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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.05.2020, RV/7105057/2019

Pfändungsbescheid - Einwand der Verjährung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7105057/2019-RS1
Bereits festgesetzte Abgaben verjähren nach den Regelungen des § 238 BAO innerhalb von 5 Jahren. Diese Frist kann – auch mehrfach - unterbrochen werden. Daher ist es möglich, dass Abgaben für lange zurückliegende Zeiträume einbringlich gemacht werden, wenn die Behörde laufend Amtshandlungen (z. B. Zahlungsaufforderungen) führt ().
RV/7105057/2019-RS2
Aus dem Umstand, dass dem Bf. im Zuge von Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse Rückstandsausweise vorgehalten werden, die die von der Einbringung ausgesetzten Abgaben nicht enthalten, kann nicht abgeleitet werden, dass diese Amtshandlung nicht auch oder insbesondere auf die Ermittlung der Einbringlichkeit der ausgesetzten Abgaben abzielen. Gemäß § 229 BAO hat der Rückstandsausweis die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten zu enthalten. Nach hA hat die Ausstellung eines Rückstandsausweiseses trotz Eintritt der Vollstreckbarkeit zu unterbleiben, soweit die Einbringung gemäß § 231 BAO ausgesetzt ist (Ritz, BAO6, § 299 Rz 7; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 229 Anm 4). Dass die im Zuge der Feststellungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse zur Kenntnis gebrachten Rückstandsausweise die ausgesetzten Beträge nicht enthalten, ist daher als systemkonform anzusehen.
RV/7105057/2019-RS3
Bei Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist schon aus Gründen der Zweckmäßigkeit der Amtshandlung grundsätzlich davon auszugehen, dass sie die Einbringlichkeit aller offenen Abgaben des betreffenden Steuerschuldners zum Gegenstand haben. Anderes gilt für solche Amtshandlungen, die sich spezifisch auf bestimmte Abgaben beschränken (vgl. RV/0333-I/08 zu Zahlungserleichterungen) oder seitens der Behörde nur routinemäßige ohne jeden Bezug zur Einbringung von Abgaben vorgenommen werden (vgl. zur offenkundig routinemäßigen Anforderung von Bilanzen).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ****, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Pfändung einer Geldforderung 2018 (Drittschuldnerin: ***2***) zu Recht:

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Am erließ die belangte Behörde einen Bescheid zur Pfändung einer Geldforderung an die ***2*** (in der Folge Drittschuldnerin) betreffend eine Forderung der Abgabenbehörde einschließlich Gebühren und Barauslagen der Pfändung gegen den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf.) in Höhe von 58.632,67 Euro.

Mit gleichem Datum erging ein Pfändungsbescheid über dieselbe Abgabenforderung an die ***4***.

In der am über FinanzOnline eingebrachten Beschwerde führte der Bf. aus:

"Gegen den Bescheid vom über die Pfändung einer Geldforderung wird Beschwerde eingelegt und dies wie folgt begründet: Aus der Abgabenverrechnung geht hervor, dass am die Wiederaufnahme einer Einbringung hinsichtlich eines Betrages von EUR 50.000,00 vorgenommen wurde. Aus der Rückstandsaufgliederung geht weiters hervor, dass es sich dabei um Abgaben aus den Jahren 1985 und Folgejahre gehandelt hat. Aus der Historie des Abgabenkontos geht weiters hervor, dass bereits im Jahr 2002 hinsichtlich eines Betrages von EUR 224.533,05 die Aussetzung der Einbringung vorgenommen wurde. Zwischen der Aussetzung der Einbringung und der Wiederaufnahme der Einbringung ist somit ein Zeitraum von rund 16 Jahren vergangen. Die Abgaben deren Einbringung nunmehr wiederaufgenommen wurden, sind somit gemäß § 238 BAO verjährt. Eine Unterbrechung der Verjährung kann schon deswegen nicht stattgefunden haben, weil die Einbringung für den Zeitraum von 16 Jahren ausgesetzt war und somit keine nach außen erkennbare Amtshandlung hinsichtlich der konkreten Abgaben stattgefunden haben kann. Es wird daher beantragt, den angefochtenen Pfändungsbescheid aufzuheben und die verjährten Abgaben zu löschen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab. Der gesamte Rückstand sei mit ausgesetzt worden. Die Aussetzung der Einbringung sei eine im Interesse der Verwaltungsvereinfachung liegende Maßnahme, die der Vermeidung von Einbringungsschritten diene, wenn eine solche zunächst erfolglos versucht worden sei oder scheine, aber die Möglichkeit bestehe, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt zum Erfolg führten könnten.

