Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.05.2020, RV/7100118/2018

Unterjähriger Wechsel von beschränkter zu unbeschränkter Steuerpflicht

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100118/2018-RS1
Im Falle des unterjährigen Wechsels von der beschränkten Steuerpflicht auf die unbeschränkte Steuerpflicht sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwei getrennte Veranlagungen durchzuführen, wobei in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen den ex lege in unterschiedlicher Art und Weise determinierten Besteuerungsmethoden Rechnung zu tragen ist. Korrespondierend mit vorstehenden Ausführungen kommt daher die im zu beurteilenden Fall seitens des Bf. beantragten Berücksichtigung eines im Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht erzielten Werbungskostenüberschusses im Rahmen der Abgabenfestsetzung für die Periode unbeschränkten Steuerpflicht keine Berechtigung zu.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Steuerberater, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zunächst wurde der am seinen Wohnsitz nach Österreich verlegende Bf. gemäß seiner für den Zeitraum vom bis zum für beschränktSteuerpflichtige gelegten, mit datierten Erklärung veranlagt.

Hierbei erfolgte die, mit Einkommensteuerbescheid 2009 vom auf 0,00 Euro lautende Abgabenfestsetzung unter Zugrundlegung eines aus der Vermietung einer Wohnung herrührenden Werbungskostenüberschusses von 15.364,38 Euro undder auf § 102 Abs. 3 EStG 1988 basierenden, im Ausmaß von 9.000 Euro vorzunehmenden Hinzurechnung.

In seiner dem Finanzamt am übermittelten, im Zeitraum vom bis erzielte positive Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit bzw. einen Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung ausweisenden Einkommensteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige stellte der Bf. unter der als "Verlustabzug aus Vorjahren" titulierten Kennzahl 462 den Antrag - im Zuge der Veranlagung der Einkommensteuer 2009 den im Zeitraum vom bis zum erzielten Werbungskostenüberschuss von 15.364,38 Euro zu berücksichtigen.

In dem mit datierten Einkommensteuerbescheid 2009 fand der Werbungskostenüberschuss von 15.364,38 Euro, mit der Begründung, dass dieser aus Verlusten aus Vermietung und Verpachtung aus Vorjahren stamme, keine Berücksichtigung.

Am langte beim Finanzamt ein Schriftsatz nachstehenden Inhalts ein:

"Gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 vom erhebe ich insoferne Berufung als ein vermeintlicher Verlustvortrag aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von EUR 15.364.38 im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt wurde.

Dagegen bringe ich vor: Wie sich aus den hier beigeschlossenen Unterlagen ergibt, betrifft der Betrag von EUR 15.364.38 keinen Verlustvortrag aus Vermietung und Verpachtung, sondern jenen Teil des Vermietungsverlustes des Jahres 2009, der in die Periode meiner beschränkten Einkommensteuerpflicht bis fällt. Die Nichtberücksichtigung der Einkünfteentwicklung bei Vermietung des gesamten Jahres 2009 führt zu einer unsachlichen Schlechterstellung der Vermietungseinkünfte gegenüber jener bei anderen Steuerpflichtigen. Die verfahrensrechtliche Unterscheidung in beschränkte bzw. unbeschränkte Steuerpflicht innerhalb eines Jahres hat mit Verlustvortrag nichts zu tun. Ich beantrage daher, den angefochtenen Bescheid dahingehend zu ändern, dass die Verluste der ersten acht Monate 2009 im Einkommensteuerbescheid 2009 Berücksichtigung finden."

In der Folge schloss sich die belangte Behörde vorstehender Argumentation nicht an und wies das Rechtsmittel mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom mit nachstehender Begründung ab:

"Sie haben in Ihrer Beschwerde die Berücksichtigung des Werbungskostenüberschusses aus Vermietung und Verpachtung beantragt. Sie waren 2009 einen Teil des Jahres (Zeitraum 1-8/2009) beschränkt einkommensteuerpflichtig, im Zeitraum 9-12/2009 jedoch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Der Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung wurde unstrittig in jenem Zeitraum erzielt, als sie beschränkt einkommensteuerpflichtig waren. § 39 EStG (Veranlagungszeitraum) unterscheidet in seinem Wortlaut nicht nach beschränkter und unbeschränkter Einkommensteuerpflicht. Der VwGH hat jedoch im Erkenntnis vom 26.9,1990, 86/13/0104, die Rechtsansicht vertreten, dass bei einem unterjährigen Wechsel zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht die Einkünfte, die während der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht und jenen, die während der Dauer der beschränkten Steuerpflicht bezogen werden, getrennt zu veranlagen sind. Die Durchführung der Veranlagung für einen (unterjährigen) Zeitraum, für den noch keine Veranlagung vorgenommen wurde, benötigt keinen Verfahrenstitel zur Abänderung eines bereits ergangenen und in Rechtskraft erwachsenen Abgabenbescheides, weil dadurch kein Eingriff in eine bestehende Rechtswirkung eines Bescheides vorgenommen wird (siehe auch Salzburger Steuerdialog 2011-BAO).

