Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2020, RV/5100739/2020

Ermittlungen zu Entnahmen als Wiederaufnahmegrund für Veräußerungsgewinn negatives Kapitalkonto


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Miterledigte GZ:
RV/5100744/2020

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vom , vertreten durch Czepl & Partner Steuer- und Unternehmensberatungs GmbH & Co KG, Dr. Gaisbauerstr. 7, 4560 Kirchdorf an der Krems, gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO und Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2006, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

2. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A. Im Beschwerdeverfahren dargestellter Sachverhalt:

1. Über das Vermögen der Bf. wurde mit Gerichtsbeschluss vom ****2006 der Konkurs eröffnet. Mit Gerichtsbeschluss vom wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet. Mit Beschluss des Gerichts vom wurde der Konkurs nach Verteilung der Masse aufgehoben. Die amtswegige Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG erfolgte am .

2. Am wurde ein Erstbescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO erlassen und Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0,00 € festgesetzt.

3. a. Am wurde ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes an ER versandt:

(1) Am ****2006 sei über das Vermögen der R KG das Konkursverfahren eröffnet worden. Am sei seitens des Masseverwalters der Betrieb endgültig geschlossen worden, es liege somit eine Betriebsaufgabe vor. Es sei daher ein Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs 1 Z 2 EStG zu ermitteln. Gemäß § 24 Abs 2 EStG sei im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebes anzusehen sei, jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen müsse. Da keine Steuererklärungen über die Ermittlungen des Veräußerungsgewinnes vorlägen, müsse dieser gemäß § 184 BAO geschätzt werden.

(2) Aufgrund der Aktenlage (ausgehend von der Bilanz zum ) ergebe sich ein Veräußerungsgewinn iHv 190.119,60 €.

Dieser werde wie folgt ermittelt:


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Negatives Kapitalkonto laut letzter Bilanz ()
46.661,39 €
Verrechnungskonto
162.576,15 €
abzüglich Kommanditkapital
-18.894,94 €
abzüglich unversteuerte Rücklagen
-223,00 €
abzüglich Gewinnanteile 2006
0,00 €
Negatives Kapitalkonto = Veräußerungsgewinn 2006
190.119,60 €

Sollte Kommanditist ER noch nach dem Einlagen bzw Entnahmen getätigt haben, wären diese nachzuweisen, um bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes berücksichtigt werden zu können.

(3) Mit Schreiben vom gab ER bekannt, dass nach seinem Wissensstand nach dem keine Einlagen und Entnahmen in der R KG durchgeführt worden seien.

Mit Schreiben vom wurde ergänzend dazu noch vorgebracht, dass keine Einlagen erfolgt seien, weil ER über keine liquiden Mittel verfügt habe. Entnahmen seien nicht erfolgt, weil ER im fraglichen Zeitraum seinen Lebensunterhalt durch Coachings bestritten habe (aus der ESt-Erklärung 2006 ersichtlich) und es in Anbetracht der Liquidität der KG schlicht nicht möglich gewesen sei, Entnahmen zu tätigen. Die vom Masseverwalter eingeforderte ausstehende Stammeinlage in die GmbH habe durch Verkauf einer Liegenschaft aufgebracht werden können.

b. Am wurde die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt sowie ein neuer Feststellungsbescheid 2006 erlassen. Die Wiederaufnahme erfolgte nach ergänzenden Ermittlungen hinsichtlich eines allfälligen Veräußerungsgewinnes infolge eines Schreibens des Masseverwalters (Dr. B.) vom . Festgesetzt wurde ein Veräußerungs- bzw Aufgabegewinn iHv 194.119,60 €. Aufgrund falscher Bescheidadressierung sei im Verfahren RV/5100912/2010 festgestellt worden, dass es sich bei den erlassenen Bescheiden vom um Nichtbescheide handle und es sei die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen worden (BFG-Entscheidung vom : Bescheide an Gesellschafter adressiert, wären aber trotz Löschung an die KG zu richten gewesen).

4. Am wurden neuerlich ein Wiederaufnahmebescheid und ein Feststellungsbescheid 2006 erlassen. Im Rahmen der Beschwerdebearbeitung wurde festgestellt, dass der Wiederaufnahmebescheid an die KG keinen Hinweis auf § 101 Abs 3 bzw 4 BAO enthielt und es sich nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung wiederum um einen Nichtbescheid handle (Zurückweisung der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ). Auf Basis des (nach Ansicht des Finanzamtes mittels nichtigem Wiederaufnahmebescheid) erlassenen Feststellungsbescheides vom , wurde das Verfahren RV/5100853/2011 (des Bf. ER) betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden und die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

5. Am wurde wiederum ein Wiederaufnahmebescheid und ein Feststellungsbescheid für 2006 erlassen. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit 192.119,60 € festgesetzt.

a. Die Wiederaufnahme wurde wie folgt begründet:

(1) Es seien Tatsachen neu hervorgekommen, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden seien.

(2) Da zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am keine ordnungsgemäßen Bilanzen sowie Erklärungen für 2006 vorgelegen seien, habe man das Betriebsergebnis mit Null geschätzt. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht festgestanden, ob und inwieweit ER zur Haftung herangezogen werde.

(3) Im Zuge der späteren Überprüfung, ob Haftungsansprüche gegenüber ER im Konkursverfahren geltend gemacht würden, sei durch das Schreiben des Masseverwalters vom bekanntgegeben worden, dass ER nicht zur Haftung herangezogen werde.

Aufgrund dieser neu bekanntgewordenen Tatsachen sei nunmehr für das Finanzamt klargestellt worden, dass eine Veräußerungsgewinnermittlung durchzuführen sei. Diese habe man im abgeschlossenen Verfahren wegen Unkenntnis, ob Haftungsansprüche vorliegen würden, nicht berücksichtigen können.

b. Die Feststellung wurde wie folgt begründet:

(1) Am ****2006 sei über das Vermögen der R KG das Konkursverfahren eröffnet worden. Am sei seitens des Masseverwalters der Betrieb endgültig geschlossen worden, es liege somit eine Betriebsaufgabe vor. Da zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am keine ordnungsgemäßen Bilanzen sowie Erklärungen für 2006 vorgelegen seien, habe man das Betriebsergebnis mit Null geschätzt. Zu diesem Zeitpunkt sei noch nicht festgestanden, inwieweit ER zur Haftung herangezogen werde. Im Zuge der späteren Überprüfung, ob Haftungsansprüche gegenüber ER im Konkursverfahren geltend gemacht würden, sei durch das Schreiben des ehemaligen Masseverwalters vom bekannt geworden, dass ER nicht zur Haftung herangezogen werde.

(2) Es sei daher ein Veräußerungsgewinn nach § 24 Abs 1 Z 2 EStG zu ermitteln. Gemäß § 24 Abs 2 EStG sei im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen sei, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen müsse.