Es seien laufend Exekutionshandlungen gesetzt worden, sodass eine Verjährung aufgrund der erfolgten Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO nicht eingetreten sei. Es genüge, dass eine solche Amtshandlung nach außen in Erscheinung trete und erkennbar den Zweck verfolge, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen.

Mit Schreiben vom begehrte der Bf. die Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht. Unstrittig sei, dass der gesamte Abgabenrückstand am 25.02.1198 von der Einbringung ausgesetzt worden sei. Am sei die Einbringung hinsichtlich eines Teilbetrags von 50.000 Euro wieder aufgenommen worden. Dies betreffe die Einkommensteuer der Jahre 1985 bis 1987 und 2010 (Anmerkung: tatsächlich Umsatzsteuer 1990).

Würde man der Argumentation der belangten Behörde folgen, hätte das Instrument der Aussetzung der Einhebung (Anmerkung: gemeint Einbringung) keinerlei Sinn oder Bedeutung. Denn für den Fall, dass der Abgabenschuldner über die ausgesetzten Abgaben hinaus weitere Abgabenschulden in welcher Höhe immer habe, würde jede Unterbrechungshandlung, die sich konkret nur auf aktuelle, nicht ausgesetzte Abgabenschuldigkeiten beziehe, immer auch für den gesamtem ausgesetzten Rückstand verjährungshemmend wirken. Es könne nie eine Verjährung eintreten.

Eine gesetzliche Bestimmung, nach der der Abgabenschuldner sich über einen Zeitraum von 20 Jahren laufend über seine ausgesetzten Abgaben informieren müsse, existiere nicht. Dass der Abgabenschuldner von der Abgabenbehörde nicht laufend über den Stand der ausgesetzten Abgaben informiert worden sei, ergebe sich aus der Tatsache der Aussetzung von selbst. Denn die Aussetzung führe dazu, dass hinsichtlich der ausgesetzten Abgaben eben keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt würden und somit auch keine Informationen über die Höhe und die konkrete Zusammensetzung des ausgesetzten Rückstandes an den Abgabenschuldner übermittelt werde.

Zusammenfassend sei die Verjährung eingetreten und die ausgesetzten Abgaben abzuschreiben.

Mit Beschluss vom forderte das Verwaltungsgericht den Bf. gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO auf, den angefochtenen Bescheid genau zu bezeichnen, da sich die Beschwerde erkennbar nur auf einen Bescheid bezieht, seitens der belangten Behörde jedoch beide Pfändungsbescheide vom vorgelegt worden sind.

Mit Schreiben vom erklärte der Bf., dass sich die Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid richte.

Mit Beschluss vom übermittelte das Verwaltungsgericht dem Bf. eine umfangreiche Dokumentation von Einbringungsmaßnahmen und sonstigen Belegen (ON 37 bis 50), die dem Verwaltungsgericht seitens der belangten Behörde zum Nachweis für den Nichteintritt der Verjährung übermittelt worden sind, zur Stellungnahme.

Hierauf antwortete der Bf. mit E-Mail vom . Bei den von der Behörde im Aussetzungszeitraum bis vorgenommenen Amtshandlungen in Form von Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse sei das Erhebungsorgan stets mit Rückstandsausweisen ausgestattet gewesen, die dem Bf. vorgehalten worden seien. Die von der belangten Behörde durchgeführten und dokumentieren nach außen erkennbaren Amtshandlungen hätten stets andere als die streitgegenständlichen Abgaben zum Inhalt gehabt und daher den Lauf der Verjährungsfrist der streitgegenständlichen Abgaben nicht unterbrechen können. Es sei bereits Verjährung eingetreten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Am erließ die belangte Behörde einen Bescheid zur Pfändung einer Geldforderung an die Drittschuldnerin betreffend eine Forderung der Abgabenbehörde einschließlich Gebühren und Barauslagen der Pfändung gegen den Bf. in Höhe von 58.632,67 Euro.

