Pfändung eines Bankguthabens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Pfändung eines Bankguthabens gemäß § 65 AbgEO und Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens gemäß § 26 AbgEO, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG ) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung der Beschwerdeführerin an die X-Bank zur Hereinbringung der in Höhe von € 7.870,70 (Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 7.786,22 zuzüglich Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung in Höhe von 84,48).
Mit einem weiteren Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Bf. für diese Amtshandlung Pfändungsgebühren in Höhe von € 77,86 und Auslagenersätze in Höhe von € 6,62 fest.
In der gegen beide Bescheide mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt, dass die Bf. mit Entsetzen habe feststellen müssen, dass ihr Pensionskonto bis auf den letzten Cent gepfändet und ihr damit ihre Lebensgrundlage genommen worden sei.
Bedingt durch ihre Krankheit erhalte sie eine Berufsunfähigkeitspension und zwar in Mindesthöhe. Auch diese Pension werde mit monatlich € 30,00 gepfändet. Bei dem gepfändeten Betrag handle es sich nicht um Angespartes. Dies sei mit einer Mindestpension nicht möglich, es handle sich um seinen Pensionsbezug, der nicht pfändbar sei.
Aus diesem Grunde fordere die Bf. die belangte Behörde auf, ihr den gesamten gepfändeten Betrag in Höhe von € 939,67 zurückzuüberweisen.
Bedingt durch die Pfändung verfüge die Bf. über gar keine finanziellen Mittel, sie könne weder ihre Rechnungen begleichen, geschweige denn etwas zu essen kaufen.
Außerdem halte die Bf. fest, dass auf ihre Wohnadresse weder ein Bescheid noch eine Mahnung zugestellt worden sei. So hätte sie ihre Situation schildern können und hätte jetzt noch ihr Geld, um ihre Existenz halbwegs sichern zu können.
Mit Beschwerdevorentscheidungen von wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab und führte aus:
a) BVE zur Beschwerde gegen den Pfändungsbescheid
Die Pfändung einer Geldforderung sei gemäß § 65 AbgEO zu Recht erfolgt.
Voraussetzung für das Vollstreckungsverfahren sei ein Exekutionstitel. Gemäß § 4 AbgEO komme als Exekutionstitel ein über Abgaben ausgestellter Rückstandsausweis in Betracht. Der Abgabenrückstand bestehe seit 2010. Alle bisherigen Einbringungsmaßnahmen seien erfolglos gewesen (Zahlungsaufforderungen seien zugesandt worden, Begehungen durch Außendienstmitarbeiter seien erfolgt).
Da der Bf. durch die Überweisung vom durch die X-Bank in Höhe von € 939,67 das Existenzminimum nicht verblieben sei, sei ihr der Betrag rücküberwiesen worden.
Informativ werde mitgeteilt, dass der Abzug von monatlich € 30,00 von der Pension nicht für das Finanzamt erfolge.
Zur Regelung der Abgabenangelegenheiten wäre es sinnvoll, wenn die Bf. die Arbeitnehmerveranlagungen für 2016 bis 2018 beantragen würde.
Weiters werde die Bf. eingeladen, mit dem namentlich genannten Außendienstmitarbeiter einen Termin zur Erhebung der wirtschaftlichen Lage zu vereinbaren.
b.) BVE zur Beschwerde gegen den Bescheid Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen
Gemäß § 26 AbgEO habe der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens eine Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1% vom das Vollstreckungsverfahren verursachten Barauslagen zu ersetzen. Im gegenständlichen Fall habe der Abgabenbetrag € 7.786,22 betragen, davon 1% ergebe € 77,86 zuzüglich Postgebühr € 6,62.
Die Vorschreibung sei zu Recht erfolgt.
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Mit Eingabe vom brachte die Bf. dagegen einen Vorlageantrag ein und führte aus, dass auf ihre Begründung in keiner Weise eingegangen worden sei.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei gemäß § 65 Abs. 2 AbgEO mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
Gemäß § 65 Abs. 3 AbgEO ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Gemäß § 53 AbgEOsind im abgabenbehördlichen Forderungspfändungsverfahren die Bestimmungen der §§ 290 bis einschließlich 291a, der §§ 291d, 291e, 292, 292d, 292e, 292f, 292g, 292h Abs. 1, 292j Abs. 2 bis Abs. 5 und 299a der EO anzuwenden.