(3) Mit Vorhalt vom sei ER ersucht worden, getätigte Einlagen bzw Entnahmen nach dem nachzuweisen, um diese bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen sowie den Ausführungen in der Beschwerde vom sei davon auszugehen, dass keine Einlagen bzw Entnahmen getätigt würden. Es ergebe sich sohin aufgrund der vorliegenden Unterlagen ein Veräußerungsgewinn iHv 192.119,60 €. Dieser Betrag sei wie folgt ermittelt worden:


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Negatives Kapitalkonto laut letzter Bilanz ()
46.661,39 €
Verrechnungskonto
162.576,15 €
abzüglich Kommanditkapital
-18.894,94 €
abzüglich Rücklagen
-223,00 €
Privatanteile Pkw geschätzt
2.000,00 €
Veräußerungsgewinn 2006
192.119,60 €

6. Mit Schreiben vom wurde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Feststellung von Einkünften 2006 Beschwerde eingelegt.

a. Wiederaufnahme- und Feststellungsbescheid für 2006 seien durch das jeweils als Nichtbescheid (falsche Bescheidadressaten) qualifiziert worden.

b. Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 sei nach wie vor beim BFG anhängig.

c. Nunmehr seien neue Bescheide (Wiederaufnahme, Feststellung) für 2006 erlassen worden.

d. Wiederaufnahmebescheid:

(1) Als Begründung für die Wiederaufnahme werde ausgeführt, dass im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am

- noch keine Jahresabschlüsse vorgelegen seien und

- noch nicht festgestanden sei, inwieweit ER zur Haftung herangezogen werde. Aufgrund einer Mitteilung des vormaligen Masseverwalters vom sei bekannt geworden, dass ER nicht zur Haftung herangezogen werde, womit das Neu-Hervorkommen von neuen Tatsachen dokumentiert wäre.

(2) Die Begründung für das Neuhervorkommen von neuen Tatsachen und damit die Rechtfertigung für den Wiederaufnahmebescheid sei aus folgenden Gründen völlig verfehlt: Zu fragen sei, was neu hervorgekommen sein solle:

Fehlende Jahresabschlüsse

Dass keine Bilanzen für das Jahr 2006 vorgelegen seien und auch nicht vorgelegt würden, sei im Juni 2007 nicht nur amtsbekannt gewesen, sondern sei mit dem Masseverwalter im Vorfeld abgesprochen worden. Genau aus diesem Grund sei auch die Veranlagung für das Jahr 2006 mit 0,00 € erfolgt.

Aufgrund der amtsbekannten Tatsache, dass bei einer Insolvenz mit Unternehmensliquidation in der Praxis aus Kostengründen keine Bilanzen erstellt würden, sei auch klar gestellt, dass mit keiner Bilanzerstellung für das Jahr 2006 habe gerechnet werden können. Wenn man noch mit einer solchen Bilanz gerechnet hätte, wäre das Instrument des vorläufigen Bescheides zur Verfügung gestanden, um etwaige Unsicherheiten bei Wegfall der Unsicherheit beheben zu können. Genau dies sei nicht vorgenommen worden.

Die von der Finanzverwaltung in materiell-rechtlicher Hinsicht vorgebrachte Tatsache des negativen Kapitalkontos des vormaligen Kommanditisten ER sei aus dem Jahresabschluss 2005, der ordnungsgemäß bei der Finanzverwaltung eingereicht worden sei, klar ersichtlich. Dass der wirtschaftliche Erfolg in den Folgezeiträumen negativ gewesen sei, wäre durch die Einleitung des Insolvenzverfahrens ausreichend dokumentiert, es sei nichts neu hervorgekommen.

Mitteilung des Masseverwalters

Der Masseverwalter sei ein vom zuständigen Insolvenzgericht eingesetztes Organ, das die Grundlagen für die Entscheidungen des Insolvenzgerichtes aufbereite und vorbereite. Die Entscheidung, ob es zu einer Haftungsinanspruchnahme des Kommanditisten komme oder nicht, treffe das Gericht und nicht der Masseverwalter. Wie aus der ständigen Judikatur des VwGH klar ersichtlich sei, seien Entscheidungen von Gerichten keine neuen Tatsachen im Sinne des § 303 BAO (zB mit umfangreicher Folgejudikatur).

Aus den Jahresabschlüssen bis einschließlich sei klar ersichtlich, dass die Kommanditeinlage zu 100% geleistet worden sei. Wie sich aus den unternehmensrechtlichen Bestimmungen zweifelsfrei ergebe, könne die Haftung des Kommanditisten nur dann schlagend werden, soweit die Kommanditeinlage nicht vollständig geleistet sein sollte. Dies sei nicht gegeben. Es könne sich somit nicht einmal theoretisch eine mögliche zivilrechtliche Haftung des Kommanditisten ergeben. Somit sei aber die Begründung der Finanzverwaltung, es wäre eine mögliche Haftung zu klären gewesen, völlig haltlos, da nicht einmal theoretisch denkbar.

Es seien nicht einmal Ansätze von neuen Tatsachen hervorgekommen. Der Finanzverwaltung seien im Bescheiderlassungsdatum alle entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung gestanden. Der streitgegenständliche Wiederaufnahmebescheid sei somit mit Rechtswidrigkeit behaftet.

e. Feststellungsbescheid:

(1) Da schon der Wiederaufnahmebescheid jedenfalls rechtswidrig sei, da keine neuen Tatsachen im Sinne des § 303 BAO vorlägen, könne naturgemäß auch kein neuer Feststellungsbescheid erlassen werden.

Sollte das BFG zu einer anderen Beurteilung kommen, nehme man materiellrechtlich zum Feststellungsbescheid wie folgt Stellung:

Im Feststellungsbescheid werde das gesamte negative Kapitalkonto zum gemäß § 24 Abs 2 letzter Satz EStG unter Miteinbeziehung einer geschätzten Privatentnahme von 2.000.00 € als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesetzt. Die Versteuerung des gesamten negativen Kapitalkontos sei verfassungswidrig.

(2) Als Begründung für die Versteuerung des negativen Kapitalkontos werde sowohl in der Literatur (Doralt EStG-Kommentar) als auch in der Judikatur festgehalten (ausführlich in VwGH 94/13/0084), dass das negative Kapitalkonto durch Verluste entstanden sei. Da der Kommanditist aber nur begrenzt hafte, komme es zu einer Schuldbefreiung im Konkursfall der KG. Daher sei aus Sicht der Finanzverwaltung die Versteuerung notwendig, da es ansonsten zu einer Schuldbefreiung kommen würde und trotzdem könnten die Verluste (über die Gewinntangente) verwertet werden.

