjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 bzw. 5 FinStrG eingetreten sei, sondern auch für die Folgejahre. Somit wäre bereits mit Ablauf des Jahres 2012 für 2007 eingetreten. Gleiches gelte für die Folgejahre.

Auch sei rechtswidrigerweise die [finanzstrafrechtliche] Unbescholtenheit des Beschuldigten (das Verfahren in Wien wäre mit Freispruch beendet worden) sowie eine überlange Verfahrensdauer bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt worden.

Auf die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung werde ausdrücklich verzichtet.

C. Auch der Amtsbeauftragte hat das Straferkenntnis des Spruchsenates mit Schriftsatz vom zur Gänze angefochten.

Soweit der Beschuldigte die Formulierung des Spruches des Straferkenntnisses als rechtswidrig rüge, sei dies im Beschwerdeverfahren sanierbar. Wie der Beschuldigte selbst ausführe, sei dadurch keine Erhöhung des strafbestimmenden Wertbetrages und somit kein Nachteil für den Beschuldigten eingetreten, weshalb kein grober Verfahrensmangel vorliege.

In seiner Stellungnahme vom [Finanzstrafakt Bl. 181 ff] habe der Beschuldigte selbst zugegeben, dass die rechtskräftige Zuschätzung nach dem Kollektivvertrag [im korrespondierenden Steuerverfahren] möglicherweise richtig sei, die Zuschätzung aber das Merkmal der Unsicherheit gegen sich gelten lassen müsse. Aus finanzstrafrechtlicher Sicht sei diese Unsicherheit mit einem Abschlag von 25 % des strafbestimmenden Wertbetrages [gemeint: der vom Prüfer im Steuerverfahren als nicht entrichtet bzw. nicht abgeführten Lohnabgaben festgestellten Abgabensumme] berücksichtigt worden. Eine nochmalige Reduktion des strafbestimmenden Wertbetrages [dieser vom Prüfer festgestellten Abgabensumme] würde zu einer Verminderung von 40 % führen und dem Ziel einer Schätzung, nämlich den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (siehe Ritz, BAO6, Tz. 3 zu § 184 Bundesabgabenordnung [BAO] und die dortige Judikatur), widersprechen.

Dem Beschuldigten sei zwar beizupflichten, dass für das Jahr 2007 und für Teile des Jahres 2008 eine absolute Verjährung eingetreten sei, nicht jedoch für den gesamten beschwerdegegenständlichen Zeitraum.

Weiters habe der Spruchsenat bei der Strafbemessung lediglich den langen Tatzeitraum als Erschwerungsgrund angesehen, nicht aber den Umstand, dass keine Schadensgutmachung erfolgt sei. Auch wäre eine vom Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt verhängte Vorstrafe nicht berücksichtigt worden.

D. Mit Schriftsatz des Amtsbeauftragten und der belangten Behörde vom wurde ergänzend ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall über mehrere Jahre hindurch durchgehend Steuern derselben Art, nämlich Lohnabgaben, hinterzogen worden seien. Es sei daher auch die Gleichartigkeit des verletzten Rechtsgutes gegeben. Letztlich zeige die planmäßige Vorgangsweise des Beschuldigten (das Abmelden der Arbeitnehmer, obwohl sie weiterhin für seine Firma arbeiteten, das Vorgeben gegenüber der Behörde, dass die Arbeitnehmer nun Arbeitnehmer der Scheinfirmen seien usw.) und das Zusammenwirken des Beschuldigten mit I als Geschäftsführer der Scheinfirmen (der Modus Operandi, Finanzstrafakt Bl. 375), dass vom Anfang an der Wille des Beschuldigten darauf gerichtet gewesen wäre, über mehrere Jahre hindurch Lohnabgaben zu verkürzen (Gesamtvorsatz).

Im Übrigen werde sowohl vom Amtsbeauftragten als auch von der belangten Finanzstrafbehörde ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht verzichtet.

E. Dem Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Verfahrensparteien wurde gemäß § 160 Abs. 3 FinStrG nicht entsprochen, weil der Beschuldigte im bisherigen Verfahren noch nicht persönlich gehört worden war. Die Ladungen zur mündlichen Verhandlung an den Beschuldigten wurden laut Rückschein zugestellt am .

F. Mit Schriftsatz der Verteidigung vom an die Präsidentin des Bundesfinanzgerichtes wurde der Vorsitzende des Finanzstrafsenates Salzburg 1 vorerst als befangen abgelehnt, weil aus einem von ihm am an den Verteidiger gesandtem E-Mail eine Befangenheit abzuleiten sei. Dieser Ablehnungsantrag wurde zuständigkeitshalber an den Finanzstrafsenat des Bundesfinanzgerichtes weitergeleitet.

G. Mit Schriftsatz der Verteidigung vom wurden ergänzende Beweisanträge gestellt.

H. Mit Schriftsatz des Verteidigers vom , gerichtet an den Amtsbeauftragten, von diesem dem Bundesfinanzgericht vorgelegt vor der mündlichen Verhandlung, hat der Beschuldigte seine bisherige Verantwortung dahingehend abgeändert, dass ein volles Geständnis abgelegt werde, auch die subjektive Seite betreffend, wenngleich eine förmliche Einschränkung der Beschwerde des Beschuldigten unterblieben ist.

Mildernd sei somit neben dem umfassenden Geständnis auch die [finanzstrafrechtliche] Unbescholtenheit (die behauptete Vorstrafe sei nicht existent) und eine lange Verfahrensdauer, erschwerend sei kein Umstand.

Eine mangelnde Schadensgutmachung als Erschwerungsgrund zu sehen, würde dem Verbot der Doppelverwertung widersprechen.

Beantragt werde daher eine massive Reduktion der Geldstrafe.

I. Mit eben diesem Schriftsatz laut Pkt. H. hat die Verteidigung auch ihren Ablehnungsantrag vom und die Beweisanträge vom wieder zurückgezogen und erklärt, dass der Beschuldigte und sein Verteidiger ausdrücklich auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichten, da beide beruflich verhindert seien.

J. In einer mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers wurde die gegenständliche Finanzstrafsache ausführlich erörtert.

