Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.07.2020, RV/3100106/2020

Ermittlung des gemeinen Wertes eines Kraftfahrzeuges an Hand von Eurotaxnotierungen

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/16/0134. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Normverbrauchsabgabe 02/2000zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Die Normverbrauchsabgabe wird mit € 686,15 festgesetzt.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I.) Verfahrensgang:

1.) Dem Bf (Beschwerdeführer) wurde mit Bescheid vom Normverbrauchsabgabe für ein Fahrzeug der Marke ***1*** mit der Fahrgestellnummer ***2*** vorgeschrieben. Als Bemessungsgrundlage wurde der Kaufpreis von netto € 10.378,15 herangezogen. Die NoVA Festsetzung gemäß § 201 BAO erfolgte, weil der Bf aufgrund nachträglich festgestellter Mängel eine NoVA-Festsetzung mit dem Eurotax Werten begehrte.

2.) Gegen den genannten Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, für die NoVA-Vorschreibung seien die niedrigeren Eurotax-Werte heranzuziehen. Weiters wurde beantragt, die Beschwerde direkt dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

II.) Sachverhalt:

1.) Der Bf hat mit Kaufvertrag vom das gegenständliche Fahrzeug in Deutschland von ***3*** (Privatperson) erworben. Der Kaufpreis hat brutto € 12.350 betragen (vgl. Kaufvertrag vom , BFG-Akt, S. 9).

2.) Der ***1*** wurde im Jänner 2020 nach Österreich gebracht und vom ÖAMTC einer Kaufpreisprüfung unterzogen. Hiebei wurden neben leichten Mängel auch schwere Mängel (zB Ölverlust im Bereich der Zylinderkopfdichtung, keine Genehmigung der verwendeten Reifen) festgestellt. Das gegenständliche Fahrzeug wies einen Kilometerstand von 235.733 km auf (vgl. ÖAMTC-Kaufüberprüfung vom , BFG-Akt, S. 10-11, Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967, BFG-Akt, S. 12).

3.) Am wurde für den gegenständlichen Pkw das Gutachten gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 erstellt. Es wurden leichte Mängel festgestellt (vgl. Gutachten ÖAMTC, BFG-Akt, S. 12).

4.) Die Eurotax-Werte für den ***1*** wurden vom ÖAMTC zum Stichtag mit € 6.264 (Einkauf) und € 8.497 (Verkauf) festgestellt (vgl. Eurotax-Werte, BFG-Akt, S. 13). Die Eurotax-Werte des Bundesministeriums für Finanzen wurden zum Stichtag mit € 6.513 (Einkauf) und € 8,840 (Verkauf) ermittelt (vgl. BFG-Akt, S. 20).

5.) Der MarketRadar weist einen Eurotax-Angebotskurs von € 12.690 und einen Eurotax-Verkaufskurs von € 11.600 inklusive Umsatzsteuer auf (vgl. BFG-Akt, S. 16).

III.) Rechtslage und Erwägungen:

1.) Gemäß § 1 Z 3 lit.a 1 Fall NovAG 1991 stellt die Zulassung von eigenimportierten Kraftfahrzeugen aus Drittstaaten und aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet, sofern bei Letztem nicht bereits der Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs nach § 1 Z 2 leg.cit verwirklicht wird, einen normverbrauchsteuerpflichtigen Tatbestand dar.

2.) Die Abgabe ist in den Fällen des § 1 Z 3 lit. a NoVAG 1991 nach dem ohne Umsatzsteuerkomponente ermittelten gemeinen Wert des Kraftfahrzeuges zu bemessen. Die Normverbrauchsabgabe gehört nicht zur Bemessungsgrundlage (vgl. § 5 Abs. 1 und 3 NoVAG).

3.) Beim Tatbestand des § 1 Z 3 lit. a NovAG 1991 entsteht die Steuerschuld mit dem Tag der Zulassung (vgl. § 7 Z 2 NoVAG).