(3) Verfassungswidrigkeit dem Grunde nach:

In den Kommentaren und dem zitierten VwGH-Erkenntnis sei aber der Fall der vertraglich bzw mit Gesellschafterbeschluss genehmigten Entnahmen nicht erwähnt. Auch dadurch erhöhe sich das negative Eigenkapital, die steuerliche Verlustzuweisung erhöhe sich allerdings nicht. Aus dem Vergleich mit einem Einzelunternehmer ergebe sich folgende Gleichheitswidrigkeit: Bei einem Einzelunternehmer bestehe eine vertragliche Beziehung zu den Gläubigern, auch nach dem Konkursfall blieben die Verbindlichkeiten 30 Jahre aufrecht, daher komme auch kein Sanierungsgewinn bzw keine Nachversteuerung des negativen Eigenkapitals zum Tragen.

Bei einem Kommanditisten bestünden keine vertraglichen Beziehungen zu den Gläubigern. Die Entnahmen seien im Jahresabschluss offen von den bedungenen Einlagen abzuziehen, falls diese vom Gesellschaftsvertrag gedeckt seien (Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, RL 4). Falls daher die durchgeführten Entnahmen vom Gesellschaftsvertrag gedeckt seien, seien diese auch korrekterweise durchgeführt worden. Somit liege ein gesellschaftsrechtlich gedeckter Vorgang vor. Dann bestehe aber auch keine Bereicherung gegenüber den Gläubigern (auch keine Auffüllungsverpflichtung) und somit auch keine Entschuldigung gegenüber den Gläubigern, da nie eine Verschuldung gegenüber den Gläubigern eintreten konnte. Weiters sei es zu keinem steuerwirksamen Aufwand gekommen.

Daher sei eine Nachversteuerung, soweit sie auf Entnahmen beruhe, nicht gerechtfertigt. Ansonsten würde Verfassungswidrigkeit im Vergleich zum EU-Recht im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes vorliegen.

(4) Rechtswidrigkeit dem Grunde und der Höhe nach:

In der Begründung zum Feststellungsbescheid werde angeführt, es sei lebensfremd und würde den logischen Denkgesetzen widersprechen, dass im Zeitraum Jänner bis Mai 2006 keine Einlagen und Entnahmen durchgeführt worden seien.

ER übe wie der Finanzverwaltung bekannt sei, neben der Kommanditfunktion die Tätigkeit eines selbständigen Trainers bzw Coaches aus. Insbesondere während der Zeit des Konkurses der KG (ebenso wie heute) habe ER nachweislich ausschließlich von seiner Trainertätigkeit gelebt, da der Betrieb zahlungsunfähig gewesen sei. Daher sei es auch in der Folge zur Konkursanmeldung gekommen. Wie der zuständigen Finanzbehörde im Zuge der Schlussbesprechung auch erläutert worden sei, habe sich ER in dieser Zeit zum Teil von Familienangehörigen Geld ausborgen müssen, um überhaupt die menschlichen Grundbedürfnisse befriedigen zu können.

Es würde daher tatsächlich den logischen Denkgesetzen widersprechen, dass es in dieser Zeit zu Entnahmen bzw zu Einlagen gekommen sein solle. Der alten Volksweisheit folgend, dass man von Nichts nichts herunterbeißen könne, solle es einleuchtend sein, dass man nicht weniger als Null entnehmen könne. Offenbar habe die Finanzverwaltung überhaupt keine Vorstellung, was es heiße, zahlungsunfähig zu sein. Die Argumentation der Lebensfremdheit sei an sich tatsächlich lebensfremd.

f. Es werde daher beantragt, die Wiederaufnahme und die Feststellung von Einkünften für 2006 ersatzlos aufzuheben. Weiters stelle man den Antrag auf mündliche Verhandlung.

7. Mit Schreiben vom wurden die beiden Beschwerden mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) wie folgt abgewiesen:

a. BVE zur Wiederaufnahme des Verfahrens 2006:

(1) In der Beschwerde werde ausgeführt, dass sich aus den unternehmensrechtlichen Bestimmungen zweifelsfrei ergebe, dass eine Haftung des Kommanditisten nur schlagend werden könne, soweit die Kommanditeinlage nicht vollständig geleistet worden sein sollte. Dies sei nicht der Fall, sodass sich nicht einmal eine theoretisch mögliche zivilrechtliche Haftung ergeben könne.

Es sei grundsätzlich richtig, dass Kommanditisten den Geschäftsgläubigern gemäß § 171 Abs 1 Satz 1 UGB bis zur Höhe der im Firmenbuch eingetragenen Haftsumme hafteten. Leiste der Kommanditist eine Einlage im Wert der Haftsumme, so hafte er nicht (vgl Schummer/Tschurtschenthaler in Zib/Dellinger, UGB § 171 Rz 5 ff.).

Der Bf. verkenne jedoch, dass die Haftung des Kommanditisten wiederaufleben könne. Sei die Einlage zwar geleistet, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt dem Kommanditisten wieder zurückgewährt worden, so gelte die Einlage "den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet", mit der Konsequenz, dass die Haftung im Umfang der zurückgewährten Vermögenswerte wiederauflebe,

(2) Nicht richtig sei zudem, dass sich keine zivilrechtlichen Haftungsmöglichkeiten des Kommanditisten ergeben könnten. In bestimmten Fällen werde die gesellschaftsvertragliche Beschränkung der Haftung des Kommanditisten auf die Haftsumme nicht wirksam, was zu weitergehenden Haftungen führen könne. So könne es zu einem Haftungsdurchgriff auf den Kommanditisten einer KG kommen, wenn diese Geschäfte abschließe, von denen die Gesellschafter wüssten, dass weder das Gesellschaftsvermögen noch das Privatvermögen der Komplementäre zur Tragung des damit verbundenen Finanzierungsrisikos ausreichten.

Möglich sei ein Haftungsdurchgriff auf den Kommanditisten allenfalls auch bei einer Vermögens- bzw. Sphärenvermischung, insbesondere dann, wenn der einzige Kommanditist auch gleichzeitig der einzige Gesellschafter des Komplementärs sei, sodass letztendlich hinter der KG nur eine einzige Person stehe.

Eine weitere denkbare Grundlage für einen Haftungsdurchgriff auf den Kommanditisten seien etwa auch eigenkapitalersetzende Leistungen. Im Rahmen des Kommunalsteuergesetzes hafte der Kommanditist unmittelbar und unbeschränkt. Zivilrechtlich könne der Kommanditist auch aufgrund eingegangener Bürgschaften oder Garantieerklärungen zur Haftung herangezogen werden. Eine auf Schutzgesetz beruhende Haftung könnte den Kommanditisten uU auch wegen fahrlässiger Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit oder verspäteter Insolvenzantragstellung treffen. Eine solche Haftung für den Kommanditisten werde (wie diesfalls) in Betracht kommen, wenn er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH agiere.

