Zahlungserleichterung, Gefährdung der Einbringlichkeit bei Eröffnung des Konkursverfahrens.
Rechtssätze
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Folgerechtssätze | |
RV/7100280/2020-RS1 | wie RV/7400130/2018-RS2 Besteht bereits eine Gefährdung der Einbringlichkeit, dann ist für die Gewährung von Zahlungserleichterungen ebenso kein Raum, als wenn die Einbringlichkeit erst durch die Zahlungserleichterung gefährdet wäre (). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter M. als Vertreter der seit im Ruhestand befindlichen Richterin in der Beschwerdesache Mag. ***Bf1***, Wien, nunmehr Masseverwalter im Insolvenzverfahren ***Bf1*** Inhaberin der ***1***., Wien, über die Beschwerde der Abgabepflichtigen vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom wurde der Antrag von Frau Mag. ***Bf1*** vom auf Bewilligung einer Zahlungserleichterung für die Entrichtung ihrer Abgabenschuldigkeiten abgewiesen und sie gleichzeitig aufgefordert, zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen die rückständigen Abgaben von € 24.079,60 unverzüglich und € 129,23 bis zu entrichten. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die angebotenen Raten im Verhältnis zur Höhe des Rückstandes zu niedrig seien. Dadurch erscheine die Einbringlichkeit gefährdet. In der sofortigen vollen Entrichtung von selbst zu berechnenden bzw. einzubehaltenden und abzuführenden Abgaben sei keine erhebliche Härte zu erblicken.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom wurde eine monatliche Ratenzahlung von € 1.000,00 ab angekündigt und - wenn die finanzielle Situation eine andere Möglichkeit ergebe - eine höhere Zahlung in Aussicht gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und zur Vermeidung von Einbringungsmaßnahmen ersucht, die rückständigen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 28.454,43 unverzüglich und € 1.113,23 bis zu entrichten.
Als Begründung wurde ausgeführt, dass "weder im Ansuchen um Zahlungserleichterungen vom noch in der Beschwerde vom durch entsprechend nachvollziehbare konkrete Angaben glaubhaft gemacht wurde, dass die Eindringlichkeit der Abgaben durch einen Zahlungsaufschub nicht gefährdet ist. Auch nach entsprechender schriftlicher Aufforderung vom bzw. wurden keine Unterlagen vorgelegt, aus denen geschlossen werden kann, dass die Eindringlichkeit der Abgaben durch einen Zahlungsaufschub nicht gefährdet ist.
Da auch von Amts wegen kein entsprechendes Einkommen oder Vermögen festgestellt werden konnte, dass die Abgaben zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden können, sind die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung nicht gegeben und die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom über die Abweisung des Ansuchens um Zahlungserleichterungen vom war ebenfalls abzuweisen."
Mit Eingabe vom (Poststempel ) wurde fristgerecht ein als Beschwerde bezeichneter Vorlageantrag gestellt und wie folgt begründet:
"Jahr 2018 ist für mich eine schwere Zeit gewesen. Ich war mindestens wöchentlich in der Heimat, manchmal jeden zweiten Tag, weil mein Vater sehr schwer krank geworden ist. Er hat Lungenkrebs und sein Zustand war schon sehr schlimm. Er konnte schon nicht mehr atmen und ich wollte ihm helfen. Ich habe um seine Besserung gekämpft und viele Krankenhäuser besucht. Ich wohne von meinen Eltern über 500 KM weit und ich habe nur Möglichkeit von alle meine Geschwister das Auto lenken. Können Sie sich vorstellen wieviel nur die Hin- und Rückfahrt gekostet hat noch dazu alle Behandlungen meines Vaters? Das hat mich schon runtergezogen. Ich musste damals viel arbeiten, weil ich das Geld brauchte, aber ich habe schon keine Zeit mehr gehabt, dass ich auch alle Unterlagen, bzw. UVA erledige. Heuer habe ich die Prüfung gehabt und noch dazu EUR 5.900,00 gekriegt- trotzdem ist das alles richtig gebucht worden. Im Kopf habe ich damals nur das, dass ich mein Vater retten muss! Man muss entscheiden was im Moment wirklich für uns ist. Ich konnte mich damals nicht vorstellen die Entscheidung kann mein ganzes Leben ruinieren. Ich bin aber sehr zufrieden, weil mein Vater immer noch lebt. Ich war schon fertig mit Krankheit meines Vaters und noch dazu habe ich viele Probleme mit meinen Kunden gehabt. Die Firma ***2*** und ***3*** haben mir auch über 7.000,00 EUR nicht bezahlt und ich habe im Mai das Geld schon verloren, weil die Firmen in den Konkurs gegangen sind.
Bitte um Ihr Verständnis, weil ich früher immer alle Abgaben bezahlt habe. Ich habe nur um die Stundung, bzw. Ratenzahlungsvereinbarung ersucht. Wir haben eine Eigentumswohnung in Wien. Die Wohnung ist schon beim Makler zu verkaufen erstellt. Wenn wir die Wohnung verkaufen, dann zahle ich ganzen Rückstand zurück.
Der gesamte Rückstand ändert sich auch um ein paar tausend, weil die Schätzung für Einkommensteuer 2019 zu groß ist.