K. Gemäß § 160 Abs. 3 FinStrG kann das Bundesfinanzgericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Parteien des Verfahrens darauf ausdrücklich bis zum Beginn der Verhandlung verzichtet haben. Es ist dies eine Ermessensentscheidung, bei welcher unter anderem das Parteieninteresse mit dem Verfolgungsinteresse abzugleichen ist: Je wichtiger die persönliche Befragung des Beschuldigten zur Aufklärung des strafrelevanten Sachverhaltes ist, je bedeutender der deliktische Störwert der vorgeworfenen Finanzvergehen ist, je dringlicher die erforderliche Prävention, wozu es zur Beweisführung der Einvernahme des Beschuldigten bedürfte, aber auch umso geringeres Wissen hinsichtlich der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten aus den Akten abzuleiten ist, je dürftiger die persönlichen Einlassungen des Beschuldigten zum Tatgeschehen gewesen sind, umso eher ist trotz eines Verzichtes der Parteien auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, verbunden mit einem Verzicht des Beschuldigten auf persönliches unmittelbares Gehör vor dem Bundesfinanzgericht, dennoch eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Unterbleibt eine mündliche Verhandlung, wären die Möglichkeiten der Verfahrensparteien, entscheidungsrelevante tatsächliche oder rechtliche Umstände, welche im bisherigen verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren noch nicht zur Sprache gekommen sind, zur Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern, erschwert.

Im gegenständlichen Fall war der Beschuldigte A im Finanzstrafverfahren betreffend seine Person noch nicht selbst zum Sachverhalt vernommen worden und hat weder die Verteidigung noch der Beschuldigte selbst aktuelle Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Gunsten des Beschuldigten erforderlich gewesen ist. Dass dieser in der Folge auf dieses sein Äußerungsrecht verzichtet hat, hat aber wiederum den Fortgang und den Abschluss des Beschwerdeverfahrens gemäß §§ 126, 157 FinStrG nicht beeinträchtigt.

L. Aus Anlass der im Vorverfahren kurzfristig durch die Verteidigung ausgesprochenen und wieder zurückgezogenen Ablehnung des Senatsvorsitzenden ist anzumerken:

Gemäß § 74 Abs. 1 FinStrG sind Ablehnungen von Mitgliedern eines Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes (Vorsitzender, Berichterstatter, fachkundige Laienrichter) beim Senatsvorsitzenden binnen drei Tagen nach Zustellung einer Vorladung zur mündlichen Verhandlung geltend zu machen, wobei grundsätzlich der Finanzstrafsenat über die Ablehnung entscheidet. Lediglich dann, wenn der Senatsvorsitzende oder wenigstens zwei Senatsmitglieder abgelehnt werden, entscheidet der Präsident des Bundesfinanzgerichtes. Dieses Procedere bezieht sich auf behauptete Lebenssachverhalte, aus welchen eine Befangenheit abzuleiten wäre, bis zum Zeitpunkt des Zugehens der Vorladung.

Klar geregelt ist gemäß § 74 Abs. 3 FinStrG idF BGBl I 2010/104 ebenfalls die Vorgangsweise, wenn erst nach Ablauf der Frist von drei Tagen ab Zustellung der Vorladung zum ersten Termin einer mündlichen Verhandlung angeblich Umstände hervorkommen, welche die behauptete Befangenheit eines Senatsmitgliedes begründen können: In diesem Fall ist die Ablehnung unverzüglich (soll heißen: sofort) nach Kenntnis des Ablehnungsgrundes, spätestens jedoch bis zum Ablauf der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung, geltend zu machen, wobei der Senat entscheidet. Aus Gründen einer Verfahrenseffizienz soll nicht durch taktische Ablehnungsanträge die Durchführung mündlicher Verhandlungen verzögert oder unterbrochen werden können, weil jeweils zwischenzeitig eine Entscheidung des Präsidenten einzuholen wäre (vgl. die Erläuterungen der Regierungsvorlage, 874 der Beilagen XXIV. GP , S. 13). Ab einem bestimmten Zeitpunkt soll die Entscheidung für Ablehnungsanträge daher auf den Senat selbst übertragen sein.

Ein angebliches Hervorkommen von Umständen, welche die Befangenheit eines Senatsmitgliedes auslösen könnten, im Zeitraum zwischen Zustellung der Vorladung und dem Ablauf einer dreitägigen Frist ist solcherart zwar nicht ausdrücklich erfasst. Folgt man jedoch dem Konzept der Regelungen des § 74 FinStrG, darf wohl die Frist zur Einreichung derartiger Ablehnungsanträge nicht später enden als die Frist späterer Ablehnungsanträge. Daraus folgt, dass etwa ein Ablehnungsantrag, welcher sich auf ein Ereignis gründen will, das sich am dritten Tag nach Zustellung des Ladungsbescheides zugetragen habe, ebenfalls unverzüglich, also allenfalls spätestens am Tag darauf, zu stellen ist. Später einlangende Ablehnungsanträge fallen nicht in die Zuständigkeit des Präsidenten des Bundesfinanzgerichtes, weil andernfalls erst recht wieder mit dem Fortgang der mündlichen Verhandlung bis zur Entscheidung des Präsidenten, den verspäteten Antrag zurückzuweisen, zugewartet werden müsste.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

1. Gemäß § 76 EStG 1988 idFd BGBl I 2004/180 war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum, also hier für die Lohnzahlungszeiträume 2007 bis 2009, ein Arbeitgeber bzw. der Wahrnehmende seiner steuerlichen Interessen (hier der Beschuldigte A als Geschäftsführer der B-GmbH, FNb) verpflichtet, für jeden seiner Arbeitnehmer ein Lohnkonto zu führen, in welchem bestimmte Informationen betreffend den Arbeitnehmer zu erfassen waren. Welche Informationen dies gewesen ist, war teilweise direkt der gesetzlichen Bestimmung, teilweise aber auch einer ergänzenden Verordnung zu entnehmen:

"Lohnkonto
§ 76.[EStG 1988] (1) Der Arbeitgeber hat für jeden Arbeitnehmer ein Lohnkonto zu führen. Im Lohnkonto hat der Arbeitgeber Folgendes anzugeben:
- Name,
- Versicherungsnummer gemäß § 31 ASVG,
- Wohnsitz,
- Alleinverdiener/Alleinerzieherabsetzbetrag und Kinderzuschläge zum Alleinverdiener/Alleinerzieherabsetzbetrag laut Antrag des Arbeitnehmers,
- Name und Versicherungsnummer des (Ehe)Partners, wenn der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt wurde,
- Name und Versicherungsnummer des (jüngsten) Kindes, wenn der Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt wurde,
- Name und Versicherungsnummer des Kindes (der Kinder), wenn der Kinderzuschlag (die Kinderzuschläge) berücksichtigt wurde,
- Pauschbetrag gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 und Kosten gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 letzter Satz,
- Freibetrag laut Mitteilung zur Vorlage beim Arbeitgeber (§ 63). Wurde eine Versicherungsnummer nicht vergeben, ist jeweils das Geburtsdatum anstelle der Versicherungsnummer anzuführen.
(2) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung - weitere Daten, die für Zwecke der Berechnung, Einbehaltung, Abfuhr und Prüfung lohnabhängiger Abgaben von Bedeutung und in das Lohnkonto einzutragen sind, und
- Erleichterungen für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen bei der Führung des Lohnkontos festzulegen."