Werden beschränkt pfändbare Geldforderungen auf ein Konto des Abgabenschuldners bei einem Kreditinstitut oder der Österreichischen Postsparkasse überwiesen, so ist gemäß § 54 Abs. 1 AbgEO eine Pfändung des Guthabens auf Antrag des Abgabenschuldners vom Finanzamt insoweit aufzuheben, als das Guthaben dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht.
Gemäß § 54 Abs. 3 AbgEO hat das Finanzamt die Pfändung des Guthabens über Antrag des Abgabenschuldners für den Teil aufzuheben, dessen dieser bis zum nächsten Zahlungstermin dringend bedarf, um seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen. Der freigegebene Teil des Guthabens darf den Betrag nicht übersteigen, der dem Abgabenschuldner voraussichtlich nach Abs. 1 zu belassen ist. Der Abgabenschuldner hat im Antrag wenigstens glaubhaft zu machen, dass beschränkt pfändbare Geldforderungen auf das Konto überwiesen worden sind und dass die Voraussetzungen des ersten Satzes vorliegen.
§ 54 AbgEO übernimmt im Wesentlichen inhaltsgleich § 292i EO. Ausdrückliche Bestimmungen über den Pfändungsschutz von Bankguthaben sollen den Pfändungsschutz wirksamer gestalten als die bisherige analoge Anwendung des LPfG. Über die laufende Zahlungsperiode hinausgehende Rücklagen, die der Schuldner gebildet hat, sind hingegen nicht geschützt (Sperling ÖJZ 2000, 18; Liebeg, AbgEO § 54 Tz 1).
Da Geldeingänge auf dem bei einem Kreditinstitut geführten Konto weder Gehaltsforderungen noch andere laufende Bezüge sind, erlischt die beschränkt pfändbare Geldforderung des Verpflichteten mit der Durchführung der Kontogutschrift, womit der Pfändungsschutz endet (vgl. Feil, Exekutionsordnung , § 292i Tz 1).
Mit der EO -Nov 1991 wurde § 292i eingefügt, um ausdrückliche Bestimmungen über den Pfändungsschutz von Bankguthaben zu schaffen, da der Arbeitslohn in aller Regel vom Arbeitgeber auf ein Konto des Arbeitnehmers bei einem Kreditinstitut überwiesen wird und mit diesem Zeitpunkt an sich dem Pfändungsschutz der EO entzogen wäre. § 292i dehnt den Pfändungsschutz auf diesen Fall aus. Der Pfändungsschutz erstreckt sich nur auf den Betrag, der dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte entspricht, allerdings nur für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin. Dann beginnt wieder ein neuer Schutz bzw wird die Lohnforderung direkt gepfändet (Markowetz/Resch in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 292i EO Rz 9).
§ 292i EO geht davon aus, dass der Schuldner seine Lebenshaltungskosten während der Auszahlungsperiode mehr oder weniger gleichförmig bestreitet (vgl dazu Eder, Der Schuldnerschutz in der gerichtlichen Exekution 75 f); längerfristige finanzielle Dispositionen durch ein Ansparen von Guthaben fallen nicht in den Schutzbereich des § 292i EO (Oberhammer in Angst/Oberhammer, EO3§ 292i EO Rz 2).
Das Finanzamt hat den aufgrund der Pfändung überwiesenen Betrag in Höhe von € 939,67 mittlerweile dem Bf. zurücküberwiesen.
Das Bundesfinanzgericht geht wie das Finanzamt davon aus, dass die auf das Konto des Bf. überwiesenen Beträge, dem Pfändungsschutz des § 292i EO unterliegen (vgl. ).
Daher war der Pfändungsbescheid aufgrund der Bestimmung des § 54 Abs. 1 AbgEO und infolge dessen auch der Bescheid über die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens aufzuheben
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierte Entscheidung), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 65 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 65 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 54 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 54 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 § 292i EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101919.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at