(3) Um eine abgesonderte Befriedigung einzelner Gesellschaftsgläubiger zu verhindern und somit deren insolvenzrechtliche Gleichbehandlung zu gewährleisten, werde die Geltendmachung der Gläubigeransprüche während der Dauer des Gesellschaftsinsolvenzverfahrens dem Masseverwalter übertragen. Der Masseverwalter verfüge über dieselben Rechte wie die Gesellschaftsgläubiger. Daher könne er zB vom Kommanditisten in Höhe der nicht durch Einlage gedeckten Haftsumme eine Geldleistung verlangen. Der Masseverwalter könnte alternativ auch den Anspruch der Gesellschaft auf Leistung der allenfalls noch ausständigen Pflichteinlage geltend machen und eine solche auf die offene Haftsumme haftungsbefreiend anrechnen. Es sei auch Aufgabe des Masseverwalters zu prüfen, ob die Haftsumme geleistet worden sei bzw ob es durch Einlagenrückgewähr oder eine gegen die Verlustauffüllungspflicht verstoßende Gewinnentnahme zu einem Wiederaufleben der Haftung gekommen sei. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bewirke auch eine Prozess- und Exekutionssperre, sämtliche Gläubiger müssten sich zur Durchsetzung ihrer Forderungen am Insolvenzverfahren beteiligen. Die Anfrage an den Masseverwalter sei sohin notwendig gewesen und es handle sich auch nicht um Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, auf welche die Wiederaufnahme gestützt werde. Insbesondere die Frage, ob Teile der Haftsumme zurückgeflossen seien, sei durch den Masseverwalter zu klären.

(4) Dass keine Haftungsansprüche gegen den Kommanditisten geltend gemacht worden seien, sei eine neu hervorgekommene Tatsache für die Abgabenbehörde und rechtfertige die Wiederaufnahme des Verfahrens. Entgegen den Ausführungen des Bf. sei die Wiederaufnahme nicht damit begründet worden, dass keine Bilanzen für das Jahr 2006 vorgelegen seien bzw nicht vorgelegt würden. Im Übrigen sei erst im Zuge des weiteren Verfahrens bekannt geworden, dass keine Einlagen geleistet worden seien und dies würde auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen. Diese Tatsache sei im Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2006 vom bereits berücksichtigt worden.

(5) Zum dargestellten Verfahrensverlauf dürfe noch ergänzt werden, dass über die Beschwerde des ER gegen die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2008 vom mit Erkenntnis des , entschieden worden sei.

Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens sei daher abzuweisen.

b. BVE zum Feststellungsbescheid 2006:

(1) Den Ausführungen betreffend die Verfassungswidrigkeit der Versteuerung des Veräußerungsgewinnes könne nicht gefolgt werden. Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur sei im Falle der Betriebsaufgabe, wozu auch der Konkurs einer KG zähle, ein negatives Kapitalkonto des beschränkt haftenden Gesellschafters nach Maßgabe des § 24 Abs 2 EStG zu versteuern (, Konkurs einer KG; VwGH 12.6,1991, 90/13/0029, Liquidation einer atypischen stillen Gesellschaft).

(2) Im Übrigen werde auf die Begründung des Erstbescheides verwiesen.

(3) Der Beschwerde hinsichtlich der Privatentnahmen 2006 in Höhe von 2.000,00 € könne nicht stattgegeben werden, da diese bereits im Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006 (vom ) keine Berücksichtigung gefunden hätten, womit dem Beschwerdebegehren keine Grundlage gegenüberstehe.

8. Mit Schreiben vom wurde ein Vorlageantrag eingebracht, mit teilweise identischem Text wie in der Beschwerde (mitsamt den Schreibfehlern). Ergänzend wurde folgendes vorgebracht:

a. Verfahrensverlauf:

(1) Mit Bescheid vom sei die Wiederaufnahme 2006 sowie die Feststellung von Einkünften 2006 verfügt worden (adressiert an die Bf., zu Handen ER). Gegen diese Bescheide sei am Beschwerde erhoben worden.

(2) Zwischenzeitlich sei mit BFG-Erkenntnis vom über die Beschwerde gegen den abgeleiteten Einkommensteuerbescheid 2006 auf Basis der nunmehr erfolgten Feststellung der Einkünfte 2006 rechtskräftig entschieden worden.

(3) Mit Bescheid vom sei wiederum ein Wiederaufnahmebescheid bzw darauf aufbauend ein Feststellungsbescheid hinsichtlich der Einkünfte 2006 erlassen worden, diesmal zu Handen des steuerlichen Vertreters. Gegen diese neuen Bescheide sei am Beschwerde erhoben worden. Darüber habe man mit BVE vom entschieden.

b. Der Jahresabschluss des vorangegangenen Jahres (2005) sei unstrittig vollständig und fristgerecht bei der belangten Behörde eingereicht worden. Aufgrund der Tatsache, dass die Behörde selbst mit dem Masseverwalter die Erstellung von "Nullbescheiden" ohne vorherige Aufstellung von Jahresabschlüssen vereinbart habe, sei auch klar gestellt, dass mit keiner Bilanzerstellung für das Jahr 2006 mehr gerechnet werden konnte. Die Verfahrensmöglichkeit des vorläufigen Bescheides sei von der belangten Behörde nicht wahrgenommen worden.

Somit sei klargestellt, dass eine gerichtliche Entscheidung vorliege, die im Sinne der BAO keine neue Tatsache sei. Damit sei die gesamte Argumentationskette der Behörde hinsichtlich neu hervorgekommener Tatsachen völlig haltlos und in offenkundigem Widerspruch zur ständigen VwGH-Judikatur.

Die BVE sei somit mit Rechtswidrigkeit behaftet.

c. Verfahren Einkommensteuer:

Die Ausführung der Behörde, dass das BFG über die Beschwerde hinsichtlich der Einkommensteuer 2006 bereits rechtskräftig entschieden habe, sei gemäß § 209a Abs 2 BAO irrelevant.

d. Verfassungswidrigkeit:

Es stelle sich die Frage, inwieweit das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter bzw die Unversehrtheit des Eigentums verletzt werde, in Anbetracht des Umstandes, dass der zugrunde liegende Sachverhalt nunmehr 14 Jahre zurückliege und der Verfahrenskomplex seit 11 Jahren Gegenstand des Abgabenverfahrens sei, ohne eine Aussicht auf zeitnahe Entscheidung.