Die für die strafrelevanten Lohnzahlungszeiträume, etwa ab Dezember 2007, anzuwendende Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der Daten, die in ein Lohnkonto einzutragen sind, sowie Erleichterungen bei der Lohnkontenführung ab 2006 festgelegt werden (Lohnkontenverordnung 2006), BGBl II 2005/256 idFd BGBl II 2007/216, hatte folgenden Wortlaut:

"Auf Grund § 76 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2004, BGBl. I Nr. 180/2004, wird verordnet:

§ 1. (1) Folgende Daten sind fortlaufend in das Lohnkonto einzutragen:
1. Der gezahlte Arbeitslohn (einschließlich sonstiger Bezüge und Vorteile im Sinne des § 25 EStG 1988) ohne jeden Abzug unter Angabe des Zahltages und des Lohnzahlungszeitraumes,
2. die einbehaltene Lohnsteuer,
3. die Beitragsgrundlage für Pflichtbeiträge gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a, Z 4 und 5 EStG 1988,
4. vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a, Z 4 und 5 EStG 1988,
5. vom Arbeitgeber einbehaltene Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988,
6. der Pauschbetrag gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988,
7. der erstattete (rückgezahlte) Arbeitslohn gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988,
8. die Bemessungsgrundlage für den Beitrag zur Mitarbeitervorsorgekasse (§ 26 Z 7 lit. d EStG 1988) und der geleistete Beitrag,
9. die Beiträge an ausländische Pensionskassen (einschließlich Beiträge an ausländische Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes),
10. sofern der Arbeitgeber Betriebsstätten in mehreren Gemeinden hat, die Betriebsstätte gemäß § 4 des Kommunalsteuergesetzes 1993 und der Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer bei dieser Betriebsstätte tätig ist, sowie die jeweils erhebungsberechtigte Gemeinde gemäß § 7 des Kommunalsteuergesetzes 1993,
11. die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gemäß § 41 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 und für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gemäß § 122 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 sowie die geleisteten Beiträge, und
12. die Bezeichnung des für den Arbeitnehmer zuständigen Sozialversicherungsträgers.
(2) Die Daten der Z 1 bis 4 sind getrennt nach
- Bezügen, die nach dem Tarif (§ 66 EStG 1988), und
- Bezügen, die nach festen Steuersätzen (§ 67 EStG 1988) zu versteuern sind,
einzutragen.
(3) Die in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannten Gebietskörperschaften und Krankenanstalten haben im Lohnkonto einzutragen, ob sie für den Arbeitnehmer im Kalendermonat den Aufwand an Familienbeihilfe aus eigenen Mitteln zu tragen haben oder zu tragen hätten.

§ 2. Folgende Bezüge, die nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören (§§ 3 und 26 EStG 1988), sind in das Lohnkonto aufzunehmen:
1. Die steuerfreien Bezüge gemäß §§ 3 Abs. 1 Z 4 lit. a, 5 lit. a und c, 8, 9, 10, 11, 12, 15 lit. a, b und c, 16, soweit es sich um freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden handelt, 22, 23, 24 und 30 EStG 1988 und
2. die steuerfreien Bezüge gemäß § 3 Abs. 1 Z 16 lit. b EStG 1988, die nicht steuerbaren Leistungen gemäß § 26 Z 4 EStG 1988, soweit es sich um Tagesgelder, Kilometergelder und pauschale Nächtigungsgelder handelt, sowie gemäß § 26 Z 6 und 7 lit. a EStG 1988.

§ 3. Für Arbeitnehmer, die ausschließlich Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988 erhalten, die den Betrag von monatlich 200 Euro nicht übersteigen, kann die Führung eines Lohnkontos entfallen, sofern die erforderlichen Daten aus anderen Aufzeichnungen hervorgehen.

§ 4. Die Daten gemäß § 76 Abs. 1 EStG 1988 sowie gemäß Abs. 1 und 2 dieser Verordnung brauchen für Arbeitnehmer, die im Inland weder der beschränkten noch der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen, insoweit nicht in einem Lohnkonto angeführt werden, als sie aus anderen Aufzeichnungen des Arbeitgebers hervorgehen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, die von inländischen Arbeitgebern ins Ausland entsendet werden.

§ 5. Diese Verordnung ist auf Lohnzahlungszeiträume anzuwenden, die nach dem enden."

2. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 hatte im strafrelevanten Zeitraum ein Arbeitgeber bzw. der Wahrnehmende seiner steuerlichen Interessen (hier in Frage kommend wiederum A als Geschäftsführer der B-GmbH, FNb) die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat von den (ausbezahlten) Löhnen einzubehalten war, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag an das Finanzamt der Betriebsstätte abzuführen. In gleicher Weise waren die Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen gemäß § 43 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 und die Zuschläge zu diesen gemäß § 122 Abs. 7 Wirtschaftskammergesetz 1998 iVm. § 43 Abs. 1 FLAG zu entrichten. Welche Bemessungsgrundlagen dafür gegeben waren, hatte der Arbeitgeber in einem von ihm für jeden Arbeitnehmer gemäß § 76 EStG 1988 und gemäß entsprechender Verordnungen zu führenden Lohnkonto (siehe oben) zu verzeichnen.

3. Gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG idFd BGBl I 1999/28, mit Wirkung ab bis machte sich ein Wahrnehmender der steuerlichen Interessen eines Arbeitgebers einer Abgabenhinterziehung schuldig, wenn er vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1972 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten hat. Die Verkürzung war eingetreten, wenn die Lohnabgaben nicht bis zum Ablauf des jeweiligen Fälligkeitstages entrichtet bzw. abgeführt worden waren (§ 33 Abs. 3 lit. b FinStrG).

4. Dabei wurde unter nach Rechtsprechung und Lehre unter "§ 76 EStG 1972" tatsächlich "§ 76 EStG 1988" verstanden, weil eine fehlgehende wortwörtliche Interpretation eine völlige Inhaltsleere der Strafbestimmung bedeutet hätte.

5. Auch die Begrifflichkeit "von … entsprechenden Lohnkonten" wurde und wird nach ständiger Rechtsprechung und Lehre dermaßen verstanden, dass - auch ohne Anführung entsprechender Ordnungsvorschriften - natürlich jene Lohnkonten verstanden werden, welche nach geltendem Steuerrecht zu führen sind, und nicht fiktive andere Konten, für welche es gar keine normative Anordnung gegeben hätte. Die hier zu führenden Lohnkonten waren also diejenigen, deren erforderlicher Inhalt in der diesbezüglichen Verordnung vorgeschrieben worden war.

Insoweit hatte der in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG mit der FinStrG-Novelle 2010, BGBl I 2010/104 mit Wirkung ab dem , vorgenommene Einschub "sowie dazu ergangener Verordnungen" lediglich "klarstellenden" Charakter, ohne eine inhaltliche Veränderung des Tatbestandes zu bewirken (vgl. Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG I5, Rz 66 zu § 33 mit weiteren Zitaten).

Die vom Spruchsenat gewählte Formulierung in seinem Schuldspruch ("… sowie dazu ergangener Verordnungen …") erweist sich daher lediglich als inhaltliche Präzisierung des richtig erkannten Tatbildes und ist solcherart unbedenklich.

6. Bedingt vorsätzlich handelte dabei nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen wollte, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügte es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden hat.

Wissentlich handelte gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss gehalten hat.

Absichtlich handelte gemäß § 5 Abs. 2 StGB ein Täter, wenn es ihm sogar darauf angekommen ist, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.

7. Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG haben die Finanzstrafbehörden - und gemäß § 157 FinStrG auch das Bundesfinanzgericht - unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht; bestehen Zweifel, so darf die Sache nicht zum Nachteil des Beschuldigten angenommen werden. Dabei ist der Nachweis nicht nur hinsichtlich der objektiven, sondern auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite zu führen. Bleiben Zweifel bestehen, sind diese somit zugunsten des Beschuldigten beachtlich.

8. Den Akten ist nun folgender strafrelevanter Sachverhalt zu entnehmen:

Laut dem Prüfungsbericht vom zur Außenprüfung, ABNrxb, Finanzstrafakt Bl. 52 ff, bei der B-GmbH, am umbenannt in BA-GmbH, FNb, wurden bezüglich der Lohnzahlungszeiträume der Jahre 2007 bis 2009 die Bemessungsgrundlagen für die Arbeitnehmer AN1, AN2, AN3, AN4, AN5, AN6, AN7, AN8, AN9, AN10, AN11, AN12, AN13 und AN14 im Schätzungswege auf Kollektivvertragsbasis nacherfasst, also für 14 Arbeitnehmer, wobei bereits dafür verkürzte Lohnsteuern in Höhe von € 94.892,20 (2007: € 29.875,62 + 2008: € 33.822,26 + 2009: € 31.194,32) und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe in Höhe von € 33.985,40 (2007: € 11.752,34 + 2008: € 12.905,44 + 2009: € 9.327,62) errechnet worden sind.

Diese hier erfassten Arbeitnehmer waren aber offensichtlich nur ein Teil der von A veranlassten Scheinanmeldungen, weil er bei der Scheinfirma F-GmbH auch die tatsächlich bei der B-GmbH beschäftigten AN15, AN16, AN17, AN18, AN19, AN20, AN21, AN22, AN23, AN24, AN25 und AN26 anmelden hat lassen (siehe Auswertung, Finanzstrafakt Bl. 210 verso).

Korrespondierend dazu ist im Abschlussbericht des Bundeskriminalamtes, SOKO XXXX, an die Staatsanwaltschaft Wien zu GZ. StAxxx betreffend den Zeitraum Dezember 2006 bis März 2009 von einem vorwiegend gleichen Arbeiterstamm zwischen 8 und 22 Personen die Rede, welche bei den genannten Scheinfirmen in der vom Spruchsenat beschriebenen Weise scheinangemeldet worden waren, weswegen beim tatsächlichen Arbeitgeber, der B-GmbH, keine Lohnkonten geführt worden waren (Finanzstrafakt Bl. 192 ff).

Der vorgeworfene Sachverhalt findet für die Lohnzahlungszeiträume bis März 2009 auch Übereinstimmung mit den Überwachungsprotokollen der abgehörten Telefongespräche insbesondere zwischen A, I und J (Finanzstrafakt Bl. 311 ff), den Angaben der J bei ihren Beschuldigteneinvernahmen am 2., 18. und (Finanzstrafakt Bl. 230 ff, 246 ff) und dem rechtskräftigen Strafurteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom , GZ. 122 Hv 3/15b, gegen I, J u.a. wegen der Verbrechen betrügerischen Krida nach § 156 Abs. 1 und 2 StGB, des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB, sowie des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d StGB zugrundeliegenden Feststellungen (Finanzstrafakt Bl. 314 ff).

Auffällig ist, dass sich 2009 das Fehlverhalten des Beschuldigten in seinem Unternehmen auch noch über denjenigen Zeitpunkt fortgesetzt hat, als bereits die Kriminalpolizei bzw. Staatsanwaltschaft gegen die Komplizen des Beschuldigten entscheidende, nach außen und auch für A erkennbare Schritte gegen das deliktische Beziehungsgeflecht des I unternommen hatte (Hausdurchsuchung, Festnahmen u.a. der J am , Finanzstrafakt Bl. 352 verso; Einvernahme des A als Beschuldigter am , Finanzstrafakt Bl. 249 ff). Dieses Geschehen bestätigt einmal mehr, dass der Beschuldigte keineswegs ein unwissendes Opfer von I und Konsorten gewesen ist, sondern hier willentlich und planmäßig im Wege von Angebot und Nachfrage eine deliktische Dienstleistung zum Schaden der Republik Österreich für sein Unternehmen bezogen hat.