Der Veranlagung für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht ist das Einkommen zugrunde zu legen, das der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum bezogen hat. Eine gemeinsame Veranlagung für das ganze Kalenderjahr kommt deswegen nicht in Betracht, weil sowohl hinsichtlich der Erfassung und Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen als auch hinsichtlich ihrer Besteuerung unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen zwischen beschränkt Steuerpflichtigen und unbeschränkt Steuerpflichtigen vorgesehen sind (vgl. diesbezüglich insbesonders die §§ 98 bis 102 EStG).

Um die unterschiedlichen Zeiträume zu kennzeichnen (aus den Einkommensteuerbescheiden ist -abgesehen von der Hinzurechnung gem. § 102 Abs. 3 EStG im Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht- nicht erkennbar, um welchen Zeitraum und um weiche Form der Einkommensteuerpflicht (beschränkt oder unbeschränkt) es sich handelt,), werden die beiden Einkommensteuerbescheide für 2009 hinsichtlich des Spruches insoweit ergänzt (siehe Beilagen zur BVE)."

Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. den Antrag die Berufung (Beschwerde) vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte hierbei nachstehendes aus:

"Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde meine seinerzeitige Berufung, nunmehr Bescheidbeschwerde, vom , im Wesentlichen aus verfahrensrechtlichen Gründen abgewiesen. Dieser Antrag bezieht sich auf den Teil der Beschwerdevorentscheidung, der die 4-Monatsperiode der unbeschränkten Steuerpflicht 9-12/2009 behandelt (ergänzte Beilage 2 der BVE). Den von der Finanzbehörde vertretenen Verfahrensgrundsätzen ist an sich durchaus zuzustimmen, aber nur soweit, als sie nicht zu einem eklatant unsachlichen und gleichheitswidrigen Ergebnis führen, in dem die in der beschränkt steuerpflichtigen 8-monatigen Periode erlittenen Verluste nicht mit den in den letzten vier Monaten des Jahres erzielten Gewinnen saldiert werden, was zur Folge hat, dass ich zur Einkommensteuerzahlung herangezogen werde, die ich weder bei ganzjähriger beschränkter Steuerpflicht noch bei ganzjähriger unbeschränkter Steuerpflicht zu leisten hätte. Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation wären die Verluste der 8-Monatsperiode als analog zu einem Verlustvortrag zu behandeln, also zu saldieren, gewesen, obwohl sie keinen "echten Verlustvortrag" - weil ja aus demselben Jahr stammend - darstellen. Ich stelle daher den Antrag, die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der ergänzten Beilage 2 zur BVE (Zeitraum 9- 12/2009) aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für die unbeschränkte Steuerpflicht-Periode in obigem Sinne zu ändern."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt und Streitgegenstand

Der mit seinen Wohnsitz nach Österreich verlegende Bf. hat - den Angaben seiner Abgabenerklärung für beschränkt Steuerpflichtige gemäß - im Zeitraum von bis zum aus der Vermietung einer in Wien domizilierten Wohnung einen Werbungskostenüberschuss von 15.364,38 Euro erzieltund hat nämlicher Betrag - unter Berücksichtigung des Hinzurechnungsbetrages gemäß § 102 Abs. 3 EStG 1988 - als Bemessungsgrundlage Eingang in den mit datierten, in Rechtskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheid 2009 gefunden. In der Folge tritt der Bf. der Nichtberücksichtigung des Werbungskostenüberschuss von 15.364,38 Euro in dem über den Zeitraum vom bis absprechenden Einkommensteuerbescheid 2009 vom im Wesentlichen mit dem Argument entgegen, dass nämliche Vorgangsweise, sprich die Nichtsaldierung desselben mit den im Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht bezogenen Einkünfte schlussendlich ein eklatant unsachliches und ergo dessen verfassungswidriges Ergebnis zeitige.

2. Rechtliche Würdigung

2.1 Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Beschränkt steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die in § 98 aufgezählten Einkünfte.

Gemäß § 39 Abs. 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.

Hierbei wird gemäß dem zweiten Absatz leg. cit. im Fall des Nichtbestehens der Steuerpflicht während des vollen Veranlagungszeitraumes statuiert, dass der Besteuerung nur das während der Dauer der Steuerpflicht bezogene Einkommen zugrunde gelegt wird.