Ich bitte nur um 3-4 Monaten Zeit, dass ich die alle offene Forderungen erledigen könnte: eine echte Einkommensteuererklärung 2019 (nicht geschätzte) durchführe sowie Umsatzsteuererklärung 2019 und die Ergebnis bis Ende April zahle. Ich habe schon eine Ladung bzgl. Insolvenzeröffnung erhalten, den Termin ich am beim Handelsgericht habe - bitte um die Antrag Rückziehung".
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann auf Ansuchen des Abgabepflichtigen die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefaßt verbucht wird (§ 213), erstrecken.
Voraussetzung für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung im Sinne des § 212 Abs. 1 BAO ist - neben einem entsprechenden Antrag - das Vorliegen einer erheblichen Härte und gleichzeitig der Umstand, dass die Einbringung der Abgaben nicht gefährdet ist. Diese beiden Voraussetzungen hat der Abgabepflichtige in seinem Antrag auf Gewährung von Zahlungserleichterungen aus eigenem Antrieb konkretisiert anhand seiner Einkommenslage und Vermögenslage überzeugend darzulegen (vgl. ; ; u.a.; ).
Darüber hinaus stellt die Bewilligung der Zahlungserleichterung eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung in Anspruch Nehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Der Begünstigungswerber hat daher die Voraussetzungen einer Zahlungserleichterung aus eigenem Antrieb überzeugend darzulegen und glaubhaft zu machen.
Der Begünstigungswerber hätte daher darzulegen gehabt, dass die sofortige Entrichtung der aushaftenden Abgabenschuld mit erheblicher Härte verbunden wäre, wobei deren Einbringlichkeit nicht gefährdet werde ().
Die wirtschaftliche Notlage kann als Begründung für die Gewährung einer Zahlungserleichterung nur dann zum Erfolg führen, wenn gleichzeitig glaubhaft gemacht wird, dass die Einbringung aushaftender Abgabenschulden durch die Stundung nicht gefährdet wird ().
Gefährdung der Einbringlichkeit
Schon in der Beschwerdevorentscheidung wurde darauf hingewiesen, dass "auch nach entsprechender schriftlicher Aufforderung vom bzw. keine Unterlagen vorgelegt wurden, aus denen geschlossen werden kann, dass die Eindringlichkeit der Abgaben durch einen Zahlungsaufschub nicht gefährdet ist."
Festzuhalten ist, dass der Bf. in der Beschwerdevorentscheidung vorgehalten wurde, eine Abgabepflichtige hätte in ihrem Antrag auf Gewährung von Zahlungserleichterungen aus eigenem Antrieb die Voraussetzungen für die Zahlungserleichterung konkretisiert anhand ihrer Einkommenslage und Vermögenslage überzeugend darzulegen. Die Bf. hat weder im Antrag noch in der Beschwerde oder dem Vorlageantrag einen Nachweis über die aktuelle Einkommenslage noch Angaben zum allenfalls vorhandenen Vermögen gemacht. Da einer Beschwerdevorentscheidung insoweit Vorhaltscharakter zukommt, war eine weitere Aufforderung an die Bf. entbehrlich.
Die Bf. hat davor am ein Ansuchen um Zahlungserleichterung für monatliche Raten von € 1.000,00 gestellt, das mit Bescheid vom bewilligt wurde. Ein weiteres Ansuchen der Bf. um Zahlungserleichterung für monatliche Raten von € 2.000,00 vom wurde mit Bescheid vom bewilligt. Allerdings wurden keine der angebotenen und bewilligten Raten fristgerecht entrichtet noch sind entsprechende Buchungen am Abgabenkonto ersichtlich.
§ 1 Insolvenzordnung (IO): Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (§§ 66 und 67) ist auf Antrag ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind, soweit nichts anderes angegeben ist, auf Sanierungsverfahren und Konkursverfahren anzuwenden.
§ 66 Abs. 1 IO: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt voraus, daß der Schuldner zahlungsunfähig ist.
Zwischenzeitig wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes ***4*** das Vermögen der Bf. (***Bf1*** Inhaberin der ***1***.) das Konkursverfahren eröffnet. Die Berichts- und Prüfungstagsatzung wurde zuletzt für anberaumt. Die Prüfungstagsatzung vom wurde aufgrund der Covid19-Pandemie nicht im Gerichtssaal, sondern als Videokonferenz "Zoom" abgehalten. Ein Ergebnis der Prüfungstagsatzung vom wurde in der Ediktsdatei bis zum nicht veröffentlicht.
Besteht bereits eine Gefährdung der Einbringlichkeit, dann ist für die Gewährung von Zahlungserleichterungen ebenso kein Raum, als wenn die Einbringlichkeit erst durch die Zahlungserleichterung gefährdet wäre (; ; ).
Da das Bundesfinanzgericht grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt der Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden hat, bestehen angesichts der Eröffnung des Insolvenzverfahren, deren Voraussetzung gemäß §§ 1, 66 IO die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ist, keine Zweifel an der Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben, sodass die Beschwerde mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aus Rechtsgründen abzuweisen war.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die hier zu lösenden Rechtsfragen sind in der höchstgerichtlichen Judikatur eindeutig geregelt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ungelöst verbleibt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Mittendorfer/Riedl in AVR 2020, 172 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100280.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at