So hat A im Jahre 2009 die Arbeitnehmer der B-GmbH, FNb, wegen einer angeblich schlechten Auftragslage von März bis Juli 2009 nur mehr für 12,5 Stunden wöchentlich angemeldet. Für denselben Zeitraum gibt es aber im steuerlichen Rechenwerk seiner GmbH Rechnungen der K-GmbH und Kassenbelege über Barauszahlungen in Höhe von € 101.196,00. Die K-GmbH war aber zu dieser Zeit bereits eine Scheinfirma, welche laut den Feststellungen eines Wiener Finanzamtes seit Ende 2008 nur mehr als Briefkastenfirma existent gewesen war (Finanzstrafakt Bl. 91).

Die vom GPLA-Prüfer somit lediglich hinsichtlich eines Teiles der bei der **Haustechnik ohne Führung eines Lohnkontos und ohne Entrichtung bzw. Abfuhr der Lohnabgaben beschäftigten Arbeitnehmer bezahlten Löhne wurden auf Basis des Kollektivvertrages errechnet. Warum diese Berechnungsmethode unzutreffend gewesen wäre, wurde konkret mit der Behauptung begründet, dass die Entlohnung unterhalb des Kollektivvertragsniveaus gelegen wäre (Finanzstrafakt Bl. 185). Konkrete diesbezügliche Hinweise oder Beweisangebote sind der Aktenlage aber nicht zu entnehmen. Soweit der Amtsbeauftragte einen Schriftsatz der Verteidigung zitiert, wonach eine Zuschätzung "das Merkmal der Unsicherheit gegen sich gelten lassen muss", ist anzumerken, dass dies ebenso auch für einen Finanzstraftäter gilt, welcher durch eigenes Handeln Anlass für eine Schätzung der von ihm herbeigeführten Abgabenverkürzungen gibt, weil er eben zu Verdunkelungszwecken die ihm vorgeschriebenen abgabenrechtlichen Aufzeichnungspflichten (z.B. die Pflicht zur Führung ordnungsgemäßer Lohnkonten) verletzt hat. Andernfalls wäre es in der Hand des Finanzstraftäters selbst gelegen, gerade durch Verletzung seiner Aufzeichnungspflichten seine Bestrafung zu verhindern.

Von Seite des Amtsbeauftragten und in weiterer Folge vom Spruchsenat übernommen, wurden allfällige Unabwägbarkeiten der Schätzung des Außenprüfers (tatsächlich nur auf Basis eines Teiles der ohne Lohnkonto beschäftigten Arbeitnehmer) für Zwecke des Finanzstrafverfahrens mit einem Abschlag von 25 % der vom Prüfer ermittelten Lohnabgaben berücksichtigt. Dies erscheint - noch ohne Bedachtnahme auf den Umstand, dass vom Prüfer nur ein Teil der "ausgelagerten" Arbeitnehmer erfasst worden war - jedenfalls ausreichend, um dem Einwand des Beschuldigten einer kollektivvertraglichen Unterentlohnung zu begegnen: Es gibt keinen Anlass, die betroffenen Arbeitnehmer selbst zu unterschätzen. Diese mögen wohl zumal vielleicht infolge einer Sprachbarriere unwissend gewesen sein, nicht aber dumm. So gesehen haben sie bei lebensnaher Betrachtung den Umstand, dass sie Lohnzettel merkwürdigerweise von anderen Firmen erhalten haben als von jener, für welche sie gearbeitet haben und zum Teil sogar auch bezahlt worden sind, auf Dauer wohl deshalb ignoriert, weil sie auch einen entsprechenden Arbeitslohn erhalten haben, welcher sie besänftigt hat. Allenfalls wäre rein hypothetisch das allgemeine Lohnniveau unter der Kollektivvertragshöhe gelegen gewesen; in Anbetracht der auch für die Arbeitnehmer erkennbaren Merkwürdigkeiten wird aber ihre Entlohnung tendenziell eher höher als üblich ausgefallen sein. Berücksichtigt man zusätzlich, dass - wie mehrfach erwähnt - der Außenprüfer bei seinen Berechnungen nur einen Teil der relevanten Arbeitnehmer erfasst hat, erweist sich der vom Amtsbeauftragten vorgenommene Abschlag von 25 % bei weitem als ausreichend und wäre für das ursprüngliche Begehren der Verteidigung auf Erhöhung dieses Abschlages keinerlei Raum gewesen.

Ebenso ist nunmehr infolge des Zeitablaufes und der auf Seite der Verfahrensparteien eingetretenen Akzeptanz dieses Abschlages auch kein Anlass, eine allfällige Reduzierung des Abschlages durch weitere Ermittlungen, nunmehr unter Einbindung der übrigen, bislang nicht erfassten Arbeitnehmer, zu konkretisieren. Diese Erhebungen hätten infolge des Zeitablaufes nunmehr keine entsprechend ausreichende Wahrscheinlichkeit eines zusätzlichen Erkenntnisgewinnes für sich.

Es bleibt daher im Zweifel zu Gunsten für den Beschuldigten bei dem von der belangten Behörde vorgenommenen Abschlag von 25 % von den vom Prüfer ermittelten Verkürzungsbeträgen.

9. In Anbetracht des sich aus der Aktenlage erschließenden Tatgeschehens, insbesondere in Anbetracht der beharrlichen und unbeirrten Fortsetzung des Fehlverhaltens durch den Beschuldigten trotz der ihm bekannten Ermittlungen auch gegen seine Person, besteht für das Bundesfinanzgericht auch keinerlei Zweifel, dass A im strafrelevanten Zeitraum mit der Absicht gehandelt hat, zwecks eigener Bereicherung mittels Vermögenszuwachses bei der in seinem Eigentum befindlichen B-GmbH zumindest die vom Finanzstrafverfahren erfassten Arbeitnehmer bei Scheinfirmen anmelden zu lassen, und betreffend diese wider besseres Wissen im Ausmaß der Scheinanmeldungen zu Unrecht in seinem Unternehmen keine Lohnkonten geführt hat, keine Lohnabgaben berechnen hat lassen und in weiterer Folge auch solcherart zu den Fälligkeitszeitpunkten die Lohnsteuern und Dienstgeberbeiträge nicht an die zuständige Abgabenbehörde entrichtet bzw. abgeführt hat.

