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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.07.2020, RV/6100072/2019

Aufhebung von Aufhebungsbescheiden nach § 299 BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria-Luise Wohlmayr in der Beschwerdesache der ***1*** GmbH, ***Bf1-Adr*** vertreten durch CERHA HEMPEL SPIEGELFELD HLAWATI Rechtsanwälte GmbH, Parkring 2, 1010 Wien, betreffend die folgenden Bescheide des Finanzamtes Salzburg - Stadt, Aigner Straße 10, 5020 Salzburg (Beschwerden jeweils vom ), nämlich

1. Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO vom , mit dem der Bescheid vom über einen Vergütungsbetrag von EUR 14.342,56 aufgehoben wurde
2. Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO vom , mit dem der Bescheid vom über einen Vergütungsbetrag von EUR 12.466,22 aufgehoben wurde und
3. Aufhebungsbescheid nach § 299 BAO vom , mit dem der Bescheid vom über einen Vergütungsbetrag von EUR 7.649,11 aufgehoben wurde

zu Recht erkannt:

Die Bescheide werden gemäß § 279 Abs 1 BAO ersatzlos aufgehoben.

Weiters hat das Bundesfinanzgericht hinsichtlich

4.Abweisungsbescheid vom betreffend den Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe von EUR 14.342,56
5. Abweisungsbescheid vom betreffend den Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe von EUR 12.466,22 und
6. Abweisungsbescheid vom betreffend den Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe von EUR 7.649,11

beschlossen:

Die Beschwerden gegen die Abweisungsbescheide werden als unzulässig geworden zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidungen ist gemäß Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Verfahrensgang und Sachverhalt

A/1. Mit Bescheiden vom , vom und vom setzte das Finanzamt antragsgemäß bzw. dem Antrag teilweise folgend Vergütungsbeträge der Normverbrauchsabgabe in Höhe von EUR 7.649,11, EUR 14.342,56 und EUR 12.466,22 fest. Diese Schriftstücke wurden an die beschwerdeführende GmbH (kurz: Bf.) adressiert und zugestellt.

Mit Bescheiden vom bzw. hob das Finanzamt die genannten Bescheide gemäß § 299 BAO mit folgender Begründung auf:
"Eine Festsetzung der NoVA nach § 201 BAO ist nur zulässig bzw. wird dann angeordnet, wenn die Selbstberechnung der Normverbrauchsabgabe nicht erfolgt oder sich nicht als richtig erweist.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist über einen Antrag auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe mit Bescheid abzusprechen (vgl.
2002/15/0144 und 0145 unter Hinweis auf Stoll, BAO I, 31; 2011/16/0128)."

Weiters erließ das Finanzamt jeweils am selben Tag Abweisungsbescheide betreffend die Anträge der Bf. auf Vergütung von Normverbrauchsabgabe.

Die gegen die Aufhebungs- und Abweisungsbescheide eingebrachten Beschwerden wurden mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet abgewiesen.

A/2. Dagegen richten sich die Vorlageanträge vom mit folgenden, nur die Aufhebungsbescheide betreffend zusammengefasst wiedergegebenen Argumenten:

Die Bescheide des Finanzamtes, mit denen über Vergütungsanträge entschieden wurde, seien auf dem Vordruck NOVA 3 ausgefertigt worden. Den Bescheiden sei die "Vergütung" sowie die "Gutschrift" zu entnehmen, die Beilagen enthielten die jeweils errechneten "Erstattungsbeträge". In dieser Form sei schlüssig den Anträgen auf Erstattung stattgegeben worden.

Dass die Behörde dies im selben Bescheid als "Festsetzung" bezeichnete, könne nur als Vergreifen im Ausdruck angesehen werden und würde im Zusammenhang mit dem Antrag auf Vergütung und dem Abspruch über den "Erstattungsbetrag" und die "Gutschrift" keinen Sinn ergeben. In verständiger Würdigung der Bescheide könnten diese daher nur so verstanden werden, dass damit den Anträgen auf Vergütung stattgegeben wurde.

Die belangte Behörde habe die Aufhebung nicht damit begründet, dass die Vergütung inhaltlich nicht zulässig sei, sondern damit, dass nach der Rechtsprechung des VwGH über den Antrag auf Vergütung der NoVA mit Bescheid abzusprechen sei und eine Festsetzung nur dann zulässig sei, wenn die NoVA nicht selbst berechnet wird oder die Selbstberechnung sich als unrichtig erweist. Diese Begründung sei in sich widersprüchlich und vermöge die Aufhebung nicht zu tragen.

Im Rechtsmittelverfahren über den Aufhebungsbescheid könne ausschließlich der von der Behörde herangezogene Aufhebungsgrund beurteilt werden. Ein neuer (anderer) Aufhebungsgrund dürfe nicht herangezogen werden. Da die Aufhebung mit der im Aufhebungsbescheid angeführten Begründung nicht zulässig sei, seien die Aufhebungsbescheide schon deshalb ersatzlos zu beheben. Damit wären aber auch die Beschwerden gegen die neuen Sachbescheide für gegenstandslos zu erklären.

Es werde beantragt, über die Beschwerden durch den gesamten Senat zu entscheiden und eine mündliche Verhandlung abzuhalten.

A/3. Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Schriftsatz vom zog die Bf. die Anträge auf Entscheidung über die Beschwerden durch den gesamten Senat und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.

A/4. Der vorstehend dargestellte Sachverhalt ist in den vom Finanzamt vorgelegten Akten abgebildet und ist unstrittig.

B. Rechtliche Würdigung

B/1. Gemäß § 299 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden (Abs 2). Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat (Abs 3).