4.) Im Beschwerdefall wurde die Normverbrauchsabgabe (offenkundig) nach Rz 414 der NoVAR 2008 festgesetzt. Diese lautet wie folgt:

"Wird das Fahrzeug im Ausland käuflich erworben, kann grundsätzlich der Kaufpreis als gemeiner Wert herangezogen werden. Die Heranziehung dieser Größe ist gerechtfertigt, da anzunehmen ist, dass bei der Kaufpreisfindung die wertvermindernden als auch werterhöhenden Komponenten berücksichtigt wurden, der bezahlte Kaufpreis somit grundsätzlich jenem Wert entspricht, welcher "nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes" bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 10 BewG 1955). Der Vergleich mit den inländischen Eurotaxnotierungen (Eurotax-Mittelwert) ist auf Nettobasis vorzunehmen, da (auch) bei einer inländischen Lieferung das (Netto-)Entgelt im Sinne des UStG 1994 NoVA-Bemessungsgrundlage ist. Soweit im Kaufpreis eine ausländische Umsatzsteuerkomponente enthalten ist, kann diese daher ausgeschieden werden. Dies wird dann der Fall sein, wenn das Fahrzeug von einer Privatperson erworben wurde. Ist der Verkäufer ein Unternehmer, muss dieser Umstand aus der Rechnung ersichtlich sein (gesonderter Ausweis der ausländischen Umsatzsteuer bzw. Hinweis auf Differenzbesteuerung). Liegt der Kaufpreis unter dem Eurotax-Mittelwert (ohne Umsatzsteuerkomponente und NoVA-Komponente), bildet der Eurotax-Mittelwert als gemeiner Wert die NoVA-Bemessungsgrundlage. Dem Abgabepflichtigen steht es jedoch in diesen Fällen frei, den Grund für eine Abweichung bzw. das Vorliegen eines geringeren gemeinen Wertes konkret nachzuweisen, sodass der niedrigere Kaufpreis als Bemessungsgrundlage herangezogen werden kann".

Abgesehen davon, dass Richtlinien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt, für das Bundesfinanzgericht nicht bindend sind, hat die Abgabenbehörde nicht hinreichend begründend dargelegt, weshalb der vereinbarte Kaufpreis, trotz wesentlich niedrigerer Eurotax-Notierungen und den vom ÖAMTC festgestellten Mängeln, tatsächlich den gemeinen Wert des Kraftfahrzeuges repräsentieren soll. Allein der Hinweis der Abgabenbehörde, dass offensichtlich die behaupteten bzw. festgestellten "erheblichen" Mängel im Rahmen der "Pickerlbegutachtung" am nicht festgestellt worden seien, reicht für die gegenständliche Abgabenfestsetzung nicht aus.

Liegt der (ausländische) Kaufpreis (ohne USt-Komponente) über den inländischen gemeinen Wert (im Sinne des Eurotax-Mittelwertes ohne USt- und NoVA-Komponente) so ist der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Ein Abstellen auf den höheren Kaufpreis würde nämlich im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut stehen. Bei Fahrzeuge aus dem EU-Ausland kämme es überdies zu einem Widerspruch zur EuGH Rechtsprechung (, Weigel/Weigel), weil eine höhere NoVA erhoben würde als im Rest-Wert eines vergleichbaren inländischen Gebrauchsfahrzeuges enthalten ist (vgl. Haller, NoVAG, Kommentar, § 5 Rz 43).

5.) Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde von der Abgabenbehörde erstmals auf die Werte des MarketRadar verwiesen und ausgeführt, der MarketRadar greife auf verschiedene Internetportale zu. Der SpotPrice im MarketRadar basiere auf statistisch anerkannten Methoden, wie sie in vielen Anwendungsgebieten zB in der Marktforschung tagtäglich im Einsatz seien. Mittels Koeffizienten werde aus den vorliegenden umfangreichen Marktdaten wöchentlich aktualisierte genaueste Fahrzeugwerte ermittelt. Darüber hinaus würden regionale Unterschiede berücksichtigt.

Zur Bewertung mittels Eurotax-Marktradar ist festzuhalten, dass dieses System auf einer mathematisch aufbereiteten Datenanalyse beruht. Daten werden auf statistischer, mathematischer und historischer Basis aufbereitet. Es erfolgt keine Mittelwertbildung. Unter anderem werden mittels "Koeffizienten" oder "Regressionsanalysen" aus den vorliegenden Marktdaten Fahrzeugwerte berechnet (vgl. Freitag, Methoden der Kfz-Bewertung, Sachverständige, Heft 3/2014).

Nachdem die Wertermittlung mittels Eurotax - Marktradar für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar bzw. hinreichend erklärbar ist, kommt ein Ansatz dieser Werte nicht in Betracht.

6.) Die NoVA-Festsetzung erfolgte aufgrund der Eurotax-Notierungen zum Stichtag , da der Bf trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens nicht Stellung genommen hat. Die NoVA-Festsetzung ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen, das integrierender Bestandteil dieses Erkenntnisses ist.

IV.) Zulässigkeit einer Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, weil es sich ausschließlich um die Beantwortung von Tatfragen handelt, und die zugrundeliegende Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des VwGH und das Gesetz ausreichend beantwortet ist.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100106.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at