Nach dem Rückstandausweis vom sind folgende Abgaben mit der Summe von 58.048,72 enthalten:

  • Umsatzsteuer 1990: 67,15 Euro

  • Einkommensteuer 1985: 22.944,19 Euro

  • Einkommensteuer 1986: 22.944,19 Euro

  • Einkommensteuer 1987: 4.044,47 Euro

  • Einkommensteuer 1993: 885,32 Euro

  • Aussetzungszinsen 2006: 1.063,64 Euro

  • Einkommensteuer 2008: 8,20 Euro

  • Einkommensteuer 2009: 369,20 Euro

  • Einkommensteuer 10-12/2011: 102 Euro

  • Einkommensteuer 01-03/2012: 100 Euro

  • Einkommensteuer 04-06/2012: 100 Euro

  • Einkommensteuer 2010: 1.766 Euro

  • Einkommensteuer 10-12/2015: 837,36 Euro

  • Einkommensteuer 01-03/2016: 769 Euro

  • Einkommensteuer 04-06/2016: 769 Euro

  • Einkommensteuer 07-09/2016: 539 Euro

  • Einkommensteuer 01-03/2018: 740 Euro

Die Einkommensteuer der Jahre 1985 bis 1987 sowie die Umsatzsteuer 1990 (in der Folge: streitgegenständliche Abgaben) sind seitens der belangten Behörde am von der Einbringung ausgesetzt worden.

Beim Bf. wurden durch die belangte Behörde Feststellungen über dessen wirtschaftliche Verhältnisse getätigt. Diese erfolgten am , , , , , , , und .

Auch die streitgegenständlichen Abgaben wurden im Zusammenhang mit den genannten Feststellungen thematisiert. Der Bf. war sich der ausgesetzten Abgaben bewusst.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den im verwaltungsgerichtlichen Akt vorliegenden Dokumenten. Dabei sind insbesondere der angefochtene Bescheid, die Protokolle der Erhebungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und die Stellungnahme des Bf. im E-Mail vom sowie die angesprochenen Rückstandsausweise anzuführen.

Dass die ausgesetzten Abgaben dem Bf. bewusst gewesen sein müssen, ergibt sich aus den vorgelegten Dokumenten. So sind diese Beträge im Zuge von Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse thematisiert worden. Es findet sich im Protokoll vom , welches der Bf. unterfertig hat, der Hinweis auf "FA ***5*** ~250.000,- € SEIT 20 JAHREN + ZINSEN". Ebenso wird im Protokoll vom von "Forderungen gegen das Finanzamt in Höhe von ca. 250.000 Euro" gesprochen. Diese "Forderung von 250.000 Euro" wird auch im Vermögensverzeichnis vom angeführt. Am sowie am wird von ca. 20 Millionen Schilling gesprochen.

Lediglich in den Protokollen vom , und werden diese Beträge nicht explizit angeführt. Angesichts des Umstandes, dass die Beträge 2013 und 2014 wieder erwähnt werden, ist davon auszugehen, dass sie auch in den Jahren 2006, 2009 und 2011 angesprochen worden sind. Es ist nicht glaubhaft, dass im Zuge der sich über Jahrzehnte ziehenden Streitigkeiten des Bf. mit der belangten Behörde, gerade diese zentrale Forderung der Abgabenbehörde gegen den Bf. nicht auch Thema der zahlreichen Maßnahmen und Begehung im Rahmen der Abgabensicherung gewesen sind. Dies wird auch durch die Stellungnahme des die Amtshandlungen durchführenden Organs (siehe E-Mail vom , ON 56) bestätigt.

Zum Vorliegen von Verlängerungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO siehe die Ausführung in den Erwägungen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

§ 4 AbgEO lautet:

Exekutionstitel

§ 4. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

§ 13 AbgEO lautet:

Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung.

§ 13. (1) Wenn der Abgabenschuldner bestreitet, daß die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder wenn er behauptet, daß das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er seine bezüglichen Einwendungen beim Finanzamt (§ 12, Abs. (2)) geltend zu machen.

(2) Die Bestimmungen des § 12, Abs. (3) und (4), finden sinngemäß Anwendung.

§ 229 BAO lautet:

Rückstandsausweis.

§ 229. Als Grundlage für die Einbringung ist über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, daß die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

§ 231 BAO lautet:

Aussetzung der Einbringung.

§ 231. (1) Die Einbringung fälliger Abgaben kann ausgesetzt werden, wenn Einbringungsmaßnahmen erfolglos versucht worden sind oder wegen Aussichtslosigkeit zunächst unterlassen werden, aber die Möglichkeit besteht, daß sie zu einem späteren Zeitpunkt zum Erfolg führen können. Das gleiche gilt, wenn der für die Einbringung erforderliche Verwaltungsaufwand außer Verhältnis zu dem einzubringenden Betrag stehen würde.

(2) Wenn die Gründe, die zur Aussetzung der Einbringung geführt haben (Abs. 1), innerhalb der Verjährungsfrist (§ 238) wegfallen, ist die ausgesetzte Einbringung wieder aufzunehmen.