2.2. Rechtliche Beurteilung

Im Zusammenhang mit einem - auch im zu beurteilenden Fall vorliegenden - unterjährigenWechsel von der beschränkten zur unbeschränkten Steuerpflicht hat der Verwaltungsgerichtshof betreffend das Veranlagungsprozederes im Erkenntnis vom , 86/13/0104 ausgesprochen, dass diesem Umstand, mittels zweier getrennt voneinander vorzunehmender Veranlagungen, sprich exakter ausgedrückt via Erlassung zweier Abgabenbescheide zu begegnen ist. Hierbei lauten die relevanten Passagen im Erwägungsteil obigen Erkenntnisses wörtlich wie folgt:

" Gemäß § 39 EStG wird die Einkommensteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 41 eine Veranlagung unterbleibt. Hat die Steuerpflicht nicht während des vollen Veranlagungszeitraumes bestanden, so wird das während der Dauer der Steuerpflicht bezogene Einkommen zugrunde gelegt. Unter Steuerpflicht im Sinne der zitierten Bestimmung ist die unbeschränkte Steuerpflicht zu verstehen. Verlegt ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz während eines Kalenderjahres ins Inland und wird er dadurch unbeschränkt steuerpflichtig, so müssen für den Zeitraum der BESCHRÄNKTEN Steuerpflicht und für den der unbeschränkten Steuerpflicht zwei getrennte Veranlagungen durchgeführt werden (vgl. auch Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 3 zu § 39). Dabei sind der Veranlagung für den Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht die inländischen Einkünfte zugrundezulegen, soweit bei diesen die Steuer nicht bereits durch Steuerabzug abgegolten ist (§ 1 Abs. 2 im Zusammenhang mit § 98 und § 102 Abs. 1 und 4 EStG).

Der Veranlagung für den Zeitraum der UNBESCHRÄNKTEN Steuerpflicht ist das Einkommen zugrundezulegen, das der Steuerpflichtige in diesem Zeitraum bezogen hat. Eine gemeinsame Veranlagung für das ganze Kalenderjahr kommt deswegen nicht in Betracht, weil sowohl hinsichtlich der Erfassung und Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlagen als auch hinsichtlich ihrer Besteuerung unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen zwischen beschränkt Steuerpflichtigen und unbeschränkt Steuerpflichtigen vorgesehen sind (vgl. diesbezügliche insbesondere die §§ 98 bis 102 EStG). Aus der Notwendigkeit, die Besteuerungsgrundlagen für beide Zeiträume getrennt zu ermitteln, folgt u.a. auch, daß Betriebsausgaben, die im Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht angefallen sind, nur bei der Veranlagung für diesen Zeitraum, nicht aber bei der Veranlagung für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht Berücksichtigung finden können. Daraus folgt weiters, daß Verluste, die vor Eintritt der unbeschränkten Steuerpflicht erlitten wurden - um solche Verluste geht es im Beschwerdefall -, bei Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für den Zeitraum der unbeschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt werden können (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1864/48, Slg. Nr. 192/F)."

In Ansehung vorstehender Ausführungen vermag das Verwaltungsgericht in der Nichtberücksichtigung des in der Periode der beschränkten Steuerpflicht erwirtschafteten Werbungskostenüberschusses von 15.364,38 Euro im Rahmen der Ermittlung des für die Periode der unbeschränkten Steuerpflicht der Abgabenfestsetzung zu Grunde legenden Einkommens keine Rechtswidrigkeit erblicken.

Ergänzend ist der Bf. darauf zu verweisen, dass ungeachtet dessen, dass wie an obiger Stelle ausführlich dargestellt -, der Werbungskostenüberschuss bereits in den Einkommensteuerbescheid vom "eingeflossen" und ergo dessen die vom Bf. angestrebte Saldierung mit den - in der Periode der unbeschränkten Steuerpflicht erzielten Einkünfte im Ergebnis eine "doppelte Verlustverwertung" bedeutet, nämliche Vorgangsweise darüber hinaus in einer nicht intendierten Gemengelage des ertragsteuerlich determinierten Umfanges von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht, sowie der seitens des Gesetzgebers für unbeschränkt bzw. beschränkt Steuerpflichtige unterschiedlich geschaffenen Besteuerungsregeln mündet.

In Anbetracht der Tatsache, dass der Verfassungsgerichtshof die Schaffung unterschiedlicher Besteuerungsregeln für die unbeschränkte sowie für beschränkte Steuerpflichtige als undenklich erachtet hat (; , G 191/94), ist nach dem Dafürhalten des BFG auch der in Richtung des Vorliegens eines unsachlichen und ergo dessen verfassungswidrigen Ergebnisses abzielenden Argumentation des Bf. der Boden entzogen.

Aus vorgenannten Gründen war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im vorliegenden Fall nicht vor, da das Erkenntnis einerseits auf den gesetzlichen Bestimmungen des EStG 1988 fußt, anderseits dieses in Einklang mit der dezidiert dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht.

Wien, am

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