9. Entwicklung des Kapitalkontos von 1996 bis 2005 (in €):


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Jahr
Stand 1.1.
Gewinn/Verlust
Entnahmen, Einlagen
Stand 31.12.
1996
-41.286,52
15.769,63
18.617,10
-6.899,78
1997
-6.899,78
-1.280,00
-8.868,57
-17.048,35
1998
-17.048,35
11.092,48
-6.208,21
-12.164,08
1999
-12.164,08
20.779,89
-15.135,78
-6.519,98
2000
-6.519,98
23.451,59
-28.769,42
-11.837,81
2001
-11.837,81
10.815,45
-37.577,73
-36.600,09
2002
-36.600,09
-60.669,22
5.361,36
-93.907,95
2003
-93.907,95
-24.751,10
-15.157,89
-133.816,94
2004
-133.816,94
-14.084,26
-25.525,50
-173.426,70
2005
-173.426,70
-46.661,39
29.745,49
-190.342,60

10. Am wurden die Beschwerden betreffend Wiederaufnahme sowie Feststellung 2006 dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

a. Auf die Begründungen in den Erstbescheiden und BVE werde hingewiesen.

b. Der Beschwerdepunkt betreffend Ansatz von Privatentnahmen in Höhe von 2.000,00 € finde im Feststellungsbescheid vom keinen Bezugspunkt. Dieser beziehe sich offenbar auf die zuvor erlassenen Feststellungsbescheide. Da nach Ansicht der Abgabenbehörde dem Beschwerdebegehren in diesem Punkt stattzugeben war, seien im gegenständlich zugrundeliegenden Feststellungsbescheid keine Entnahmen bzw Einlagen angesetzt worden.

11. Folgende Aussagen und Unterlagen sind in die rechtliche Würdigung miteinzubeziehen:

a. Niederschrift vom mit ER betreffend Besteuerung des Veräußerungsgewinnes: Von ER und dem steuerlichen Vertreter HC werde nachstehendes zu Protokoll gegeben.

(1) Steuerberater:

Hinsichtlich des Sachverhaltes werde auf die Vorkorrespondenz verwiesen. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung sei man der Ansicht, dass jener Teil des negativen Kapitalkontos, der auf Entnahmen beruhe, nicht der Veräußerungsgewinnbesteuerung zu unterziehen sei. Die offensichtliche Intention des § 24 EStG sei es, dass es zu keiner Doppelverlustverwertung komme, was durch Entnahmen nicht geschehen könne. Es liege daher offensichtlich Verfassungswidrigkeit vor, insbesondere wenn der Vergleich zu einem Einzelunternehmer hergestellt werde.

(2) Stellungnahme Finanzamt:

Aus der Vorkorrespondenz gehe hervor, dass Buchhaltungsunterlagen, sowie die dazugehörigen Belege aus technischen Gründen nicht mehr beigebracht werden könnten. Vom Steuerberater werde bekanntgegeben, dass für den Zeitraum vor dem eine Aufstellung beigebracht werden könne (resultierend aus den Vorbilanzen), aus denen das exakte Ausmaß der Gewinne, der Verluste, der Entnahmen und Einlagen ersichtlich sei. Diese Aufstellung werde noch heute dem Finanzamt übermittelt werden. Der Nachweis über getätigte Entnahmen und Einlagen ab dem Zeitraum könne nur durch Vorlage des Bankkontos erbracht werden. Dabei sei ersichtlich, dass es in diesem Zeitraum zu keinen Einlagen und Entnahmen gekommen sei. Eine weitere diesbezügliche Beweisführung sei nicht möglich.

Der Rechtsauslegung des steuerlichen Vertreters könne sich das Finanzamt nicht anschließen. Es werde festgehalten, dass aufgrund der vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen ein Veräußerungsgewinn, wie im Vorhalt festgehalten, in Höhe von ca. 190.000,00 € anzusetzen sei. Ein exakter Nachweis über getätigte Entnahmen und Einlagen könne nur durch Vorlage einer ordnungsgemäßen Buchhaltung erbracht werden. Wie bereits angegeben, könnten derartige Unterlagen nicht vorgelegt werden, weil dies aus technischen Gründen nicht möglich sei (Buchhaltung 2006 am alten PC, welcher entsorgt worden sei). Der Vollständigkeit halber werde festgehalten, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung 2006 Privatentnahmen getätigt worden seien, auch die Ausscheidung eines Kfz-Privatanteiles stelle eine Entnahme dar (Leasing Volvo).

b. Schreiben des Dr. B. an das Finanzamt zum Konkurs der Bf. vom :

Ich beziehe mich auf das Telefonat vom und gestatte festzuhalten, dass das Konkursverfahren über das Vermögen der R KG nach der Verteilung aufgehoben worden ist.

Zu ihrer Frage über Geldleistungen des Kommanditisten ER gestatte ich mir auf das Inventar vom und die Schlussrechnung vom zu verweisen, welche Dokumente ich seinerzeit mit der Einnahmen/Ausgabenrechnung per E-Mail übermittelt habe.

Demnach war die von ER übernommene Sacheinlage von 260.000,00 S durch die Übertragungsbilanz zum ausgewiesen. Weitere Zahlungen wurden von ihm nicht geleistet.

c. Antwortschreiben des Masseverwalters der R KG vom auf das Schreiben des Finanzamtes vom zur Abgabenfestsetzung im Konkurs (Auszug):

Punkt 2: Über meinen Antrag wurde mit Beschluss des Landesgerichtes vom die Schließung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin angeordnet. Dieser Beschluss ist rechtskräftig. Eine Kopie ist beigeschlossen.

Punkt 3: Die faktische unternehmerische Tätigkeit endete mit . Zuvor wurden noch Angebote abgegeben, jedoch keine Aufträge mehr erteilt bzw hätten sie nicht mehr angenommen werden können, weil sämtliche Mitarbeiter per den vorzeitigen Austritt gemäß § 26 AngG erklärt haben.

Punkt 4: Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung waren keine aktiven Dienstnehmer mehr beschäftigt.

12. In der mündlichen Verhandlung wurde von den Parteien folgendes vorgebracht:

Der SB trägt den Sachverhalt vor.

SB: Gibt es dazu noch Ergänzungen vom Finanzamt?

Finanzamtsvertreterin: Keine Ergänzungen.

SB: Dann ist die steuerliche Vertretung an der Reihe.

Stb: Die ganze Beschwerde baut im Wesentlichen auf der verfahrensrechtlichen Rechtswürdigung auf: Unserer Rechtsansicht nach liegt einfach kein Wiederaufnahmegrund vor. In der Beschwerde selbst ist das ausführlich dargestellt worden. Die Bilanz zum wurde vollständig eingereicht. Das darin ausgewiesene Kapitalkonto war damals bereits vollständig bekannt. Faktum ist: Der Masseverwalter ist Hilfsorgan des Gerichtes und kann keine eigenen Entscheidungen treffen, sondern die trifft das Insolvenzgericht.

