Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.06.2020, RV/7104571/2017

Liebhaberei bei Vermietung einer Eigentumswohnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schabetsberger & Partner Steuerberatung und Unternehmensbe- ratung GmbH, Fischerstiege 9, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vom betreffend Umsatzsteuer 2005 und 2006 zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) machte in den Umsatzsteuererklärungen der beschwerdegegenständlichen Jahre 2005 und 2006 aus der Vermietung der Eigentumswohnung in Gasse, Vorsteuern iHv € 3.855,31 bzw. € 8.204,69 geltend. Die erklärten Umsätze betrugen für 2005 € 0,00 und für 2006 € 818,18.

Mit Bescheiden vom und vom wurde die Umsatzsteuer der Jahre 2005 und 2006 erklärungsgemäß gem. § 200 Abs. 1 BAO vorläufig festgesetzt.

Am erließ das Finanzamt endgültige Umsatzsteuerbescheide für 2005 und 2006 und anerkannte die erklärten Umsätze und Vorsteuern aus der Vermietung der gg. Eigentumswohnung nicht.

Mit Eingabe vom brachte der Bf. Beschwerde (vormals Berufung) ein.

Mit gem. § 200 BAO vorläufig erlassenen Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes vom wurden die angefochtenen Bescheide abgeändert und die erklärten Umsätze und beantragten Vorsteuern wieder anerkannt.

Am erließ die Abgabenbehörde endgültige Beschwerdevorentscheidungen und setzte die Umsatzsteuer der beschwerdegegenständlichen Jahre ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Vorsteuern mit € 0,00 (2005) bzw. mit € 81,82 (2006) fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass im Jahr 2015 die Vermietung der Wohnung in der Gasse als Liebhaberei gem. § 1 Abs. 2 LVO eingestuft worden sei. In unionsrechtskonformer Interpretation sei eine als Liebhaberei beurteilte verlustträchtige Wohnraumvermietung zwingend unecht steuerbefreit. Da in den Jahren 2005 und 2006 nur für die gegenständliche Immobilie Vorsteuern geltend gemacht worden wären, seien € 3.855,31 bzw. € 8.204,69 nicht anzuerkennen. Mit Vorhalten vom 24.11.204 und vom sei um Bekanntgabe ersucht worden, ob Rechnungen iSd § 11 UStG ausgestellt worden seien. Mangels Beantwortung der Vorhalte werde angenommen, dass die Umsatzsteuer gem. § 11 Abs. 12 UStG geschuldet werde.

Im Vorlageantrag wurde ausgeführt, dass gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 2005 bis 2013 Beschwerde eingebracht worden sei und dass es vom Ausgang dieses Verfahrens abhänge, ob die gegenständliche Vermietung als Liebhaberei einzustufen sei und aus diesem Grund kein Vorsteuerabzug zustehe.

Der gegen die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes vom betreffend Einkommensteuer der Jahre 2005 bis 2013 eingebrachte Vorlageantrag wurde mit als verspätet zurückgewiesen.

Mit wurde dem Bf. eine vom BFG adaptierte Prognoserechnung (Ansatz eines Leerstehungs- und Mietausfallrisikos iHv 4% und Anpassung der sonstigen Werbungskosten), die bis zum Jahr 2025 einen Gesamtverlust in Höhe von
€ -13.376,64 ergibt, übermittelt und der Bf. aufgefordert, zur daraus resultierenden Rechtsansicht, dass die beschwerdegegenständliche Vermietungstätigkeit objektiv nicht geeignet sei, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, eine Stellungnahme abzugeben.