§ 238 Abs 1 und 2 BAO lautet:

Verjährung fälliger Abgaben.

§ 238. (1) Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.

§ 209a gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Erwägungen

Gemäß § 4 AbgEO kommen als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht. Rückstandsausweise bilden als Exekutionstitel die Grundlage der finanzbehördlichen und gerichtlichen Vollstreckung. Sie sind öffentliche Urkunden über Bestand und Vollstreckbarkeit von Abgabenschulden (vgl. Ritz, BAO6, § 229, Tz 1 bis 3). Ein Rückstandsausweis vom liegt vor.

Gemäß § 229 BAO ist als Grundlage für die Einbringung ein Rückstandsausweis über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten auszufertigen. Ein Rückstandsausweis ist etwa dann rechtswidrig, wenn in diesem die Vollstreckbarkeit nicht (mehr) vollstreckbarer Abgabenschulden bestätigt wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn im Rückstandsausweis die Vollstreckbarkeit von Abgabenschuldigkeiten bestätigt wird, bezüglich derer das Recht zur Einhebung bzw. zwangsweisen Einbringung (Vollstreckbarkeit) nach § 238 Abs. 1 BAO bereits verjährt ist (vgl. ).

Die Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen wegen Eintrittes der Einhebungsverjährung ist mit Einwendungen nach § 13 AbgEO oder mit Antrag nach § 15 Abs. 2 leg. cit. geltend zu machen (vgl. ).

Der Bf. bringt vor, dass hinsichtlich der den Gegenstand des angefochtenen Bescheid bildenden Abgaben die Einhebungsverjährung gemäß § 238 Abs. 1 BAO eingetreten sei. Damit liegt eine zulässige Einwendung im Sinne des § 13 AbgEO gegen den Rückstandsausweis vom vor.

Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. § 209a BAO gilt sinngemäß.

Nach § 238 Abs 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Bescheides gemäß §§ 201 und 202 BAO unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Bei den in § 238 Abs. 2 BAO angeführten Unterbrechungshandlungen handelt es sich lediglich um eine demonstrative Aufzählung. Die Verjährungsfrist wird dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung zufolge durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen (vgl. ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Unterbrechungswirkung einer Amtshandlung im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO, dass sie nach außen in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Amtshandlung zur Erreichung des angestrebten Erfolges konkret geeignet war und ob der Abgabenschuldner von der Amtshandlung Kenntnis erlangte ().

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde laufend Amtshandlungen betreffend den Bf. geführt. Die streitgegenständlichen Abgaben finden sich zunächst im Rückstandsausweis vom , ebenso vom . Am erfolgte eine Feststellung über die wirtschaftlichen Verhältnisse. Zu diesem Zeitpunkt waren die streitgegenständlichen Abgaben nicht ausgesetzt. Dies erfolgte mit Verfügung vom .

Eindeutig Bezug auf die streitgegenständlichen Abgaben nimmt die Pfändung vom .

Die Verjährung wird beispielsweise unterbrochen durch Zahlungsaufforderungen (), durch Meldeanfragen an die zuständige Behörde zur Feststellung des Aufenthaltes des Schuldners () oder durch Abfragen in der Datenbank des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zur Feststellung eines Dienstgebers zwecks Einleitung einer Gehaltsexekution ().

Auch Feststellungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse können Verlängerungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO sein (vgl. ; ). Die belangte Behörde hat mehrfach solche Erhebungen angestellt, nämlich am , , , , , und . Diese betrafen die Wohnung des Beschwerdeführers, seine Einkünfte, seine Erwerbstätigkeit, seine Unterhaltspflicht, die Größe der Wohnung und die Höhe des Mietzinses, die Identität des Arbeitgebers und die Höhe des Lohnbezuges, die Vermögensverhältnisse, etc.

Der Bf. wendet ein, dass ihm im Zuge der Erhebungen über seine wirtschaftlichen Verhältnisse Rückstandsausweise vorgehalten worden seien, die die ausgesetzten Abgaben nicht enthielten. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass diese Amtshandlung nicht auch oder insbesondere auf die Ermittlung der Einbringlichkeit der ausgesetzten Abgaben abzielten. Gemäß § 229 BAO hat der Rückstandsausweis die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten zu enthalten. Nach hA hat die Ausstellung eines Rückstandsausweiseses trotz Eintritt der Vollstreckbarkeit zu unterbleiben, soweit die Einbringung gemäß § 231 BAO ausgesetzt ist (Ritz, BAO6, § 299 Rz 7; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 229 Anm 4). Dass die dem Bf. im Zuge der Feststellungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse zur Kenntnis gebrachten Rückstandsausweise die ausgesetzten Beträge nicht enthalten haben, ist daher als systemkonform anzusehen.