Aus der Judikatur ist bekannt, da habe ich ein Judikat des , mit dem Rechtssatz: Entscheidungen von Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ergehen, stellen weder hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen noch hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung einen Wiederaufnahmegrund dar.

Damit liegt kein Wiederaufnahmegrund vor. Was der Masseverwalter da mitteilt ist völlig irrelevant. Das Finanzamt hätte die Möglichkeit gehabt im Jahr 2006 das Kapitalkonto der Steuer zu unterziehen. Das hat es nicht gemacht. Es liegt ein rechtskräftiger Bescheid vor und da kann ich nicht vier Jahre später auf den Masseverwalter wegen einer Wiederaufnahme verweisen. Das ist unsere Argumentation.

Daher beantragen wir den Wiederaufnahmebescheid sowie auch den Feststellungsbescheid vollständig aufzuheben.

Finanzamtsvertreter: Das ist jetzt eine Wiederholung der Beschwerde. Das hatten wir schon in der Beschwerde.

SB: Dann ersuche ich draußen zu warten.

B. Der Entscheidung zugrunde gelegter Sachverhalt

1. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass im Jahr 2006 die wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert und der Betrieb geschlossen wurde, sodass die unternehmerische Tätigkeit mit Juli 2006 endete.

2. Die Höhe des negativen Kapitalkontos wird nicht bestritten. Nach der Judikatur des VwGH wird nicht danach unterschieden, ob das negative Kapitalkonto aufgrund von Verlusten oder von Entnahmen entstanden ist.

3. Da Entnahmen den Veräußerungsgewinn schmälern, ist vor dessen Ansatz die entsprechende Information einzuholen. Da bereits der geringste Wiederaufnahmegrund genügt, reicht diese Information für eine Wiederaufnahme aus.

C. Rechtslage

Nach § 24 Abs 2 EStG idF 2006 ist im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss.

D. Rechtliche Erwägungen zum festgestellten Sachverhalt:

1. Betriebsaufgabe:

a. Wird im Rahmen eines Konkurses eine KG abgewickelt und stellt die Abwicklung eine Betriebsaufgabe dar, hat die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem die Aufgabehandlungen soweit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb der KG die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (EStR 5994a mit Verweis auf ).

b. Sollte die Abwicklung keine Betriebsaufgabe iSd § 24 Abs 1 Z 2 EStG darstellen, ist für die Erfassung des Veräußerungsgewinns iSd § 24 Abs 2 EStG der Zeitpunkt der Verteilung des Massevermögens maßgebend, da es jedenfalls damit zur Beendigung der Mitunternehmerschaft kommt (EStR 5994a mit Verweis auf ).

c. Im gegenständlichen Fall wurde auf Antrag des Masseverwalters mit Beschluss des Landesgerichtes vom die Schließung des Unternehmens angeordnet. Die faktische unternehmerische Tätigkeit endete mit . Der Konkurs wurde mit Beschluss des Gerichtes vom nach Verteilung der Masse aufgehoben.

2. Negatives Kapitalkonto:

a. § 24 Abs 2 letzter Satz EStG trifft eine Regelung, mit der im Ergebnis eine unternehmensrechtlich allenfalls nicht bestehende Verpflichtung eines ausscheidenden Mitunternehmers zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos für steuerliche Zwecke jedenfalls als bestehend fingiert wird ().

b. Für den Eintritt der Rechtsfolge des § 24 Abs 2 letzter Satz EStG kommt es nicht darauf an, ob das negative Kapitalkonto auf Verluste früherer Perioden oder auf Entnahmen oder auf beides zurückzuführen ist (; ; ; ; ; Rechtslupe, Das negative Kapitalkonto und der Veräußerungsgewinn des Kommanditisten, ; Insolvenzblog.de, , Liquidation: Negatives Kapitalkonto wird zum Veräußerungsgewinn, über ein negatives Kapitalkonto durch zu hohe Entnahmen des Kommanditisten in den Vorjahren).

3. In der VwGH-Entscheidung vom , 94/14/0160 werden zur Besteuerung des negativen Kapitalkontos eines Kommanditisten nach Konkurseröffnung der KG folgende Aussagen getroffen:

a. Der VwGH sieht sich in Ansehung des § 24 Abs 2 dritter Satz EStG nicht veranlasst, einen Antrag gemäß Art 140 Abs 1 B-VG an den VfGH zu stellen. Die sachliche Rechtfertigung für die Regel liegt darin begründet, dass die ausscheidenden Gesellschafter die Verluste, die zu dem Negativzustand geführt haben, in der Regel steuerlich geltend machen können.

b. Der Beschwerdeführer hat die Gleichheitswidrigkeit damit zu begründen versucht, dass der Betrag des negativen Kapitalkontos eines Gesellschafters nicht nur durch Verlustzuweisungen, sondern auch durch Entnahmen verursacht sein könnte. Im Umfang der Veränderung durch Entnahmen dürfe der Stand des negativen Kapitalkontos nicht der Besteuerung unterliegen. Mit diesen Ausführungen vermag der Bf keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu begründen, weil ein ausscheidender Gesellschafter, der aufgrund einer Vereinbarung mit den anderen Gesellschaftern ein durch Entnahmen entstandenes negatives Kapitalkonto nicht auffüllen muss, in diesem Ausmaß jedenfalls bereichert ist, sodass sich die Problematik der Besteuerung eines fiktiven Veräußerungsgewinnes gar nicht stellt.

c. Es spricht nichts gegen die Auffassung der Behörde, auch jene Fälle, in denen von außen wirkende Zwangsmaßnahmen - wie hier der Konkurs - dazu führen, dass der Betrieb zu bestehen aufhört, dem Tatbestand des § 24 Abs 1 Z 2 EStG zu unterstellen.

d. Der Bf. hat im Verfahren nicht behauptet, zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos verpflichtet zu sein, sondern mit seiner Haftung für die in der Zeit seiner Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter entstandenen Gesellschaftsschulden argumentiert. Er verkennt dabei, dass zwischen den Pflichten gegenüber den Mitgesellschaftern einerseits und seinen Pflichten gegenüber gesellschaftsfremden Personen andererseits zu unterscheiden ist. Die Heranziehung des Bf. aufgrund weiterbestehender Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, kann zu nachträglichen Betriebsausgaben im Jahr der Inanspruchnahme führen, hindert aber nicht die Berechtigung der Veräußerungsbesteuerung im Jahr des Ausscheidens (). Damit ist auch dem Vorwurf die Berechtigung entzogen, die Behörde habe es verabsäumt, die Höhe der offenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft festzustellen, weil dieser Betrag für die zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung ist

e. Der Bf. rügt, dass er erstmals im angefochtenen Bescheid damit konfrontiert worden sei, dass die Einstellung des Betriebes der Gesellschaft durch den Masseverwalter und die Veräußerung des Massevermögens als relevanter Zeitpunkt für die Entstehung des Veräußerungsgewinns anzusehen sei. Bei vollständiger Ermittlung hätte die Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass der Betrieb durch den Masseverwalter bereits im Februar 1993 eingestellt und in der Folge damit begonnen worden sei, das Massevermögen zu veräußern. Ein allfälliger Veräußerungsgewinn sei daher 1993 entstanden.