Dieser Aufforderung ist der Bf. nicht nachgekommen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. hat im Jahr 2005 die im 2. OG der Liegenschaft Gasse gelegene Wohnung Top 14 im Ausmaß von 52,49 m² käuflich erworben. Die Wohnung wurde 2005 generalsaniert und ab 2006 vermietet. Im Jahr 2005 sind erstmalig Aufwendungen für das Vermietungsobjekt, das den Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes unterliegt, angefallen; Einnahmen wurden ab 2006 erzielt. Insgesamt wurden vom Bf. der Abgabenbehörde drei Prognoserechnungen vorgelegt, wobei zufolge der ersten Prognoserechnung vom im Jahr 2016 ein Gesamtüberschuss erzielt wird. Laut einer überarbeiteten zweiten Prognoserechnung vom wird ein Gesamtüberschuss bereits im Kalenderjahr 2015 erreicht und laut der dritten vorgelegten, neuerlich adaptierten Prognoserechnung vom ist - nur unter Ansatz fiktiver marktkonformer Mieteinnahmen - ein Gesamtüberschuss iHv € 2.857,20 erst im 21. Kalenderjahr ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen erzielbar. Die zuletzt vorgelegte Prognoserechnung beinhaltet für einen Zeitraum von 21 Jahren die tatsächlichen bzw die zukünftig geschätzten Einnahmen sowie die fiktiven marktkonformen Mietzinse, aufwandsseitig finden sich die Absetzung für Abnützung (AfA), Zehntelabsetzungen, Instandhaltungskosten (bis 2010), Zinsen und sonstige Werbungskosten sowie ab 2014 ein Leerstehungs- und Instandhaltungsrisiko iHv jeweils 2% der Mieteinnahmen. Weiters wird in der Prognoserechnung aus 2014 - im Gegensatz zu den beiden anderen Tabellen, die einen Zinsaufwand bis zum Jahr 2025 iHv € 42.748,55 bzw. € 41.686,65 ausweisen - ein Zinsaufwand lediglich bis zum Jahr 2019 iHv insgesamt € 33.918 berücksichtigt. Laut dem vorgelegten Kreditvertrag, Konto-Nr.: 50225 931 402 ist eine Rückzahlung bis zum und eine Zinsbelastung iHv € 41.016,80 vorgesehen.

Mit den beschwerdegegenständlichen endgültigen Umsatzsteuerbescheiden 2005 und 2006 vom beurteilte das Finanzamt die Vermietung der Wohnung als Liebhaberei und ließ die geltend gemachten Vorsteuern (2005: € 3.855,31; 2006: € 8.204,69) nicht zum Abzug zu.

Die Vermietungstätigkeit des Bf. ist objektiv nicht geeignet, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem BFG vorliegenden Unterlagen sowie hinsichtlich der Feststellung, dass die Vermietungstätigkeit nicht geeignet ist, Einnahmenüberschüsse zu erzielen, aus folgenden Überlegungen:

Im konkreten Fall war zu prüfen, ob die als maßgeblich zu erachtende letzte Ertragsrechnung (eine frühere Prognose wird durch eine später vorgelegte Prognose vollständig ersetzt) als geeignet für den Nachweis der Ertragsfähigkeit der Vermietungstätigkeit angesehen werden kann.

In der dem Finanzamt am zuletzt vorgelegten (dritten) Prognoserechnung für die Jahre 2005 bis 2025 sind ab 2014 Aufwendungen für Instandhaltung und Leerstehung iHv 2% der Mieteinnahmen ausgewiesen. Die sonstigen Werbungskosten sind ab 2014 mit € 200,00 (Indexierung 2%) beziffert.

Der VwGH hat schon mehrfach betont, dass in einer realitätsnahen Ertragsprognose künftige Instandhaltungs- und Reparaturkosten, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung im Allgemeinen eintreten werden, ihren unverzichtbaren Platz haben (vgl. zB das Erkenntnis vom , 2010/15/0167). Gleiches gilt für das Leerstehungs- und Mietausfallrisiko. In Anlehnung an die herrschende Judikatur und Literatur erachtet das BFG Aufwendungen für Instandhaltung und Leerstehung im Ausmaß von jeweils 4% der Einnahmen als angemessen (vgl. Laudacher in Jakom, EStG, 12. Auflage, § 2 Rz 269, unter Hinweis auf das Erkenntnis des ; Kranewitter, Liegenschaftsbewertung7, 94, der das Mietausfallswagnis bei Mietobjekten mit 3% bis 5% des Jahresrohertrages annimmt; ).

Die in der Prognoserechnung ab 2014 ausgewiesenen sonstigen Werbungskosten im Ausmaß von € 200,00 (Indexierung 2%) entsprechen nicht der wirtschaftlichen Realität. Die in den Jahren 2005 bis 2016 tatsächlich angefallenen durchschnittlichen sonstigen Kosten betragen € 1.576,59.
Berücksichtigt man in der Ertragsprognose hinsichtlich der Jahre 2014 bis einschließlich 2016 anstelle der prognostizierten Kosten die tatsächlichen Aufwendungen laut Abgabenerklärungen und werden außerdem für die Jahre 2017 bis 2025 Instandhaltungskosten und ein Mietausfallwagnis iHv 4% der Einnahmen sowie sonstige Kosten in durchschnittlicher Höhe von € 1.500,00 Euro zum Ansatz gebracht, ergibt sich nachstehendes Bild:


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Jahr
Ein-
nahmen
fiktive Einnahmen
Summe
Afa
§ 28/2
Instandh.
Zinsen
Leerst.
Sonstige WK
Ergebnis
kumuliert
-48.154,39*)
2014
6.465,17
1.055,66
7.520,83
-2.074,60
-4.458,04
-1.470,24
-1.873,00
-2.355,51
-50.509,90
2015
6.978,84
1.076,78
8.055,62
-2.074,60
-3.703,26
-1.122,39
-2.688,92
-1.533,55
-52.043,45
2016
5.779,87
1.098,31
6.878,18
-1.392,39
-795,78
-761,89
-1.806,17
2.121,95
-49.921,50
2017
5.688,16
1.120,28
6.808,44
-1.069,83
-227,53
-650,03
-227,53
-1.500,00
3.133,52
-46.787,98
2018
5.801,92
1.142,68
6.944,61
-1.069,83
-232,08
-393,31
-232,08
-1.530,00
3.487,31
-43.300,67
2019
5.917,96
1.165,54
7.083,50
-1.069,83
-236,72
-126,33
-236,72
-1.560,60
3.853,30
-39.447,37
2020
6.036,32
1.188,85
7.225,17
-1.069,83
-241,45
-241,45
-1.591,81
4.080,63
-35.366,74
2021
6.157,05
1.212,63
7.369,67
-1.069,83
-246,28
-246,28
-1.623,65
4.183,63
-31.183,11
2022
6.280,19
1.236,88
7.517,07
-1.069,83
-251,21
-251,21
-1.656,12
4.288,70
-26.894,41
2023
6.405,79
1.261,62
7.667,41
-1.069,83
-256,23
-256,23
-1.689,24
4.395,88
-22.498,53
2024
6.533,91
1.286,85
7.820,76
-1.069,83
-261,36
-261,36
-1.723,02
4.505,19
-17.993,34
2025
6.664,59
1.312,59
7.977,17
-1.069,83
-266,58
-266,58
-1.757,48
4.616,70
-13.376,64

*) kumuliertes Ergebnis 2005-2013 lt. (dritter) Prognoserechnung vom

Die so adaptierte Prognoserechnung ergibt bis zum Jahr 2025 einen Gesamtverlust in Höhe von € -13.376,64.

Mit wurde dem Bf. die Prognoserechnung des BFG und die daraus resultierende Rechtsansicht, dass das gg. Vermietungsobjekt objektiv nicht geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, zur Stellungnahme übermittelt. Vom Bf. wurden keine Einwendungen vorgebracht.

Es ist daher als erwiesen anzusehen, dass es sich bei der Vermietung der gegenständlichen Wohnung um eine dauerhaft verlustträchtige Vermietung handelt.

Zu Spruchpunkt I.

Nach § 2 Abs. 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

Gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG gilt eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei) nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit.

Gemäß § 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 idF. BGBl. II 358/1997 (LVO ) kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 LVO , nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.

Bei einer Vermietung einer Eigentumswohnung nach § 1 Abs. 2 Z 3 LVO ist daher Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn grundsätzlich möglich.

Unter welchen Voraussetzungen bei der Vermietung einer Eigentumswohnung umsatzsteuerlich Liebhaberei anzunehmen ist, beurteilt sich nach den Grundsätzen, wie sie zur Einkommensteuer dargestellt sind.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 LVO ist Liebhaberei ua. bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen,

"aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten."

§ 2 Abs. 4 LVO 1993 lautet:

"Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben)."

Da die gegenständliche Vermietung objektiv nicht geeignet ist, auf Dauer Einnahmenüberschüsse zu erzielen, liegt Liebhaberei vor. Wie vom VwGH im Erkenntnis vom , Ra 2014/15/0015, ausgeführt, ergibt sich aus § 2 Abs 5 Z 2 und § 28 Abs 5 Z 4 UStG 1994 iVm der Liebhabereiverordnung 1993, dass die dauerhaft verlustträchtige Vermietung der Eigentumswohnung, auch wenn es sich dabei um eine unternehmerische Tätigkeit handelt, als steuerfreie Grundstücksvermietung nicht der Umsatzsteuer unterliegt und kein Recht auf Vorsteuerabzug vermittelt.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (, Ra 2014/15/0015).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104571.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at