Gegenstand einer Aufhebung gemäß § 299 BAO kann demgemäß nur ein Bescheid sein (Ritz, BAO6, § 299 Tz 3).

§ 299 BAO gestattet Aufhebungen, wenn der Bescheid sich als nicht richtig erweist. Der Inhalt eines Bescheides ist nicht richtig, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht (Ritz, aaO TZ 9 und 10).

Bei der Bescheidaufhebung von Amts wegen legt die Abgabenbehörde mit der Erlassung des Aufhebungsbescheides fest, aus welchen Gründen sie den Bescheid als inhaltlich rechtswidrig ansieht. Daraus folgt, dass die Sache, über die im Beschwerdeverfahren zu entscheiden ist, durch das Finanzamt im Rahmen der Erlassung des Aufhebungsbescheides festgelegt wird ().

B/2. § 201 Abs 1 BAO lautet:
Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs 2 und muss nach Maßgabe des Abs 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Selbstbemessungsabgaben sind Abgaben, bei denen der Abgabenschuldner (Eigenschuldner) oder der Abfuhrpflichtige (Haftungspflichtige) die Abgaben selbst zu berechnen und zu entrichten hat, ohne vorherige abgabenbehördliche Tätigkeiten (zB bescheidmäßige Festsetzungen) abwarten zu dürfen.

Die Erhebung der Normverbrauchsabgabe gemäß § 11 NoVAG ist eine Selbstbemessungsabgabe (siehe Ritz, aaO, § 201 Tz 1 und 4). Hier hat der Abgabenschuldner eine Anmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er den zu entrichtenden Betrag selbst zu berechnen hat. Die Abgabe hat er spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Kommt er seiner Verpflichtung nicht oder unzureichend nach, regelt § 201 BAO die erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid.

B/3. § 12a NoVAG normiert ein Antragsrecht auf Vergütung der Normverbrauchsabgabe, wenn ein Fahrzeug in näher definierten Fällen ins Ausland verbracht oder geliefert wird. Derartige Vergütungsanträge sind mittels FinanzOnline bzw. mittels Formular NoVA 2 zu stellen, und das Finanzamt hat mit Bescheid darüber abzusprechen (Haller, NoVAG Kommentar [2017], § 12a, Rz 43; ).

Die Vergütung der Normverbrauchsabgabe ist demgemäß keine Selbstberechnungsabgabe. Der Vergütungsberechtigte hat einen Antrag zu stellen. Darüber hat das Finanzamt mit Bescheid zu entscheiden und den Vergütungsbetrag zu berechnen und festzusetzen.

Im vorliegenden Fall stellte die Bf. hinsichtlich zahlreicher Fahrzeuge derartige Rückvergütungsanträge, über die das Finanzamt mit Bescheiden vom , und absprach. Diese Bescheide wurden mittels des Formulares NOVA 3 ausgefertigt. Dieses Formular wird üblicherweise für die Erlassung von Bescheiden gemäß § 201 BAO verwendet, enthält jedoch keinen Hinweis auf diese Gesetzesbestimmung. Die Bescheide sind als "Bescheide über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe" überschrieben und setzen als Gutschriften bezeichnete Vergütungsbeträge fest. In den Bescheidbegründungen wird jeweils auf eine Beilage verwiesen. Darin sind als "Vergütung" bezeichnete Beträge für jedes Fahrzeug gesondert dargestellt und mit einem "Vergütungsbetrag" aufsummiert, der der Gutschrift im Spruch des Bescheides entspricht.

Damit ist eindeutig erkennbar dargestellt, dass das Finanzamt mit diesen Bescheiden den Anträgen auf Vergütung von Normverbrauchsabgabe entsprochen hat. Wie bereits ausgeführt, sind diese Bescheide jedoch keine Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO, sondern auf Grund von Anträgen ergangene Bescheide.

Die in den Aufhebungsbescheiden angeführte Begründung der Aufhebungen, die zugleich die Sache des Beschwerdeverfahrens definiert, beschränkt sich darauf festzuhalten, dass über Vergütungsanträge mittels Bescheiden zu entscheiden sei, dass aber keine Festsetzung der Normverbrauchsabgabe gemäß § 201 BAO zulässig sei.

Wie bereits ausgeführt ist eine derartige Festsetzung gemäß § 201 BAO jedoch nicht erfolgt, vielmehr hat das Finanzamt über die Anträge mittels Bescheiden abgesprochen. Der genannte Aufhebungsgrund ist somit nicht geeignet, die Aufhebungsbescheide zu tragen.

Im Rechtsmittelverfahren darf kein anderer Aufhebungsgrund herangezogen werden (etwa ). Somit sind dem Bundesfinanzgericht Überlegungen darüber verwehrt, ob eventuell andere als die genannten Gründe zu einer Aufhebung der Bescheide hätten führen können.

Vielmehr waren die im Spruch genannten Aufhebungsbescheide ersatzlos zu beheben.

B/4. Nach § 299 Abs 3 BAO tritt durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung befunden hat. Die Aufhebung eines aufhebenden Bescheides beseitigt vom Aufhebungsbescheid zwingend abgeleitete Bescheide aus dem Rechtsbestand (Ritz, aaO, § 299 Tz 62 mwN).

Somit fallen die im Spruch dieser Entscheidung angeführten Abweisungsbescheide vom bzw. vom ex lege weg. Die Beschwerden dagegen sind daher als unzulässig (geworden) zurückzuweisen.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

C. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art 133 Abs 4 B-VG).

Die Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und stellt daher keine Rechtsfrage dar, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100072.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at