Die Behörde durfte aufgrund der Aktenlage mit Recht davon ausgehen, dass das Gesellschaftsverhältnis erst 1994 beendet worden und die Bf. damit ausgeschieden sei. Die Konkurseröffnung über das Vermögen einer KG führt zwar zufolge § 161 Abs 2 iVm § 131 Z 3 HGB zur Auflösung der Gesellschaft, nicht aber zur sofortigen Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses. Die Gesellschaft besteht vorerst weiter und kann im Fall des Abschlusses eines Zwangsausgleiches ihren Fortbestand sichern. Wird hingegen das Massevermögen verwertet und verteilt und dann der Konkurs aufgehoben, kommt es erst dadurch zur Vollbeendigung der Gesellschaft (dazu Koppensteiner in Straube, HGB I 2, § 131 Rz 7 und 12; Torggler-Kucsko in Straube, I 2, § 145 Rz 3 und die dort zitierte Rspr). Da nach der Aktenlage ein wesentlicher Vermögensbestandteil der Gesellschaft 1994 veräußert wurde und erst in der Folge die Verteilung des Massevermögens stattgefunden hat und der Konkurs aufgehoben wurde, kam es erst 1994 zur konkursbedingten Beendigung der Gesellschaft.

4. In der VwGH-Entscheidung vom , 2007/15/0121 wird zum Zeitpunkt der Besteuerung des negativen Kapitalkontos und zur Frage der Wiederaufnahme nachstehendes ausgesagt:

a. Zeitpunkt der Besteuerung:

(1) Der Konkurs wurde am **** 1991 eröffnet, am nach Verteilung gemäß der Konkursordnung aufgehoben und die Gesellschaft 1998 gelöscht. Die Einkünfte aus der Betriebsaufgabe wurden 1997 zugerechnet. Die Bf. hat vorgebracht, dass bereits 1992 alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden sind.

(2) Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG ist im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss. Unter "Ausscheiden" ist jede Form der Beendigung der Mitunternehmerschaft zu verstehen, die den Tatbestand des § 24 leg.cit. erfüllt (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 24 Tz. 95.2). Auch Fälle, in denen von außen wirkende Zwangsmaßnahmen, wie im Beschwerdefall der Konkurs, dazu führen, dass der Betrieb zu bestehen aufhört, sind somit dem Tatbestand des § 24 Abs. 1 Z 2 EStG zu unterstellen. Die Betriebsaufgabe muss (wie der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , 94/14/0160, ausgeführt hat) nicht auf einen Willensentschluss des Betriebsinhabers zurückzuführen sein, sondern kann auch vom Masseverwalter im Zuge eines Konkursverfahrens bewirkt werden.

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich, in welchem Jahr ein Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG zu erfassen war.

Die Besteuerung eines Veräußerungsgewinnes, auch eines solchen nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG, setzt das Vorliegen betrieblicher Einkünfte voraus. Ausschließlich vermögensverwaltende Personengesellschaften erzielen keine betrieblichen Einkünfte, sondern solche aus Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung. Allerdings führt die geringste gewerbliche Tätigkeit dazu, dass die gesamte Tätigkeit der Personengesellschaft als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen ist (VwGH-Erkenntnis vom , 89/13/0180).

Gibt eine Mitunternehmerschaft ihren Betrieb auf, so ist ein Aufgabegewinn zu ermitteln und auf die einzelnen Gesellschafter zu verteilen. Das negative Kapitalkonto des Kommanditisten ist dabei insoweit Veräußerungsgewinn, als es nicht aufzufüllen ist und auch keine gesetzliche Haftung greift. Gleiches gilt für den Fall der Betriebsveräußerung. Dass die Personengesellschaft über den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe hinaus bestehen bleibt, steht einer Besteuerung des Veräußerungsgewinnes nicht entgegen. Eine Betriebsaufgabe besteht wesensmäßig in der Zerschlagung der betrieblichen Einheit in der Form, dass der Betrieb als solcher zu bestehen aufhört (vgl. das Erkenntnis vom , 2002/13/0217). Die Besteuerung des Aufgabegewinnes hat zeitbezogen in dem Jahr zu erfolgen, in welches der Zeitpunkt fällt, zu dem die Aufgabehandlungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen sind (VwGH-Erkenntnis vom , 2006/15/0353).

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass der Masseverwalter im Zuge der Abwicklung des Konkurses bereits im Jahr 1992 alle Betriebsgrundlagen veräußert und damit den Betrieb aufgegeben habe. In der Beschwerde wird der Umstand der sehr viel späteren Konkursaufhebung mit einem anhängigen Zivilprozess erklärt, der im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft geführt worden sei. Die belangte Behörde hat sich mit diesen Einwendungen nicht auseinandergesetzt. Sie ist in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, dass eine Besteuerung gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG erst bei (Voll)Beendigung der Gesellschaft zu erfolgen habe. Sie hat sich dabei erkennbar auch auf das schon angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom gestützt. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof dem Einwand des damaligen Beschwerdeführers, der Veräußerungsgewinn wäre bereits 1993 (und nicht erst im Streitjahr 1994) entstanden, allerdings u.a. entgegengehalten, dass nach der Aktenlage ein wesentlicher Vermögensbestandteil der Gesellschaft (nämlich ein Betriebsgrundstück) erst im Jänner 1994 veräußert worden sei. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall behauptet, dass bereits im Jahr 1992 alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden wären. Diese Behauptung ist auf Grund der Aktenlage, insbesondere des auch von der belangten Behörde für die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes im Jahr 1997 herangezogenen Jahresabschlusses für 1993 nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.

b. Wiederaufnahmegründe:

Die Wiederaufnahme für die Einkünftefeststellung 1997 wurde damit begründet, dass zur Frage der Auffüllung des negativen Kapitalkontos zunächst keine Ermittlungen getätigt wurden und erst später (nach Erlassung des Feststellungsbescheides) aufgrund einer Vorhaltsbeantwortung hervorgekommen sei, dass keine Nachschussverpflichtung bestehe. Die Wiederaufnahme hat der VwGH nicht beanstandet.