10. Unter Anwendung des Günstigkeitsvergleiches nach § 4 Abs. 2 FinStrG gelangt im gegenständlichen Fall die Strafrechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Spruchsenates zur Anwendung, weil dann die Begrifflichkeit einer gewerbsmäßigen Begehungsweise im Sinne des § 38 FinStrG idFd BGBl I 2015/163 mit Wirkung ab dem nicht zum Tragen kommen kann: Durch eine Hinterziehung von Lohnabgaben der B-GmbH konnte sich A selbst keinen abgabenrechtlichen Vorteil verschaffen.

11. Anders gelagert ist die Rechtslage bezüglich einer bandenmäßigen Begehung der dem Beschuldigten vorgeworfenen Abgabenhinterziehungen:

Brachte man wie erwähnt das Finanzstrafrecht zum Zeitpunkt der Entscheidung des Spruchsenates zur Anwendung, wäre auch eine bandenmäßige Begehung der Abgabenhinterziehungen des A nach § 38a Abs. 1 lit. a FinStrG idFd BGBl I 2010/104 zu prüfen, weil er die Hinterziehungen an Lohnabgaben nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG als Mitglied einer Bande von mindestens drei Personen, die sich zur Tatbegehung verbunden haben (bspw. A, I und J), unter Mitwirkung zumindest einen anderen Bandenmitgliedes begangen hätte.

Einem derartigen Schuldspruch vor dem Bundesfinanzgericht steht jedoch entgegen, dass diese Erweiterung des Tatbestandes im bisherigen Verfahren nicht Gegenstand gewesen ist und auch solches nicht auch zumindest in der Beschwerde des Amtsbeauftragten gefordert worden ist. Dem Bundesfinanzgericht ist es daher verwehrt, diesen Sachverhalt im Beschwerdeverfahren aufzugreifen.

12. Gleiches gilt auch für die im nachhinein, nach Ablauf der Beschwerdefrist, vom Amtsbeauftragten im Schriftsatz vom aufgeworfene Frage, ob A seine Abgabenhinterziehungen in Form einer fortgesetzten Tat begangen hätte: Es macht einen gewichtigen Unterschied, ob der Beschuldigte nun wegen einer Mehrzahl von Hinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, oder wegen der Begehung einer einzigen fortgesetzten Finanzstraftat zur Verantwortung gezogen wird.

Die allfällige nachträgliche - aufgrund der hier im Speziellen gegebenen Aktenlage grundsätzlich denkmögliche - Konstatierung eines fortgesetzten Deliktes (zur Rechtsfigur eines solchen siehe z.B. die diesbezüglichen Ausführungen von Fellner, FinStrG, Anm 35 ff zu § 33; Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, Finanzstrafgesetz I5, Rz 30 ff zu § 1; zuletzt ) veränderte das der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhaltssubtrat zum Nachteil des Beschuldigten, was zwar in Anbetracht der auch den Schuldspruch des Spruchsenatserkenntnisses betreffenden Beschwerde des Amtsbeauftragten gemäß § 161 Abs. 3 Satz 1 FinStrG insofern möglich gewesen wäre, hätte der Amtsbeauftragte diesen Umstand innerhalb der Rechtsmittelfrist thematisiert, was nicht geschehen ist. Dem Bundesfinanzgericht selbst ist es verwehrt, den Beschwerdegegenstand auszutauschen oder allenfalls - wie es hier erforderlich wäre - zu erweitern.

Somit ist im gegenständlichen Fall das rechtliche Schicksal jedes verfahrensgegenständlichen Faktums für sich selbstständig zu prüfen.

13. Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG erlischt die Strafbarkeit von Finanzvergehen (hier in Frage kommend: die absichtliche Nichtführung der Lohnkonten betreffend bestimmte Arbeitnehmer und Nichtabfuhr der diese betreffenden Lohnsteuern bzw. Nichtentrichtung der diese betreffenden Dienstgeberbeiträge hinsichtlich der Lohnzahlungszeiträume Jänner 2007 bis Dezember 2009) durch Verjährung. Der Fristenlauf zur Verjährung beginnt bei Erfolgsdelikten (hier: die Verkürzung der Lohnabgaben zu den Fälligkeitszeitpunkten) mit Eintritt des Erfolges zu laufen. Überdies beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 FinStrG nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet (hier gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Jahres, in welchem der Abgabenanspruch entstanden ist).

Dabei beträgt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG jeweils fünf Jahre, wobei jedoch in diesen Fristenlauf die Zeit der Verfahrensführung wegen dieser Taten bei einer Finanzstrafbehörde, einer Staatsanwaltschaft oder bei Gericht gemäß § 31 Abs. 4 lit. b FinStrG nicht eingerechnet wird (hier: die Zeit ab Beschuldigtenladung vom , Finanzstrafakt Bl. 147).

Begeht der Finanzstraftäter während der Verjährungsfrist betreffend ein Finanzvergehen ein weiteres vorsätzliches, nicht geringfügiges Finanzvergehen, so tritt gemäß § 31 Abs. 2 FinStrG die Verjährung nicht ein, bevor nicht auch für diese Tat die Verjährungsfrist abgelaufen ist.

14. Finanzvergehen, zu deren Verfolgung Finanzstrafbehörden zuständig sind, verjähren aber gemäß § 31 Abs. 5 FinStrG jedenfalls, wenn seit Beginn der Verjährungsfrist zehn Jahre und gegebenenfalls die Zeit von damit in Zusammenhang stehenden Verfahren vor den Höchstgerichten (letzteres hier nicht relevant) verstrichen sind.

15. Damit ergibt sich für die verfahrensgegenständlichen Hinterziehungen des A betreffend die einzelnen Lohnzahlungszeiträume Jänner 2007 bis Dezember 2009 folgendes Bild:

Hinsichtlich der Lohnzahlungszeiträume Jänner bis November 2007 liegen die Deliktsverwirklichungen und die Entstehung der Abgabenansprüche innerhalb des Jahres 2007, sodass die - nicht verlängerte - zehnjährige Verjährungsfrist am begonnen hat und am beendet war.

Hinsichtlich des Lohnzahlungszeitraumes Dezember 2007 ist die Deliktsverwirklichung am eingetreten, sodass die - nicht verlängerte - zehnjährige Verjährungsfrist am begonnen hat und am beendet war.