Der Bf. geht in der Beschwerde davon aus, dass sich nach außen erkennbare Amtshandlungen nur auf solche Abgaben beziehen können, die nicht gemäß § 231 BAO ausgesetzt sind. Diesem Vorbringen ist nicht zuzustimmen.

Auch wenn ausgesetzte Abgaben nicht vollstreckt werden dürfen, ist dem Gesetz an keiner Stelle zu entnehmen, dass nicht auch Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Ansprüche unternommenen werden können. Die Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse dienen gerade der Feststellung, inwieweit weitere Einbringungsmaßnahmen erfolgreich vorgenommen werden können. Hierbei wäre es seitens der Abgabenbehörde geradezu sinnwidrig, nach § 231 BAO ausgesetzte Abgaben außer Betracht zu lassen.

Die Einbringlichkeit gemäß § 231 BAO ausgesetzter Abgabenverbindlichkeiten muss daher (auch) Gegenstand derartiger Erhebungen sein, denn Zweck einer Aussetzung der Einbringung im Sinne des § 231 BAO kann nicht das "Zwischenparken" offener Abgabenverbindlichkeiten ohne Verzinsung bis zu deren Verjährung sein.

Nach dem festgestellten Sachverhalt haben die durchgeführten Amtshandlungen auch tatsächlich dem Zweck gedient, die Einbringlichkeit der ausgesetzten Abgaben zu untersuchen. Zudem ist bei Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse schon aus Gründen der Zweckmäßigkeit der Amtshandlung grundsätzlich davon auszugehen, dass sie die Einbringlichkeit aller offenen Abgaben des betreffenden Steuerschuldners zum Gegenstand haben. Anderes gilt für solche Amtshandlungen, die sich spezifisch auf bestimmte Abgaben beschränken (vgl. RV/0333-I/08 zu Zahlungserleichterungen) oder seitens der Behörde nur routinemäßige ohne jeden Bezug zur Einbringung von Abgaben vorgenommen werden (vgl. zur offenkundig routinemäßigen Anforderung von Bilanzen).

Dass, wie der Bf. ausführt, die von der belangten Behörde durchgeführten und dokumentieren nach außen erkennbaren Amtshandlungen stets andere als die streitgegenständlichen Abgaben zum Inhalt gehabt hätten, hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bestätigt. Vielmehr waren die streitgegenständlichen Abgaben jeweils auch Thema der diversen abgabenbehördlichen Bereisungen.

Wenn der Bf. vorbringt, es gebe keine Norm, die ihn verpflichte, sich über einen Zeitraum vom 20 Jahren über seine ausgesetzten Abgaben zu informieren, so ändert dies nichts am Bestand der ausgesetzten Abgaben. Zudem wäre es dem Bf. bei Zweifel am Umfang seiner Abgabenverbindlichkeiten jederzeit möglich gewesen, die Ausstellung einer Rückstandsbescheinigung nach § 229a BAO zu beantragen. Nach dem festgestellten Sachverhalt war sich der Bf. der ausgesetzten Abgabenschuldigkeiten ohnedies bewusst.

Insgesamt ist festzustellen, dass zumindest in den Jahren 1998, 2002, 2004, 2006, 2009, 2011, 2013 und 2014 Unterbrechungshandlungen seitens der belangten Behörde gesetzt wurden, die den streitgegenständlichen Abgaben zuzurechnen sind. Da die Verjährungsfrist von fünf Jahren des § 238 Abs. 1 BAO gemäß § 238 Abs. 2 BAO mit Ablauf jedes der genannten Jahre neu zu laufen beginnt, ist eine Verjährung der streitgegenständlichen Abgabenforderungen nicht eingetreten.

Einwendungen gegen die übrigen vom Rückstandsausweis vom erfassten Abgaben wurden nicht vorgebracht und sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Umstände zu Tage getreten, die solche Einwände hätten stützen können.

Insgesamt erweisen sich damit die im Rückstandsausweis vom ausgewiesenen Abgaben als nicht verjährt und damit die gemäß § 13 AbgEO erhobenen Einwendungen des Bf. als unberechtigt. Sohin war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hinsichtlich der Qualifikation der behördlichen Handlungen als Verlängerungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO folgt die gegenständliche Entscheidung der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Ob solche Maßnahmen gesetzt wurden, ist eine im Rahmen der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde daher nicht aufgeworfen, weshalb eine Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 231 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 13 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7105057.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at