5. Zur Wiederaufnahme des Verfahrens:

a. Nach der Darstellung der Finanzverwaltung erfolgte die Wiederaufnahme aufgrund eines Schreibens des Masseverwalters vom , worin dieser anführte, das ER außer der übernommenen Sacheinlage von 260.000,00 € keine weiteren Zahlungen geleistet habe. Der Masseverwalter habe damit bekanntgegeben, dass ER nicht zu weiteren Haftungen herangezogen werde. Wegen Unkenntnis der Haftungsansprüche habe man die Veräußerungsgewinnermittlung bisher nicht durchführen können.

b. Die Bf. verneint das Vorliegen neuer Tatsachen, weil

- die Entscheidung, ob es zu einer Haftungsinanspruchnahme des Kommanditisten komme, das Gericht treffe und nicht der Masseverwalter. Wie aus der ständigen Judikatur des VwGH klar ersichtlich sei, seien Entscheidungen von Gerichten keine neuen Tatsachen im Sinne des § 303 BAO (zB mit umfangreicher Folgejudikatur) und

- aus den Jahresabschlüssen bis einschließlich klar ersichtlich sei, dass man die Kommanditeinlage zu 100% geleistet habe. Unternehmensrechtlich könne die Haftung des Kommanditisten nur dann schlagend werden, wenn die Kommanditeinlage nicht vollständig geleistet worden sein sollte. Dies sei nicht gegeben.

Es seien nicht einmal Ansätze von neuen Tatsachen hervorgekommen.

c. (1) Das Schreiben des Masseverwalters vom ist eine Reaktion auf das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom . Darin wird zuerst darauf verwiesen, dass der Veräußerungsgewinn der Betrag des negativen Kapitalkontos ist, den der Kommanditist nicht auffüllen muss. In der Folge wird der Veräußerungsgewinn dargestellt und angefügt, dass Einlagen und Entnahmen nach dem nachzuweisen seien, um bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes berücksichtigt zu werden.

(2) Das Finanzamt spricht damit eine allfällige (teilweise oder gänzliche) Verminderung oder Vermehrung des negativen Kapitalkontos an. Wenn eine solche Verminderung oder Vermehrung stattgefunden hätte, müsste der Veräußerungsgewinn berichtigt werden. Es geht daher gegenständlich um die Auffüllungsverpflichtung gegenüber den Gesellschaftern und nicht um Schulden der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftsgläubigern.

(3) Dagegen spricht die steuerliche Vertretung von der "Haftungsinanspruchnahme des Kommanditisten" und der "zu 100% geleisteten Kommanditeinlage" also von zusätzlichen Haftungen des Kommanditisten gegenüber Gesellschaftsgläubigern, was mit der Besteuerung des negativen Kapitalkontos grundsätzlich nichts zu tun hat.

In den Schriftsätzen der Bf. (und auch der Finanzverwaltung zB in der BVE) wurde mehrfach

- die Auffüllungsverpflichtung des Kommanditisten (gegenüber den Gesellschaftern) mit

- der Haftungsverpflichtung als Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern verwechselt. Auch wenn keine zivilrechtliche Verpflichtung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern besteht, sind Auffüllungsverpflichtungen bzw Entnahmen und Einlagen (als Verpflichtungen gegenüber den anderen Gesellschaftern) bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes zu beachten. Nachforschungen dazu im Vorhalteweg können daher sehr wohl eine Wiederaufnahme auslösen.

(4) Erst im Zeitpunkt der Nachfrage beim Masseverwalter () konnte die Finanzverwaltung dezidiert klären (vorher nur vermuten), dass sich (tatsächlich) keine Veränderung (Erhöhung oder Verminderung) für das negative Kapitalkonto ergeben hat. Damit ist diese Tatsache erst 2010 bekanntgeworden.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens für die Feststellung 2006 war damit gerechtfertigt.

6. Zur Versteuerung des negativen Kapitalkontos:

a. Zeitpunkt der Versteuerung:

(1) Wie vorangehend ausgeführt, hängt der Zeitpunkt der Besteuerung von der Beantwortung der Frage ab, wann die Aufgabehandlungen bereits so weit fortgeschritten sind, dass dem Betrieb die wesentlichen Grundlagen entzogen werden.

(2) Auf die Frage im Schreiben des Finanzamtes vom , ob die Schließung des Unternehmens geplant und der Gewerbebetrieb aufgegeben oder veräußert werde, antwortet der Masseverwalter, dass die Schließung des Unternehmens angeordnet worden sei. Die faktische Unternehmertätigkeit habe mit geendet. Aufträge seien nicht mehr erteilt worden, weil sämtliche Mitarbeiter per den vorzeitigen Austritt nach § 26 AngG erklärt hätten. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Juli 2006 sei beigeschlossen, wobei der Zeitraum bis zur Konkurseröffnung erfasst sei. Für den Zeitraum danach wäre mangels Leistungserbringung nur eine Nullerklärung abzugeben.

(3) Beim gegenständlichen Betrieb handelt es sich um ein Unternehmen im Bereich Werbe- und Messewesen, dessen "Aktiva" sich vornehmlich im Personal und den erbrachten Leistungen niederschlagen. In der Bilanz zum betrug das ausgewiesene Anlagevermögen 6.671,43 €. Die wichtigsten Posten des Umlaufvermögens waren die nicht abgerechneten Leistungen 44.984,00 € und die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen mit 48.872,30 €. Das Kapitalkonto des ER wird dort mit -190.342,60 € ausgewiesen (zusammengesetzt aus Kapital 18.894,94 €; Verrechnungskonto -162.576,15 € und Gewinn- und Verlustanteil -46.661,39 €).

Es ist daher davon auszugehen, dass mit der Schließung des Betriebes im Jahr 2006, die mit der Kündigung der gesamten Mitarbeiter einhergegangen ist, dem Betrieb auch die wesentlichen Grundlagen für eine Fortführung entzogen waren.

Der Veräußerungsgewinn ist damit im Jahr 2006 zu versteuern.

b. Einfluss von Entnahmen auf die Besteuerung:

Nach , unterliegt ein negatives Kapitalkonto auch im Umfang der Veränderung durch Entnahmen der Besteuerung, weil ein ausscheidender Gesellschafter, der aufgrund einer Vereinbarung mit den anderen Gesellschaftern ein durch Entnahmen entstandenes negatives Kapitalkonto nicht auffüllen muss, in diesem Ausmaß jedenfalls bereichert ist. Hätte der VwGH Zweifel an der Besteuerung gehabt, wäre wohl ein Antrag an den VfGH gestellt worden. Da der VwGH keine Gesetzesprüfung veranlasst hat, liegt offenkundig keine Verfassungswidrigkeit vor. In hat der VwGH dies auch ausdrücklich festgehalten.

Die Beschwerde war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

E. Zulassung zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Eine Rechtsfrage mit besonderer Bedeutung liegt nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100739.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at