Hinsichtlich der Lohnzahlungszeiträume Jänner bis November 2008 liegen die Deliktsverwirklichungen und die Entstehung der Abgabenansprüche innerhalb des Jahres 2008, sodass die - nicht verlängerte - zehnjährige Verjährungsfrist am begonnen hat und am beendet war.

Hinsichtlich des Lohnzahlungszeitraumes Dezember 2008 ist die Deliktsverwirklichung am eingetreten, sodass die - nicht verlängerte - zehnjährige Verjährungsfrist am begonnen hat und am beendet war.

Hinsichtlich der Hinterziehungen an Lohnabgaben betreffend die Lohnzahlungszeiträume Jänner 2007 bis Dezember 2008 ist somit spruchgemäß das anhängige Finanzstrafverfahren infolge eingetretener absoluter Verjährung einzustellen.

16. Keine Verjährung eingetreten ist jedoch hinsichtlich der strafrelevanten Lohnzahlungszeiträume des Jahres 2009.

17. A hat daher im Ergebnis betreffend die Lohnzahlungszeiträume Jänner bis Dezember 2009 von ihm als Wahrnehmender der steuerlichen Interessen der B-GmbH, FNb, Hinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG an Lohnsteuer in Höhe von € 23.395,74 und an Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in Höhe von € 6.995,72 zu verantworten, welche mangels weiterer Anhaltspunkte in freier Beweiswürdigung gleichmäßig auf die einzelnen Monate zu verteilen sind.

18. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung zunächst die Schuld des Täters.

Gemäß § 23 Abs. 2 und 3 FinStrG sind bei der Ausmessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und zusätzlich die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen. Es gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.

Es ist auch darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Es ist realistisch, dass laut den Vorstellungen des A der deliktische Erfolg auf Dauer zu einer rechtswidrigen Entlastung der B-GmbH führen sollte.

Ein Unterschreiten eines Betrages von 10 % des Strafrahmens ist gemäß § 23 Abs. 4 FinStrG nur bei Vorliegen besonderer Gründe zulässig; die in Frage kommenden Umstände rechtfertigen eine außerordentliche Milderung trotz mildernder Aspekte zumal in Anbetracht der zu beachtenden Spezial- und Generalprävention jedoch nicht, wenngleich die Strafe im unteren Bereich auszumessen ist (siehe nachstehend).

Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG werden gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen der Verkürzungsbeträge geahndet, wobei zusätzlich bei begründeter Notwendigkeit eine Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten verhängt werden kann.

Dabei ist nach § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine einheitliche Geldstrafe in Form der Summe dieser Strafdrohungen zu berechnen.

Die sich aus den vom Beschuldigten begangenen Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG ergebende Strafdrohung beträgt daher € 23.395,74 + € 6.995,72 = € 30.391,46 X 2, ergibt € 60.782,92.

Läge daher beim Beschuldigten ein durchschnittliches Verschulden vor, hielten einander die Erschwerungs- und Milderungsgründe die Waage und bestünden bei A durchschnittliche persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, ergäbe sich solcherart ein Ausgangswert von gerundet € 30.000,00.

Es liegen vor absichtlich begangene Finanzvergehen im Rahmen eines deliktischen Beziehungsgeflechtes mit hohem Organisationsgehalt, bei welchen der Beschuldigte für sein Unternehmen Leistungsangebote einer mafiosen Gruppe mit hohem deliktischen Störwert angenommen hat, wobei er aber keineswegs von seiner eigentlichen inneren Einstellung abweichend zu einem Fehlverhalten verleitet worden ist, sondern dieses noch zu einem Zeitpunkt unbeirrt fortgesetzt hat, als diese eine Gruppierung eigentlich schon durch polizeiliche Ermittlungen zerschlagen war und ihm auch die gegen ihn selbst laufenden finanzstrafrechtlichen Ermittlungen schon längst bekannt gewesen sind. So gesehen wäre bei zeitnaher Aburteilung eine empfindliche Geldstrafe und möglicherweise sogar eine primäre Freiheitsstrafe zu verhängen gewesen, um ihn selbst und andere Personen aus seinem Milieu von der Begehung gleichartiger Finanzvergehen abzuhalten.

Zwischenzeitlich sind jedoch schon zehn Jahre vergangen, innerhalb welcher jedenfalls laut Aktenlage A keine weiteren Finanzvergehen begangen hat. Wenngleich er auch trotz ausdrücklicher Aufforderung nichts dazu vorgebracht hat, ob und welche Vorkehrungen er getroffen hat, um derartige Verfehlungen in den Folgejahren nach seiner Tat und in Zukunft zu vermeiden, und obwohl in Anbetracht einer unzulänglichen Prüfungsdichte es durchaus denkbar wäre, dass sein weiteres Handeln lediglich aus dem Fokus der finanzstrafbehördlichen Ermittlungen geraten ist, ist im Zweifel zu seinen Gunsten ein nachfolgendes finanzstrafrechtliches Wohlverhalten als Argument zu seinen Gunsten zu vermerken. Aus diesem Grund besteht auch keine Notwendigkeit zur Verhängung einer primären Freiheitsstrafe.

Im Ergebnis erweist sich der finanzstrafrechtliche Verfolgungsanspruch der Republik Österreich auch deutlich abgeschwächt, weil die strafbar gebliebenen Taten ebenfalls knapp vor ihrer Verjährung stehen.

Der noch immer verbleibenden Mehrzahl an deliktischen Angriffen über den Zeitraum eines Jahres verteilt als erschwerend steht als mildernd die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit des Finanzstraftäters (siehe zuletzt die vom Amtsbeauftragten in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Abfragen aus dem Finanzstrafregister und Strafregister betreffend den Beschuldigten), seine nunmehrige Erklärung, sich geständig zu verantworten (womit für sich allein zwar kein wesentlicher zusätzlicher Erkenntnisgewinn zur Aufklärung des strafrelevanten Sachverhaltes mehr zu gewinnen war, aber immerhin bei gleichzeitiger Zurücknahme von Beweisanträgen eine Verfahrensvereinfachung, weil übereinstimmend mit den bereits aus der sonstigen Aktenlage abzuleitendem Erkenntnissubstrat) sowie eben sein nachfolgendes steuerrechtliches Wohlverhalten gegenüber.

Dem Beschuldigten Recht zu geben ist, dass - anders als der Amtsbeauftragte vermeint - der Umstand der fehlenden Schadensgutmachung (siehe die vom Amtsbeauftragten in der mündlichen Verhandlung vorgelegte aktuelle Rückstandsabfrage betreffend das Abgabenkonto der BA-GmbH, FNb) nicht als erschwerend zu werten ist.

Wohl aber verbleibt der zu beachtende generalpräventive Aspekt: Fehlverhalten wie das des A verursachen dem Fiskus schwere Einnahmenausfälle. Keinesfalls darf bei Bekanntwerden der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes für andere Personen in der Lage des Beschuldigten der Eindruck erweckt werden, dass solche Vorkommnisse, weil häufig, auch bereits von der geschädigten Öffentlichkeit selbst toleriert werden.

In gesamthafter Abwägung dieser Aspekte ist der obige Ausgangswert auf € 18.000,00 zu verringern.

Zu seinen aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Beschuldigte trotz ausdrücklicher Aufforderung keine ergänzenden Angaben gemacht.

Aus einer aktuellen Abfrage der Finanzdaten betreffend den Beschuldigten ergibt sich, dass dieser sorgepflichtig ist für ein Kind; laut seinen eigenen Angaben ist er sorgepflichtig für zwei Kinder (Finanzstrafakt Bl. 161). Im Zweifel wird hier den eigenen Angaben des Beschuldigten gefolgt.

Wie vom Spruchsenat bereits erwähnt, ist über das Vermögen der BA-GmbH laut Firmenbuch mit Beschluss des LG Wiener Neustadt am xxxx 2012 der Konkurs eröffnet und die Firma am amtswegig nach Schlussverteilung gelöscht worden.

A ist jedoch laut Firmenbuch seit Geschäftsführer der L-GmbH, FNlx, Geschäftszweig: Bauträgergewerbe, samt Kauf und Verkauf, sowie die Vermietung von Immobilien, deren Anteile von der M-GmbH, FNmx, und der O-GmbH, FNox, gehalten werden. Der Beschuldigte ist alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der M-GmbH, Geschäftszweig Bau- und Baunebengewerbe, sowie beteiligter Geschäftsführer der O-GmbH, Geschäftszweig entsprechend dem Namen Entwicklung von Immobilienprojekten, Vermietung und Verpachtung. Außerdem existiert eine P-KEG seit November 2002, für welche der Beschuldigte vertretungsbevollmächtigt ist (Abfrage Finanzdaten). Das Bundesfinanzgericht geht von einer marktüblichen durchschnittlichen Entlohnung des Beschuldigten für seine umfangreichen Geschäftsführertätigkeiten aus.

Aktueller Grundbesitz des Beschuldigten ist laut Abfrage der Finanzdaten und Grundbuch nicht mehr vorhanden. Bei den Abgabenbehörden scheint eine Haftungsschuld hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Lohnabgaben auf. Die Finanzlage scheint eher angespannt zu sein.

Anhaltspunkte für einen schlechten Gesundheitszustand des Beschuldigten liegen nicht vor.

Unter Bedachtnahme auf die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände betreffend den Beschuldigten, zumal aufgrund der sich erschließenden Sorgepflichten und der angenommenen eher angespannten Finanzlage des Beschuldigten, ist der obige Geldstrafenbetrag noch auf € 14.000,00 zu verringern, dass sind 23,03 % des verbleibenden Strafrahmens.

Zusätzlich ist aber auch noch die lange Verfahrensdauer zu bedenken, veranlasst durch den Umstand, dass von der Finanzstrafbehörde - wenngleich wohl nicht gegen den ausdrücklichen festen Willen des Beschuldigten, welcher bei seiner Beschuldigteneinvernahme am eine Aussage unter Hinweis auf ein korrespondierendes Strafverfahren beim Landesgericht für Strafsachen Wien verweigert hatte (Finanzstrafakt Bl. 161) - der Ausgang des Strafgerichtsverfahrens gegen I u.a. abgewartet worden war und die Erhebungen der Finanzstrafbehörde erst wieder im September 2017 fortgesetzt wurden (Finanzstrafakt Bl. 187). Diese solche überlange Verfahrensdauer zu Lasten des Beschuldigten ist noch mit einem Abschlag in Höhe von € 4.000,00 zu berücksichtigen, sodass letztendlich spruchgemäß eine Geldstrafe in Höhe von € 10.000,00 festzusetzten gewesen ist.

Die obigen Erwägungen gelten auch die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe, wobei aber der Aspekt einer angespannten Finanzlage auszublenden ist.

19. Der Amtsbeauftragte ist mit seinen Beschwerdeausführungen auf das oben Gesagte zu verweisen.

20. Die vom Spruchsenat vorgeschriebenen Verfahrenskosten gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10 % der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00, festzusetzen ist, und waren daher unverändert zu belassen.

Zahlungsaufforderung:

Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens sind gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung (also ein Monat nach Verkündung der Entscheidung) fällig gewesen und sind auf das BAWAG-P.S.K.-Konto der Finanzstrafbehörde zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste, soweit nicht allenfalls gemeinnützige Leistungen zu erbringen wären. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung wäre beim Finanzamt Salzburg-Stadt einzubringen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Als wesentlich für die gegenständliche Entscheidung hat sich vielmehr die vorzunehmende Beweiswürdigung und das anzuwendende Ermessen erwiesen.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 31 Abs. 1 Satz 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 23 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 23 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§§ 32 bis 35 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 76 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 160 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 74 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 74 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Lohnkontenverordnung 2006, BGBl. II Nr. 256/2005
§ 79 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 5 Abs. 2 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 98 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 31 Abs. 5 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Schlagworte
Verfahrensgegenstand vor dem BFG
absolute Verjährung
bandenmäßige Begehung
fortgesetztes Delikt
Zuständigkeit bei Ablehnungsanträgen
Absehen von einer mündlichen Verhandlung als Ermessensentscheidung
Zweifelsgrundsatz
Hinterziehung von Lohnabgaben
Strafbemessung
Relevanz der Wortfolge "sowie dazu ergangener Verordnungen" in § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG
Zulässigkeit einer Schätzung im Finanzstrafverfahren
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6300015.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at